Enttäuscht sein, wenn Kind einem nicht ähnlich ist?

Ein Arbeitskollege ist ziemlich traurig darüber, dass sein Kind ihm äußerlich gar nicht ähnlich sieht. Wie der Charakter dann ist, kann man wohl noch nicht sagen, da das Kind noch zu jung ist, allerdings hofft er, dass es wenigstens diesbezüglich nach ihm gehen wird. Er meinte, dass er seine Frau zwar sehr hübsch und charakterlich toll findet, allerdings würde es ihn schon sehr stolz machen, wenn sein Kind nach ihm gehen würde.

Wärt ihr enttäuscht, wenn euer Kind weder äußerlich noch charakterlich nach euch kommen würde? Mein Kollege ist ziemlich rundlich und hat eine Glatze und auch sonst kein Aussehen, was nun allgemein als sonderlich hübsch gilt, während seine Frau bildschön ist, wie ich auf Fotos gesehen habe. Da ist es ja nur wünschenswert, wenn sein Kind nicht nach ihm kommt.

Gerade, wenn das Baby ganz neu ist, sieht man doch oft nicht viel was Ähnlichkeit zu den Eltern angeht. Auch wachsen Babys rasend schnell, sodass sich das sehr schnell ändern könnte. Ich kenne Kinder, die haben als Baby eher dem Vater geähnelt und als Kleinkind dann eher der Mutter und immer so weiter. Das ist kein Status Quo, daher finde ich es albern, hier jetzt irgendwelche Enttäuschungen zu äußern und in Bezug auf den Charakter kann sich ja auch noch einiges herausstellen.

Mein Sohn ähnelt absolut seinem Papa. Dieser hatte nämlich als Kind blonde Haare, die dann erst dunkel wurden und unser Sohn auch. Mir sieht er eigentlich nicht wirklich ähnlich, aber das stört mich auch nicht. Immerhin finde ich seinen Papa ja sehr schön und daher finde ich meinen Sohn auch hübsch. So etwas entwickelt sich ja auch nach und nach und niemand sieht als Baby so aus wie irgendein Elternteil, finde ich und selbst ein Kleinkind verändert sich.

Ich empfinde es ehrlich gesagt als ziemliches Luxusproblem, wenn man offensichtlich ein gesundes, erwünschtes Kind hat (zumindest lese ich hier nichts Gegenteiliges) und dann "traurig" wegen Belanglosigkeiten wie der Tatsache ist, dass ein Säugling nicht ausschaut wie der Räuberhauptmann, der ihn gezeugt hat. Ich verstehe auch nicht, wieso man stolz darauf sein sollte, dass das Kind dem Vater oder der Mutter ähnlich sieht.

Das sind dann oft die Sorte Eltern, die auch später noch versuchen, ihre Kinder nach ihrem Bild zu formen oder exakte Repliken ihrer selbst aus ihnen zu machen, und die dann aus allen Wolken fallen, wenn der Nachwuchs rebelliert und keine Lust auf Fußball oder schöne Kleidchen hat.

Es handelt sich ja zudem weder um eine persönliche Leistung noch um einen Glücksfall, sondern lediglich um das Zufallsprodukt der genetischen Lotterie. Manche Gene, die für das Äußere zuständig sind, sind eben rezessiv. Da müssten viele Blonde und Rothaarige ja sehr "traurig" über ihre Babys sein, und ich habe auch schon etliche glückliche Eltern erlebt, bei denen mir das "ganz der Papa" oder "die Mama" ein bisschen im Hals stecken geblieben ist, weil der Nachwuchs in dieser Hinsicht nicht das große Los gezogen hat und lieber nach der Tante hätte kommen sollen.

Also wenn das Kind zu jung ist um ihm schon gewisse Charakterzüge nachzusagen, ist es auch noch jung genug um eine große äußerliche Veränderung durchzumachen. Gerade als Säugling, und selbst noch als Kleinkind, kann man noch überhaupt nicht sagen wie die Kinder einmal aussehen werden wenn Sie älter (oder erwachsen) sind. Kinder verändern sich so schnell, manchmal sieht man ein Kind nur ein paar Wochen nicht mehr und erkennt es kaum wieder. Dementsprechend kann es gut sein dass das Kind aus deinem Beispiel dem Papa doch irgendwann noch ähnlich schauen wird.

Davon abgesehen gibt es viel wichtigeres als das aussehen. Mir wäre es egal ob mein Kind nach mir oder meinem Mann kommen würde. Auch der Charakter muss sich nicht unbedingt nach unseren Charakteren richten. Natürlich wünscht man seinem Kind das es die guten Eigenschaften der Eltern „erbt“, das ist auch ganz normal, aber man darf nicht enttäuscht sein wenn es eben nicht so ist. Kinder sind eben eigenständige Menschen und vor allem Individuen. Sie sollten sich so entwickeln dürfen wie Sie es wollen, da ist der falsche Stolz vom Papa fehl am Platz.

Ich bin froh, dass mir meine Kinder nicht besonders ähnlich sehen. Sie sind eine gute Mischung aus unterschiedlichen Verwandten aus der Generation vor mir. Alle meine Kinder sehen sehr unterschiedlich aus, von sehr hell und blond bis dunkel mediterran, obwohl alle dieselben Eltern haben.

Vielleicht ist es für Männer instinktiv wichtiger, dass sie Ähnlichkeiten erkennen, um sicher zu sein, dass sie wirklich der Vater sind. Urinstinkte sind ja tief im Unterbewusstsein verankert und wirken, auch wenn es keine rationalen Gründe dafür gibt.

Das ist mit einer der Gründe, warum ich keine Kinder will. Ich beziehe das nicht auf das Aussehen, sondern den Charakter. Wenn da ein Kind herauskäme, das mir charakterlich gar nicht ähnlich ist, das vielleicht einen Charakter hat, mit dem ich nicht klar komme (z.B. sehr frech, aktiv, Richtung ADHS), dann würde ich damit nicht umgehen können. Mich nervt es ja bei anderen Leuten so schon, wenn die hibbelig oder unruhig sind, ich bin eher ein ruheliebender Mensch.

Ich bin zudem darum bemüht, Harmonie zu erhalten und mag keine Konflikte. Wenn da ein Kind da wäre, das gar nicht so geartet ist, sondern bockig ist und widerspricht und Probleme bereitet, also in dem Punkt anders wäre als ich, dann würde ich das sicherlich auch nicht so lieben können. Und weil man sich das nicht aussuchen kann, verzichte ich ganz, ehe ich dann ein Kind habe, das nicht so ist, wie ich es mir wünsche.