Muss der Ukrainekrieg für jede Preiserhöhung herhalten?

vom 10.04.2022, 12:39 Uhr

Die Preise gehen querbeet in die Höhe und gefühlt wird bei jedem zweiten Artikel der Ukrainekrieg als Begründung angeführt. Kommt euch das auch so vor oder geht das nur mir so? Kommen jetzt ein Großteil der Waren alle aus der Ukraine oder ist das nur ein vorgeschobener und willkommener Grund die Preise zu erhöhen und wieso sollen denn jetzt auf einmal die ganzen internationalen Lieferketten deswegen vor einem Kollaps stehen? :think:

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» Lupenleser » Beiträge: 1124 » Talkpoints: 849,95 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Vor Kurzem hatte ich einen Artikel in den Fingern, in dem beschrieben wurde, dass Deutschland und auch einige andere europäischen Länder durchaus in der Lage sind, sich selbst zu fast 100% mit Sonnenblumen oder Rapsöl zu versorgen. Dass andere Länder aber von Lieferungen aus der Ukraine und Russland abhängiger sind, ist nachvollziehbar, aber in Deutschland und den Nachbarländern an sich ist in diesem Fall kein Mangel an Ölen zu sehen, außer durch Hamsterer.

Dass Lieferketten unterbrochen wurden oder gar nicht mehr existieren, das ist eine Folge des Krieges. Dünger, Tierfutter und andere Produkte dieser Art kommen halt unter anderem aus der Ukraine. Damit kann man zwar die Preiserhöhung von Fleisch und Milchprodukten erklären, aber nicht jede Preiserhöhung unterliegt dem Ukrainekrieg. Auch dass VW und andere Fahrzeughersteller nicht mehr an notwendige Kabelbrücken kommen, ist mitunter ein negativer Aspekt des Krieges, aber nicht jede Preiserhöhung ist dadurch gerechtfertigt.

Die Tage kam auch auf irgendeiner Nachrichtenseite ein Artikel, in dem der Chef einer größeren Supermarktkette betont hat, dass viele Preiserhöhungen nicht mal unbedingt mit dem Krieg zusammenhängen würden, sondern den Coronajahren geschuldet seien. Die Bevölkerung hat weniger konsumiert, hat also eher von Vorräten gelebt und größere Anschaffungen nicht getätigt und die Firmen versuchen teilweise durch kleinere oder auch größere Preiserhöhungen diese Verluste wieder einzufahren. Die Frage ist nur, wie lange die Kunde dies mitmachen würden.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12530 » Talkpoints: 71,65 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


In gewisser Weise werde auch ich das Gefühl nicht los, dass der Krieg nun der Sündenbock für alles sein soll. Das ist schon erstaunlich, wie viel angeblich und plötzlich von der Ukraine abhängig gewesen sein soll und gerade auch das Öl-Gelaber, ist für mich Blödsinn. Zig Experten geben klar an, dass wir in Deutschland sehr wohl in der Lage gewesen wären, diesen Engpass zu reduzieren und uns dahingehend wohl selbst versorgen hätten können.

Sicherlich gilt das nicht für alle Produkte, aber eben auch nicht alles ist nun der Krieg schuld. Ich werde ganz einfach das Gefühl nicht los, dass man sich nun versucht auch noch zügig die Tasche zu füllen. Zumindest werde ich dieses Gefühl einfach nicht los und glaube vielen Preiserhöhungen nicht mehr, wenn dann dort steht, dass man dies wegen der aktuellen Kriegskrise erhöhen musste. Das wirkt für mich teilweise jedenfalls vorgeschoben.

Generell finde ich es dennoch gut, dass die Fleischpreise erhöht wurden, sodass auch das Discounter-Fleisch nicht mehr „so billig“ ist, dass einige Leute täglich sich die Plörre auf den Tisch knallen können. Ein Gutes hat es also auch und hoffentlich lohnt sich für einige dann doch eher wieder die Qualität statt Quantität.

Bei einigen Salaten und Gemüsesorten war ich lediglich die Tage mal etwas erstaunt. Da kostet die Gurke auf einmal 1,79 Euro oder die Paprika mal wieder 6 Euro das Kilo, der Spargel auf einmal 12 Euro das Kilo usw. Es ist nicht weiter schlimm, aber man ist das manchmal einfach auch nicht mehr gewohnt, wenn man die Spottpreise in gelegentlicher Ausführung sieht. Vielleicht hat man sich auch einfach zu sehr daran gewöhnt, mit Ramschpreisen begeistert zu werden?

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Mit dem Krieg kann man es halt einfacher erklären. Aber die Preiserhöhungen haben ja schon Ende letzten Jahres begonnen. Man nimmt vor einer Erhöhung des Mindestlohnes schon mal Gewinne mit, indem Preise gleich bei der Bekanntgabe erhöht werden. Es ist ja nun seit einiger Zeit bekannt, dass der Mindestlohn ab Oktober 12 Euro betragen wird. Also zack Preise rauf, um daran schon zu erkennen, ob man vielleicht Personal abbauen muss, weil weniger Kunden kommen.

Dazu kommen natürlich die Spritpreise. Meine zwei Hauptlieferanten berechnen mittlerweile alle eine Spritkostenpauschale, so dass ich bei gleichbleibenden Einkaufspreisen trotzdem die Verkaufsreise anpassen musste. Um das so gering wie möglich zu halten habe ich mein Bestellverhalten verändert. Vor allem bei dem einen Lieferanten, wo es nach Nettowarenwert geht, wie viel Spritkostenpauschale noch drauf kommt. Ich bestelle also nicht mehr jede Woche, sondern lasse zwei oder drei Wochen liefern, um dann auch eine Woche aussetzen zu können.

Weiterhin muss man auch bei einigen Produkten sehen, dass da die Grundware zurück gegangen ist. Besonders bei Milchprodukten sind ja die Preise gestiegen. Es wird aber weniger Milch in Deutschland produziert, weil viele kleinere Landwirte die lange Zeit der geringen Milchpreise nicht durchhalten konnten. Dazu kommen aber auch immer mehr Auflagen für die Ställe. Wie will man da einen Stall umbauen, wenn man vorher für +/- Null verkaufen musste? Und wenn weniger Milch auf dem Markt kommt, steigen die Preise. Was nun für die Landwirte gut ist, die irgendwie durchhalten konnten.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Was soll an den hohen Preisen für die Milchviehhalter, die bisher durchhalten konnten, gut sein? Die verdienen ja nicht mehr, sondern die stehen eher noch mehr unter Druck. Schließlich sind deren Einkaufspreise auch gewaltig gestiegen. Energie, Treibstoff, Futtermittel, Dünger und die seit 2020 deutlich gestiegenen Tierarztkosten fressen die Mehreinnahmen doch auf.

» cooper75 » Beiträge: 13325 » Talkpoints: 497,57 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


@cooper75: Das Prinzip von Angebot und Nachfrage ist dir aber bekannt, oder? Wenn Milchbauern aufgeben, dann kommt automatisch weniger Milch auf den Markt und somit steigen eben auch die Preise. Die Mentalität von Geiz ist geil ist auch bei den Märkten und Produzenten nicht mehr wirklich zu finden. Allen voran ist da Aldi los gezogen, um von seinem Billigimage wegzukommen. Zumal gerade Aldi die Preise in den letzten Jahrzehnten extrem gedrückt hat.

Und je mehr Milchviehbetriebe aufgeben oder umstrukturieren, desto mehr in der Preis umkämpft. Aber eben diesmal nach oben und nicht nach unten. Die sogenannten Produktionsnebenkosten steigen natürlich auch. Und die müssen halt auch gedeckt sein, bevor man wieder investieren kann. Wobei kaum ein landwirtschaftlicher Betrieb mit Viehhaltung Futtermittel zukauft. Die produzieren alle selbst, weil das immer noch wesentlich günstiger ist.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


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