Was erwartet Ihr eigentlich von einer GKV?

vom 15.05.2012, 07:36 Uhr

Gestern ging mir ja ein wenig die Hutschnur hoch, weil sich jemand auf Krankenkassenkosten ein Piercing, noch besser zwei, hat stehen lassen wollen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob so etwas ernst zu nehmen ist, aber dennoch hat mir das Thema keine Ruhe gelassen. Immerhin gibt es Patienten, denen notwendige Therapien aufgrund von Kosten versagt bleiben und sie müssen erst einen recht langen Weg nehmen, ehe die Kosten doch übernommen werden.

Als ich damals meine Insulinpumpe habe durch meinen Arzt beantragen lassen, hatte ich mich ja auch vorher informiert und oftmals gelesen, dass diese Kostenübernahme nur meist nach einem Widerspruch und so weiter übernommen wird. Die Befürchtung hatte ich bei mir dann auch gehabt, aber ich habe recht schnell das Schreiben der Krankenkasse erhalten, dass sie die Kosten eben übernehmen und seitdem trage ich auch diese Pumpe. Es ist ja nun nicht nur mit der Pumpe getan, auch das Zubehör kostet Geld, aber letztendlich ist die Art der Therapie günstiger, als wenn ich nun Folgeschäden hätte. Denn bislang ist bei mir davon nichts bekannt und ich lasse mich ja nun auch regelmäßig durchchecken.

Was erwartet Ihr von der gesetzlichen Krankenversicherung eigentlich genau? Wünscht Ihr Euch, dass jedes notwendige Medikament, jede notwendige Therapie problemlos durchkommt, egal, ob es bei Euch oder bei anderen der Fall ist? Oder wägt Ihr eben durchaus den Kosten- und Nutzenfaktor ab und könnt auch verstehen, wenn gewisse Leistungen einfach Fallentscheidungen sind?

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Ich erwarte definitiv nicht, dass die Krankenversicherung alle Kosten für jedes Medikament und jede Behandlung übernimmt. Meiner Meinung nach ist eine Krankenkasse auch ein Unternehmen, das wirtschaftlich sein muss und selbst wenn ich einzahle, ist diese Einzahlung eben nicht nur für mich, sondern auch für andere Versicherte gedacht. Wir leben ja in einem Sozialstaat und da ist das Kredo eben, dass man gemeinschaftlich einzahlt und es auch für die Gemeinschaft genutzt wird. Somit erwarte ich von meiner Krankenkasse eigentlich nur, dass die wirtschaftlich arbeitet und mir die Therapien ermöglicht, die für meine Gesundung oder Gesunderhaltung notwendig sind. Wenn ich dann zuzahlen muss, dann ist das in Ordnung für mich.

Ich glaube, vielen ist gar nicht bewusst, was die heutigen Medikamente, Behandlungen in Krankenhäusern, Untersuchungen in Geräten wie MRT, CT oder Röntgen und auch generell die verordneten Therapien wirklich kosten. Und dass Krankenkassen ja nicht nur diese Kosten zu tragen haben, sondern auch Krankengelder zahlen oder Zuschüsse geben zu Gesundheitsmaßnahmen und Vorsorgeuntersuchungen. Das alles kostet so viel Geld, niemand der pflichtversichert ist sieht da jemals eine Rechnung und weiß, was da tatsächlich abgerechnet wird. Doch jeder regt sich darüber auf, dass er oder sie mal wieder hier und da zuzahlen muss. Dabei übernehmen die Krankenkassen wirklich viele der Kosten, da würde ich mich nicht beschweren.

Ich erwarte aber andererseits auch von meiner Krankenkasse, dass sie solche Dinge wie das von dir erwähnte Brustwarzenpiercing ablehnen, wenn es nicht notwendig ist. Es gibt so viele Patienten, die wirklich krank sind und nicht nur solche Schönheitsfehler haben, die sie stören. Da ist das Geld deutlich besser aufgehoben und ich erwarte dann auch, dass die Krankenkasse in solchen Dingen wirtschaftlich arbeitet und abwägt.

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» Vampirin » Beiträge: 5979 » Talkpoints: 30,32 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ich erwarte von einer Krankenkasse auch nicht, dass alle Medikamente und Behandlungen ohne weiteres übernommen werden. Ich kann es schon gut verstehen, dass manche Medikamente nicht von den Kassen bezahlt werden, weil sie z.B. keinen höheren Nutzen haben als andere, preisgünstigere Arzneimittel.

Ich arbeite ja in einer Apotheke und bin dort auch für die Genehmigungen bei den Krankenkassen zuständig. Es gibt ja einige Dinge, hauptsächlich Hilfsmittel, die von den Krankenkassen genehmigt werden müssen, bevor sie zu lasten der GKV abgerechnet werden können. Das stößt bei unseren Kunden vielfach auf Unverständnis, was ich auch gut nachvollziehen kann. Wenn eine Mutter mit einem Asthmakranken Kind vor mir steht, das dringend einen Inhalationgerät braucht, verstehe ich gut, dass diese verärgert ist, wenn sie das Gerät erst mal bezahlen muss, bis ich eine Genehmigung habe, dass die Krankenkasse die Kosten übernimmt.

Aber ich kann auf der anderen Seite auch die Krankenkassen bei manchen Hilfsmitteln gut verstehen, die erst mal überprüfen, ob das Gerät tatsächlich benötigt wird und auch, ob so ein Gerät vielleicht erst vor kurzem an den Patienten ausgeliefert wurde. Wenn es aber nun recht preiswerte Dinge sind, für die ich eine Genehmigung beantragen muss, verstehe ich es nicht mehr wirklich, weil dann der Arbeitsaufwand größer ist als die Kosten des zu genehmigenden Teils. Also, ich denke schon, dass Kassen nicht alles bezahlen sollten, schließlich ist es ja das Geld von uns allen, womit die Kassen schon haushalten sollten.

» Barbara Ann » Beiträge: 28933 » Talkpoints: 56,80 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Ich verstehe es, wenn die Krankenversicherung alles genau prüft und nicht alles zahlt. Manche Ablehnungen finde ich allerdings unverständlich. Meine Schwägerin hat zum Beispiel eine Kurzsichtigkeit von mehr als 7 Dioptrien, muss die Brille aber von ihrem knappen Geld selber bezahlen, das finde ich völlig unverständlich, weil sie ja ohne Brille nichts sieht.

Andererseits hat mir die Krankenkasse vor 10 Jahren einen Kurs in Autogenen Training bezahlt, obwohl ich gar nicht krank war. Eine Freundin von mir hat einmal einen Mutter-und-Kind-Kurs beantragt - ihr Sohn ist 20! Ich habe das zuerst für einen Witz gehalten, aber sie hat mir ganz ernsthaft erklärt, dass sie Spätschäden von ihrem Sohn hätte, weil der so schwierig war. Man könne das machen. Mein Weltbild wurde aber wieder zurecht gerückt, als die Kur nicht genehmigt wurde. Das hätte mich auch sehr entrüstet, nun ist meine Freundin entrüstet und überlegt, die Kasse zu wechseln.

Die Kassen sollten wirklich genau prüfen, wobei manche Sachen ja klar sind. Wenn man chronisch krank ist, sollte die Kasse zügiger und großzügiger arbeiten. Aber einmalige Sachen sollten sehr streng geprüft werden. Die Krankenkassen sollten auch die Ärzte und Krankenhäuser stärker überprüfen, ob die Untersuchungen alle wirklich nötig sind, da könnte man auch noch eine Menge Geld sparen.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Die Krankenkassen werden sich einiges einfallen lassen müssen, um die Finanzierung zu überarbeiten. Denn auch die Krankenkassen sind vom demographischen Wandel betroffen, sodass ein großer Anteil der Gelder wegbrechen wird, wenn die Babyboomer in wenigen Jahren in Rente gehen werden. Ich bin auf jeden Fall gespannt, was da noch kommen wird.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


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