Besuch beim Gesundheitsamt - Pflicht?

vom 18.06.2009, 20:31 Uhr

Wo hier gerade an anderer Stelle über Ärzte diskutiert wird, fiel mir eine Begebenheit aus meiner Schulzeit wieder ein, von der ich mich heute frage, ob sie überhaupt rechtens war.

Wir wurden nämlich in der 9. Klasse geschlossen zum Gesundheitsamt geschickt, wo man uns untersuchte. Es wurden Kinderkrankheiten und Impfungen abgefragt, aber auch andere Untersuchungen durchgeführt. Wir wurden gemessen und gewogen. Das allein führte schon zu Protesten, weil einige der Mädchen mit ihrem Gewicht sehr eigen waren und nicht bereit waren, dies einer unbekannten Ärztin mitzuteilen. Außerdem wurden wir aufgefordert und bis auf die Unterwäsche zu entkleiden und untersuchen zu lassen, auch dies stieß auf Unmut. Zudem stellte man uns diverse intime Fragen, ob wir schon menstruierten und wie es mit unseren sexuellen Erfahrungen aussähe, ob wir zur Zeit liiert seien und so weiter.

Ich persönlich habe mit 14 viel zu wenig darüber nachgedacht und sie Leute vom Amt einfach machen lassen. Von einigen ihrer Fragen war ich sehr peinlich berührt, habe sie aber wahrheitsgetreu beanwortet. Einige meiner Klassenkameradinnen waren da resistenter, verweigerten sich zu entkleiden, gewogen zu werden und Fragen über ihr Sexualleben schon sowieso. Ob diese Weigerung ein Nachspiel hatte, weiß ich nicht, allerdings waren die Damen wohl schon ziemlich impertinent und verlangten wiederholt Gehorsam und Auskunft, bis sie es aufgaben.

Warum Kinderkrankheiten, Impfungen und Körpergewicht relevant sind, kann ich so eben noch nachvollziehen. Dass es sinnvoll ist, in Unterwäsche gewogen zu werden sehe ich ebenfalls ein. Aber warum muss man Teenagern Fragen stellen, die ihre Intimsphäre massiv verletzen? Wofür, außer für Statistiken ist es wichtig, über das Sexualverhalten Bescheid zu wissen. Meiner Meinung nach geht es niemanden außer mir etwas an, mit wem ich schlafe und wie oft, und ob ich dabei in einer Beziehung bin oder wechselnde Partner habe.

Heute frage ich mich rückblickend, ob es a) überhaupt legitim war uns zu dieser Untersuchung zu schicken, bzw., ob wir diese komplett oder in Teilen hätten verweigern können, oder ob sie b) überhaupt berechtigt waren derartige Fragen zu stellen. Teilweise ging es schon ins Detail, sie wollten dann etwa wissen wie lange man schon seine Regel hatte, wie stark diese sei, wie regelmäßig sie kam, ob und wie oft man mit wie vielen Partner Sex hatte und so weiter. Da wurde meines Erachtens eine Grenze überschritten und es interessiert mich gerade, ob der Staat hierzulande dazu berechtigt ist, das durchzuführen. Oft wird so etwas ja einfach angeordnet und weil keiner weiß, dass es nicht verplfichtend ist, geht man eben hin. Also, wie sieht es hier aus? Sind Besuche beim Gesundheitsamt Pflicht und in wie weit bin ich verpflichtet Auskunft über bestimmte Bereiche zu geben?

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Hallo Sorcya,

in meiner Schulzeit wurden wir auch zum Gesundheitsamt geschickt, allerdings war diese Untersuchung, weil wir ein Schulpraktikum machen sollten, und einige von uns dieses Praktikum in Bereichen absolvierten, in denen man mit Lebensmitteln zu tun hatte.

Wir gingen also auch nicht mit der gesamten Klasse dort hin, sondern nur die Schüler und Schülerinnen, die davon betroffen waren. Was dort genau gemacht wurde, daran kann ich mich im einzelnen gar nicht mehr genau erinnern, aber ich weiss mit Sicherheit, dass es dort keine peinlichen, und doch sehr persönlichen Fragen nach dem Sexualleben gab, denn das hätte ich ganz gewiss nicht mitgemacht.

In der 7. Klasse hatten wir einmal eine Schuluntersuchung in der Schule, ich weiss nicht mehr, ob diese Untersuchung vom Gesundheitsamt gemacht wurde, aber ich nehme das mal an. Dort habe ich auch jegliche "Mitarbeit" verweigert, ich war schon immer sehr selbstbewusst, bei Dingen, die ich nicht wollte :D

Ein grösseres Nachspiel hatte das nicht, meine Eltern bekamen einen Brief, in dem ihnen mitgeteilt wurde, dass ich die Untersuchung verweigert hätte, und das war es.

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» Zwieback » Beiträge: 722 » Talkpoints: 20,00 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich wusste garnicht dass heutzutage so etwas auch noch durchgeführt wird. Ich kann mich noch gut an meine Kindheit erinnern wo solche Untersuchungen in den ersten Schuljahren regelmäßig gemacht wurden, da war so Anfang der achtziger Jahre. An die Fragen kann ich mich nicht mehr erinnern, ich weiß aber ganz genau dass die Jungen die Unterhose runterlassen mussten und mit roher Gewalt die Vorhaut zurückgezogen wurde und die meisten danach tagelang nicht ohne Schmerzen pullern konnten. Bei den Mädchen lief es wohl ähnlich ab, natürlich ohne diese schmerzhafte Prozedur. Das ganze fand im normalen Klassenraum statt, ob noch andere Schüler gleichzeitig dabei waren weiß ich nicht mehr, ich glaube aber ja da mehrere Untersuchungsstationen eingerichtet waren und aus Zeitgründen sicherlich diese Methode gewählt wurde.

So etwas deprimierendes habe ich dann nur noch einmal zur Musterung erlebt.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Bei uns fand so eine Untersuchung in der 8. oder 9. Klasse statt. Und vorher kursierten nur Horrorgerüchte. Ganz "beliebt" war das Thema das wir Mädchen uns ja alle bis auf die Unterwäsche ausziehen mussten. Wer bis dahin noch keinen BH trug, kaufte sich zu der Gelegenheit einen. Weil es uns allen einfach schrecklich peinlich war, da vor allen halbnackt zu stehen.

Die Untersuchung fand allerdings in der Schule statt. In einem dafür eingerichteten Klassenraum. Und ich weiss nicht was andere gefragt wurden. Ich wurde zum Thema Periode und zu meinem Sexualleben gar nicht befragt. Kann sein das gefragt wurde, ob man seine Mestruation schon hat. Das weiss ich aber nicht mehr. Ist ja auch schon über 20 Jahre her. Was mir allerdings im Gedächtnis geblieben ist, das mir der Arzt einen Vortrag über mein Gewicht hielt. War an sich nichts unbekanntes in meinem Leben. Störend und Nervend fand ich daran, das der Arzt sagt, er muss mich darauf hinweisen, sonst würde ich ihm später ja mal Vorwürfe machen, das ER mich nicht darauf hingewiesen hat. Was in meinen Augen, auch heute noch, absoluter Quatsch ist.

Eine Freundin hat erzählt, der Arzt habe ihr aufgrund ihrer Schuhgrösse gesagt, das sie noch ziemlich wachsen wird. So eine Aussage hätte ich mir damals auch gewünscht. Ach ja meine Freundin ist nicht viel grösser geworden, als sie damals war. Soviel zum Wert der Aussagen des Arztes.

Ein paar Klassenkameradinnen weigerten sich auch diese Untersuchung machen zu lassen. Zumindest nicht in dem Rahmen. Die hatten auch ein Schreiben der Mutter/ Eltern dabei. Die mussten dann ins Gesundheitsamt zur Untersuchung. Was sie dann auch machten.

Der Sinn und Zweck dieser Veranstaltung wurde uns an sich nie gesagt. Ich denke mal, das ist so ähnlich wie diese regelmässige Zahnuntersuchungen in der Schule.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge



Bei uns gab es diese Untersuchung auch. Die wurde, wenn ich mich recht entsinne in einem der Unterrichtsvorbereitungsräume durchgeführt. Dabei waren ein Schüler allein mit dem Arzt/er Ärztin und einer Helferin. Zu intimen Details wurden wir meines Erachtens nicht befragt. Zumindest kann ich mich nicht erinnern.

Der Sinn des ganzen? Ich denke, ähnlich wie bei anderen Reihenuntersuchungen sollen einfach früh genug Entwicklungsstörungen erkannt und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können. So wie bei zahnärztlichen Reihenuntersuchungen, für die die ohnehin regelmäßig zur Vorsorge vielleicht nicht so wichtig, für andere Kinder, deren Eltern da nachlässiger sind umso wichtiger.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Jetzt wo du es sagst, kann ich mich auch an diese Untersuchung erinnern.

Allerdings war ich damals auf einem Mädchengymnasium, dass auch gleichzeitig ein Kloster war. Die Leute vom Gesundheitsamt kamen aber damals zu uns und ein Zimmer vom Sekretariat wurde zum Ärztezimmer umfunktioniert. Ich glaube das war in der 7ten Klasse und wir sollten bei dieser Untersuchung gleichzeitig auch noch gegen Röteln geimpft werden. Allerdings bin ich einen Tag vorher zu meiner Hausärztin gegangen, da ich mir dachte "Ich komme eh nicht um diese Impfung rum, da gehe ich lieber zu jemandem den ich kenne!".

Diese Entscheidung war wirklich die richtige, da die Mehrzahl der Mädchen dann blaue Flecke an den Oberarmen hatten. Diese Geschichte mit dem Ausziehen, dem Wiegen und der gesamten schrecklichen Untersuchung war einfach der Horror. Allerdings wurden wir nicht alle nach diesen privaten Dingen gefragt. Einige aus meiner Klasse kamen sehr peinlich berührt wieder und waren ganz schockiert über die Fragen aber mir wurde diese zum Glück nicht gestellt.

Ich finde es schrecklich, dass es sowas immer noch gibt und diese Fragen sind wirklich zu intim. Vor allem Jugendliche, die sich am Anfang der Pubertät befinden wissen ja gar nicht, wie sie darauf reagieren sollen. Ich sehe es ja ein, dass Vorsorgeuntersuchungen gemacht werden müssen, aber dann bitte nicht so!

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» Sissley » Beiträge: 1131 » Talkpoints: 5,54 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Also bei uns gab es sowas nicht. Ich weiß zwar noch das zu Grundschulzeiten ab und zu mal ein Arzt zum Impfen kam und ab und an auch mal ein Zahnarzt. Aber das war noch zu Grundschulzeiten und kurz nach der Wende. War vielleicht noch so ein altes DDR-Relikt was man bei uns noch nicht abgeschafft hatte.

Ab da war dann aber soweit ich mich erinnere Ruhe mit irgendwelchen Ärzten und zum Gesundheitsamt ging es auf keinen Fall. Auch nicht in der Zeit, als die Schulpraktika liefen und dabei habe ich das sogar in einem Krankenhaus gemacht und war im Pflegebereich.

Zum Gesundheitsamt musste ich erst als Zivi, weil ich meinen Zivildienst im Krankenhaus gemacht habe und da ist das dann wohl vorgeschrieben. War aber wie gesagt, das einzige mal das ich bisher in einem Gesundheitsamt war.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Bei uns an der Schule gab es diese Untersuchung auch. Ich habe mich damals komplett geweigert daran teilzunehmen. Gab zwar im Vorfeld etwas Stress mit meinem Lehrer der meinte so etwas wäre 1. wichtig und 2. eine Pflichtveranstaltung. War mir egal ich habe ihm damals mitgeteilt, dass wir hier in Deutschland freie Arztwahl haben und das ich mir den "Schularzt" ja nicht ausgesucht habe. Und schließlich bestimme ich (und nur ich) wann ich mich untersuchen lasse. Ich war an dem Tag auch wirklich die einzige die dieser Arzt nicht zu sehen bekam. Irgendwelche Konsequenzen gab es aber nicht. Nach dem was ich von den anderen gehört hatte waren die Untersuchungen aber wohl ähnlich wie ihr erzählt habt.

Ansonsten gab es bei uns nur noch die Rötelimpfung für Mädchen. Ich glaube das war in der sechsten Klasse.

» Vamozi » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Midgaardslang am 03.07.2009, 00:05, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

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