Leben als Selbstversorger nur für reiche möglich?
Immer wenn ich darüber nachdenke, das es doch eigentlich ganz schön und vernünftig wäre, sich mit allem nötigem selbst versorgen zu können, kommt irgendwann der Punkt an dem man zwangsläufig darüber nachdenken muss, dieses Gedankenspiel auch zu bezahlen.
Da müssen einige Kosten getragen werden. Nehmen wir das Grundlegendste, eigenes Land auf dem man seine Tiere laufen lassen und Pflanzen anbauen kann. Land ist nicht billig, will man dann alles biologisch aufziehen, ist noch mal mehr Land nötig. Will man nicht mit der Kerze durchs Haus muss man die Stromrechnung bezahlen usw., einen normalen Job wird man aber nicht mehr ausführen können wenn man quasi als Landwirt den ganzen Tag eingespannt ist. Woher also das Geld nehmen? Einen Kredit wird man auch nicht bekommen.
Ich denke es ist nur wohlhabenden Leuten möglich wirklich eine 100% Eigenversorgung anzugehen die auf einer vernünftigen Basis steht, alles andere ist doch nur eine Kompromisslösung oder ein Rückfall ins Mittelalter. Wie seht ihr das, seid ihr anderer Meinung?
Da bin ich ganz deiner Meinung. Zum Selbstversorgen braucht man wirklich erstmal ein großes Stück Land, auf dem alles mögliche Gemüse, Kräuter zum Kochen und als Medizin wie Salbei und Melisse oder Pfefferminz angebaut werden kann.
Dann braucht man Ställe, in welchen Hühner, Schweine und Kühe sind. Aber Kühe zum Beispiel kann man nicht einfach nur den ganzen Tag im Stall lassen. Die müssen auch mal raus. Außerdem wollen die Tiere rund um die Uhr versorgt werden. Sie brauchen Futter, das man dann ja auch erstmal irgendwo her beziehen muss, also selbst anbauen.
Auch die Gemüse- und Kräuterbeete brauchen Pflege und müssen gepflanzt, gegossen und geerntet werden. Auch Schädlinge müssen abgehalten werden. Das alles nimmt sehr viel Zeit in Anspruch.
Wenn man Selbstversorger ist, muss man sein Essen selbst kochen. Das bedeutet, dass sowas wie Pizza aus dem Tiefkühlfach nicht drin sein wird. Jeden Tag frisch kochen, Lebensmittel einmachen bzw. haltbar konservieren nimmt dann auch Zeit in Anspruch. Käse und Sahne zum Beispiel muss man dann selbst herstellen. Milch will gemolken werden, Hackfleisch gehäckselt, Eier gesammelt, Schinken gelagert, Obst und Gemüse ernten. Das alles ist sehr zeit intensiv.
Daneben hat man auch das Problem, dass man seinen Strom selbst herstellen muss. Dies kann über Windräder, Wasserkraft oder Sonnenenergie geschehen. Heizen kann man über Holz. Dafür braucht man aber einen Kamin. Das Holz dafür muss man dann selbst schlagen, spalten und einlagern zum Trocknen. Auch das nimmt Zeit und Platz in Anspruch.
Ja, also ich würde schon sagen, dass man erstmal eine Menge Geld investieren muss, bevor man wirklich unabhängig sein kann.
Und selbst wenn man den Strom und die Lebensmittel selbst erzeugt, ist es damit nicht getan. Denn man will ja nicht nackt auf dem eigenen Acker unterwegs sein. Man könnte nun das Argument bringen, dass man dann auch Schafe hält. Aber will man wirklich Unterwäsche aus Schafwolle tragen, die man selbst verarbeitet hat? Ich gehe davon aus, dass man dann nur damit beschäftigt ist sich zu kratzen.
Auch die Lebensmittel konservieren geht nicht ohne gekaufte Grundlagen. Man benötigt einen großen Topf und eben auch Gläser. Oder will man soweit gehen, dass man sogar das Fleisch wieder mit alten Methoden, wie Einsalzen, haltbar machen will? Aber selbst dann muss man Salz kaufen und benötigt ein Fass, wo man es einlagern kann.
In Deutschland hat man immer Kosten, für die man Bargeld braucht. Haus und Land kauft man zwar, aber man muss dafür jedes Jahr Steuern bezahlen. Diverse Versicherungen sind auch nicht verkehrt und zum Teil auch Pflicht. Also Bargeld muss immer irgendwo reinkommen. Aber das kann ja durch die Landwirtschaft geschehen. Man kann ja von den selbstproduzierten Lebensmitteln einen kleinen Teil verkaufen.
Aber so richtige 100-prozentige Selbstversorgung halte ich auch für extrem schwierig. Kleidung, speziell Unterwäsche, wurde schon erwähnt. Schuhe sind noch schwieriger. Toilettenpapier ist auch so eine Sache, auf die die wenigsten verzichten wollen, obwohl man sich da mit Wasser behelfen könnte. Ich persönlich will nicht auf Reis und diverse Gemüse- und Obstsorten verzichten, die man in Deutschland einfach nicht anbauen kann.
Sehr viel billiger und einfacher wird es übrigens, wenn man auf Fleisch verzichtet. Keine Kühe, keine Schweine, die sich ständig vermehren, die Unmengen futtern, die ärztliche Versorgung benötigen und die viel Platz brauchen. Hühner sind relativ einfach in der Haltung. Dann könnte man ein paar Mal im Jahr ein Hühnchen auf den Tisch bringen, aber auf jeden Fall Eier. Also meiner Meinung nach ist Gemüse anbauen sehr viel einfacher.
Ein wichtiger Faktor ist auch noch, wo man das Ganze machen will. Ich komme ursprünglich aus Bayern, bin zum Studieren nach Leipzig und bin mittlerweile mit einem Leipziger verheiratet. Als wir entschieden, ein Haus auf dem Land zu kaufen, war klar, dass das in Sachsen passieren wird. In Bayern hätten wir noch ein paar Nullen anhängen müssen. Außerdem haben wir ein Haus in einer Zwangsversteigerung gekauft, hatten also nicht so hochgeschraubte Ansprüche, die auch sehr ins Geld gehen.
Aber ich gebe zu, dass wir ein gewisses Grundkapital hatten. Ich hatte ein bisschen was von meinem Großvater geerbt. Das Haus war mit 5.000 € allerdings wirklich extrem günstig. Und natürlich war gerade der Anfang mit seinen diverse Anschaffungen auch nicht billig. Aber ein Vermögen haben wir sicherlich nicht ausgegeben.
Ich denke schon, dass man nicht unbedingt "reich" sein muss. Gewisses Grundkapital muss da sein. Beispielsweise Gespartes, ein kleines Erbe oder auch schon das Haus mit Land, von den Großeltern oder so. Wenn man dann anfangs noch normal arbeitet, je nach Umständen vielleicht Teilzeit und langsam auf die Selbstversorgung hinarbeitet, geht das schon.
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