Nach Sachen für die Universität fragen peinlich?

vom 28.01.2014, 00:18 Uhr

Als ich früher zur Schule gegangen bin, war es eigentlich ziemlich einfach. Wenn man mal krank gewesen ist oder aus einem anderen Grund nicht anwesend war, dann hat man eben am nächsten Tag die Sachen, die man verpasst hat, bekommen. Entweder hat man irgendwelche Arbeitsblätter vom Lehrer bekommen oder ein Schüler hat sie bereits für einen mitgenommen und die anderen Sachen hat man sich dann eben abgeschrieben.

Seit ich an der Universität bin, läuft das aber leider ein bisschen anders. Viele Studierende haben ja den Vorteil, dass sie Skripte bekommen und die Vorlesung dann im Grunde nur ein Zusatz ist, bei dem der Professor dann nur nochmal alles notwendige erklärt. In der Chemie ist das meist anders, wir bekommen keine Skripte sondern müssen immer alles mitschreiben, weil die Professoren die meisten Dinge an der Tafel vorrechnen und keine Skripte online stellen oder austeilen. Daneben gibt es neben den Vorlesungen zu jedem Modul Seminare und Tutorien, dort sollte man auch erscheinen, wenn man eine gute Note haben möchte und die Sachen dieser Seminare und Tutorien sind auf jeden Fall klausurrelevant.

Nun ist es natürlich auch während des Studiums so, dass man mal krank ist oder aus einem anderen Grund nicht zur Universität kommen kann. Als ich im ersten und zweiten Semester war, wurde noch vieles hin und her getauscht, denn zu dieser Zeit gab es einfach sehr viele Studierende, wo noch nicht klar war, ob sie das Studium bewältigen würden oder nicht und viele davon sind dann auch abgegangen. Insgesamt sind 80% der Studierenden aus dem erste Semester gegangen und mir ist aufgefallen, dass bei denen, die übrig geblieben sind, keine Dinge mehr getauscht werden.

Ich habe einen kleinen Freundeskreis in meinem Studiengang und wenn ich mal etwas nicht habe, dann frage ich meistens auch, ob ich es mir kopieren oder fotografieren darf und bisher war das auch kein Problem. Ich merke aber auch bei einigen meiner engeren Bekannten, dass sie die Sachen nie gerne herausrücken und manchmal dabei böse oder vorwurfsvoll gucken. Leute mit denen ich nicht so viel zu tun habe, würde ich niemals nach etwas fragen, weil ich einfach weiß, dass ich die Sachen nicht bekommen würde, da gibt es immer genug Ausreden.

Ich selbst gebe natürlich auch Sachen her, wenn jemand mal nicht da war, damit habe ich eigentlich kein Problem, nur mitnehmen darf die eigentlich niemand, denn ich brauche meine Sachen auch zum Lernen und ich hätte Angst, dass ich dann wieder Ewigkeiten hinterherrennen muss, bis ich sie wieder bekomme. Aber die meisten schreiben sich die Sachen ja auch direkt ab oder fotografieren sie.

Was ich nicht verstehe, ist wieso die Studenten das nicht gerne tun. Ich meine, wenn man einen Kommilitonen hat, der gar nicht erscheint und sich alles nur kopiert, dann ist das verständlich, aber bei den meisten Leuten ist das so, dass sie aus berechtigten Gründen mal die eine oder andere Veranstaltung verpassen und auch da wird meist dann nur ungern das herausgerückt, was die Person sich kopieren möchte.

Ich habe mich gefragt, ob da wirklich das Konkurrenzdenken hinter steht, was den Studenten manchmal vorgeworfen wird oder einfach die Tatsache, dass man dann für faul gehalten wird und man einem das Gefühl geben will, die Sachen nicht verdient zu haben, wenn man nicht selbst anwesend war. Wenn man jetzt direkt neben der Universität wohnt, kann ich das vielleicht noch verstehen, aber gerade bei uns gibt es auch Studenten die mehrere Stunden Fahrt am Tag auf sich nehmen und wenn diese mal aus irgendeinem Grund nicht kommen, dann finde ich es schon unhöflich, ihnen die Sachen nicht zu geben.

Eine Freundin von mir meinte letztens auch, dass es ihr meistens peinlich wäre, nach den Sachen zu fragen, einfach weil dann keiner sie gerne hergibt und man sich fast schon schuldig dabei vorkommt, zu fragen. Wie ist das bei euch, geben eure Kommilitonen ihre Aufzeichnungen bereitwillig ab, wenn ihr sie abschreiben oder kopieren möchtet oder herrscht bei euch auch eine ähnliche Feindseligkeit, wie bei uns? Auch öffentliche Dokumente, die man von älteren Semestern bekommen hat, werden meist nicht zur Verfügung gestellt und man bekommt sie nur über mehrere Ecken herum. Natürlich gibt es auch freundliche Kommilitonen, die die Sachen dann direkt in die Dropbox laden, aber die meisten behalten solche Sachen für sich.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich kenne das selbst schon von der Schule. Auch da gab es beispielsweise Schüler, die die Klausuren von Parallelklassen oder höheren Jahrgangsstufen bekommen haben und da musste man betteln, um die auch zu erhalten. Normale Hausaufgaben wurden meistens nur auf Nachfrage hergegeben, wobei es aber in der Schule ja meistens nicht so drauf ankam.

Im Studium hätte vermutlich niemand mit meinen Mitschriften viel anfangen können, weil keiner meine Handschrift lesen kann. Wenn Du von einer Dropbox schreibst, dann ist es wohl bei Euch so, dass Ihr alles am Notebook mittippt und nicht handschriftlich notiert? Schon krass, wie sich das verändert hat. Mein Studium ist nur vier Jahre her und da saß keiner mit dem Notebook im Vorlesungssaal.

Aus meinen Mitschriften, den zur Verfügung gestellten Skripten und einigen Kapitel in der Pflichtlektüre habe ich mir dann ein vollständiges Lernskript (als Word-Datei) erstellt. Weil da viel Arbeit drin steckte, hätte ich das nicht so einfach herausgegeben. Ich hab das später an Leute aus dem unteren Semester verkauft, aber kostenlos kopiert hätte ich es nie.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich kenne dieses Phänomen eigentlich gar nicht und hatte in meinem jetzigen Studiengang noch nie Probleme, wenn es darum ging, Unterlagen von einer Veranstaltung zu bekommen, bei der ich ausnahmsweise nicht anwesend sein konnte. Umgekehrt bin ich ebenfalls die Letzte, die sich einer derartigen Nachfrage verweigern würde. Allerdings ist mir durchaus aufgefallen, dass niemand - und da schließe ich mich ein - die Dinge gerne aus der Hand gibt. Meist werden sie nur abfotografiert oder per E-Mail geschickt, aber wertvolle Mitschriften gibt verständlicherweise niemand wirklich gerne aus der Hand.

Letztlich kommt es aber auch darauf an, wer fragt und inwiefern dieser Kommilitone mir schon weitergeholfen hat oder weiterhelfen würde. Wir sind beispielsweise eine eingeschworene Clique von einigen Studentinnen, bei der es völlig klar ist, dass man sich aus der Patsche hilft. Manchmal sprechen wir uns bei Überschneidungen sogar ab, wer welche Vorlesung besucht und tauschen die Unterlagen im Nachhinein aus. In jedem Studiengang gibt es dann aber auch die ganz besonderen Spezialisten, die am liebsten nur schnorren und die Vorlesungen grundsätzlich nicht besuchen, dann aber im letzten Moment doch die Prüfung bestehen wollen. Ich muss zugeben, in solch einem Fall bleibe ich dann gelegentlich auch hart.

Und letztlich gibt es gelegentlich auch Dinge, die ich gerne weitergeben würde, aber nicht weitergeben darf. Beispielsweise werden bei uns zu einigen Kursen zusätzliche Tutorien angeboten, die einige Studenten aus Zeitgründen nicht besuchen können. Da würde ich durchaus gerne die Arbeitsblätter weitergeben, weil mir die Terminprobleme einleuchten, darf das aber laut der Order des Tutors nicht, da er die Blätter entworfen hat und nicht möchte, dass sie frei irgendwo kursieren. An solche Einschränkungen halten wir uns natürlich alle, dennoch helfen wir uns im Regelfall schon und mir war es noch nie peinlich, irgendjemanden nach Materialien für die Uni zu fragen.

» Anemone » Beiträge: 1740 » Talkpoints: 764,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Also aus meinem Studium kenne ich das so gar nicht. Ich frage mich, ob das vom Studiengang abhängig ist oder von der Region? Zu meiner Studienzeit gab es nie irgendwelche Probleme und man hat gerne seine Notizen weitergegeben und abfotografiert und dann zum Beispiel per Email oder Messengerdienst weitergeleitet, damit jeder darüber informiert war, der eben Bedarf hatte. Oft hat man sich sogar gegenseitig geholfen dabei. Also wenn man mir in dieser Hinsicht nicht hätte helfen wollen, hätte ich meine Notizen auch nicht weiter gegeben. Für mich war das immer ein Geben und Nehmen und alle meine Kommilitonen haben das genauso gesehen damals.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



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