Gymnasien: Allgemeinbildend oder Spezialisierend?

vom 02.09.2008, 18:11 Uhr

Ich habe in letzter Zeit oft Kritik über die Gymnasiale Oberstufe gehört. Ich lebe in Niedersachsen und kenne deswegen auch nur das dortige System im Detail. Wesentliche Unterschiede gibt es aber meines Wissens in den anderen Bundesländern nicht. Sollte dem aber so sein, bitte korrigiert mich. Die gymnasiale Oberstufe ist momentan so ausgelegt, dass man sich auf einen Schwerpunkt spezialisieren muss.

In Niedersachsen hat man die Möglichkeit einen von 5 Schwerpunkten zu wählen nach Angebot der Schule. Es gibt den naturwissenschaftlichen, den gesellschaftlichen, den musischkünstlerischen und den sportlichen Schwerpunkt. Aus dem gewählten Schwerpunkt entscheiden sich dann mögliche Prüfungsfächer, welche letztlich einen großen Teil der Note aus machen.

Viele haben Probleme ihre Lieblingsfächer in einem solchen Profil wiederzufinden. Meine Freundin hingegen hat zum Beispiel keine besonderen stärken, aber auch keine Schwächen. Sie weiß deswegen nicht welche Kurse sie auf erhöhtem Niveau (Leistungskurs) belegen soll.

Meine Eltern berichten noch, dass sie kaum wählen durften und eine Spezialisierung somit fast vollständig ausgeschlossen war. Bei einem Gymnasium handelt es sich schließlich um eine allgemeinbildende Schule. Kann man dies mittlerweile überhaupt noch so stehen lassen für die gymnasiale Oberstufe? Letztlich wird man nicht mehr allgemein in allen Gebieten unterrichtet, sondern verstärkt in einer Fachrichtung.

Ich für meinen Teil komme sehr gut mit dem System zurecht, da ich meine Stärken in den Naturwissenschaften finde, dort entsprechend gefördert werde und Sprachen eine untergeordnete Rolle spielen. Auch in Bezug auf ein künftiges Studium finde ich es gut schon jetzt einen Schwerpunkt zu setzen.

Haltet ihr es für sinnvoll, dass eine solche Schwerpunktsetzung vorgenommen wird oder fändet ihr es sinnvoller bis zum Abitur einheitlich zu unterrichten, um somit eine allgemeinere Bildung zu schaffen?

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» mich » Beiträge: 665 » Talkpoints: 2,91 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Also ich komm zwar aus Meck-Pomm aber hier hat man 2 Jahre nach meinem Abgang vom Gymnasium die Listungskurssysteme abgeschafft.

Jetzt werden alle Kurse mit gleicher Wochenstundenzahl unterrichtet und dann zur Prüfung sucht mna sich die Kurse raus, in denen man auf Leistungskursniveau geprüft werden will. So haben alle den gleichen Unterricht, schreiben aber Prüfungen in 2 Schweirigkeitsstufen.

Wenn ihr mich fragt finde ich das weniger sinnvoll. Wie können die Leute die z.B. in Mathe nicht so gut sind dem Unterricht folgen, wenn das Kursziel das bestehen der Leistungskursprüfung ist? Wie können diese Leute dann eine Grundkursprüfung ablegen, wenn sie sich mit schwierigeren Aufgaben auf Leistungskursniveau herumschlagen mussten und dabei viele Probleme hatten? Wie kann ich Englisch anspruchsvoll unterrichten, wenn ich Sprachtalente und Stolperenglischsprecher gleich unterrichten muss? Den Grundkurslern wirds zu schwer und die Leute auf Leistugskursniveau fühlen sich nicht richtig gefordert.

Ein wahrer Balanceakt für die Lehrer. Ich bin mit unserem Kurssystem sehr zufrieden gewesen und auch mit den speziellen Anforderungen in den Leistungskursen. Man bei uns wird das schulsystem sowieso alle 2 jahre umgestoßen und das nervt tierisch! Keiner weiß woran er ist und alle wollen alles verschlimmbessern.

» danasy » Beiträge: 82 » Talkpoints: 0,72 »


Allgemeinbildung oder spezialisierend - das ist eine komplizierte Streitfrage. Ich persönlich würde sagen, dass es irgendetwas dazwischen ist. Es ist zu wenig Allgemeinbildung, weil man kaum etwas im Alltag anwenden kann, was man in der Oberstufe lernt. Allgemeinbildung schließt sich eher aus den unteren Jahrgängen, dem selbstständigen Lesen zu Hause, dem gewöhnlichen Alltag, nützlichem Medienkonsum und eigenen Erfahrungen und Interessen zusammen.

Aber es ist auch nicht richtig spezialisierend in der Oberstufe, eben weil es meistens zu wenige Kursangebote gibt, weil es im Bezug auf das "richtige Fachgebiet" eben doch noch zu grob ist (was nicht anders geht in diesem System), weil es überhaupt nicht an den Interessen und Fähigkeiten der Schüler angepasst ist und man viel zu viele Dinge behandeln und lernen muss, die einen gar nicht interessieren und die man später nicht braucht und auch wieder nur vergisst. Also man geht zwar ins Detail in der Oberstufe, aber längst nicht spezialisierend, würde ich sagen. Man geht sozusagen allgemeinbildend ins Detail. :wink:

Ich war auch sehr lange am Gymnasium, zwar nicht mehr in der Oberstufe, aber bis dahin. Und selbst da muss ich sagen, dass ich das Meiste bis eigentlich nahezu alles nicht wirklich für mein späteres Leben gebrauchen kann. Ich hätte viel Biologie gebraucht und zwar keine pflanzlichen Zellen, Ökosysteme und irgendwelche Einzeller in Gewässern wie es am Gymnasium so gehandhabt wird, ich hätte alles, was den Menschen, Viren, Bakterien, Pilze als Krankheitserreger und eben Krankheiten gebraucht und solche Dinge eben. Aber sowas fällt am Gymnsium weitgehend unter den Tisch. Klar wird in den ersten Klassen ab Klasse 5 bis ungefähr Klasse 7 über den Menschen gesprochen, aber so derart grob, dass es nahezu lächerlich ist.

Und von daher ist es eben nicht spezialisierend am Gymnasium, aber auch nicht allgemeinbildend. Es zielt schon immer in eine Richtung ab, die dann enorm vertieft wird, aber eben oft in die Falsche wenn man den Schüler als Individuum betrachtet. Auf den ist es dann nicht spezialisiert, sondern nur auf irgendein Thema, was eben gerade ein Ersteller des Bildungsplanes für wichtig gehalten hat. Man sollte viel mehr Kursmöglichkeiten und somit Vertiefungsmöglichkeiten anbieten und das breiter gefächert als immer nur in eine Richtung. Aber wie soll das gehen, das Geld ist überall knapp und man bräuchte ungeheuer viele Lehrer, die keiner bezahlen kann. Von daher sehe ich momentan nicht wirklich eine Möglichkeit, um das zu verbessern.

» Mandragora » Beiträge: 1763 » Talkpoints: 0,49 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Sehr vieles, das man für die Schule lernen musste, braucht man später nie wieder. Leider auch das, was man eben auf dem Gymnasium lernt. Was man an Fachwissen sich aneignen möchte oder fürs Studium, bzw. die Berufsausbildung braucht, wird im Unterricht zu oberflächlich behandelt. Das ist auch nur natürlich, denn der Lehrplan ist ja vorgegeben, da kann der Lehrer nicht lange an einem Thema dranbleiben und entsprechend auch nicht in die Tiefe gehen.

Spezialisierend ist es also nicht wirklich und kann es auch nicht werden, würde ich sagen. Klar bekommt man auf einem Gymnasium mehr mit, als auf einer Real- oder Hauptschule. Wobei ich denke, dass man da noch am ehesten bei den Sprachen profitieren kann. Es gibt ja auch Gymnasien, die den Schwerpunkt auf Fremdsprachen haben.

Und zur Allgemeinbildung: Ich denke, die hängt sehr davon ab, was derjenige daraus macht. Es gibt eine ganze Menge Leute, deren Allgemeinbildung trotz Abitur auf dem Gymnasium miserabel ist. Die Schule kann da eben nur eine Grundlage schaffen.

» Morgaine » Beiträge: 2701 » Talkpoints: 9,09 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



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