Ist die Schulsprengelpflicht sinnvoll oder abzuschaffen?

vom 29.04.2023, 23:23 Uhr

Da, wo ich wohne, gilt die Schulsprengelpflicht für Grundschulen. Man muss sein Kind also in die Schule schicken, die für das Wohngebiet zuständig ist. Es gibt aber für bestimmte Situationen Ausnahmen, zum Beispiel, wenn die Nachmittagsbetreuung des Kindes in einem anderen Gebiet wohnt oder der Hort der Schule keine Plätze mehr frei hat und noch einige wenige andere Gründe.

Ich habe heute meiner pakistanischen Nachbarin etwas geholfen, die auch hier neu eingezogen ist und ihre Kinder nächstes Schuljahr in eine andere Schule schicken muss. Sie möchte eine Schule in einem anderen Sprengel, die nahe an ihrem Arbeitsplatz liegt. Sie möchte die Kinder immer von der Schule abholen. Sie war bis jetzt in einem Frauenhaus und hat Angst, dass der Mann ihren Wohnort erfährt und den Kindern nach der Schule auflauert.

Ich habe mit ihr die Formulare für den Gastschulantrag ausgefüllt, aber ich glaube, dass der nicht durchgeht, weil ihre Begründung dort nicht aufgeführt ist und kein Platz für andere Begründungen vorgesehen ist. Vielleicht schreibe ich auf einem anderen Zettel noch etwas dazu.

Macht die Schulsprengelregelung Sinn? Ich glaube, dass sie in Nordrhein-Westfalen aufgehoben ist. Was spricht für und was gegen diese Pflicht?

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich glaube, dass die Schulsprengelpflicht grundsätzlich schon seine Berechtigung hat. Könnte man sich als Eltern für seine Kinder die Grundschule immer aussuchen, dann gäbe es mit Sicherheit bevorzugte Schulen die völlig überlaufen wären, während andere Schulen in Problemvierteln wahrscheinlich viel zu wenige Anmeldungen bekommen würden. Dann hätte man das Problem andere Bestimmungskriterien finden zu müssen, nach denen Schüler auf eine Schule gehen dürfen. So ist einfach für alle klar geregelt, in welchem Sprengel man wohnt, in dem hat man zur Schule zu gehen.

Im Fall meiner Tochter hatten wir da wirklich Glück. Wir wohnen genau zwischen Altstadt und einem Problemviertel der Stadt. Hätten wir 300 Meter weiter links gewohnt, hätte ich meine Tochter in die Grundschule schicken müssen von welcher der Ruf mehr als schlecht ist.

Das ein Gastschulantrag natürlich dann auch nur besondere Begründungen zulässt ist auch verständlich, sonst könnte ja wieder Hinz und Kunz sein Kind auf eine Wunschschule schicken - hätte ich im Falle einer anderen Sprengelzuteilung letztendlich auch versuchen wollen.

Ich weiß allerdings auch, dass es da wohl schon einen gewissen Spielraum gibt, was Gastschulanträge angeht. Eine beste Freundin meiner Tochter ist in der 3. Klasse wegen der Trennung ihrer Eltern in eine andere Gemeinde gezogen, die sogar zu einem anderen Landkreis gehört. Die Mutter hat dann auch einen Gastschulantrag gestellt mit der Begründung, dass die Tochter nach der Schule immer zu ihr in die Arbeit kommt. Die Mutter hat einen Friseurladen, der zehn Minuten fußläufig zur Schule ist. Dieser Antrag wurde problemlos genehmigt.

Ich denke schon, dass die Begründung deiner pakistanischen Nachbarin eine sehr gute ist, die mit Sicherheit genehmigt wird. Hier geht es ja um das Wohl bzw. gar um die Sicherheit der Familie, wenn das kein Grund ist. Wenn es im Antrag tatsächlich keinen Platz für eine ausführliche Begründung gibt, würde ich tatsächlich einfach ein paar Zeilen extra dazuschreiben.

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,00 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich glaube durchaus, dass das grundsätzlich einen Sinn erfüllt. Allerdings ist das im Einzelfall dann nicht immer so und deswegen muss es Ausnahmen geben. Ich finde es sehr unpassend, dass man den Antrag nicht begründen kann, denn gute Gründe finde ich durchaus wichtig, wenn man eine Ausnahmeentscheidung erzielen will, das sollte man den Leuten durchaus zugestehen.

Bei uns im Ort gibt es nur eine Grundschule und diese ist auch sehr gut, weswegen sich die Frage bei uns nicht gestellt hat, aber ich kann mir schon vorstellen, dass das gerade in Großstädten wirklich nervig sein kann, wenn man dann zwischen 2 Schulen wohnt und eine der beiden Schulen vielleicht nicht so gut ist.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Grundsätzlich ist der sogenannte Schulsprengel gut, denn damit haben die Kinder auch recht kurze Schulwege. Ich kenne auch eine Stadt, wo die Grundschulen nach Sportdisziplinen aufgeteilt sind. Denn dort wird dann der Sportunterricht auch entsprechend ausgelegt. Da aber nicht alle Eltern die Möglichkeit haben, die Kinder auf dem Arbeitsweg gleich an der Schule abzusetzen, stelle ich mir das schon nicht gerade schön vor, wenn die Erstklässler schon eine Stunde mit der Straßenbahn durch die Stadt müssen um zur Schule oder nach Hause zu kommen.

Bei uns gibt es nur einen offenen Schulsprengel von drei Grundschulen. Das hat aber den Grund, weil eine der Schulen in einem eingemeindeten Dorf ist und dort ab und an die Mindestschülerzahl nicht erreicht wird. Dann werden Familien, die ihre Kinder in eine der beiden anderen Schulen schicken müssten zum Gespräch bei der Stadt eingeladen, um die nötige Schülerzahl zu erreichen.

Wenn man aber, wie im beschriebenen Fall, wichtige Gründe hat, so kann man diese eben auf einem gesonderten Blatt erklären. Es wird ja an der entsprechenden Stelle im Formular so viel Platz sein, dass man dazu schreibt, dass man bitte Blatt X im Anhang beachten möchte.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Blümchen, du kannst in Nordrhein-Westfalen trotzdem nur selten die Grundschule für dein Kind frei wählen. Denn überall dort, wo der Platz knapp ist, leben die Grundschulen Schuleinzugsbereiche fest. Das heißt, Kinder aus dem Einzugsgebiet erhalten vorrangig einen Platz, andere werden nur berücksichtigt, wenn noch etwas frei ist. Das kannst du in meiner Stadt vergessen, hier bleiben regelmäßig Kinder unbeschult und nur weil dein Nachwuchs ein Einser-Zeugnis und eine Gymnasialempfehlung hat, gibt es noch lange keinen Platz auf einem Gymnasium oder einer Gesamtschule. Da gibt es auch schon einmal die Sekundarschule mit über einer Stunde Fahrzeit.

Generell halte ich Sprengel oder Bezirke aber für sinnvoll. Schließlich sollen die Kinder mit ihren Sandkastenfreunden in eine Klasse gehen, sich in der Freizeit treffen und den Schulweg bald entweder mit dem Walking-Bus oder allein bewältigen können. Dass sich Menschen, die es sich leisten können, ihre Kinder in vermeintlich bessere Schulen karren und der Rest soll zusehen, wie er zurechtkommt, ist keine Option.

» cooper75 » Beiträge: 13325 » Talkpoints: 497,57 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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