Mittlerer Realschulabschluss oder schlechteres Abitur?

vom 02.06.2010, 18:08 Uhr

Ich bemerke in letzter Zeit immer und immer wieder, wie sehr einige Eltern meinen ihre Kinder in eine bestimmte Richtung drängen zu müssen. Sicher ist es richtig, dass man ohne Abitur deutlich schlechter dasteht, was die berufliche Zukunft angeht, aber ist das Grund genug Kinder an Schulen zu schicken, deren Anforderungen sie einfach nicht gewachsen sind?

Meine Nachbarn haben einen 12 jährigen Sohn, der ein Gymnasium in der Nähe besucht. Zu Beginn lief es noch recht gut, der Sohn war ein mittelmäßiger Schüler und seine Noten befanden sich immer so zwischen 2-3. Vor einem Jahr nun, hat er sehr nachgelassen und hat nun überhaupt keinen Elan mehr. Da die Realschule gleich neben an ist, kennt er dort einige Schüler und hat dort auch Freunde. Nun hat ein Junge aus seiner Klasse beschlossen auf die Realschule zu wechseln und der seitdem ist der Junge ganz angetan von der Idee, ebenfalls zu wechseln.

Da er schon seit längerem keine besonders guten Noten mehr schreibt und sich in der Schule zusehend gehen lässt und ihm alles egal zu sein scheint, fände ich einen Schulwechsel gar nicht mal so schlecht. Seine Eltern meinen, er hätte behauptet der Stoff sei ihm zu schwierig und er hätte keine Lust den ganzen Tag immer nur zu lernen und Hausaufgaben zu machen. Sicher ist es ein wenig schwieriger, das Abitur schon nach 12 Jahren zu machen, aber es soll meines Wissens nach auch recht viel Stoff heraus gestrichen worden sein, so dass es eigentlich ganz gut zu schaffen ist. Trotzdem sind die Anforderungen auf der Realschule natürlich etwas niedriger.

Die Eltern des Jungen wollen das aber natürlich auf keinen Fall zulassen. Immer wieder betonen sie, was für eine Schande es doch wäre, wenn ihr einziger Sohn auf die Realschule gehen würde. Meiner Meinung nach ist es aber sinnlos, den Jungen an dem Gymnasium zu halten, wenn er sich dort nicht wohlfühlt und nicht lernen möchte, sondern lieber auf eine Realschule wechseln möchte. Was den Jungen nämlich auch sehr zu schaffen macht, ist der Nachmittagsunterricht. Am Gymnasium hat er öfters schon mal 8 Stunden, die Realschule hat keinen Nachmittagsunterricht.

Ich habe mir nun überlegt, was es dem Jungen bringen würde, wenn er am Gymnasium bliebe. Angenommen er würde die Prüfungen bestehen und würde letztendlich ein recht schlechtes Abitur haben. Es ist natürlich immer noch mögliche, dass der Junge sich ändert und plötzlich doch wieder gut lernt, aber angenommen es bleibt mehr oder weniger bei seiner jetzigen Einstellung. Würde er nun auf die Realschule wechseln, könnte man davon ausgehen, dass er eine mittlere Abschlussprüfung ablegen würde.

Womit hätte man denn nun bessere Chancen, im Berufsleben? Mit einem sehr schlechten Abitur, dass gerade noch so bestanden wurde oder mit einem mittelmäßigen Realschulabschluss?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Nun, meine Arbeitsgeberin würde eher eine/n Schüler/in mit einem guten Realabschluss nehmen, wie eine/n mit einem schlechten Abitur. Eigentlich ist es ja (fast) egal, welche Schulbildung man hat. Der erste Blick gehört immer den Noten.

Gute Noten zeigen, dass der/die Schüler/in an sich gearbeitet hat, um später wenigstens mal damit eine Chance zu haben, im Leben auf zwei eigenen Füßen zu stehen. Dagegen ein Abiturient, welcher einfach nur schlecht war und es gerade noch so geschafft hat sein Abitur zu bekommen, weniger interessant auf die Arbeitsgeber wirkt. :)

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» Naviia » Beiträge: 821 » Talkpoints: 27,64 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich würde sagen, dass das stark von dem Einsatzgebiet abhängt. Die Unterschiede in den Fächern Englisch und Mathematik in den beiden Schulformen sind nämlich sehr deutlich. Dem entsprechend werden bei Englisch- oder Mathematiklastigen Fächern wahrscheinlich eher die Gymnasiasten eingestellt. Natürlich sollte man aber auch keine grottig schlechten Noten haben. Aber mit ein bisschen Fleiß sollte das Gymnasium für so gut wie jeden machbar sein. Allerdings geht jetzt bei dem Abitur nach zwölf Jahren wirklich sehr viel Freizeit flöten.

Im Vergleich zu einem sehr schlechten Abitur, wird man mit einem guten Realschulabschluss aber mehr Chancen haben. Wenn dein Nachbar also kein Interesse daran hat später zu studieren, dann wäre die Realschule für ihn wohl die bessere Wahl (wenn er denn wirklich ein schlechtes Abi machen würde). Eine Schande ist ein Realschulabschluss aber auf keinem Fall. Ich kenne in meinem Bekanntenkreis viele Leute mit Realschulabschluss die sehr erfolgreich im Beruf sind.

» nugo » Beiträge: 5 » Talkpoints: 2,58 »



Selbst ein mittelmäßiges Abitur versaut einem nicht die Karriere. Ich spreche da aus Erfahrung. Mein Abitur war eher durchschnittlich, aber hinterher hat das kein Schwein mehr interessiert. Die Noten im Studium waren deutlich besser und mittlerweile fragt man eher nach dem Abschlusszeugnis von der Uni und nicht nach dem Abiturzeugnis. Ich sehe das Abitur nur als Zwischenstation an, wobei das Abitur nicht unbedingt ein Hindernis ist. Es kommt eben darauf an, was man hinterher beruflich machen möchte.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Also ich kann aus Erfahrung sprechen, dass diejenigen, die einen einstellen eher auf das schauen, wie man sich beim Probearbeiten oder in diversen Praktikas angestellt hat. Denn Hauptsache man hat ein Abitur. Es interessiert wirklich niemanden mehr, wie die Noten waren.

Mir hat man das damals beim Bewerbungsgespräch schon gesagt, dass man nicht auf die Noten schauen würde, aber dass man es lediglich zum Akt dazu legt. Den Job habe ich aber trotzdem bekommen, weil in der Praxis alles gepasst hat. Und es ist leider nur so, dass man jemanden mit einem guten Realschulabschluss einem schlechten Abiturienten vorzieht, um eine mangelnde Bezahlung zu rechtfertigen.

Denn je höher der Schulabschluss und je qualifizierter das Personal, umso mehr Geld kann dann auch verlangt werden. Somit wäre ich mir nicht ganz sicher, ob man mit mittelmäßigem Realschulabschluss und schlechtem Gehalt dann besser da steht, wie ein Fachabiturient, der zwar im Abitur nicht gut abgeschlossen, dafür aber eine qualifizierte Berufsausbildung hat.

Man muss eben immer beides sehen. Eine Gymnasiummatura bringt genau so wenig wie ein mittelmäßiger anderer Berufsabschluss, weil man ja keine Berufsausbildung hat. Da würde ich jetzt wieder denjenigen, der kein Abitur, aber einen Beruf erlernt hat, vorziehen, weil der weiß, was es heißt, zu arbeiten. Man könnte hier stundenlang weiter diskutieren.

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