Bei Verlust neidisch auf Mitmenschen sein?
Jeder Mensch muss früher oder später im Leben einen Verlust durchmachen. Damit meine ich jetzt nicht das Verlieren einer Socke oder eines Kugelschreibers, sondern Verlust durch den Tod. Es kann sein, dass das Haustier sterben muss, es kann aber auch sein, dass es sich dabei um Freunde oder Familienmitglieder handelt.
Ich habe gelesen, dass manche Trauernden dann durchaus Gefühle von Neid haben, weil sie nicht verstehen können, dass ausgerechnet sie einen wichtigen Menschen verloren haben und der Partner oder Freunde eben nicht. Ich habe zum ersten Mal von einem derartigen Phänomen gelesen. Trauer kommt in meinem Umfeld schon vor, aber noch nie war ein Trauernder neidisch auf jemanden, der diesen Verlust nicht durchmachen musste. Meist war man viel zu sehr mit der eigenen Trauer beschäftigt um Neid-Gefühle zu entwickeln.
Könnt ihr verstehen, dass man gewissermaßen Neid empfindet, wenn man einen Verlust erlebt hat und die Mitmenschen nicht? Ging es euch auch schon so? Wie reagiert man da als Außenstehender am besten?
Natürlich kann ich das verstehen, dass jemand schier ausflippen könnte, wenn er oder sie mitbekommt, wie beispielsweise sich jemand im Bekanntenkreis darüber aufregt, dass die Oma immer so viel Kuchen bäckt oder die Mutter ihre Glucken-Art einfach nicht ablegen kann, wenn man selber seiner Verwandten nie wieder näher kommen wird als durch zwei Meter Erdreich hindurch. Gefühle sind sowieso nicht rational, und gerade in den besagten Extremsituationen kann man sich nicht immer gut zureden und sagen: Sei doch froh, dass Cousine X noch mit ihrer Mama streiten kann, während deine Mama vor vier Wochen im Hospiz an Lungenkrebs gestorben ist! So viel Seelenstärke hat man oft einfach nicht mehr übrig.
Und Neid gilt zudem als unwürdiges und hässliches Gefühl, welches kaum jemand offen eingesteht. Allein schon deswegen wird kaum ein trauernder Mensch mir ins Gesicht sagen, dass er neidisch darauf ist, dass ich noch einen Vater habe, mit dem ich mich streiten kann. Was sollte man darauf zudem schon antworten? Von daher kann ich mir vorstellen, dass Trauer alle möglichen Gefühle in einem Menschen wachruft, und dass viele Leute einfach zu zurückhaltend sind, um darüber zu reden, dass sie nicht nur wie im Sonntagabendfilm "traurig" sind, sondern auch mal stocksauer, neidisch oder genervt.
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