Aigner: Landwirtschaft für Großkonzerne

vom 03.02.2010, 13:22 Uhr

In Bayern hat man es wohl schon erkannt, denn Bayerns Landwirte wählen inzwischen Grün. Die alte Klientel der Bauern hat man inzwischen komplett verprellt und scheinbar wird sich in dieser Regierung auch nichts daran ändern. Kritik für das Strategiepapier aus dem Landwirtschaftsministerium trifft überall auf Kritik - und diesmal nicht nur von den üblichen Verdächtigen.

Der Entwurf von Ilse Aigner (CSU) beschreibt die Ziele Deutschlands bei der anstehenden EU-Agrar-Reform. Aigner will darin an den festen Direktzahlungen an die Landwirte festhalten, wobei die Zahlungen an die Größe der Höfe gebunden ist. Folglich bekommen Großbetriebe viel Geld, kleine Betriebe wenig. Die Folgen sind absehbar: weitere Höfe müssen aufgegeben werden, Großbauern werden weitere Flächen zusammenlegen und in der Folge droht ein weiterer Verlust biologischer Vielfalt.

Diese fixen Zahlungen machen rund achtzig Prozent der EU-Landwirtschaftshilfen aus, die jährlich von Brüssel nach Deutschland fließen. Übrigens: Ilse Aigner ist nicht nur Landwirtschaftsministerium, sondern sie ist auch für den Verbraucherschutz zuständig. Das Wort "Verbraucher" taucht in dem Bericht kein einziges Mal auf.

Und die Interessen der Verbraucher lassen sich beim Einkauf im Supermarkt klar erkennen: mehr Bio, mehr Produkte aus der Region. Davon findet sich in dem Bericht übrigens auch nichts. Pläne der EU umweltfreundlich bewirtschaftete Flächen stärker zu fördern und konventionelle dafür weniger erscheint in dem Bericht genauso wenig, wie das Ziel einer klimafreundlichen Bewirtschaftung. Der Sachverständigenrat der Bundesregierung empfiehlt, dass nur noch der Landwirt EU-Gelder erhält, der aktiv die Umwelt schützt und zehn Prozent der Fläche als ökologische Vorrangfläche reserviert. Auch das Bundesamt für Umwelt schlägt in die gleiche Kerbe, das Bundesamt für Naturschutz sieht ebenfalls dringenden Handlungsbedarf.

Aigner plant weiter einen stark steigenden Fleischexport aus Deutschland, mit allen Konsequenzen. Angefangen von neu abgeholzten Urwäldern auf denen Soja für deutsche Schweine angebaut wird bis hin zur Zerstörung landwirtschaftlicher Strukturen in den Importländern, weil diese nicht so billig produzieren können, wie die EU subventionierte Ware auf den Markt wirft. Alles bezahlt von Steuergeldern. Die Folgen des Strukturwandels in Deutschland in den immer schwächer werdenden ländlichen Regionen wird scheinbar auch billigend in Kauf genommen.

Nicht nur mir wird klar, warum die bayerische Landwirte inzwischen Grün wählen - und nicht mehr die CSU. Wer so weltfremd am eigenen Ast, auf dem man sitzt, den kann man auch keine Stimme geben. Einzige Hoffnung ist der künftige EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos. Er möchte an dem Gießkannenprinzip rütteln und ökologisches Wirtschaften belohnen.

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» betty » Beiträge: 1460 » Talkpoints: 0,13 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Das Problem in der Landwirtschaft sind inzwischen oft auch die Hersteller von Medikamenten oder Saatgut, die versuchen, Kunden an sich zu binden und diesen dann vorschreiben wollen, welche Medikamente oder vor allem, welches Saatgut sie einsetzen sollen. Hier sehe ich viel eher ein Problem, wenn es um die Landwirtschaft geht. Im übrigen kann der Verbraucher immer weniger erkennen, was in seinen Lebensmitteln überhaupt drin ist und wo es herkommt.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Das Problem hierbei ist auch, dass selbst Firmen diese Zuschüsse erhalten, die nicht ausschließlich landwirtschaftlich handeln. So gehören Firmen dazu, die landwirtschaftliche Flächen für ihre Forschungen betreiben, ebenfalls zu den Nutznießern dieser neuen Gesetzesregelung. Viele kleinere Betriebe oder auch landwirtschaftliche Betriebe, die keine großen Flächen brauchen, geraten da sehr schnell ins Hintertreffen.

Kürzlich gab es so eine Art Gegenüberstellung zwischen Politikern und Menschen aus ganz Europa. Jeden dieser Menschen hat ein anderes Problem beschäftigt, welches in der EU vorkommt. Da war auch jemand aus der Landwirtschaft dabei. Ich glaube es war jemand, der Tiere hatte und dafür kein besonders großes Land brauchte. Dieser Bauer hat dann auch erzählt, dass viele der Flächen von großen Firmen gekauft werden, die dann dort ihre Arbeit verrichten.

Dass diese Tätigkeiten aber nicht zwingend zur landwirtschaftlichen Benutzung dienen, ist dann doch sehr schade. Aber sie haben beispielsweise Felder zum Anbau einer Kartoffelart, um hier zu testen, was sich als resistent erweist und was nicht. Das zählt dann schon ausreichend, um Förderungen zu bekommen. Gerade solche Unternehmen brauchen das aber gar nicht, im Gegensatz zu den kleinen Bauern, die eben nicht so viel Fläche haben, aber ihren Lebensunterhalt nur mit der Landwirtschaft bestreiten.

Ich fand es sehr schade, als ich das so mitverfolgt habe, dass man die kleinen Bauern mal wieder abstraft. Es ist aus meiner Sicht schon schlimm genug, dass heute scheinbar kaum noch jemand bereit ist, für Milchprodukte oder auch Frischwaren den angemessenen Preis zu zahlen. Jetzt werden auch noch die Fördermittel gekürzt, die mancher Bauer so dringend nötig hat.

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» Vampirin » Beiträge: 5979 » Talkpoints: 30,32 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



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