Freche Behandlung auf Grund des Äußeren

vom 02.06.2009, 12:39 Uhr

Angeregt von dem Topic über Taschenkontrolle erinnerte ich mich mal wieder an so einige Vorfälle, die mir wegen meines Aussehens widerfahren sind. Die Taschenkontrollen um die es dort ging, trafen ja willkürlich jeden Kunden, der das Geschäft betrat. Aber bei stichprobenartigen Kontrollen trifft es doch häufig Leute mit etwas außergewöhnlichem Styling. Diesen wird von allen möglichen Leuten, wie Verkäufern, Schaffnern, Polizisten, Busfahrern oder Kellnern ganz anders begegnet als das bei ihren trendy und adrett gekleideten Normalmitbürgern der Fall ist. Und meistens ist dieses "anders" eine sehr fragwürdige Verhaltensweise.

Ich selbst bin eine ganz Weile recht extrem herum gelaufen, die Haare waren lila und Nieten, kaputte Netzstrümpfe und Militärstiefen gehörten zum täglichen Outfit. Die Folge davon waren extrem unfreundliche Verkäuferinnen, die einen argwöhnisch beäugten und misstrauisch überwachten, dass man auch nichts mitgehen ließe, wenn man durch den Laden bummelte. Das finde ich auch schon fragwürdig, hatte mich aber daran gewöhnt. Einer ähnlich zurecht gemachten Freundin ist es mal passiert, dass sie direkt beim Betreten eines Ladens abgefangen wurde und ihr eröffnet wurde, dass in ihrer Preisklasse ohnehin nichts im Sortiment sei, und sie deswegen genausogut gleich wieder gehen könne(Eine grobe Fehleinschätzung denn meine gut betuchte Freundin hatte den eleganten Laden betreten, um von ihm großzügig bemessenen Taschengeld ein teures Geschenk für ihre Mutter zu erwerben, aber das steht auf einem anderen Blatt). Auch, dass Leute sich im Bus umsetzten, ist mir schon passiert.

Das ist aber bei weitem noch nicht die gröbste Unverschämtheit, die uns so widerfahren ist. Mein Freund hatte einmal einen recht unangenehmen Zusammenstoß mit einer Zubegleiterin, die sich durch sein Äußeres berechtigt fühlte ihn bei der Ticketkontrolle zu fragen in welche Mülltonne er gekrochen sei, um die Fahrkarte heraus zu fischen. Als er sichtlich verärgert erklärte, dass es seine sei, behauptete sie unverblümt, dass so ein asozialer Penner wie er sich niemals genug Geld hätte zusammen schnorren können, um die Karte tatsächlich zu bezahlen. Darum stufte sie ihn als Schwarzfahrer ein und verlangte die üblichen 60DM Strafe. Diese Aktion hatte dann eine Beschwerde, ein förmliche Entschuldigung und die Rückerstattung der 60DM zur Folge, aber das macht das Ganze natürlich nicht ungeschehen.

Ich selber hatte eine interessante Begegnung mit zwei Polizisten. Ich war vor geraumer Zeit auf einem Konzert der Mittelalterrockband Subway to Sally und auch auf der anschließenden Aftershow-Party. Ich war natürlich passend mit schwarzer Kleidung, Nieten und schwarzem Augen Makeup zurecht gemacht. Da die Veranstaltung unter der Woche war und daher keine Nachbusse fuhren hatte ich das Auto genommen und war dementsprechend nüchtern geblieben. Auf dem Rückweg wurde ich prompt von zwei Polizisten angehalten.Ich kurbelte also das Fenster herunter, um mit den Herren zu sprechen und wurde statt einer Begrüßung direkt mit einem "Na, wieviel haste gesoffen?" bombardiert. Abgesehen davon, dass auch ein 18-jähriger, der seinen Führerschein gerade frisch hat die förmliche Anrede verdient und ich schon deutlich älter war, ärgerte ich mich sehr darüber, dass ich nicht gefragt wurde ob ich etwas getrunken hätte, sondern das einfach vorraus gesetzt worden war und nur noch die Menge als fraglich galt.

Ich reagierte darum leicht pikiert und erklärte, dass ich außer Cola nichts getrunken hätte. Daraufhin wurde ich aufgefordert, den Polizisten anzuhauchen. Da ich nüchtern war, roch ich natürlich auch nicht nach Alkohol. Anstatt einer Entschuldigung wurde ich gefragt, welche Drogen ich stattdessen genommen hätte. Auf mein Abstreiten und die Frage hin, wie sie zu dem Schluss gekommen seien, dass ich unter Drogen stehe, wurde mir eröffnet, dass ich ja total beschissen und so fertig aussehen würde, dass ich keinesfalls clean sein könne. Alleine, dass ich vollkommen verschwitzt sei, sei ja eindeutig auf Drogenkonsum zurück zu führen. Ich war schon ziemlich verärgert und fragte den Polizisten, wie taufrisch er denn nach einer durchtanzten Nacht in einem vollen, heißen Partyraum aussehe.

Ich wurde dann aufgefordert mir die blöden Ausreden zu sparen und aus dem Auto zu steigen. Als ich ausgestiegen war, wurden Fahrzeugpapiere und Führerschein verlangt, mit denen der Kollege zwecks Kontrolle abzog, während der erste Polizist mich diverse Idiotentests absolvieren ließ und meinen Kofferraum und den restlichen Wagen auf Diebesgut und Drogen untersuchte. Zu seiner großen Überraschung wurde er nicht fündig. Dann kehrte sein Kollege zurück und erklärte verstimmt der Führerschein sei gültig und der Wagen offenbar nicht gestohlen, sie müssten mich wohl ziehen lassen. Ich wurde dann noch gefragt, woher ich käme und ob da noch mehr von meiner Sorte rumhängen würden, dann wurde ich entlassen und nach Hause geschickt.

Nach dieser Aktion war ich sprachlos vor Wut, sah aber keinen Weg die beiden für ihr Fehlverhalten zur Rechenschaft zu ziehen. Immerhin standen zwei Aussagen gegen meine.

Ich kann bis heute nicht nachvollziehen, was Menschen dazu bewegt so schnell und ohne jede Grundlage Schlüsse zu ziehen und sich dermaßen überheblich und unverschämt zu verhalten. Ich selber habe auch schon in Schulen gearbeitet und bin dabei Jugendlichen diverser Subkulturen, die nicht unbedingt meiner entsprechen begegnet, bin aber nie auf die Idee gekommen diesen Schülern von Anfang an negativ zu begegnen. Ohne Grund dumme Sprüche zu machen und von vornherein schlechte Leistungen zu erwarten käme mir nie in den Sinn. Und auch in Bussen oder Geschäften starre oder pöbele ich nicht wildfremde Menschen an, nur weil mir ihr Aussehen nicht gefällt. Ich habe immer allen eine Chance gegeben und finde es unbegreiflich, wie sich erwachsene, theoretisch vernunftbegabte Menschen gebärden können wie verzogene Kinder.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Hallo!

Daran sieht man leider immer wieder, wie oberflächlich unsere Gesellschaft doch ist. Ich finde es auch nicht richtig, dass jemand wegen deinem Aussehen ungerecht behandelt wird.

Allerdings kenne ich das auch von einer Freundin, die ein Gothic war und eben immer schwarz trug. Sie wurde im Zug auch schon beschimpft, dass sie ein Satanist wäre und sich schämen sollte, so herum zu laufen. Ich finde da eher, dass sich die Leute schämen sollten, die solche dummen Aussagen von sich geben. Sicher, gibt es Menschen die sich durch ihr Äußeres aus der Masse heraus heben, aber deswegen müssen sie doch nicht gleich ungepflegt sein und klauen. Wir wissen, dass man Menschen nicht nach dem Äußeren beurteilen sollte, aber leider machen das eben noch viel zu viele. Und ich meine, dass man ja wohl unterscheiden kann, ob jemand nur ungewöhnlich aussieht oder eben wirklich ungepflegt ist.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Da fällt mir erstmal nur eins zu ein. Servicewüste Deutschland. Andere Länder haben schon längst erkannt, dass man gerade den „reichen“ Kunden das Geld meist nicht ansieht. Muss man ja auch nicht. Aber das ist Deutschland. Die Leute denken, sie seien was besseres, oder haben einfach nur selbst kein Selbstwertgefühl und versuchen durch solche Aussagen seinen Status anzuheben.

Ich frage mich nur immer wieder, warum so einige Verkäuferin überhaupt diesen Beruf ergriffen hat. Aber das ist eine andere Geschichte.

Ich sehe eigentlich ganz „brav“ aus, muss mir aber auch immer böse Blicke gefallen lassen, weil ich jünger aussehe, als ich bin. Daher rechnet man bestimmt auch nicht damit das ich Geld dabei habe. Also ich denke, dass deine Erfahrung wirklich die Spitze des Eisbergs sind, aber man sich so ein Verhalten leider auch schon als normaler Bürger gefallen lassen muss, wenn dem Gegenüber deine Nase nicht gefällt, leider.

» Naffi » Beiträge: 948 » Talkpoints: -1,22 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Mir ist das als Verkäuferin auch zweimal passiert. Gebe ich auch offen zu. Wobei ich nicht unfreundlich war, sondern eher distanziert.

Im ersten Fall habe ich in einem Laden gearbeitet, in dem auch viele örtliche Obdachlose einkauften. Da ihr Treffpunkt quasi um die Ecke war und ich dort auch wohnte, kannte man die meisten vom Sehen. Und die fielen leider immer wieder negativ auf. Eines Nachmittags war ich alleine im Laden. Da kam ein Mann herein, den ich rein äusserlich besagter Gruppe zugeordnet habe. Ich war dann eher vorsichtig. Und ich war erstaunt. Der Mann kaufte enorm viel. Vorallem gezielt. Und wurde auch ab da mehr als zuvorkommend von mir bedient. An sich war er irgendwann einer meiner Lieblingskunden.

In einem anderen Laden in dem ich gearbeitet habe, kam regelmässigt ein Mann einkaufen. Der hatte pinke Haare und vorallem im Gesicht viele Piercings und Tättoowierungen. Hier war mein erstes Verhalten auch erstmal distanziert. Aber der war so problemlos zu bedienen und wir Verkäuferinnen haben ihn an sich irgendwann alle einfach nur noch geliebt. Der kam in den Laden, hatte immer gut Laune, machte seine Spässchen mit uns und so weiter.

Aber faszinierend war immer die Reaktion neues Auszubildener. Die sahen mich dann geschockt an wenn er den Laden betrat. Fragten sich, was das für einer ist. Ich glaube eine sprach es auch mal aus. Ich habe dann nur gelächelt und sie den Mann bedienen lassen. Und die waren alle einfach nur begeistert von dem Mann.

Allerdings schauten die andere Kunden meist recht pikiert. Aber das war nicht unser Problem.

Ich selbst habe abfälliges Verhalten auch schon selbst erlebt. Mein Körper entsprach nie Modelmassen. Noch dazu war ich lange Zeit oft im Kittel oder Schürze unterwegs. Ich wurde halt jeden Tag losgeschickt, für meinen Arbeitgeber ( in dem Falle Papa) was zu erledigen. Natürlich während der Arbeitszeit. Ein paar Tage vorher hatte ich ein Schreiben der Bank bekommen, welches mich leicht in Panik versetzte. Da ich da nun eh in der Nähe war und die Gelegenheit günstig, maschierte ich in die Bank rein. Natürlich mit Berufskleidung.

Die Filiale war kurz vorher mit einer anderen zusammengelegt worden. Aus der alten Filiale kannte mich die Mitarbeiter. Entweder weil sie Kunden meines Vaters waren oder eben weil ich dort mindestens zweimal die Woche was für meinen Vater erledigt habe. Zusätzlich zu meinen Sachen. Unter anderem wussten die halt auch, das ich Ende des Monats, aller spätestens am ersten des nächsten Monats mein Gehalt bar aufs Konto einzahlte. Mein Vater hatte mir mein Gehalt damals bar ausbezahlt. Und das war jeden Monat ein Kampf.

Diese Mitarbeiter waren auch in der neuen Filiale. Nur geriet ich an eine Frau die mich nicht kannte. Aber von ihr kam das Schreiben. Ich erklärte den Sachverhalt und merkte schon die ganze Zeit wie sie mich von oben bis unten musterte. Ich stand bald weinend da, weil sie keinerlei Schritt auf mich zutat und alles was bisher Standard war verweigerte. Und als neue Kunden in die Bank maschierten, die rein äusserlich mehr Geld zu haben schienen als ich, liess sie mich einfach stehen.

Seitdem wende ich mich in der Bank nun direkt an eine Sachbearbeiterin die ich kenne. Und selbst wenn ich dazu zehnmal auf die Bank muss. Und sollte ich jemals in der Lage sein, Geld zu investieren, sicherlich nicht bei dem Kreditinstitut. Wobei mich da auch schon mal ein Sachbearbeiter runter putzte wie ein Mensch zweiter Klasse, nach dem er hörte das ich Arbeitslosengeld bezog.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Entschuldigung, aber ich suche mir doch mein Aussehen selbst aus und ihr auch. Wenn ich mir also eben etwas extravagantes aussuche, muss ich mit den Reaktionen meiner Mitmenschen leben. Mehr noch: Meistens WILL ich doch durch meine Kleidung auch diese Reaktionen provozieren. Wenn dann zur Eröffnung ein lackser Spruch vom Gegenüber kommt und ich direkt zurück patze, brauche ich mich nicht wundern, wenn die Beziehung sich nicht gerade verbessert. Nen lockerer, lustiger Spruch wäre viel angebrachter.

Ich laufe auch eher alternativ rum und wurde mal, weil ich ein Krötenwanderungsschild übersehen hatte, angehalten. Der Polizist sagte dann zur Begrüßung "Sie sind ein Mörder!". Nach meiner anfänglichen Verdutzung fand ich den Spruch aber auch lustig. Die Jungs vergessen eben manchmal, dass die für sie alltägliche Polizeikontrolle eben für die meisten Menschen nicht alltäglich ist und die eher gestresst und genervt als locker reagieren.

Anderes Beispiel: Nazi-Demo am Bahnhof, ich wollte einfach nur nach Hause, zum Zug - ich wusste leider von garnix. Naja dann bin ich in Tarnhose und schwarzen Sachen und Tasche einfach locker auf die Absperrungen zu, sagte grinsend: "Mensch, hätt ich das gewusst hätt ich mein Hawaiihemd angezogen" und dann wurd ich nach kurzer Taschenkontrolle auch freundlich durchgelassen. Der Polizist kam sogar fast aus meiner Heimat, wie er im kurzen Smalltalk erzählte.

Was ich halt sagen will ist, dass man sich wie sein Aussehen (die Klamotten!) aussucht. Wenn man nicht angestarrt werden WILL dann zieht man sich einfach nicht so an, fertig. Wenn blöde Sprüche kommen (mir zum Beispiel noch nicht passiert) dann nehmt das doch bitte nicht persönlich, wie arm ist das denn? Da lacht man drüber und amüsiert sich über den Kleingeist und den schmalen Horizont dieser Idioten.

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» Herr Lehmann » Beiträge: 558 » Talkpoints: 5,56 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Herr Lehmann hat geschrieben:Was ich halt sagen will ist, dass man sich wie sein Aussehen (die Klamotten!) aussucht. Wenn man nicht angestarrt werden WILL dann zieht man sich einfach nicht so an, fertig. Wenn blöde Sprüche kommen (mir zum Beispiel noch nicht passiert) dann nehmt das doch bitte nicht persönlich, wie arm ist das denn? Da lacht man drüber und amüsiert sich über den Kleingeist und den schmalen Horizont dieser Idioten.

Es geht hier nicht um böse Blicke und dumme Sprüche, sondern um massive Unverschämtheiten. Nur weil ich ein ungewöhnliches Äußeres habe muss ich mich nicht als asozial, drogensüchtig und kriminell beschimpfen lassen. Natürlich ist das ein Armutszeugnis der betreffenden Personen und vermutlich sollte ich einfach Mitleid mit diesen beschränkten Hirnen haben, aber ich bin nicht der Ansicht, dass ich Beleidigungen provoziert habe und daher als selbsverständlich hinnehmen muss. Und ich finde es nicht arm, mich darüber zu ärgern, dass ich von anderen respektlos behandelt werde, ich finde es eher schockierend, dass du das als normal und gerechtfertigt hin nimmst und gut heißt.

Da kann man genausogut argumentieren, dass eine Frau in knapper Bekleidung selbst schuld ist, wenn sie begrapscht und vergewaltigt wird und sich darum auch nicht beschweren sollte. Das ist vielleicht ein Extrembeispiel, aber jeder Mensch hat das Recht fair und höflich behandelt zu werden, bis er etwas anderes herausfordert. Und dies kann erst durch Verhalten geschehen, nicht durch Kleidung oder Styling! Wenn jemand unverschämt zu mir ist, ist es logisch, dass ich ihm unfreundlich begegne. Aber nur weil mir sein Aussehen nicht gefällt munter drauf los zu pöbeln ist wohl kaum ein Verhalten, was erwachsene Menschen an den Tag legen sollten!

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Wow, stopp. Bitte langsam machen. Ich heisse nichts gut, habe nicht gesagt dass es normal oder gerechtfertigt ist und verbitte, mir so etwas einfach in den Mund zu legen.

Ich habe einfach gesagt dass es leider fakt ist, dass wenn man bewusst von der Norm abweicht, eben Gegenwind bekommt. Manchmal mehr, manchmal weniger. Da kommt es eben sehr stark drauf an wie man damit umgeht. Für solche Schmalgeister ist eben extravagantes Auftreten schon eine Art "Anmache" oder Freifahrtschein zur Beleidigung. Dessen MUSS ich mir einfach bewusst sein! Wenn ich dann aber patzig reagiere oder mich auf Beleidigungen einlasse, dann hat der Gegenüber mit seinem Niveau schon gewonnen. Soviel zu den "kleineren" Vergehen.

Wenn dir ein Polizeibeamter mit so einem Spruch kommt hört der Spass in der Tat auf. Da würd ich auf der Stelle ein Disziplinarverfahren anzetteln, denn allein das Verfahren genügt schon um demjenigen zu schaden und sein Verhalten bewusst zu machen, egal wie es ausgeht. Wenn du das nicht machst dann nutzt du dein Recht auf eine faire Behandlung nicht aus und schlimmer noch der Polizist macht vielleicht weiter so.

Und wieder, die Frau in knapper Bekleidung ist NICHT selbst Schuld wenn sie vergewaltigt wird. Aber sie muss nunmal mit dummen Sprüchen und Anmachen rechnen. Warum zieht sie sich denn sonst so an? Weil sie gesehen, beachtet werden will, weil sie sich zeigen will oder weil sie sich in den Sachen wohl fühlt. Aber warum fühlt sie sich wohl? Weil sie angesehen wird.

Wir leben nicht in einer perfekten Gesellschaft. Das muss jedem Klar sein, der gegen den Durchschnitt und die Masse angeht. Deswegen wird nunmal alles was aus der Mitte abweicht gerne angegriffen, ist doch einfach. Das fängt schon im Kindergarten und der Grundschule an und hört eben bei vielen niemals auf. Ja, jeder hat das Recht, das heisst aber nicht dass es immer und überall wirklich so ist. Niemand ist frei von Vor(ver)urteilungen, ich nicht und du hundertprozentig auch nicht. Darum muss man sich eben eine Verhaltensweise zur Begegnung dieser Vorurteile zurechtlegen. Wenn man dann komisch angelabert wird, hat man eine passendere Reaktion parat als zurück zu keifen. Und nochmal: Das gilt nicht für grobe Beleidigung oder schlimmeres. Und schon garnicht gegenüber der Polizei, die sollte da schon etwas sensibler sein und eben nicht über jede Beschwerde erhaben!

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» Herr Lehmann » Beiträge: 558 » Talkpoints: 5,56 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Nett, mit dem Argument "man wolle etwas mit seiner Kleidung ausdrücken, also später nicht beschweren wenn man angemacht wird" kann man sich das Leben natürlich auch herzlich einfach machen.

Allerdings bitte ich zu bedenken:
- Die extrem hohe Bankazubidichte in der Gothicszene (runtergeklappt sehen diese Haare täuschend "normal" aus)
- die fatale Neigung von Trickbetrügern sich seriös zu kleiden
- das manchmal einfach auch die falschen Schlüsse gezogen werden - ach was, eigentlich sogar reichlich oft

Mir selbst ist es passiert, dass mein Arbeitgeber mich an einem Wochenende anrief, ich solle sofort kommen, irgendwas sei entsetzlich schief gelaufen und es bestünde die vage Hoffnung ich wüsste was (oder wie man es behebt). Ich also los, so wie ich grade dastand, rein in den Zug und Richtung Hannover gegurkt. Damals gab es noch die Chaostage und ich hatte grad den Garten beackert, sah entsprechend rustikal aus: Olles Holzfällerhemd mit Farbklecken drauf, urrrralte Jeans mit - nun mit den deutlichen Spuren eines langen Hosenlebens, Wanderschuhe die noch aus den Zeiten stammten, als Schuhe aus Leder bestanden und alles in allem ich selbst etwas erdig und verschwitzt. Der Schaffner im ICE musterte grinsend meine Monatskarte (plus Zuschlagskarte) und meinte nur "Viel Spaß am Bahnhof."

Wft? Wieso denn dieses? Na, egal, ich stieg aus, stürmte in Richtung Straßenbahn und wurde von etwas grünen, massiven aufgehalten, was mir mitteilte, das hätte ich mir wohl so gedacht und ich könne gleich in den nächsten Zug nachhause fahren. So nach und nach realisierte ich, was los war und grummelte, das die einzige Randale die ich vorhabe zu machen jene wäre, die geich losgeht wenn ich nicht schleunigst weiterkäme, denn ich hab einen Chef der so gar keine Geduld besitzt und nach mir brüllt.

Was soll ich sagen: Die haben mir nicht geglaubt.

Der Umstand das ich ne Monatskarte nach Hannover hatte (in der immerhin alle Zuschläge bis IC drinne waren, also nicht grad die Billigversion): Interessierte nicht. Mein Vorschlag meinen Chef anzurufen: Wurde ignoriert. Einzig und alleine aufgrund meiner Kleidung. Ach ja und weil ich noch einige Reste blauen Nagellacks drauf hatte. Von dieser erdrückenden Beweislast ein Randalierer mit Unrat im Sinn zu sein überführt, hockte ich dann auf dem Bahnsteig, neben mir ein ebenfalls grummelig blickender Mann, der eines der damals noch eher mässig vertretenden Handys hatte, welches er aber bereit war kurz auszuleihen. Ca. eine Viertelstunde später dampfte mein Chef ein und wurde laut. Ich glaub einige der Punks haben sich beeindruckt Notizen gemacht. Allerdings: DER trug Maßanzug, Designerschlips und beeindruckend miese Laune.

Das eigentliche Problem war letztlich fix gelöst, auf dem Rückweg fuhr ich im Auto eines Kollegen mit - aber wenn ich daran zurückdenk werd ich noch immer leicht sauer. Leute danach zu beurteilen wie sie gekleidet sind kann nämlich ganz fix in die berühmte Hose gehen.

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» Nephele » Beiträge: 1047 » Talkpoints: 2,22 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Hallo Nephele!

Nett, mit dem Argument "man wolle etwas mit seiner Kleidung ausdrücken, also später nicht beschweren wenn man angemacht wird" kann man sich das Leben natürlich auch herzlich einfach machen.
Allerdings bitte ich zu bedenken:
- Die extrem hohe Bankazubidichte in der Gothicszene (runtergeklappt sehen diese Haare täuschend "normal" aus ...)
- die fatale Neigung von Trickbetrügern sich seriös zu kleiden
- das manchmal einfach auch die falschen Schlüsse gezogen werden - ach was, eigentlich sogar reichlich oft

Sorry, da verstehe ich jetzt deine Argumentationslinie überhaupt nicht. Ich sagte nicht "nicht beschweren" sondern "nicht wundern". Beschweren kann man sich natürlich immer, aber zumindest bei mir stößt das eben meist auf Unverständnis. Beispiel: Wenn ich in einen Zug steige und dieser Verspätung bekommt. Ich muss doch immer mit sowas rechnen, dass es eben genau meinen Zug erwischt. Aber ich gehe trotzdem erstmal davon aus dass mein Zug in den ich einsteige einfach pünktlich zu sein hat. Warum tue ich das, obwohl ich weiss wieviele Züge doch täglich Verspätung haben?

Verstehst du meinen Punkt? Wer mit Streichhölzern spielt muss sich nicht wundern wenn er sich verbrennt. Genauso ist es eben mit unserer Gesellschaft. Wer sich nach draußen begibt muss damit rechnen, dass irgendwem etwas an einem nicht passt. Das kann ne Hautfarbe, ne Behinderung, ne Frisur, ein Klamottenstil, ne Sandale mit weißer Tennissocke sein oder eben schwarze Kleidung, lila Haare oder Nieten sein. Wenn ich Merkmale habe, die mich hervorheben, sollte ich das wissen. Denn daran wird man als erstes festgemacht in unserer Gesellschaft. Das finde ich auch nicht gut, bitte nicht falsch verstehen. Ich umgebe mich nur mit Leuten die mich so nehmen wie ich bin, dennoch begegne ich nunmal auch anderen Menschen und die muss ich dann eben zu nehmen wissen.

Letztlich denkt jeder in Mustern und Gewohnheiten. Das sind im Gehirn fest eingeschliffenen Routinen, die unser Denken sehr stark beschleunigen. Das nennt man Heuristiken. Die kommen eben in häufig wiederkehrenden Situationen zum Einsatz. Genau das ist der Fall wenn ein Polizist jemandem gegenübertritt. Er MUSS in Heuristiken Denken, gerade bei so einer Demo. Er kann in der Menge nicht jeden einzeln bewerten, das dauert einfach zu lange. Und in dem Falle liegt eben tatsächlich das Problem der "Beweislast" bei dir. Er macht nur seinen Job, den er bestimmt halbwegs beherrscht. Aber Fehler macht auch nunmal er. Schlimmer wäre es gewesen, einen bewaffneten Linken oder Rechten durchzulassen. Dann lieber ein oder zwei Menschen unberechtigterweise nicht durchlassen, oder?

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» Herr Lehmann » Beiträge: 558 » Talkpoints: 5,56 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich habe auch schon die Erfahrung gemacht, dass sehr viele Meinungen über Menschen über die Optik ablaufen und dass Vorurteile dadurch sehr begünstigt werden.

Ich bin mit Anfang zwanzig auch recht wild herumgelaufen. Die Leute haben teilweise recht komisch auf mich reagiert. Auch wenn ich in Bezug auf Menschen eigentlich mit einer Art Tunnelblick durch die Welt gehe, da mir die anderen Menschen ziemlich egal sind, habe ich doch gemerkt, dass viele Leute mich als seltsam empfunden haben. Ich hatte damals auch bereits ein teures und leistungsstarkes Fahrzeug und wurde auch in Verkehrskontrollen natürlich besonders genau beobachtet, da man mir wohl nicht zugetraut hat, dass ich auf ehrlichem Wege zu diesem Wagen gekommen bin.

Ich laufe nach wie vor teilweise recht unangepasst herum. Manchmal hingegen style ich mich auch sozialverträglich. Die Reaktionen sind recht unterschiedlich. Wenn ich eher auffällig aussehe und auf jemanden treffe, mit dem ich mich über Jobs und Studiengänge austausche, ernte ich oft im ersten Moment einen irritierten Blick, da man von jemandem, der aufgrund Piercings und auffälliger Haarfarben und Frisuren und sonstigen Stylingelementen nicht dem Standard entspricht, nicht erwartet, dass die betreffende Person schon einmal eine Universität von innen gesehen hat.

Das Argument, dass jeder selbst schuld ist, wenn er sich aufgrund seiner unangepassten Optik zum Ziel von Spott oder Ablehnung macht, finde ich nur bedingt haltbar. Natürlich sucht sich jeder sein Styling selbst aus. Allerdings hat kein angepasster Standardmensch das Recht, über jemanden ausschliesslich aufgrund seines Stylings oder Lifestyles zu urteilen, nur weil dieser nicht ins eigene, eng gesteckte, normative Weltbild passt. Jeder Mensch hat mehr oder weniger Vorurteile, allerdings sollte man diese für sich behalten, sofern man nicht in der Lage ist, ernsthaft zu reflektieren und die Grundlagen der Ablehnung zu erforschen und zu hinterfragen.

Ich selbst finde auch viele Leute für mich persönlich untragbar und kann nicht nachvollziehen, dass diese mit sich und ihrem Leben zufrieden sind. Allerdings ist das nicht mein Problem und ich verwende auch keine weitere Energie, mich mit diesen Leuten auseinanderzusetzen. Niemand ist gezwungen, sich mit Leuten zu umgeben, die nicht ins eigene Beziehungs- und Bekanntschaftsschema passen. Ungerechte Behandlungen der anderen Leute hingegen verbieten sich einfach von selbst.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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