Warum gehen Lehrer nicht einfach nach dem Schulbuch vor?

vom 20.01.2019, 22:25 Uhr

Ich habe mich bei meinen eigenen Kindern oft gefragt, warum sich Lehrer soviel Arbeit machen und Arbeitsblätter und so weiter erstellen. Die Schulbücher sind doch wohldurchdacht und gewissenhaft und nach didaktischen Gesichtspunkten nach den aktuellen Lehrplänen erstellt. Gerade in Mathe steckt viel Gehirnschmalz in den Herleitungen und grafischen Darstellungen. Auch Aufgaben gibt es zur Genüge.

Warum machen sich wohl die meisten Lehrer die Arbeit, es anders machen zu wollen? Meinen sie, dass sie es besser können als ein ganzes Team von Didaktikern, die die Lehrbücher geschrieben haben? Oft sind die Kinder nur verwirrt, wenn sie zu viele verschiedene Materialien haben. Uns hat früher auch nur das Buch gereicht, Kopien gab es noch gar nicht.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Zu dem Lehrbuch gibt es für Lehrer dann nochmal extra Material zum Buch und da sind dann unter anderem auch Arbeitshefte, bei denen man dann Ausdrucke für die Schüler machen kann, dabei. Ich finde das auch gar nicht so sinnlos. Immerhin gibt es verschiedene Lerntypen und bei manchen Sachen versteht man es nicht immer sofort, weswegen das als Zusatz nochmal Sinn machen kann. Außerdem ist es einfach ein anderer Weg den Stoff nochmal zu vertiefen. Als Schüler hat mir so etwas immer gefallen.

Als krassen Gegensatz dazu hatte ich auch einen Lehrer, der nur aus dem Buch vorgelesen hat und dann auch die Lösungen nur aus seinem Lehrerbuch vorgelesen hat. Fragen konnte der dann keine beantworten und das obwohl er das studiert hatte und schon seit vielen Jahren Lehrer war. So etwas ist doch schlimmer als ein Lehrer, der versucht seine Schüler auf verschiedenen Wegen zu erreichen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Also gerade in Mathe kenne ich das so, dass das Mathebuch durchgearbeitet gibt und dass es eigentlich kaum Arbeitsblätter oder anderes zusätzliches Lehrmaterial vom Lehrer gibt. Bei anderen Fächern kenne ich das schon eher, beispielsweise in Politik oder Geschichte.

Gerade in Geschichte fand ich das ausgewählte Zusatzmaterial der Lehrer aber oft viel hilfreicher und meist hat das Lehrmaterial dann Lücken gefüllt, die von den Büchern gar nicht oder nur unzureichend thematisiert worden sind. Ich denke also, wenn Lehrer Zusatzmaterial außerhalb der Bücher in den Unterricht einbringen, dann hat es schon seinen Sinn. Welcher Lehrer macht sich ansonsten die zusätzliche Arbeit, wenn es nicht sein muss?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Und du meinst, nur weil es ein Schulbuch ist, ist es gut? Nur als kleines Beispiel kann unser Mathebuch dienen, das wir in der Schule hatten. Zwei Drittel der Schüler haben nichts verstanden, ich gehörte dazu. Die Buchserie war für meine Schule heilig, weil der Professor, der es verbrochen hat, an der örtlichen Uni lehrte.

Ich bräuchte also Nachhilfe und geriet zufällig an einen Studenten des Professors. Der erklärte den Mann für unverständlich, erklärte, dass die Kommilitonen einfach anders Bücher und Unterlagen nutzen und drückte mir ein anderes Mathebuch in die Hand. Das war auch nur ein Lehrbuch für Gymnasien, aber nachdem einige Lücken geschlossen waren, war Mathe nie wieder ein Problem.

Mich hat einfach ein anderes Lehrbuch von "hoffentlich wird es noch eine Vier" zu "Du solltest Mathe studieren" gebracht. Und dabei musste ich im Vergleich zu vorher viel weniger lernen. Das ging vielen Mitschülern ähnlich, als sie andere Literatur genutzt haben. Da wäre ein Lehrer, der vom Buch abweicht, ein Segen gewesen.

Oder wir hatten das Glück, ein neues Lateinbuch zu bekommen. Das war leider fehlerhaft aufgebaut und oft gingen Lektionen nicht auf, weil Grammatik gefordert war, die im Buch eigentlich viel später kommt. Also hatten wir ständig Kopien aus dem vorherigen Buch, um irgendwie sinnvoll durchzukommen. :wall:

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Als mein Vater in der Schule war, gab es auch noch keine Kopien, und das Buch musste reichen. Damals war es sogar noch viel besser, weil die Bücher nicht mal für alle Schüler gereicht haben! :lol: Und Schreiben hat man mit der Schiefertafel gelernt, und der Lehrer hatte immer recht, weil er im Zweifelsfall so lange mit dem Lineal auf die Finger gehauen hatte, bis keiner mehr widersprochen hat. Deswegen sind aus der achten Klasse Volksschule damals in den 1950ern auch nur Professoren und sonstige Geistesgrößen hervorgegangen, weil der Lehrer immer nach dem Schulbuch gearbeitet hat.

Aus meiner Schulzeit, als es immerhin schon diese komischen, nach Lösungsmittel müffelnden Kopien gegeben hat, die einem die Haut an den Fingerspitzen abgelöst haben, waren meine Schulbücher von höchst unterschiedlicher Qualität. Nur weil sich das Team von Didaktikern bestimmt viel Mühe gegeben hat, gab es dennoch Lücken, manches wurde mehrfach erklärt, anderes gar nicht, oder der Lehrplan hat sich zwischendurch geändert.

Es gibt zudem auch bekanntlich keinen Königsweg in die Köpfe von Kindern und Jugendlichen, den jeder Fachidiot, der in einem Schulbuchverlag arbeitet, automatisch kennt. Ich würde mich eher fragen, wieso man Lehrer dann das teure Studium absolvieren lässt und ihnen ständig an allem die Schuld gibt, wenn es doch ihr Job sein sollte, das einzig verfügbare Unterrichtsmedium langsam vorzulesen?

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Diese Frage, oder zumindest ähnlich formuliert, habe ich mir in der Schule schon gestellt. Warum mussten meine Eltern von ihrem teilweise nicht allzu hohen Einkommen jetzt genau das Buch für 30 Mark kaufen, wenn wir es in einem Jahr nur dreimal benutzt haben? Das war leider so furchtbar elendig hinausgeworfenes Geld, dass mich die Anschaffung einiger Schulbücher noch heute ärgern könnte. Wenn das Buch nicht gut genug ist, dann sollen es die Schüler nicht kaufen müssen, diese drei Seiten hätte man auch kopieren können.

In einigen Fächern haben wir aber fast nur noch nach dem Buch gearbeitet. In vielen Fächern wie Biologie oder Französisch fand ich das auch völlig ausreichend, während ich mir bei unserem Geschichtsbuch der elften Klasse mehr Auflockerung gewünscht hätte. Das war extrem umständlich und dröge geschrieben, fast zu Hundert Prozent nur Fließtext ohne jede Bilder und Graphiken, während ich ein sehr visueller Mensch bin, der Dinge gern anschaulich vor sich sieht. Dazu noch diese grauenhaft betuliche und umständliche Sprache.

Ach, lieber Professor M., hätten sie uns mal mit diesem Buch verschont und einen modernen Unterricht gestaltet, sodass nicht Dreiviertel der Klasse Geschichte gehasst hätte. Wie man sieht, kann es in einigen Fällen Sinn ergeben, andere Blätter mit in den Unterricht einzubinden und Buch und weitere Medien zu einem Paket zu schnüren, sodass für jeden etwas dabei ist.

» Verbena » Beiträge: 4793 » Talkpoints: 0,57 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Ich finde es absolut richtig, dass die Lehrer auch Arbeitsblätter entwerfen oder zusätzlich kopieren. Gerade was Sprachen angeht, bieten die Lehrbücher viel zu wenig Material. Man muss Wortschatz und Grammatik immer wieder üben und mit immer wieder neuen Methoden und Sätzen. Das können die drei Beispiele und die zwei Übungsaufgaben im Buch gar nicht leisten. Deswegen begrüße ich es sehr, dass die Schule auch auf Arbeitsblätter oder Workbooks zurückgreift,

Falsch finde ich es aber, wenn die Flut an Kopien von Arbeitsblättern so stark überhand nimmt, dass das Buch beinahe komplett ignoriert wird. Das ist auch nicht Sinn der Sache. Aber als Ergänzung finde ich es immer wieder gut.

» BlaireJean » Beiträge: 129 » Talkpoints: 2,08 » Auszeichnung für 100 Beiträge



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