Linguistische Grundlagen - Synonyme, Homonyme und Polyseme

vom 01.11.2009, 11:30 Uhr

Für eine Hausarbeit muss ich mir linguistische Basics aneignen und scheitere im Moment an den einfachsten Definitionen, weil ich mir nicht so sicher bin, ob ich die richtig unterscheiden kann. Natürlich ist mir klar was ein Synonym ist und dass es sich dabei um Begriffe handelt, die die selbe Bedeutung haben. Das Problem macht mir eher die Unterscheidung von Homonymen und Polysemen:

Wir hatten mal besprochen, dass Homonyme eine unterschiedliche Bedeutung haben, allerdings die selbe Benennung. Als Beispiel dazu notierte ich mir 'Schloss - Schloss'. Also einmal das Schloss an der Tür und das Schloss als Gebäude. Das leuchtet mir ein. Nun haben wir aber auch besprochen, dass Polyseme sich dadurch kennzeichnen, dass sie eine unterschiedliche Bedeutung haben, allerdings je nach Kontext auch die selbe Benennung. Und als Beispiel dazu diente 'Bank - Bank'. Einmal die Bank als Sitzgelegenheit und die Bank als Einrichtigung. Aber ich kann damit Homonyme und Polyseme praktisch nicht mehr auseinander halten, weil ich den Unterschied nicht erkenne. Für mich sind beide Begriffe gleich definiert und die Beispiele könnten jeweils auch dem anderen Begriff zugeordnet werden.

Wodurch unterscheiden sich Homonyme und Polyseme eindeutig? Vielleicht gibt es auch ein beispielhaftes Begriffspaar wodurch das deutlich wird.

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Linguistik kann einen in den Wahnsinn treiben, vor allem, wenn man das noch für eine Fremdsprache in einer Fremdsprache doziert bekommt.

Ich versuche Dir das mal zu erklären, wie ich das verstanden habe:

Synonym: Zwei unterschiedlich klingende und geschriebene Wörter, die das selbe bedeuten. Also, z.B. Caro und Malzkaffe.

Polyseme: zwei Wörter, die gleich klingen oder gleich geschrieben werden und die selben ethymologischen (sprachgeschichtlichen) Wurzeln haben und deshalb annähernd das Gleiche bedeuten. Aber eben nur annähernd. Bei Wikipdia steht das Beispiel Pferd-Perd. Das eine ist das echte Pferd aus Fleisch und Blut, das andere ist das Pferd beim Schachspiel, die Figut aus Holz. Beide sind Pferdeförmig. Der Name der Spielfigur wurde vom echten Pferd abgeleitet und hab damit die selben Wurzeln. Die Worte stammen beide vom althochdeutschen "pherfrit" ab. Beide Begriffe meinen ein Tier, das man im Englischen als horse bezeichnen würde. Nur eben ein lebendes und ein Symbol. Deshalb kann es zu Missverständnissen führen. Wenn ein schachspielender Pferdewirt sagt: Gestern habe ich mein Pferd verloren, muss man erst mal nachfragen, welches Pferd nun gemeint ist.

Noch ein Beispiel für Polysemie: Atlas

Die Figur namens "Atlas" aus der antiken Mythologie trug das Himmelsgewölbe auf seinen Schultern.

Ein gewisser Mercator veröffentlichte 1637 eine Kartensammlung, die diese mythologische Figur namens Atlas auf der Titelseite trug. Damit war der Begriff "Atlas" für eine Weltkartensammlung geprägt. Also: beide Begriffe haben den selben ethymologischen Ursprung.

Atlas, der oberste Halswirbel beim Menschen: dieser Halswirbel ermöglicht das Nicken. Da man ohne Nicken bzw. Kopfbeugen nichts hinten auf den Schultern tragen könnte, wurde dieser Wirbel nach der mythologischen Figur Atlas benannt.

Polyseme können auch durch methphorischen Gebrauch von Wörtern entstehen. Die Kimme am Gewehr ist eine Zielvorrichtung, die eine Ritze zwischen zwei Erhebungen hat. Aus diesem Grund sagt man im Berliner Raum zu der Vertiefung zwischen den beiden Pobacken auch Kimme. Also, unterschiedliche Bedeutung aber selbe ethymologische Wurzeln.

Homonyme sind Wörter, die heutzutage gleich klingen oder sogar gleich geschrieben werden, die sich aber aus anderen ethymologischen Wurzeln entwickelt haben. Also über die Jahre gab es ja auch mal diese Lautverschiebungen usw.
Beispiel Kiefer:

Der Kiefer, in dem in deinem Mund deine Zähne wachsen kommt von dem germanischen Wort "kiver".

Die Kiefer, der Nadelbaum kommt vom ostfränkischen "kinfir"

Also, sie klingen heute gleich und waren vor ein paar hundert Jahren noch unterschiedlich klingende Wörter, die sich aufgrund der Sprachökonomie und der Lautverschiebung so lange angenähert haben, bis sie gleich waren.

Wenn man so ein "Teekesselchen" in einer Klausur auf dem Papier bewerten soll, hilft nur der Blick ins ethymologische Wörterbuch, um zu unterscheiden, ob es nun ein Homonym oder ein Polysem ist.

Ich drücke die Daumen. Ich habe vor meiner Linguistikprüfung auch Blut und Wasser geschwitzt!

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