Aberglaube in Tansania - tödlich für etliche Menschen

vom 16.08.2009, 14:36 Uhr

Albinismus – ein Phänomen, das im ostafrikanischen Tansania häufiger vorkommt, fordert jährlich einige Menschenleben. Der Grund: den Köpfen der Albinos werden magische Kräfte angedichet, die Körperteile werden offenbar von Medizinmännern für Zauberei verwendet. Dass es sich bei diesem Phänomen „nur“ um eine Hautpigmentstörung handelt, die in Tansania überdurchschnittlich häufig vorkommt ist in Tansania nur wenig bekannt.

Ein wirklich haarsträubendes Phänomen, dem die tansanische Regierung mit Verboten und auch Symbolhandlungen entgegen tritt. Denn eines ist klar, die Ermordung etlicher Albinos bringt den Staat in Verruf. Allein im letzten Jahr wurden mehr als 45 Tansanier mit der Hautpigmentstörung getötet – und das oft genug bestialische Art und Weise: Eltern haben ihre Säuglinge regelrecht abgeschlachtet, Erwachsenen wurden Kopf und Beine abgetrennt. Dass diese beispiellose Gewaltwelle Empörung auslöste ist klar.

Die tansanische Regierung hat nun, um den Ruf eines entwicklungspolitischen Schwerpunktlandes besorgt, sämtlichen traditionellen Heilern die Lizenz entzogen. Der Grund: Sie stehen unter dem Generalverdacht für die Körperteile der Albinos viel Geld zu zahlen. Um die Albinos besser schützen zu können, wurden sie von der Polizei mit Handys, die über eine Notruffunktion verfügen, versorgt. Symbolische Wirkung soll die Berufung einer unter der Hautpigmentstörung leidenden Frau ins Parlament durch den Präsidenten haben; gleiches soll die Adoption eines betroffenen Mädchens bewirken. Als zusätzliche Maßnahme rief die Regierung ihre Bevölkerung auf, die Namen von Verdächtigen auf Zettel zu schreiben und diese dann anonym der Polizei zu übergeben. Dieser Appell wurde kritisiert, weil Menschenrechtsorganisationen nun fürchten, dass eine regelrechte Hexenjagd ausgelöst wird.

Trotz allem, die immerhin etwa 200.000 Betroffenen, fühlen sich noch immer stark gefährdet. Während sie früher nur verspottet wurden, haben sie jetzt Angst. Sie verlassen in der Nacht nicht mehr ihre Häuser, sichern deren Türen und Fenster mit Gittern und suchen zuweilen sogar Schutz in Kirchen.

Und damit liegen sie auch ganz richtig. Ein BBC-Team recherchierte Erschreckendes: es ist ein Leichtes nicht nur Käufer sondern auch Lieferanten von Körperteilen eines Albinos zu finden. Und: ein kompletter Leichnam ist einem Medizinmann sogar bis zu 2.000 Dollar wert. So ist es wohl wenig verwunderlich, dass die Polizei machtlos ist. Aber auch der Aktionismus der tansanischen Regierung wird von Fachleuten als wahrscheinlich wenig erfolgreich eingestuft: kein Wunder, Tansania ist noch immer ein Land, in dem gut die Hälfte der Bevölkerung lieber einen Medizinmann als einen westlich ausgebildeten Arzt aufsucht. Dort lässt sich das Berufsverbot schlecht aufrecht erhalten. Aber auch den Strafbehörden wird nicht viel zugetraut: Beobachter vermuten sogar, dass hinter den Morden an den Albinos einflussreiche Persönlichkeiten stehen.

Übrigens gibt es nicht nur in Tansania diese Morde, erste Morde werden auch aus Kenia, Uganda und Burundi gemeldet.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Das ist ja schrecklich! Das wusste ich gar nicht, dass man das in Tansania so handhabt. Futchtbar!

Ich sage ja immer, dass Religion dazugehört und man die Menschen lassen machen muss, woran sie glauben. Aber das geht eindeutig zu weit. Hier geht es nicht darum, etwas anzubeten oder Tänzen zu verantstalten. Das ist Mord und das darf man wirklich nicht zulassen.

Da muss man wohl Aufklärungsarbeit leisten, wobei sowas immer sehr schwer ist. Eben weil diese Menschen daran glauben und mir würde spontan auch nicht einfallen, wie man sie dazu bekäme, damit aufzuhören. Sobald man es ihnen ausdrücklich verbietet, machen sie es natürlich heimlich und das würde die "Preise" für tote Albinos unter Umständen sogar noch in die Höhe treiben und man würde provozieren, dass man sie sogar heimlich jagt.

Für solche taditionellen Menschen ist es wohl schwierig, dass Phänomen Albinismus zu verstehen. Das kann ich ein stückweit auch nachvollziehen. Aber das ist keine Rechtfertigung für diese Taten!

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» winny2311 » Beiträge: 14941 » Talkpoints: 5,77 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Hallo,

Da würde ich mal sagen, treffen in diesem Fall zwei Probleme aufeinander. Nicht nur der hier beschriebene Aberglaube, den man auch meiner Meinung nach nur durch Aufklärung überwinden könnte, sondern auch, dass das staatliche System nicht so recht funktioniert.

Zur Bekämpfung des Aberglaubens kann ich nur sagen, dass Aufklärung sehr wichtig ist. Ich stelle mir allerdings schwer vor, das so durchzusetzen. Denn wenn die Menschen jetzt eher traditionellen Heilern glauben, als Schulmedizinern, und dem Aberglauben mehr glauben, als der wissenschaft, würden sie es dann einem Schulmediziner denn abnehmen, wenn der ihnen die naturwissenschaftlichen Gründe für Albinismus erklärt? Würden die dem dann nicht eher vorwerfen, zu lügen, und eher dem magischen Gerede ihrer Heiler glauben?

Was ich mit den Makeln am staatlichen System meine, ist, dass es dort so einfach möglich ist, Menschen zu verschleppen und zu töten. Hier in Deutschland fällt es nicht immer auf, wenn jemand verstirbt, das stimmt ja auch. Aber dennoch ist das hier alles irgendwie kontrollierter. Morde werden hier aufgeklärt. Dort ja scheinbar eher nicht. Die Polizei scheint sich nicht wirklich durchsetzen zu können. Verbrechen scheinen da an der Tagesordnung zu sein und irgendwie passiert dagegen nichts. Das müsste man natürlich auch ändern, um diese wirklich schlimmen Morde zu verhindern.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



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