Ab wann ist Mann/ Frau Alkoholiker?

vom 23.07.2009, 23:31 Uhr

Wir hatten das Thema ja schon mal in einem anderen Bezug diskutiert. Ich habe heute mal meinen Arzt ( Psychiater, Fachgebiet: Suchterkrankungen) gefragt, ab wann man eigentlich Alkoholiker ist. Bezogen auch auf so generelle Aussagen wie: wer jeden Abend sein Bier trinkt und so weiter.

Generell sollte man da aber wohl auch zwischen Mann und Frau entscheiden. Die reine Menge Alkohol die eine Frau pro Tag verträgt ist niedriger als die, welche ein Mann verträgt. Mein Arzt nannte zwar Mengen ( in Gramm Alkohol) die mir aber wenig sagen und ich die auch nicht einfach umrechnen kann. Und so wird es, denke ich, den meisten gehen. In der Regel sieht man die Prozentangaben auf den Flaschen, über die man an sich die reine Menge enthaltenen Alkohol errechnen könnte.

Mein Arzt erklärte, das man bei einer Frau bei einem Bier täglich schon von Alkoholismus sprechen kann. Weil in dem einem Bier halt mehr Alkohol enthalten ist, als eine Frau an sich "verarbeiten" kann ( ums ganz grob zu erklären).

Ansonsten gibt es von der Weltgesundheitsorganisation WHO eine Klassifizierung. Genannt ICD- 10 Kriterien. Die Kriterien sind allerdings allgemein auf Suchterkrankungen ausgelegt. Sie umfassen also auch Drogen- oder Medikamentensucht.

Es müssen mindestens drei von acht Kriterien erfüllt sein, um von einer Suchterkrankung zu sprechen:

1. Die Toleranzentwicklung verändert sich. Sprich, wenn man früher ein Glas Bier brauchte um angeheitert zu sein, braucht man nun mehr.

2. Der Körper reagiert mit Entzugserscheinungen, wenn ihm das Suchtmittel nicht zugeführt wird. Die können anfangen bei Zittern bis hin zur Neigung zu Krampfanfälle beim Alkoholentzug.

3. Missbrauch der Suchtsubstanz um Entzugssympthome zu lindern oder zu verschleiern. Man trinkt dann nicht mehr um halt angeheitert zu sein, sondern um halt das Zittern oder andere Sypthome zu "beseitigen".

4.Verminderte Kontrollfähigkeit hinsichtlich des Trinkverhaltens. Man trinkt nicht mehr sein eines Gläschen Bier, sondern es werden, ohne das man das möchte, zwei oder drei oder mehr daraus.

5. Man verspürt den starken Wunsch zu Trinken. Selbst wenn man sich selbst vorgenommen hat nichts zu trinken.

6. Das eigene Verhaltensmuster hinsichtlich dem Genuss von Suchtmitteln ändert sich. Am Anfang ist es nur das Bierchen am Abend, oder das Bier mit Freunden am Wochenende. Einfach um Spaß zu haben. Irgendwann wird es zum Mittel um dem Alltag zu entfliehen.

7. Vernachlässigung anderer Interessen. Mein Arzt beschrieb dabei, wenn alles sich nur noch auf den Erwerb der sucht bringenden Substanz dreht. Was wohl eher bei Drogen zutrifft. Alkohol gibt es ja leider an fast jeder Ecke zu kaufen und die Beschaffung ist kein wirkliches Problem mehr.

Dazu zählt aber auch, das der Alkohol anfängt das Leben zu bestimmen.

8. Weitertrinken obwohl schon Folgeerkrankungen aufgetreten sind. Mein Arzt nannte da als Beispiel Speiseröhrenkrebs der schon blutet. Oder eine Leberzirrhose und der Betroffene trinkt trotzdem weiter Alkohol.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Bei den acht Punkten sieht man mal wieder wie wenig Ahnung doch manche Mediziner von der Thematik haben. Denn die Hausärztin meines Vaters wollte ihn im letzten Jahr als absoluten Alkoholiker hinstellen. Und wenn ich das so lese, dann hat keiner dieser Punkte auf meinen Vater zugetroffen. Wobei ihm das auch von zwei Pychologen dann bestätigt wurde, das er kein Alkoholiker gewesen ist.

Nur was mich dabei ein wenig stuzig macht, wenn immer in Mengen von einem Bier gesprochen wird. Damit ist doch nicht geklärt, wieviel dabei wirklich getrunken wird. Denn es gibt ja auch Flaschen und Dosen mit unterschiedlichen Mengen. Da kann das eine Bier eben zwischen 0,2 und 0,5 Liter sein. Ausserdem ist der Alkoholgehalt da auch recht unterschiedlich bei den Sorten.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Sucht bedeutet ja, dass man nicht ohne kann. Mann gibt sich der Sucht hin und will und / oder kann nichts dagegen tun. Natürlich gewöhnt man sich daran und das ist das schlimme. Hat man mit einem Glas Rotwein angefangen ist man schnell mal bei 3-4 bis man mal was anderes, härteres ausprobiert. Das verträgt man dann auch "immer besser".

Wer jeden Abend ein Gals Rotwein trinkt ist aber nicht automatisch Alkoholiker. Wenn er nicht das Verlangen hat, wenn er es mal nicht trinkt, dann ist das ok. Leider merkt man bei dieser Erkrankung, wie bei vielen Suchterkrankungen, erst wenn es zu spät ist, dass was nicht stimmt. Das ist ein schleichender Prozess und hängt sicher nicht vom besagten Rotwein ab.

Kontrollverlust ist das andere. Wenn man sich selbst wegen Alkohols nicht mehr unter Kontrolle hat und Dinge tut, die man sonst nie machen würde, dann ist das schlimm und sicherlich ein Indiz.

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» winny2311 » Beiträge: 14930 » Talkpoints: 2,85 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Also ich habe mal in der Schule gelernt das wenn man in den Sommerferien sprich wenn man 6 Wochen jeden Tag Alkohol trinkt das man dann nach 6 Wochen Alkoholiker ist. Und die Menge ist da dann egal, da ja jeden Tag nur Alkohol getrunken wird da reicht auch schon jeden Tag nur ein Bier. Ich kann mir das zwar nicht so vorstellen das das auch nach einem Bier pro Tag sein kann, aber wenn das ein Lehrer sagt wird das wohl stimmt :D Wobei es ja gesund fürs Herz sein soll wenn man jeden Tag ein Glas Rotwein trinkt.

» 456User » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Hallo!

Mein Exmann war Alkoholiker und ich hatte dann mit einer Selbsthilfegruppe für Angehörige und den anonymen Alkoholikern lange Gespräche. Da ging es auch darum , wasnn man einen als Alkoholiker bezeichnen kann. Beide Gruppen waren sich da einig, dass ein regelmäßiges Trinken von Bier oder Wein oder anderem Alkohol schon einen Alkoholiker ausmacht.

Dabei ist es egal, wieviel dieser Mensch trinkt. Wenn er jeden Abend auch nur eine 0,33 liter Flasche Bier trinkt und keinen Tag auslässt, weil es ja "schmeckt", dann kann man diesen Menschen schon als Alkoholiker bezeichnen.

Dann gibt es aber auch Alkoholiker, die wochenlang nichts trinken und sich "quartalsmäßig" betrinken. In den Kreisen der anonymen Alkoholikern und der Selbsthilfegruppe für Alkoholiker sind auch diese Trinker Alkoholiker. Denn sie trinken in einem gewissen Abstand dann viel Alkohol. Meist, bis zur Bewustlosigkeit.

Alkohol ist eine sehr schlimme Droge. Schlimmer als viele andere Drogen und diese Droge wird oft unterschätzt. Auch von Menschen, die glauben, dass sie es vertragen können und es im Griff haben wird Alkohol maßlos unterschätzt. Man hängt schneller drin als man glaubt.

In den Gruppen sagte man mir, dass man es schon daran merken könnte, wenn man jemanden , während er was trinkt oder auch trinken will darum bittet doch keinen Alkohol zu trinken und derjenige agressiv reagiert. Dann sollte man sich sehr große Gedanken machen.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Ich kann was das Thema Alkohol angeht auch aus dem Nähkästchen berichten. Aus privaten Gründen möchte ich nicht direkt sage, um wem es sich handelt, aber ich habe mehr Ahnung davon, als mir lieb ist.

Was ich auf jeden Fall bestätigen kann ist, daß sich die Person selber niemals auch bis heute, nicht als alkohlabhängig gesehen hat. Das ist für jeden Beteiligten schon ein Hohn. Der tägliche oder wöchentliche Genuß von Hochprozentigem, würde ich immer als nicht normal bezeichnen. Besonders wenn man merkt, daß sich die Person damit versucht von ihren Problemen, zumindest für den Augenblick, zu befreien. Daß sie damit nur noch mehr Schwierigkeiten bekommen und auch verteilen, scheint ihnen nicht bewußt zu sein.

Extrem auffällig ist auch, daß aus einer anfänglichen Heiterkeit sehr schnell eine unkontrollierbare Aggressivität entstehen kann. Diese Person können auf einmal zu Dingen fähig sein, die sie im nüchteren Zustand niemals machen würden. Auch was so aus ihrem Mund kommen kann, wiedersteht jedem Einfühlungsvermögen oder Verstand. Ich glaube, daß besondere negative Verhaltensmuster ein Hinweis dafür sein können, daß etwas nicht in Ordnung ist.

Bei jedem Fest wird zum Alkohol gegriffen. Und wieder kann sich die Stimmung urplötzlich ändern. Außerdem erscheint es, daß einfach kein Punkt gefunden wird, an dem man weiß, daß es Zeit zum aufhören ist. Und wenn man diese Person darauf versucht hat hinzweisen, wird man möglicherweise schlimm beschimpft. Die Person beharrt auf den Standpunkt, sie könne selber entscheiden, was gut für sie ist und wann man besser aufhören sollte. Das klappte aber nie.

Außerdem würde ich den Zeitrahmen in dem dieses auffällige Verhalten stattfindet, als Indiz dafür nehmen, wann es ich um ein Suchtverhalten handelt. Ich spreche hier von einigen Jahren, in denen ich meine Erfahrungen sammeln durfte. Allerdings mit Unterbrechungen, je nach dem wie die private Lage gerade war. Aber bei Problemen wurde fröhlich zum Glas gegriffen.

Das Verleugnen überhaupt etwas getrunken zu haben, obwohl es für den Außenstehenden offensichtlich ist, sehe ich auch als einen Hinweis für mißbräuchlichen Konsum. Vor allem, wenn nicht nur ein oder zwei bzw. mehrer Glas Wein ausreichen, sondern erst hochprozentiger Alkohol zum Befriedigen des "Wunsches" herhalten kann.

Es muß nicht immer offensichtlich sein, ob jemand ein Alkoholproblem hat. Manchmal können das nur die eng beteiligten Menschen wirklich beurteilen. Denn das Verhalten auf Partys, finde ich nicht entscheidend. Sondern auch, wie im Alltag mit dem Genußmittel, daß ich übrigens als eines der gefährlichsten Drogen, die es gibt, empfinde. Denn die Einnahme kann aus eigentlich liebevollen Menschen, hasserfüllte gemeine Individuen machen. Und dann kann man entscheiden, wie man sich am nächsten Tag zu diesem Menschen verhält, der sich am Vorabend noch "saublöd" benommen hat aber jetzt wieder ganz normal ist. :(

» Fabienne3 » Beiträge: 824 » Talkpoints: 23,73 » Auszeichnung für 500 Beiträge


@Diamante
Wenn man es an der Regelmässigkeit fest machen will, dann wäre mein Vater ja Alkoholiker gewesen. Nur hatte er nie ein Problem damit auf Alkohol zu verzichten. Er hatte ein gewisses Maß, was er trank und danach war schluss. Es kam höchst selten vor, das es mal mehr geworden ist. Als wir letztes Jahr gemeinsam bei einer Psychologin waren musste ich echt nachdenken, wann mein Vater wirklich das letzte Mal volltrunken war. Sowas kam echt so selten vor.

Zudem war er nie aggressiv in Bezug auf Alkohol. Weder im alkoholisierten Zustand, noch wenn kein Bier im Haus war. Dann war eben keines da und fertig. Selbst wenn er im Lokal sein Bierchen trinken war und sich dort zwischen anderen Probleme anbahnten ist mein Vater lieber nach Hause gegangen anstatt sich da in etwas reinziehen zu lassen.

Achja und im letzten Jahr hat er von heute auf morgen aufgehört. Ohne ärztliche Betreuung, ohne Suchtberatung oder gar Medikamente. Und es hat ihn vom ersten Tag an nicht gestört, wenn er Alkohol irgendwo gesehen hat. Im Gegenteil, meine Eltern haben auch welchem im Haus, damit man Gästen auch was anbieten kann.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



@ IsiSchadz
Ich finde es ja schön was deine Lehrer so sagen, aber ich denke das ein Arzt doch mehr Ahnung von einer Erkrankung hat. Und die Weltgesundheitsorganisation hat sicherlich nicht grundlos die Kriterien rausgegeben.

@ Diamante
Menschen die diese Gruppen aufsuchen, versuchen ja an sich trocken zu bleiben. Bei denen löst je nachdem schon der Anblick eines trinkenden Menschens oder auch Alkoholwerbung Suchtdruck aus. Deshalb sind sie der Meinung, das alle Menschen die regelmässig was trinken Alkoholiker sind. Ich denke aber, das muss nicht unbedingt sein.

Wobei ich nun auch beim sogenannten Quartalssäufer sicher einiges in den obengenannten Kriterien feststellen würde. Sie können nicht ohne. Je nachdem auch um jeden Preis. Und es wird jedesmal ( oder in Abständen) mehr was sie brauchen um angeheitert zu sein.

@ Punktedieb
Die meisten Allgemeinärzte haben, denke ich, da einfach auch keinen wirklichen Bezug zu. Als ich das erste Mal nach langer Zeit in ihr Sprechzimmer kam und sagte: Ich habe Borderline, lachte sie mich aus und meinte nur, nein das haben sie nicht. Eine Woche später hat sie sich kundig gemacht und stimmte der Diagnose zu. Ich denke, die meisten Allgemeinärzte haben einfach keinen Bezug zu psychischen Erkrankungen. Zumindest nicht wenn es ins Detail geht.

Ich habe bewusst ein Bier geschrieben. Das ist eine Aussage, die für jeden greifbar ist. Wenn mir jemand sagt, ab x Gramm Alkohol am Tag wird es gefährlich, könnte ich damit nichts anfangen. Ein Bier ist eine Masseinheit mit der ich umgehen kann und die ich mir vorstellen kann. Und genauer ins Detail wollte ich nicht gehen.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Selbst diese 8 Punkte kann und darf man nur als einen sogenannten theoretischen Richtwert nehmen, denn die Praxis sieht ganz anders aus. Ein ganz wichtiges Kriterium ist und bleibt die Persönlichkeit des betreffenden Patienten. Ist der nämlich von Natur aus labil, ist er schon bei 2 Punkten sehr stark gefährdet suchtkrank zu werden. Das Hauptproblem ist hierbei die Selbstkontrolle des Patienten.

Wenn diese nicht mehr ordentlich funktioniert, reicht schon in der Regel ein Auslöser. Wir sehen oder analysieren immer nur das Verhalten der betreffenden Personen, aber vergessen dabei die psychische Komponente total. Hier muss unbedingt umgedacht werden und neue Betrachtungsansätze dazu gefunden werden.

Wer regelmäßig Alkohol trinkt ist kein Alkoholiker, wenn er seinen Impuls dabei kontrollieren kann. Ansonsten hätten wir in Deutschland locker ca. 20 Millionen Alkoholiker. Manche Leute trinken zum Abendessen ein Bier und warum auch nicht. Mache ich manchmal auch und ich bin Suchtberater.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Die genau Grenze zu definieren, wann man wirklich süchtig ist, ist eine sehr schwere Sache. Wenn man sich jeden tag ein Bier zum Feierabend trinkt, ist man dann süchtig? Wenn man jedes Wochenende, feiern geht und Alkohol trinkt, ist man dann Alkoholiker?

In meinen Augen ist die Alkoholsucht, einer dieser Probleme die sehr schleichend, still und leise kommen. Das Leben bringt viele Probleme mit sich, die es bedarf zu lösen. Diese können sich in manchen Lebensphasen stark häufen. Wodurch der Mensch einfach überfordert ist und keinen Ausweg sieht. Besonders in solchen Situationen, neigen manche Menschen dazu eine schnelle Flucht vor ihren ganzen Problem und Aufgaben, die sie nicht bewältigen können, zu suchen.

Genau in solchen Situationen kann es schnell dazu kommen, dass man in eine Alkoholsucht verfällt. Eigentlich heißt es, dass dies primär der Fall ist bei Leuten die keinen starken Charakter haben. Jedoch denke, kann sich keiner hundert prozentig davon freisprechen, in so eine Situtaion zu kommen.

» Scorpy » Beiträge: 45 » Talkpoints: -0,03 »


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