Wie sinnvoll ist künstliche Befruchtung bei Rindern?

vom 16.05.2015, 13:00 Uhr

Ich sehe gerade eine Dokumentation über eine Rinderherde, die dann eben für Milchproduktion und Fleischgewinnung genutzt werden sollen. Es geht auch um einen Hof in Deutschland und es wird gut erläutert, wie der ganze Prozess hier abläuft und was hier zu beachten ist.

Hier wurde dann gerade auch gesagt, dass ein ausgewachsener Bulle unter vielen Kühen eher die Ausnahme als die Regel ist und dass das erstens viel zu gefährlich wäre und zweitens Tierärzte die Kühe alle künstlich befruchten würden, weil das billiger sei.

Das machte mich ehrlich gesagt schon etwas stutzig. Ich meine, mir ist klar, dass die meisten Kühe künstlich befruchtet werden, weil das eben schneller geht und man Tiere ja schlecht zwingen kann sich ständig fortzupflanzen. Schließlich haben Tiere ja irgendwo auch einen Willen und wenn die keine Lust oder keine Energie haben sich fortzupflanzen (gerade bei einem Bullen und zig Kühen) tun diese das natürlich nicht so beständig und effektiv wie Tierärzte.

Was mich jedoch stutzig macht ist, dass die künstliche Befruchtung bei Tieren scheinbar billiger ist als die natürliche Fortpflanzung. Möglicherweise habe ich zu sehr die künstliche Befruchtung des Menschen im Hinterkopf, die ja nicht gerade billig und nicht immer von Erfolg gekrönt ist. Aber warum ist das bei Tieren unbedingt billiger als eine natürliche Fortpflanzung? Denn schließlich müssen die entsprechenden Geräte und das Personal ja auch bezahlt werden während diese Kosten bei einer natürlichen Begattung entfallen würden.

Weiß zufällig jemand die Kosten einer künstlichen Befruchtung bei Tieren und wie schnell diese von Erfolg gekrönt sind? Also gelingt eine Befruchtung und Einnistung direkt beim ersten Versuch oder kann es schon passieren, dass mehrere Eizellen als "Blindgänger" Fehlgriffe sind und die Arbeit da quasi umsonst war? Ist eine natürliche Befruchtung gefährlich für den Menschen oder für die Tiere? Denn ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass das für die Artgenossen so gefährlich sein soll, da Kühe schließlich so viele zigtausend Jahre existieren und die ansonsten sicherlich ausgestorben wären. Was meint ihr dazu?

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Die künstliche Befruchtung bei Nutztieren beinhaltet ja nur das Einsetzen von Sperma in die Gebärmutter. Und das bringt künstlich viele Vorteile. Du kannst aus dem Samen eines genetisch interessanten Bullen oder Ebers viel mehr als eine Portion machen. Durch regelmäßiges Absamen erhälst du also viel mehr Portionen Sperma als das Tier auf natürlichem Wege verteilen könnte.

Daher rechnet sich das für beide Seiten schon ordentlich. Wenn du keinen Bullen oder Eber halten musst, sinken die Kosten. Außerdem bekommst du Sperma eines Tieres, dass zu deinem Tier passt. In der Milchviehhaltung müsstest du sonst zig Bullen halten, damit dein Bulle nicht seine Töchter deckt. Und nicht jeder Bulle passt zu jedem Rind.

Für den Halter der männlichen Tiere lohnt es sich auch, denn über die vielen Portionen nimmt er mehr ein. Außerdem minimierst du das Verletzungs- und Infektionsrisiko. Eine Portion Samen von einem Top-Eber kostet zwischen etwa 7 Euro, wenn du nur eine kaufst. Der Preis sinkt auf etwa 2.30 Euro pro Portion, wenn du das ganze Jahr Samen für deinen Betrieb abnimmst und mehr als 1.000 Portionen brauchst. Das Besamen geht einfach und schnell. Mit einer Klammer bekommst du eine paarungsbereite Sau dazu, das Sperma über den Katheder einzusaugen. Der Erfolg liegt bei fast 100 %. Die Besamung übernehmen die meisten Landwirte selbst.

Bei Rindern macht es manchmal ein Tierarzt. Da rechne mal mit 15 Euro plus Sperma für die Erstbesamung. Wird eine weitere nötig, kostet es etwa die Hälfte. Anders ist es bei Pferden, da wird manchmal tatsächlich mit befruchteten Eiern und Leihmüttern gearbeitet.

Aber auch das rechnet sich. Nehmen wir an Jahrhundertpferd Totilas wäre eine Stute. Dann wären maximal 6 Fohlen zu erwarten. Regt man bei der Stute jetzt die Eiproduktion an und saugt ab, dann kann das Pferd im Sport gehen und Nachkommen haben. Als Leihmutter dient entweder eine "wertlose" Stute oder eine junge Stute, die erst noch zeigen muss, ob sie zur Zucht geeignet ist.

» cooper75 » Beiträge: 13449 » Talkpoints: 524,34 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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