Warum werden Erinnerungen meist "geschönt"?

vom 25.05.2009, 20:49 Uhr

Hallo!

Ich merke oft, wenn ich mich mit Leuten unterhalte, die gerne über Kindheitserinnerungen sprechen, dass sie mit jedem Gespräch und jeder Erinnerung etwas dazumachen und die Erinnerung verschönern, indem sie einfach schöne Sachen hinzudichten. Auch, wenn meine Mutter früher was aus ihrer Kindheit oder Jugend erzählt hat, wurde immer wieder was dabeigedichtet. Meine Tante (Schwester meiner Mutter) erzählte die Erinnerung immer anders. Aus einem anderen Blickwinkel und sie verschönerte die Erinnerung für sich, so dass es für sie schöner war.

Bei mir ist mir auch aufgefallen, dass ich eigentlich gar nicht so schöne Erinnerungen habe, aber wenn ich erzähle, kommt schon etwas schöneres dabei heraus, als ich wirklich erlebt habe.

Woran liegt das, dass man Erinnerungen lieber schön haben will, anstatt sie sich so zu erhalten, wie sie wirklich waren?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Hallo Diamante!

Mir geht es ganz und gar nicht so, wenn ich in Erinnerungen schwelge. Ich erzähle sie auch so, wie ich sie damals erlebt habe. Ich mache sie weder schöner, noch schlimmer. Auch bei anderen ist es mir noch nicht aufgefallen, dass jemand seine Erinnerungen beschönigt hat oder etwas dazu gedichtet hat. Aber ich hatte da bisher auch keine Vergleichsmöglichkeiten, dass es eben jemanden gab, der diese Geschichten ebenfalls erlebt hat.

Ich denke, dass man Erinnerungen vielleicht schöner erzählt, damit man sie vielleicht für die anderen schöner gestaltet oder sie für sich selbst, schöner macht als sie waren. Damit man sich vielleicht selbst gerne daran erinnert.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Der Mensch erinnert sich eher an positive Gedanken und schöne Erlebnisse als an negative Erfahrungen. Deswegen finden zum Beispiel viele ihren Schulzeit oder auch ihr Studium im nachhinhein ganz toll, obwohl sie diese während der Schule bzw. des Studiums meistens verflucht haben. Genau so ist es auch mit Beziehungen, falls sie nicht allzu böse auseinander gegangen ist. Wenn der erste Trennungsschmerz vorbei ist, erinnert man sich meistens viel eher an die schönen gemeinsamen Stunden zu zweit, als an die Auseinandersetzungen und die vielen Dinge, die einen am Partner gestört haben.

Ich denke also, dass man seiner Erinnerungen nicht absichtlich schönt, sondern sie im nachhinein positiver wahrnimmt, als sie wirklich waren. Andere, neutrale Personen (in deinem Beispiel die Tante), die keine Emotionen mit den Erinnerungen verbinden, können die Geschichten also eher so wiedergeben, wie sie sich in der Realität zugetragen haben.

» vanilla87 » Beiträge: 224 » Talkpoints: 9,68 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Das liegt meiner Ansicht nach einfach am Menschen selber. Die Menschen erinnern sich lieber an schöne Sachen als an negative Erfahrungen. Deshalb sagen viele auch immer, dass es im Nachhinein ja doch nicht so schlimm gewesen wäre wie man dachte. Das stimmt aber eigentlich nicht. Ich gehe davon aus, dass man diese Zeit, nehmen wir einfach mal die Studienzeit, genauso schlimm für einen war, wie man sie damals empfunden hat.

Doch gerade wenn es schon eine Zeit zurückliegt, verdrängen die Leute alles Negative aus ihren Erinnerungen und alles, was dann bleibt, sind positive Erinnerungen, von denen sie auch gerne begeistert anderen Leuten erzählen. Außerdem kommt ja natürlich auch hinzu, dass man sich nur schlecht an seine Gefühle in einer bestimmten unschönen Situation erinnert. Und Gefühle würden dieses Schlimme natürlich auch noch einmal unterstreichen, das entdramatisiert das Ganze noch zusätzllich.

Ich glaube nicht einmal, dass das die Menschen bewusst machen. Du hast ja selber gesagt, dass dir das nie so bewusst war, dass auch du das machst. Ich denke dieses Verdrängen ist dem Menschen einfach angeboren.

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» JulietMay » Beiträge: 1078 » Talkpoints: -0,56 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich denke das sich Menschen einfach an schöne Dinge gerne erinnern und wenn etwas dann nicht so schön war macht man die Erinnerung einfach schöner. Ich merke das bei vielen Dingen so. Das kommt aber bei jedem vor, denke ich.

Oft versucht man, wenn man zum Beispiel keine schöne Kindheit gehabt hat, das wenige schöne herauszupicken und sich dann eine ganz eigene schöne Kindheitserinnerung aufzubauen. Daher klingt es immer ganz anders als wenn es jemand anders erzählt. Derjenige hat dann sicher auch etwas daszugedichtet.

Ich kann es kaum glauben, wenn jemand sagt er erzählt es immer genau so wie es war, denn meistens kann man sich gar nicht mehr genau daran erinnern. Ich denke man glaubt dann das es so war, erzählt aber dann trotzdem die Geschichte etwas verändert.

» wiesel » Beiträge: 1303 » Talkpoints: 0,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Also mir selber ist auch schon oft aufgefallen, dass ich bei meinen Erzählungen manche Dinge weg lasse, weil sie eben nicht so schön sind oder Dinge positiver erzähle, als sie eigentlich waren. Ich denke, dass das ein Trick vom Unterbewusstsein ist, da man die Geschichte dann, wenn man sie einmal schöner erzählt hat auch so in Erinnerung behält und sozusagen die schlechten Erinnerungen ganz aus den Gedanken verdrängt hat.

Bei meiner Oma fällt mir das sehr oft auf, wenn sie etwas aus ihrer Vergangenheit, die leider nicht so schön war, erzählt, dass sie die Geschichten immer noch positiver erzählt. Also sie glaubt dann schließlich selber die erfundenen Geschichten, die sie gar nicht erlebt hat. Meine Mutter nimmt ihr dann immer die Ilusionen und meint, dass das gar nicht sein könnte, weil meine Mutter eben rational denkt und ihr gewisse Dinge schnell unlogisch erscheinen. Meine Oma beteuert dann aber fast schon beleidigt, dass das sehr wohl so gewesen sei.

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