Organspendeausweis - fehlt die Aufklärung?

vom 11.05.2009, 21:23 Uhr

Hallo!

Ich habe einen Organspendeausweis. Neulich unterhielt ich mich mit einer Bekannten darüber und diese meinte, dass sie sich nie einen Organspendeausweis in die Papiere legen würde. Ich war total entsetzt und fragte sie, ob sie nicht auch will, dass ihr geholfen wird, wenn sie ein Organ braucht. Aber sie meinte, dass man, wenn man ein Organspendeausweis hat und einen Unfall hat nur durch Maschinen am Leben erhalten wird, solange bis man die Organe entnommen hat. Man aber nichts für die Genesung tun würde, weil man Organe eben braucht. Und deswegen würde sie keinen Organspendeausweis haben wollen.

Ich kann mir das nicht vorstellen, dass Leute mit Organspendeausweis weniger geholfen wird, damit die Organe benutzt werden können. Denn man kann ja nur Spender sein, wenn das Gehirn auch wirklich tot ist. Aber meine Bekannte meinte, dass sie einfach nichts mehr für dich machen, wenn sie sehen, dass man den Ausweis hat, um an die Organe zu kommen.

Warum wird nicht mal richtig aufgeklärt, was mit Organspendern passiert und wann erst Organe entnommen werden dürfen. Ich als Laie konnte meine Bekannte nicht davon überzeugen, dass es falsch ist, was sie da sagt und denkt. Meint ihr nicht auch, dass man die Leute viel mehr aufklären sollte über den Sinn eines Organspendeausweises und wie es gehandhabt wird, wenn man Spender wird?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich habe auch schon Leute kennengelernt, die glauben, dass man als Organspender im Krankenhaus nur als Ersatzteillager benutzt wird und keine ernsthaften Versuche unternommen werden, das Leben des Betroffenen zu retten.

Krankenhäuser sind keine Gruselkabinette. Für jeden Patienten wird das getan, was möglich ist. Dass nicht jeder gerettet werden kann, liegt einfach auf der Hand. Manche Patienten sind so schwer krank oder verletzt, dass auch ein ziemlich gutes medizinisches System wie unseres gegen den Tod keine Chance hat.

Wenn man diesen Irrglauben mal hinterdenkt, müsste man eigentlich feststellen, dass für das Krankenhaus gar kein Vorteil entsteht, falls diese einen potentiellen Organspender einfach sterben lassen würden, um seine Organe anschliessend zu entnehmen. Wer ein Organ bekommt, entscheidet nicht das betreffende Krankenhaus.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Naja, hirntot ist auch heutzutage im Zeitalter der modernen Medizin noch ein fließender Begriff, nämlich einfach ein niedriger Wert auf der Komaskala. Es gibt durchaus Fälle in denen Hirntote sich wieder voll erhohlt haben oder in denen einfach die Maschinen zur Feststellung des Hirntots (ich weiß mit welchem Gerät man das macht) irgendwie versagt haben, sodass im Ergebnis der Hirntot diagnostiziert wurde obwohl der Patient nicht hirntot war.

Vor Kurzem erst wieder in den USA passiert: Jemand der physisch nicht in der Lage war sich zu bewegen, aber bei vollem Bewusstsein war, wurde von seiner Familie zur Organspende freigegeben, weil die Ärzte halt den Hirntod diagnostiziert hatten. Kurz nach Operationsbeginn, sinnvollerweise ohne Narkose um die Organe nicht zu beschädigen, fing der Kerl plötzlich das Schreien an (verständlich wenn irgendwelche Leute mit nem Messer in dir Rumstochern) und die Ärzte waren total fassungslos.

Und wenn in einem Krankenhaus eine Mutter mit Niereninsuffizient, ein Vater mit kaputter Leber und ein Kind mit krankem Herz liegen, werden sicher einige Ärzte mit Gotteskomplex (dürften nicht viele sein, aber es gibt ja auch diese eigenmächtigen Sterbehelfer) "einfach" mal eben den Hirntod diagnostizieren (wenn sie eine entsprechende Stellung haben) und einen Organspender ausnehmen um 3 Leute zu retten.

Daher würde ich meinen Organspenderausweis (bin 17 und kann daher keinen haben), in einem Bankschließfach aufbewahren, das ich nur von fremden Personen öffnen lassen würde wenn vor mehr als 2 Wochen der Hirntod diagnostiziert wurde und ich seitdem keine Besserung gezeigt habe.

» TuDios » Beiträge: 1475 » Talkpoints: 4,83 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Hallo

Die Organspende kommt erst zu Stande wenn man tot ist. Wenn man an Maschinen hängen sollte die einem am Leben erhalten und dann für hirntot erklärt wird, dann ist man tot und die Organe werden weiter gegeben.

Das man solange man nicht hirntot ist nichts mehr für einen macht in der wilden Hoffnung, dass man bald stirbt ist Blödsinn. Um das zu vermeiden schwören Ärzte den hippokratischen Eid. Solange noch Hoffnung für einen Menschen da ist, wird man ihn nicht vor sich hin vegetieren lassen und warten bis er stirbt.

Organspende ist wichtig, aber das merkt man wahrscheinlich erst wenn man selber in der Situation ist Organe zu brauchen. Es gibt leider allgemein zu wenig Aufklärung in diesem Bereich.

Lieben Gruß
stance

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» stance » Beiträge: 1775 » Talkpoints: -0,31 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Hallo zusammen!

Ich muss sagen, dass ich diese Horror - Märchen auch schon gehört habe. Das die in Krankenhäusern alles vergessen, wenn sie sehen, dass man einen Organspendeausweis hat und eben nicht so sehr versuchen, den Patienten dann zu retten. Ich frage mich, woher dann solche Geschichten kommen.

Ich habe auch einen Organspendeausweis. Nur überlege ich immer wieder aufs neue, ob ich ihn wirklich in meiner Geldbörse lassen soll oder doch lieber wieder raus nehme. Ich habe einfach ein komisches Gefühl, bei dem Gedanken, dass meine Organe dann entnommen werden, wenn ich mal tot bin. Ich denke, dass es Aufklärungskurse über den Organspendeausweis, geben müsste. Dann würden sicher nicht mehr so vielen Menschen, diese grusel Geschichten glauben.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Hallo!

Ich habe solche Geschichten auch schon oft gehört, bezweifle allerdings deren Wahrheitsgehalt. Ganz im Gegenteil, ich denke eher, dass bei Patienten, denen nach ihrem Tod Organe entnommen werden sollen, ganz besonder hingeguckt wird, damit im Nachhinein keine Klagen kommen, dass die behandelten Ärzte nicht alles in ihrer Macht stehen getan hätten. So wird der Hirntod beispielsweise auch immer von mehrerern Ärzten festgestellt, die Entscheidung trifft keiner allein.

Ich habe mich schon oft gefragt, warum in Deutschland nicht wie zum Beispiel in Österreich die Widerspruchslösung eingeführt wird. Es gibt genug Menschen, die prinzipiell nichts dagegen hätten, wenn ihnen nach ihrem Tod Organe entnommen werden. Viele davon haben sich aber noch nie richtig mit der Organspende beschäftigt oder verschieben dieses Thema immer wieder. Müsste man zu Lebzeiten Widerspruch einlegen, wären die Menschen eher dazu gezwungen sich mit dem Thema auseinander zu setzen. Außerdem würde man den Angehörigen die (oft schwierige) Entscheidung abnehmen.

» vanilla87 » Beiträge: 224 » Talkpoints: 9,68 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Weil in Deutschland von der Annahme ausgegangen wird das jeder (vollständig) beerdigt werden möchte, und eine automatische Organspende würde zwar die Möglichkeit eines Widerspruchs offen lassen, aber würde dazu führen das aus Sicht des Staates das Selbstbestimmungsrecht für seine eigene Leiche genommen wird (wobei Kryonik ja beispielsweise auch nicht erlaubt ist, was ich dann in dem Zusammenhang nicht verstehen kann).

Die Vorteile eines solchen Systems lägen natürlich auf der Hand: Es gäbe mehr potentielle Spender und damit weniger Bedarf sich die Organe zu "erschummeln" indem man die Patienten umbringt oder sterben lässt (ja auch wenn das rechtlich nicht drin ist, das zu beweisen ist aber schwierig und manche Ärzte [s.o. nicht viele] denken halt sie müssten das süße kleine herzkranke Kind um jeden Preis retten). Zudem würde man dem Schwarzmarkt den Boden entziehen und zu guter Letzt könnte jeder der auf ein Organ wartet sehr schnell versorgt werden.

Ich persönlcih spreche mich für so ein System aus, wenn alle Anderen spenden dann bin auch ich dazu bereit, aber als Einer von Wenigen ist mir das Risiko zu hoch.

Alternativ könnte man ja auch einen Anreiz schaffen indem man die Leute für ihre Organspenderbereitschaft im Todesfall bezahlt (überall werden die Leute auf Profit getrimmt, nur bei ihrem eigenem Körper, dem Wertvollstem was sie haben, sollen sie selbstlos sein - etwas schizophren), die Krankenkassen verdienen vermutlich eh tausende Euro an jedem transplantiertem Organ, da könnte man Jedem der sich endgültig verpflichtet auch 100 € zahlen.

» TuDios » Beiträge: 1475 » Talkpoints: 4,83 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Hallo,

Ich stimme dem, was TuDios geschrieben hat, so ziemlich zu. Es gibt sehr viele Quellen, die von solchen Fällen berichten. Natürlich kann auch alles gelogen sein und die Quantität von Berichten sagt nichts über die Qualität aus, aber dennoch finde ich das alles sehr riskant, wenn von diesen Berichten nur ein Fünkchen wahr ist. Eine Website mit Kontra-Argumenten, die meiner Meinung nach aber schon etwas extrem formuliert ist, kann man beispielsweise hier sehen: Transplantation-Information.de.

Wie dem allerdings auch sei, ich persönlich denke, dass Menschen ein Recht haben, über ihren eigenen Körper und auch über ihren Leichnam in einem möglichen Maß zu bestimmen. Allerdings sollte man so fair sein, dass man, wenn man anderen Menschen seine Organe nicht zur Verfügung stellen will, auch selbst keine Organe annehmen wollen. Könnte man dazu als Sterbenskranker eigentlich gezwungen werden? Ich persönlich würde diese Hilfe jedenfalls nicht wollen, denn ich würde mich ja auch nicht als Hilfe zur Verfügung stellen.

Wobei ich mich hierbei auf die Spende von Organen von toten Menschen beziehe. Eine Lebendspende von einem Verwandten, der mir am Herzen liegt, würde ich annehmen, und ich würde jemandem, der mir viel bedeutet, auch im lebenden Zustand Organe spenden. Kann man eigentlich irgendwo festlegen, dass man nur für Lebendspenden für bestimmte Personen zur Verfügung steht? Denn Spenden von Hirntoten sehe ich weiterhin skeptisch.

Das klingt hart, aber so sehe ich das eben. Jetzt darf mir gerne unterstellt werden, dass ich meine Meinung schon noch ändern würde, wenn ich betroffen wäre, aber das kann ich ja wohl schlecht widerlegen, da ich einfach nicht in dieser Situation bin und niemand weiß, was einmal passieren wird.

Ich denke, man kann auch mit genügend Aufklärung nicht jeden Menschen zur Organspende überzeugen. Es gibt eben immer individuelle Gründe, Organspenden gegenüber kritisch eingestellt zu sein.

Religion dürfte bei vielen Menschen eine besonders große Rolle hierbei spielen. Wenn jemand aus religiösen Gründen meint, ein Leichnam müsse intakt bleiben, oder dass es Gottspielerei sei, Organe zu vertauschen, dann ist das seine Meinung und die wird auch durch weltliche, ärztliche Aufklärung nicht zu verändern sein.

Trotz alledem wünsche ich den Menschen, die dringend ein Spenderorgan benötigen, natürlich, dass sie dieses erhalten und dadurch weiterleben können. Und allgemein bin ich tolerant gegenüber jeder Meinung zu diesem Thema. Schließlich gehört unser Körper in erster Linie uns und damit sollte es unsere Entscheidung sein, was wir damit machen möchten und was nicht.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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