Ausschreitungen in Estland wegen altem Sowjetdenkmal

vom 16.05.2007, 16:31 Uhr

Was haltet ihr denn von den ganzen pro russischen Tumulten, die gerade überall vom Zaun brechen (Estland, Ukraine, etc.)? Die Aktion in Estland fand ich schon ziemlich übel, dass sich da so viele wegen der Versetzung eines Denkmals aufregen, und sogar umbringen. Das die Esten ein Denkmal versetzen wollen, dass sie im Grunde nur an jahrzehntelange Fremdherrschaft und Unterdrückung erinnert, ist ja wohl verständlich.

Ich hätte es an ihrer Stelle wie die alten sowjetischen Denkmäler in Ostdeutschland gleich komplett eingeschmolzen, aber das hätte die russische Minderheit wohl total ausrasten lassen. Ob nun Faschismus oder Stalinismus schlimmer waren, ich glaube dazu haben viele Esten eine ganz eigene Meinung - egal was Putin da über den Zaun schreit.

Im Grunde ist ja nicht die estnische Regierung an der Lage Schuld, sondern die sowjetische Kolonialisierungspolitik nach dem Krieg (somit Russland, als Erbfolger), die ja zu viel größeren Problemen in anderen Teilen Europas führte - ich sag nur Transnistrien! Dass das ganze dann wiederum von Russland ausgenutzt wird, um Spitzen gegen Europa auszuteilen, finde ich dann fast noch dreister, als endlich einmal vernünftig zusammenzuarbeiten.

» Midgaardslang » Beiträge: 4131 » Talkpoints: -14,08 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Na die "Ausschreitungen" gehen ja noch weiter, auch wenn sie diesmal anderer Art sind.

Estland hat nämlich seit drei Wochen ein großes Problem mit seinen Servern, da diese seitdem unter zahlreichen Hacker Attacken leiden, die das estnische Netzwerk blockieren oder extrem verlangsamen. Die Spur der Hacker lässt sich laut dem estnischen Außenminister Urmas Paet bis nach Russland zurückverfolgen: "Es wurde ermittelt, dass Cyber-Terrorangriffe gegen Institutionen der estnischen Regierung und den Präsidenten Estlands von IP-Adressen von konkreten Personen und konkreten Computern russischer Regierungsorgane aus verübt worden sind inklusive der Verwaltung des russischen Präsidenten.“ Der estnische Justizminister sprach bereits Anfang Mai davon, dass Hackerattacken auf estnische Webseiten von staatlichen russischen IP-Adressen erfolgen.

Auch andere Webseiten, nicht nur staatliche, sind Opfer der Angriffe, z. B. die von Banken, Zeitungen, pro-estnischen Parteien, Firmen oder Handyprovidern. Die Hacker provozieren regelmäßig sogenannte „Denial of Service“ Ausfälle durch massenhaftes Zugreifen auf die entsprechenden Webseiten, um damit den Server zu überlasten. Als Reaktion darauf sperrten viele estnische Betreiber ihre Server vorerst für Anfragen aus dem Ausland. Estland hat zwar nur 1,5 Millionen Einwohner und ist ein verhältnismäßig kleines EU-Land, verfügt aber trotzdem eine der am weitesten entwickelten „Internet-Gesellschaften“ weltweit, so konnte man z.B. bei der letzten Wahl online seine Stimme abgeben.

Im Europaparlament wurden die Angriffe bereits thematisiert, doch noch mag niemand Russland direkt die Schuld für die Angriffe geben, da schließlich der EU-Russland-Gipfel kurz bevorsteht und man diesen nicht gefährden möchte. Die NATO schickte trotzdem bereits einige IT-Spezialisten in die estnische Hauptstadt Tallin, doch die Computersysteme des Bündnisses waren, nach neuesten Meldungen, von den Angriffen ausgeschlossen. Falls die Attacken wirklich vom russischen Staat aus gesteuert wurden, wäre dies der erste gezielte Angriff dieser Art eines Staates auf einen anderen, bisher waren ähnliche Vorfälle, z.B. zwischen den Streithähnen China und Taiwan, privater Natur

Russlands Botschafter in Brüssel, Wladimir Tschischow, sagte gegenüber dem Guardian dazu: „Der Cyberspace ist überall. Denn sie implizieren, das sei von Russland oder der russischen Regierung ausgegangen, dann ist das eine ernsthafte Beschuldigung, die konkretisiert werden muss." Der Kreml äußerte sich dahingehend, dass von den Angreifern höchstwahrscheinlich gefälschte IP-Adressen staatlicher russischer Institutionen verwendet wurden.

Bisher konnten nach den Vorfällen bereits eine Person als „Kopf“ der Aktion identifiziert werden, einer seiner Komplizen wurde in Tallin festgenommen. Laut Einschätzungen von Sicherheitsexperten sei es extrem schwer, Russland diese Angriffe konkret nachzuweisen und falls diese vom russischen Staat koordiniert wurden, war dies nur die Spitze des Eisberges, weitaus größere Schäden wären durchaus im Bereich des Möglichen.

Übrigens noch passend zum Thema: Die estnische Botschafterin wurde in Moskau auf offener Straße von wütenden Demonstranten angegriffen. :wink:

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich denke auch, dass Russland seine Minderheiten gezielt einsetzt. Solche Aktionen sind provoziert. Der Einmarsch in Georgien hat hier kaum jemanden interessiert. Das plötzliche Auftauchen russischer Soldaten ohne Hoheitsabzeichen auf der Krim und der Krieg in der Ostukraine hat doch viele wachgerüttelt. Dazu kommen noch die Morde an russischen Überläufern und die Internetangriffe auf westliche Einrichtungen.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



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