Durch schlechte Noten motivierter sein?

vom 13.10.2019, 20:07 Uhr

Die Klasse meines Sohnes hatte vor kurzem einen Test in Turnen. Es ging darum in einer bestimmten Zeit möglichst weit und schnell zu Laufen. Soweit so gut. Es hat mich dann aber doch erstaunt, dass das ganze benotet wurde und zwar noch dazu so, dass niemand eine 1 hatte, zwei Kinder hatten eine 2, 8 Kinder eine 3, 3 Kinder eine 4 und 4 Kinder hatten sogar eine negative Note, also eine 5.

Ich kenne solche Beurteilungen im Turnunterricht ehrlich gesagt nicht. Die Kinder waren aber auch nicht faul oder demotiviert. Der Großteil hat wirklich sein Bestes getan. Beim Elternabend war auch der Turnlehrer anwesend und eine Mutter hat gefragt, wie das nun mit dem Lauftest ist. Ihr Kind hat eine negative Note und ist ziemlich enttäuscht und fertig.

Der Lehrer meinte daraufhin, dass er bewusst so "streng" beurteilt hat. Er findet, dass das die Kinder motiviert in Zukunft noch bessere Leistungen zu erbringen. Ihm ist nicht entgangen, dass die Kinder ihr Bestmöglichstes getan haben, aber er will sie durch schlechte Noten eben zu noch besseren Leistungen motivieren.

Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Bei meinem Sohn geht das in die verkehrte Richtung. Er hatte Laufen bis vor kurzem noch sehr gerne. Er hat eine 3 bekommen. Die erste 3 in seinem Leben und ist nun ehrlich gesagt sehr demotiviert. Also genau das Gegenteil von dem, was der Lehrer vor hatte. Wie findet ihr das? Sind negative Noten für eure Kinder ein Motivationsschub?

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» tournesol » Beiträge: 7749 » Talkpoints: 66,19 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ja im Fach Sport sind Negativnoten durchaus für meine Tochter ein Ansporn gewesen ihre Leistung zu steigern. Meine Tochter hat sogar mal eine 6 im Sport fürs Laufen bekommen. Bei uns wäre das früher gar nicht gegangen, da wäre eine 5 bzw. eine 6 gleichzusetzen gewesen mit einer Leistungsverweigerung.

Sie ist allerdings einfach nicht schnell genug gelaufen und lag unter der geforderten Zeit. Sie hat dann die Möglichkeit bekommen den Lauf zu wiederholen bzw. nicht nur sie sondern alle Kinder die im 5- 6 er Bereich lagen. Der zweite Lauf lief um einiges besser und sie kam mit einer 3 nach Hause.

In anderen Fächern sind schlechte Noten eher deprimierend für sie, wenn sie vorher gelernt hat. Aber auch da haben uns die Fachlehrer mal mitgeteilt, dass sie im 1. Halbjahr die Bewertung eher strenger gestalten um die Mitarbeit und Motivation hoch zu halten.

» EngelmitHerz » Beiträge: 3943 » Talkpoints: 17,00 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ja klar. Wenn ein Erwachsener im Job etwas vergeigt und zusätzlich von oben noch eins auf den Deckel bekommt, geht der natürlich auch von da an jeden Tag mit einem Lächeln in die Arbeit und gibt sich ganz viel Mühe. :roll:

Ich halte Schulnoten in der jetzigen Form sowieso für Schwachsinn, wenn es um mehr geht, als die Kinder und Jugendlichen möglichst früh in möglichst enge Schubladen zu pressen, wie etwa "mathematisch begabt" oder im Fall von Sport "drahtig und agil" versus "fett und schwerfällig". Woraus man da, gerade als junger und leicht beeinflussbarer Mensch, Motivation ziehen soll, ist mir schleierhaft.

Gerade in Fächern wie Sport, Musik oder Kunst sollte es in meinen Augen viel mehr darum gehen, den jungen Leuten Spaß an Bewegung, Kreativität und Ästhetik zu vermitteln und den gottverdammten Leistungsdruck auch mal außen vor zu lassen. Die wirklich hochbegabte Minderheit ist mit dem Schulkram sowieso unterfordert, und nicht alles im Leben sollte man in Noten und Punkten und "Ich bin besser als du" messen.

» Gerbera » Beiträge: 11289 » Talkpoints: 41,52 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Gerbera: Ich sehe das ähnlich wie du. Ich finde es auch vor allem in kreativen und sportlichen Fächern sinnvoll, wenn man die Noten abschaffen würde. Und wenn es Noten gibt, dann sollte nicht das Werk an sich bewertet werden, sondern in erster Linie die Motivation. Wenn ein Kind nur auf auf der Nebenbank sitzt und sich am Sport gar nicht beteiligt, braucht das Kind natürlich keine 1 bekommen, aber wenn es sein Bestes gibt und eben die Leistung nicht erbringen kann, eben weil nicht jedes Kind Hochleistungssportler ist, dann sollte das auch positiv benotet werden.

Ähnlich ist es in kreativen Fächern wie Zeichnen oder Werken: Das Kind soll sich bemühen, aber Kunst liegt bekanntlich auch im Auge des Betrachters. Und ebenso in Musik. Nicht jeder hat ein Engelsstimmchen... es geht mir nicht darum, dass man automatisch eine 1 bekommt, aber gewisse Bereiche kann man finde ich nicht in Noten bewerten.

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» tournesol » Beiträge: 7749 » Talkpoints: 66,19 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich kenne es nicht anders, als dass ab dem Gymnasium Mindestleistungen erbracht werden müssen und wer das nicht packt, der hat notentechnisch eben Pech. Ich war nie eine generelle Sportskanone. Ich konnte nur gut schwimmen, zu meiner Überraschung hoch hüpfen,, Kugeln weit stoßen und lange laufen.

Damit schwankten meine Noten in Sport von sehr gut im Schwimmhalbjahr bis ausreichend minus, knapp am Mangelhaft vorbei, wenn Ballsportarten oder Geräteturnen auf dem Plan standen. Das fand ich genausowenig motivierend wie die Eins. Ich hatte keine Lust und habe das Dauermantra "keine fünf auf dem Zeugnis" gestresst in Dauerschleife gedacht.

Am meisten ist mir dabei die fehlende Fairness aufgestoßen. Gute Sportler hörten ständig, dass ihr Sozialverhalten die Note verschlechtert, wenn sie gemein sind oder nicht mit anpacken. Sportnieten dagegen konnten noch so engagiert und sozial sein, es hatte keinen Einfluss.

Ich erinnere mich noch heute mit Grauen an eine total untrainierte Mitschülerin, die irgendwie die geforderten 2.000 Meter gelaufen ist. Gut, sie wäre wohl schneller gewesen, wenn sie gegangen wäre. Aber sie ist irgendwie gelaufen, nicht gegangen und hat weder aufgegeben, noch angehalten. Die Ärmste hat noch zwei Stunden danach gebrochen und sich drei Tage krank gefühlt. Und das war ebenso ungenügend wie eine Leistungsverweigerung? :wall:

» cooper75 » Beiträge: 13325 » Talkpoints: 497,57 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Und wie genau stellt sich der Lehrer das vor? Ich meine, um besser im Laufen zu werden muss man erst mal regelmäßig trainieren. Und wenn sich nicht nur die Ausdauer sondern auch die Geschwindigkeit verbessern soll muss man Intervalltraining machen, also Dauerlauf mit Sprinteinheiten abwechseln. Dafür muss man regelmäßig trainieren, am Anfang am besten mit Anleitung.

Klar, wenn man nicht sein Bestes gegeben hat kann eine schlechte Note natürlich schon dafür sorgen, dass man sich beim nächsten Mal mehr anstrengt. Aber was ist wenn das einfach der aktuelle Leistungsstand ist? Es ist nicht nur so, dass man die Leistung nicht mal eben durch "Motivation" verbessern kann sondern, dass eine schlechte Note für das Beste, was man geben konnte, doch auch so ziemlich das Gegenteil von Motivation ist. "Dein Bestes ist für mich leider nicht gut genug". Ganz toll.

In meiner Laufgruppe sind ein paar Kinder dabei, also freiwillig, und da heißt es immer versucht nicht mit den Großen mithalten zu wollen, lauft in eurem eigenen Tempo, findet euren Rhythmus, orientiert euch an euren Zeiten, Hauptsache ihr habt Spaß. So sieht für mich Motivation beim Laufen aus.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


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