Bachelor ist nichts wert!?

vom 18.01.2011, 16:45 Uhr

Ich habe es gerade wieder im Beitrag zum BA Studium bei Lidl gelesen, dass ein Bachelor-Abschluss nichts wert sei und mir platz da jedes Mal bald der Kragen. Ich wette, jeder der so etwas sagt, hat selbst nicht im Bachelor/Master-System studiert. Natürlich gibt es Studiengänge, in denen man ohne den Master keine beruflichen Chancen hat und nicht weiter kommt. Aber verallgemeinern kann man das nun mal nicht. Und dass der Bachelor bloß mit dem Vordiplom oder einer Zwischenprüfung gleich zu setzen ist, ist absoluter Quatsch!

Ich habe letztes Jahr im Sommer meinen Bachelor of Arts im Fach Media Management gemacht. Einen Master gibt es zu diesem Fach nicht wirklich, nur zusammengelegt mit Kommunikations Design, was von den Inhalten her einfach nicht passt. Unser Studium beinhaltet ALLE Inhalte des Diplomstudiengangs mit dem Unterschied, dass einige Kurse zusammengelegt wurden, um sagen zu können, dass ja in 2 Semestern weniger natürlich auch weniger Inhalt vermittelt wird. Das stimmt so allerdings leider nicht, ich habe den Inhalt von 8 Semestern (Diplom) jetzt einfach in 6 Semestern (Bachelor) machen müssen.

Das wird ganz einfach erreicht, indem das Berufspraktische Semester nicht mehr existiert, man aber seine 18 Wochen Pflichtpraktikum dann eben in den Semesterferien ableisten muss und immer mehr Fächer zusammengelegt werden. Und nein, das sage ich jetzt nicht bloß so, da könnt ihr gerne auch die Professoren mal fragen. Die sollen nämlich auch in 2 Semestern weniger quasi den gleichen Inhalt vermitteln. Ich bin jetzt wie gesagt mit dem Bachelor-Studium fertig und schreibe gerade fleißig Bewerbungen und Kritikpunkt ist wenn nicht mein "nur" Bachelor-Abschluss sondern (wie es eben immer ist bei Einsteigern) die noch fehlenden Berufspraxis.

Und was gerne im gleichen Atemzug behauptet wird, ist, dass die Studenten immer fauler werden, niemand will mehr neben dem Studium sein Geld verdienen und alle wohnen ewig im Hotel Mama. Dass das auch eine Konsequenz der immer volleren Stundenpläne ist, da ja aus 8 mal eben einfach 6 Semester gemacht wurden und für die meisten Studienfächer das "lockere Studentenleben" nur noch aus Lernstress und Fristen besteht, sieht dabei scheinbar niemand. Ich hätte es neben meinem Studium jedenfalls nicht geschafft noch zu arbeiten, zumindest nicht in dem Maße, als dass ich mir eine eigene Wohnung hätte leisten können. Da war man schon froh, wenn endlich Freitag war und am Wochenende mal kein Filmdreh oder Projekttreffen angestanden hat, sodass man "einfach mal lernen" konnte.

Wie seht ihr das? Wer von euch studiert auch im Bachelor-System und was sind eure Erfahrungen? Nervt es euch auch so, dass gerade die Leute, deren Studium schon Jahre her ist, plötzlich meinen anderen das System und vor allem die Wertigkeiten der Abschlüsse erklären zu müssen? Ich höre so etwas ständig wieder und ärgere mich jedes Mal wieder. Da möchte ich gerade diese Leute doch gerne noch mal für 2 Monate in die Uni oder Fachhochschule schicken und dann reden wir noch mal über die faulen Studenten, die sich mit einem "Vordiplom"-Bachelor zufrieden geben.

Benutzeravatar

» dassi87 » Beiträge: 279 » Talkpoints: -1,74 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Das kann in deinem Studiengang vielleicht so aussehen, dassi - aber Fakt ist leider auch, daß die "Bachelors" auch (und das ist die Crux) eingeführt wurden, damit Unternehmen günstigere Arbeitskräfte (ich wollte schon Sklaven schreiben) bekommen. Denn die sind ja "nur" Bachelor.

Es gibt nämlich durchaus Studiengänge, in denen der Bachelor in etwa dem Vordiplom oder der Zwischenprüfung entspricht. Wenn es keinen Master gibt - tja, dann hat die Wirtschaft mal wieder ihre geizigen Finger im Spiel. Daß das ganze durchaus Arbeit ist, weiß ich auch, aber ob das auch honoriert wird, ist eine ganz andere Frage.

Richtig ist aber, daß die Einführung der Bachelor-Abschlüsse erstens die Studienodnungen noch weiter durcheinandergehauen hat als sie eh schon waren, und daß die Industrie/Wirtschaft nun noch besser die Uni-Abgänger ausnutzen kann.

Und wenn du nicht glaubst, daß das Methode hat, dann führ dir mal dieses Beispiel aus meinem Bekanntenkreis vor Augen: Da hatte eine Bekannte von mir gerade ihren Abschluß in Architektur gemacht, und bekam von ihrem potentiellen Arbeitgeber zu hören "wir haben uns gedacht, sie machen erst mal ein Jahr lang ein unentgeltliches Praktikum, und dann schauen wir weiter" - daß nach so einem Jahr dann natürlich der nächste Idiot als Praktikant genommen wird, und das einzige, was da zu schauen ist, in die Röhre sein wird, sollte auch einem Blinden mit Krückstock klar sein. Und solche Methoden sind leider keine Einzelfälle.

Benutzeravatar

» fushicho » Beiträge: 371 » Talkpoints: 17,15 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Man muss hier schon etwas unterscheiden. An einer (Fach-)Hochschule sieht es anders aus als an einer Universität. Die Bachelor-Studiengänge an den Fachhochschulen (und Berufsakademien/duale Hochschulen) sind so ausgelegt, dass sie sich kaum von den früheren Diplom-Studiengängen unterscheiden. Natürlich fehlt meist ein Semester Theorie, aber das ist bei einer Gesamtstudiendauer von meist sieben Semestern nicht wirklich viel aus.

Die Bachelor von der Fachhochschule sind für die meisten beruflichen Aufgaben völlig ausreichend ausgebildet. Wenn nicht ist eine nebenberufliche Weiterbildung zum Master meist problemlos möglich. Der Vorteil daran ist, dass man seine Spezialisierung noch einmal wechseln kann. So kann man zum Beispiel als Informatiker in der Regel einen Elektrotechnik-Master anhängen, wenn es die berufliche Aufgabe erfordert.

Etwas anders sieht es an den Universitäten aus. Die Diplomstudiengänge dort hatten häufig eine Regelstudienzeit von neun oder mehr Semestern. Die Bachelorstudiengänge sind meistens auf sechs Semester ausgelegt. Dort müssen also massive Einschnitte vorgenommen werden. Deshalb ist es an Universitäten eher so, dass der Master als Regelabschluss angesehen wird, da dieser dann wieder dem alten Diplom entsprechen. Der Bachelor wird dann oft nur als ein wenig verlängertes Vordiplom angesehen.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Weasel_ hat geschrieben:Man muss hier schon etwas unterscheiden. An einer (Fach-)Hochschule sieht es anders aus als an einer Universität.

Dem kann ich nur zustimmen. Meiner Beobachtung nach ist es eher schwierig, mit einem Bachelor von einer Universität einen Job zu finden, während das mit einem gleichen Abschluss von einer FH ganz anders aussieht. Wobei es da aber natürlich auch Ausnahmen gibt. Eine Bekannte von mir hat an einer FH etwas Richtung Ingenieurwesen und Geoinformation oder so etwa studiert. Ich hatte angenommen, das sie da als Ingenieurin total gute Karten hätte auf dem Arbeitsmarkt, dem war aber nicht so.

Benutzeravatar

» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Eigentlich braucht man doch nur zu schauen, wie die Wirtschaft die verschiedenen Abschlüsse einstuft. Demnach hat eine Fachkraft eine Ausbildung, ein Spezialist kommt aus den Bereichen Meister, Fachkraft mit Weiterbildung oder Bachelor und die Abschlüsse darüber zählen dann als Experte. Damit ist klar, wie gefragt man auf dem Arbeitsmarkt ist und wo sich die Bezahlung, natürlich je nach Branche, in etwa einpendelt.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^