Wie kann man so gutgläubig sein?

vom 19.08.2009, 23:26 Uhr

Hallo,

gerade habe ich einen Bericht auf RTL gesehen, die Sendung ist unter dem Name SpiegelTV mit Günther Jauch bekannt. Es ging um ein Fertighaus welches die Familie, ein Friseur und seine Mutter, von einer polnischen Firma bauen lassen wollten. Das Haus selber sollte 89.000€ kosten, das Grundstück selber hat einen Wert von 70.000€ der Rest ging für Nebenkosten drauf. Gesamt macht dies einen Betrag von stolzen 200.000€.

Die Firma aus Polen mauerte den Keller und stellte eine Holzhausfassade auf. Hierbei handelt es sich allerdings um keine Fertighausmodule sondern wirklich nur um einzelne Holzdielen. Der Unternehmer rief nach 3 Monaten Bauzeit seine Arbeiter von der Baustelle zurück. Danach wurde nie wieder an dem Haus gearbeitet, nun verkommt das Haus und muss abgeriesen werden, das Haus ist mit Wasser vollgelaufen und verwittert.

Leider waren die Personen ziemlich gutgläubig den sie zahlten die gesamten 89.000€ als Vorabzahlung! Das ist doch Wahnsinn, wie kann man so etwas machen. Eine Anzahlung kann ich ja noch verstehen doch der Preis für das komplette Fertighaus Betrug 99.000€ also eine vergleichsweise kleine Differenz von 10.000€.

Das Ende der Geschichte, die Familie muss eine Privatinsolvenz anmelden um damit sie von den Schulden nicht erschlagen wird. Einer der Bauherren wurde vor Gericht zu einem Jahr Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe von gerade einmal 1200€ bestraft, unglaublich den er hat das Gericht von seiner Mittellosigkeit überzeugt.

Ich finde es wirklich Schlimm, vor allem die Strafe des Gerichtes ist für mich der blanke Hohn. Das Sprichwort Dummheit gehört bestraft würde bei der Familie natürlich zutreffen, jedoch habe ich einfach nur Mitleid empfunden. Ich hoffe die beiden schaffen es und können irgendwann wieder normal weiter Leben.

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» piranha » Beiträge: 819 » Talkpoints: 0,89 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Hallo!

Ich denke, dass es bei vielen Bauunternehmen so ist, dass man Vorauskasse leisten muss. Ich habe davon schon öfter gehört. Die Strafe ist natürlich nicht angemessen und die Firma kam viel zu gut, wieder aus der Sache raus. Die Auftraggeber sind auch wieder mal die Leid tragenden.

Es ist nicht der erste und auch nicht der letzte Fall von so einem Betrug. Ich meine, dass ich die Sendung auch schon mal gesehen habe und das es gestern eine Wiederholung war. Mir tun die Leute schon leid und die meisten Baufirmen verlangen eben eine Vorauszahlung. Da sind die Leute gar nicht so dumm, dass sie das gemacht haben. Sie wollten sich ihren Traum erfüllen und haben dem Unternehmen vertraut.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Also irgendwo kann ich das Bauunternehmen schon verstehen - beziehungsweise vielleicht nicht speziell dieses, sondern generell Bauunternehmen - wenn sie für einen Hausbau Vorkasse verlangen. Schließlich kostet das Haus ja nicht umsonst 90000 Euro, es sind einfach große Summen, die da fließen und die das Unternehmen ausgeben muss, um die Rotstoffe und Baumaterialien etc. zu bestellen und dann muss das Personal bezahlt werden. Die meisten Firmen können das selbstverständlich nicht erst vom eigenen Geld bezahlen. Zumal man bei so großen Summen ja auch als Unternehmen die Garantie möchte, dass man nicht umsonst arbeitet, sondern auch sein Geld sieht.

Was ich allerdings nicht verstehe - die beiden Parteien hatten doch im Endeffekt einen Vertrag, der da hieß: Kunde muss zahlen, wir müssen danach Haus bauen. Oder? Dann hätte die Familie doch vom Vertrag zurücktreten können, weil die andere Partei ihre Pflichten nicht erfüllt hat. Somit hätten sie ihr Geld zurückbekommen und eventuell auch noch Schadensersatz-Zahlung beantragen können. Warum haben Sie das nicht gemacht? Oder war das etwa das, wo nur die 1000 Euro bei rumkamen? Das verstehe ich dann aber nicht, denn schließlich wird doch im Endeffekt das Unternehmen verklagt und nicht der eine Bauarbeiter, da hätte doch mehr zu holen sein müssen.

Naja, auf jeden Fall kann einem die Familie arg leid tun. Wenn einem sowas passiert, kann man sich echt bedanken.

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» Wunky » Beiträge: 487 » Talkpoints: -0,18 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Die Frage nach dem Vertrag ist hier noch offen, das wurde vermutlich nicht erwähnt oder? War wahrscheinlich eine bekannte Betrugsfirma, die um einiges billiger als andere Baufirmen arbeiten und das ist die liebe Gier der Menschen, einfach drauf hoffen dass es klappt. Bei soetwas habe ich eben kein Verständnis, heimische Baufirmen sind eben teurer, weil sie ihre Verpflichtungen erfüllen, bestimmte Auflagen erfüllen etc. Vermutlich ist dieser Fall besser, als ein minderwertiges Haus fertig zu stellen, welches mehr als hundert Sicherheitsrisiken hat.

Findet ihr auch wirklich alle normal, den beinahe kompletten Betrag per Vorauskasse zu zahlen? Klar muss der Unternehmer Geld vorstrecken, Eigenkapital ist ein Hauptfaktor in der Selbständigkeit. Wenn mir eine Firma sagt, sie habe dafür kein Geld und ich muss alles in Vorauskasse leisten, dann hau ich schnell ab. Denn die Firma geht vermutlich jederzeit in Insolvenz und dann sind alle Ansprüche besonders in Garantie weg. Anzahlung ist ganz normal, kenn die Richtlinien nicht, würde aber behaupten 10-20% sind OK, denn wenn der Kunde dann nicht komplett zahlen kann bleibt die Baufirma nicht auf all den Kosten sitzen. Bei einem Auto zahlt man auch nicht komplett damit die überhaupt ein Auto bauen können, sondern nennt die Sonderwünsche, leistet Anzahlung und dann geht das Auto in Produktion. Der Rest wird gezahlt, nachdem ich mit dem Auto auch nach Hause fahre.

» Sambazamba » Beiträge: 522 » Talkpoints: -0,26 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Sambazamba hat hier mit der Frage nach der Vorauszahlungshöhe schon Recht! Natürlich ist der Bauunternehmer darauf aus, sein Geld im Voraus zu bekommen.

Doch bisher dachte ich, dass die Zahlungen in Abhängigkeit vom Baufortschritt erfolgen. Sprich, man wirft nicht zu Beginn einen großen Sack Geld über den Zaun und hofft auf das fertige Haus, sondern teilt den Betrag in verschiedene Teilbeträge ein, die dann mit der Zeit an das Unternehmen gezahlt werden.

Und dazwischen sollte immer der jeweilige Bauabschnitt bzw. der dementsprechende Fortschritt begutachtet werden. Quasi lauter kleine Teilabnahmen. Damit hat der Bauunternehmer nie das Risiko auf einem Maximum an Kosten sitzen zu bleiben und der Bauherr einigermaßen die Gewähr, für sein Geld entsprechende Gegenleistungen zu erhalten.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Zahlung nach Bautenstand ist eigentlich üblich. Denn so funktionieren auch die meisten Kredite für den Bau von Immobilien. Wir hatten zwar damals ein Selbstbauhaus, aber wir haben auch nur immer die aktuelle Materiallieferung bei der Baufirma bezahlt.

Ich wäre nie auf die Idee gekommen ein ganzes Haus per Vorkasse zu bezahlen. Wenn bei solchen Dingen nicht alle Alarmglocken schrillen, dann ist dem Auftraggeber auch nicht mehr wirklich zu helfen. Das die Unternehmer das Gericht überzeugen konnten, das nicht viel bei denen zu holen ist, sollte auch keinen verwundern. Immerhin haben diese ja nicht nur das Geld erhalten, sondern auch Kosten zu bezahlen gehabt.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ich finde es mehr als nur gutgläubig sich so zu verhalten. So hart das Schicksal auch sein mag, aber auch mir bleibt nur ein selbst schuld. Hier hat wohl wirklich die Gier gesiegt, nicht umsonst ist es bei einigen öffentlichen Ausschreibungen schon so, dass der billigste und der teuerste Anbieter schon mal von der Bieterliste gestrichen werden.

Zwar ist es nicht üblich, dass ein Bauunternehmer gerade bei größeren und auch länger andauernden Bauvorhaben bis zum Ende auf sein Geld warten muss (je nach Baufortschritt werden auch Abschlagszahlungen in Rechnung gestellt) aber ich kenne keine seriös arbeitende Baufirma, die mit Vorkasse arbeitet. Zwar kann es gut sein, dass man sich nachweisen lässt, ob tatsächlich genügend Kapital vorhanden ist, denn auch die Auftragnehmer sind nicht immer nur ehrlich. Aber Vorabzahhlungen sind eigentlich unüblich lediglich, geringe Kosten für die Erstellung eines Kostenvoranschlags sind schon mal gefordert.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Scheint ein gutes Thema für RTL zu sein. Da ich ja heute recht früh zu Hause war, habe ich mal ein bisschen beim Fernsehen rumgezappt und genau auf diesem Sender war ein weiteres Beispiel dazu vorhanden. Nur ging es da schon um 200.000 Euro und die Leute haben quasi auf der Baustelle gewohnt. Strom und Wasser gab es per Kabel und Schlauch vom Nachbarn und gekocht wurde mit einem Gasherd.

Das ganze wurde von einer Anwältin übernommen, um die Probleme mit der Baufirma zu lösen. Wobei diese dann auch schon insolvent war. Aber ich frage mich da auch wieder, wie man wirklich so dumm sein kann, das alles vorher schon zu bezahlen. Haben die Leute vorher kein Fernsehen geschaut oder Zeitung gelesen?

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


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