Heilpflanzen mit gefährlichen Nebenwirkungen

vom 05.10.2019, 11:44 Uhr

Bisher habe ich immer gedacht, dass pflanzliche Heilmittel zu den ältesten Arzneimitteln zählen, die der Mensch kennt und war der Meinung, was aus der Natur kommt kann nicht schädlich sein und muss sanft und schonend wirken. Ich war ganz erstaunt, als ich in einer Zeitung las, dass Heilpflanzen auch gefährliche Nebenwirkungen haben können, wie bei chemisch hergestellten Arzneimitteln, wo die Dosierung klar vorgeschrieben ist.

Zum Beispiel sollten Heiltees nicht als Zwischendurch-Getränk getrunken werden, sondern wie ein Medikament zu sich genommen werden. Ich wusste auch nicht, dass Kamillentee die Haut austrocknet und die kleinen Härchen der Blüten, können die Augen stark reizen. Auch Pfefferminztee wird meistens bei Magenschmerzen empfohlen, aber auch dieser kann gerade das Gegenteil bewirken.

Genau wie bei Medikamenten auch, sollte die Einnahme pflanzlicher Heilmittel mit einem Arzt oder Apotheker besprochen werden. Wie geht ihr mit Heilpflanzen und deren Produkten im Alltag um? Informiert ihr euch über alle möglichen Nebenwirkungen oder vertraut ihr auf die heilende Wirkung und euer Bauchgefühl? Welche Heilpflanzen kennt ihr denn noch, wo gefährliche Nebenwirkungen auftreten können?

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» friedchen » Beiträge: 1312 » Talkpoints: 940,01 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich frage mich ganz ehrlich, wie jemand auf die Idee kommen kann, dass Pflanzen vollkommen unbedenklich sind, und alles, was aus der Natur kommt, ist gut. Nur weil der Schimmelpilz Penicillium chrysogenum ein Antibiotikum produziert, kommt doch niemand auf die Idee, schimmeliges Brot oder Knollenblätterpilze zu essen, obwohl das Natur pur ist.

Außerdem verkennst du, dass viele unserer modernen Medikamente nur der Nachbau absolut natürlicher Inhaltsstoffe von Pflanzen sind. Mal so ein Klassiker: Aspirin enthält Acetylsalicylsäure als Wirkstoff. Weidenrinde enthält Salicin, das der Körper in Salicylsäure umwandelt. Der erste Versuch, Schmerzen und Fieber mit dem Wirkstoff der Weidenrinde zu lindern, schlug fehl. Die Salicysäure hatte zu viele Nebenwirkungen. Warum sollte der Tee, den man kaum vernünftig dosieren kann, weil die Wirkstoffmenge schwankt, unbedenklicher sein als die besser verträgliche und genau dosierbare Acetylsalicylsäure?

Mit Pflanzen kann man eine Schwangerschaft abbrechen, es ist nur ziemlich risikoreich, weil man Giftpflanzen braucht. Bis ins 20. Jahrhundert kamen diese Rezepte legal zum Einsatz um verstorbene Kinder aus dem Bauch zu bekommen. Zwar war der Kaiserschnitt erfunden, aber den gab es nicht überall. Außerdem war er mit einer Sterblichkeit von über 80 Prozent nicht erstrebenswert.

Tollkirsche ist ein wunderbares Gift. Mit der Pflanze kann man sich umbringen und weiß nicht mal wann genau, weil der Gehalt an Wirkstoffen stark schwankt. Dabei liefert diese Pflanze als "böses Medikament der Schulmedizin" so wertvolle und sichere Wirkstoffe. Atropin stellt die Pupillen weit, beseitigt Herzrhythmusstörungen und hilft gegen manche Vergiftung. Scopolamin verringert Reiseübelkeit. Phetidin lindert starke Schmerzen.

Roter Fingerhut, gern genommen für Mord und Selbstmord, enthält einen probaten Wirkstoff, der das Herz wieder in Takt bringt und Herzschwäche lindert. Das sollte man besser nicht mit Tee versuchen, sondern lieber die sicher dosierte Medizin aus der Apotheke nehmen. Wie man auf die Idee kommt, dass man Tees und Auszüge, die eine Wirkung haben, unbedenklich einnehmen kann und nichts beachten muss, ist mir schleierhaft.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich amüsiere mich auch immer königlich, wenn jemand glaubt, Natur oder "Bio" sei automatisch besser, schonender oder sonstwie gesünder als die böse, böse "Chemie". Ich muss da immer an die ganzen Drogen denken, vor denen ich als Jugendliche gewarnt wurde. Opium, Hanf und Kokablätter? Alles Natur pur!

Es wurde ja schon erwähnt, dass die Natur alle möglichen Gifte bereithält. Oder wurde nur ich als Kind vor Tollkirsche, Pfaffenhütchen und Eibenfrüchten gewarnt? Ich bin toxikologisch nicht sehr bewandert, aber dass die Dosis das Gift macht und viele "Heilpflanzen" eigentlich Giftpflanzen sind, die mit Bedacht angewendet werden müssen, leuchtet sogar mir unmittelbar ein.

Andererseits würde ich persönlich den guten, alten Pfefferminztee nicht als mit Bedacht zu konsumierendes medizinisches Getränk ansehen. So hoch können die Inhaltsstoffe gar nicht dosiert sein, wenn das Zeug im Supermarkt 79 Cent kostet. Und wenn man empfindlich reagiert oder zu Allergien neigt, heißt es eben aufpassen, da die Zusammensetzung logischerweise von Beutel zu Beutel schwankt. Aber ich habe noch nie Probleme beim Konsum von schlichtem Kräutertee aus dem Supermarkt bekommen.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Wenn man sich mal die Werbung für Medikamente anschaut dann entsteht aber genau dieser Eindruck. Alles, was als "pflanzlich" verkauft wird ist super gut verträglich und die Nebenwirkungen am Ende des Werbespots werden nur der Form halber erwähnt. Und alles, was als "chemisch" gilt, ist böse und sollte gemieden werden.

Da viele Medikamente auf Pflanzen basieren verstehe ich diese Unterscheidung eh nicht und letztendlich ist doch eh alles "chemisch". Das H2O, das gerade neben mir steht auch. Ich würde tatsächlich keine Pflanzen konsumieren wenn es um irgendwelche potentiell problematischen Wirkstoffe geht. Das ist bei einem Erkältungstee in Ordnung, aber ansonsten würde ich zu Medikamenten greifen, bei denen man genau weiß wie viel von welchem Wirkstoff enthalten ist.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich habe nie verstanden, warum pflanzliche Substanzen gern als schonend und natürlich wahrgenommen werden, wenn es um medizinische Behandlungen geht. Immerhin haben manche Pflanzen durchaus sehr potente Giftstoffe zu bieten, die man sicher nicht als harmlos bezeichnen würde. Im Gegensatz dazu sind die in Tabletten enthaltenen Wirkstoffe meistens ziemlich exakt dosiert und ausgiebig getestet, sodass ich im Zweifelsfall dann doch lieber ein "normales" Medikament nehmen würde, als mich auf irgendwelche Heilmittel zu verlassen, die irgendjemand in Eigenregie aus Pflanzen zusammengerührt hat.

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» lascar » Beiträge: 4414 » Talkpoints: 782,29 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


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