Sich über Anglizismen aufregen

vom 16.04.2012, 18:22 Uhr

Man hört es ständig im Fernsehen, Zeitschriften sind voll davon. Und vor allem ältere Menschen regen sich ja gerne über Anglizismen auf. Dazu zählt auch mein Vater, wobei nörgeln sein Hobby ist und ich ihn daher nicht ernst nehmen kann. Mich stören Anglizismen überhaupt nicht und wenn man bedenkt, wie viele scheinbar deutsche Wörter ursprünglich aus dem Lateinischen, Griechischen oder Französischen stammen, ist es in meinen Augen lächerlich, sich ausgerechnet über englische Wörter aufzuregen. Zudem fallen mir zu vielen Anglizismen auch keine deutschen Wörter ein, die dieselbe Bedeutung haben, sodass ich in manchen Fällen auch gar nicht auf Deutsch ausweichen kann.

Was haltet ihr von Anglizismen? Geht euch ihr übermäßiger Gebrauch in den Medien auf die Nerven oder habt ihr euch daran gewöhnt? Versucht ihr beim Reden Anglizismen wegzulassen?

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Mich nerven Anglizismen durchaus, auch wenn ich in einem Beruf arbeite, in welchem englische Begriffe an der Tagesordnung stehen und ich sie ständig verwende. Trotzdem muss man nicht ständig Anglizismen verwenden. Besonders die Medien verwenden nahezu krampfhaft Anglizismen, damit sie die Jugendlichen eher vor den Fernseher ziehen. Aber andererseits wirkt ab einem gewissen Punkt dieser Anglizismus-Wahn nicht mehr seriös.

Es mag sein, dass es nicht mehr für alle Begriffe ein deutsches Wort gibt, aber dann sollte man zumindest die Worte verwenden, für die es ganz klar deutsche, französische oder andere Begriffe gibt, je nachdem welche Sprache zu Hause gesprochen wird. Es gibt Berufe, wo Anglizismen nicht vermeidbar sind, aber es gibt ebenfalls ausreichend Möglichkeiten zumindest in der Freizeit nicht auf Anglizismen zurückgreifen zu müssen.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12546 » Talkpoints: 0,94 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Mich nervt das schon auch tierisch. Allein beim Stellenmarkt stehen Jobs wie "Key Account Manager". Muss das sein? Gibt es dafür keine deutsche Beschreibung (mehr)? In größeren Kaufhäusern steht nicht "Sonderangebot", sondern "Sale". Es gibt auch keine Mitteilungen mehr, sondern nur noch "messages". Ich kann deinen Vater gut verstehen. Ich meine, die Amis drehen das ja auch nicht um und verwenden unsere Ausdrücke statt ihrer eigenen. Ganz abgesehen davon verkommt die deutsche Sprache sowieso immer mehr. Die wenigsten geben sich Mühe in Bezug auf Rechtschreibung etc. Ist ja auch kein Wunder, nachdem die Regeln mehrmals umgeworfen wurden und sie keiner mehr kapiert. Vor allem das Deppenleerzeichen, das meiner Meinung auch in den Anglizismen begründet ist, geht mir dermaßen auf die Nerven. Das Newsgroup-Mitglied schreibt sich nun mal mit Bindestrich, im Gegensatz zum newsgroup member (nur als zufälliges Beispiel). Sogar bei Produktbezeichnungen im Supermarkt greift der Wahnsinn um sich: Bohnen Suppe. Was jetzt? Bohnen oder Suppe? Ah - Bohnensuppe.

Dass sich die englischen Fachwörter im Computerbereich nicht ganz vermeiden lassen, ist schon klar. Aber meine Hard Disk ist halt trotzdem eine Festplatte, oder?

» metallerin » Beiträge: 13 » Talkpoints: 5,39 »



Bevor ich auf deine Fragen eingehe, würde mich interessieren für welche Anglizismen du kein äquivalentes deutsches Wort kennst?

Mir persönlich ist die häufige Gebrauch in letzter Zeit auch stark aufgefallen. Für ältere Menschen ist es sicherlich teilweise ein starkes Hindernis, wenn sich englische oder allgemein ausländische Wörter in die Sprache mischen, weil es für sie einfach schwieriger wird die Menschen zu verstehen. Ein gutes Beispiel ist doch dafür die neue Marotte statt "Reduziert" oder "Schlussverkauf" einfach "Sale" auf die Scheiben zu schreiben. Wieso ist denn da der Anglizismus nötig? Meiner Meinung nach ist er an dieser Stelle absolut unnötig. Über solche Anglizismen könnte ich mich dann auch aufregen, wenn ich dafür genug Energie hätte.

Wenn es aber wirklich keine andere Möglichkeit als einen Anglizismus gibt, dann erachte ich ihn nicht als schlimm, weil es sich in den meisten Fällen dann wohl um Fachwörter handeln dürfte.

Doch neben alldem muss auch bedacht werden, dass durch das Einmischen von Anglizismen auch das Einmischen von anderen Sprachen begünstigt wird. Und gemäß dem Fall, dies würde geschehen, dann wird es ziemlich schnell ziemlich schwierig überhaupt noch etwas zu verstehen.

» musicality » Beiträge: 809 » Talkpoints: 1,77 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich kenne es auch besonders von der älteren Generation meiner Eltern, dass diese sich ein wenig über die neuen Anglizismen "aufregen", wobei aufregen hier sicherlich das falsche Wort ist. Ich würde eher sagen, dass diese sich darüber lustig machen, wie wir jungen Leute für alles neue Wörter brauchen und erfinden, obwohl es für viele Dinge meist schon seit langer Zeit "uncoole" deutsche Wörter gibt. Auf der anderen Seite aber sind Anglizismen aus der heutigen Sprache, und damit meine ich jede Sprache, die nicht die englische ist, eben nicht mehr wegzudenken.

Aber obwohl diese Wörter eine solch enorme Wichtigkeit haben, rege auch ich mich manchmal ein bisschen darüber auf, weil die Anglizismen meiner Meinung nach viel zu oft missbraucht werden. Es gibt kaum noch ein Geschäft, dass man betreten kann ohne an irgendeiner Werbetafel ein solches Wort zu lesen, selbst unsere italienische Eisdiele in der Stadt wirbt inzwischen mit Anglizismen - Hier frage ich mich dann immer, ob dies wirklich sein muss und ob man nicht vielleicht ein bisschen mit den ganzen Anglizismen übertreibt? Muss man so dick auftischen? Macht man sich damit nicht selbst schon ein bisschen unglaubwürdig?

Auch finde ich diese neuen Anglizismen in gewisser Weise "diskriminierend" gegenüber alten Menschen. Ob man hier wirklich von Diskriminierung sprechen kann, weiß ich nicht, aber wenn ich an meine Großmutter denke, so hat diese mir schon oft erzählt, dass sie viele Sendungen im Fernsehen schon gar nicht mehr guckt und bei Werbung immer sofort umschaltet, da sie das meiste, was dort angepriesen wird eh nicht versteht. Auf der anderen Seite haben junge Leute ja eher nicht die Probleme damit, sich hier anzupassen und dies finde ich wiederum sehr vorteilhaft. Durch Anglizismen verknüpfen sich viele Sprachen auf der ganzen Welt miteinander und auch die internationale Kommunikation wird so über die Zeit hinweg sicherlich vereinfacht - Wer weiß, wie dies in ferner Zukunft aussieht? Vielleicht gibt es bis dahin so viele Anglizismen in allen Sprachen, dass es nur noch "Die" eine Sprache gibt?

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» damomo » Beiträge: 3334 » Talkpoints: -0,80 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


musicality hat geschrieben:Bevor ich auf deine Fragen eingehe, würde mich interessieren für welche Anglizismen du kein äquivalentes deutsches Wort kennst?

Spontan fällt mir das Wort "Pullover" ein. Wikipedia zufolge bedeutet es auf Deutsch "Überzieher", aber ich habe noch niemals jemanden das Wort "Überzieher" sagen hören.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von ten points am 16.04.2012, 19:15, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Mir gehen die Anglizismen schon auf die Nerven, auch wenn ich mich natürlich zwangsläufig mittlerweile schon daran gewöhnt habe, dass in der Werbung und auch in Stellenanzeigen oder unserer täglichen Sprache sehr viele englische Wörter vorkommen. Ich habe auch kein Problem damit, diese Wörter zu verstehen, aber ich denke einfach, dass es in den meisten Fällen nicht nötig ist, englische Wörter zu verwenden, weil es auch deutsche Wörter gibt, mit denen man etwas bezeichnen oder beschreiben kann.

In meiner alltäglichen Sprache versuche ich schon, auf englische Wörter zu verzichten, auch wenn mir hin und wieder ein "Sorry" statt des Wortes Entschuldigung heraus rutscht, weil es einfach kürzer ist. Aber mich nervt es schon etwas, wenn wieder Schlussverkauf ist und überall die Schilder "Sale" stehen, von denen einige ältere Menschen gar nicht wissen, was sie eigentlich bedeuten.

» Barbara Ann » Beiträge: 28933 » Talkpoints: 56,80 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Bei vielen Leuten, vor allem den älteren oder denjenigen die aus den neuen Bundesländern kommen und schwerpunktlastig Russisch als Fremdsprache gelernt haben höre ich oft Gemecker über die Anglizismen. Warum muss man Leute zwingen, im Land in denen sie die offizielle Amtssprache als Muttersprachler sprechen im Wörterbuch nachzuschlagen, um das tägliche Leben zu verstehen? Irgendwie kann ich die Leute verstehen, die sich da ausgeschlossen fühlen.

Ich kann sehr gut Englisch, aber auch mich regt das manchmal auf, wenn diese anglistischen Neologismen (Neuwörter) mal wieder Überhand nehmen. Offiziell wird das wohl gemacht, weil die Konzerne modern und innovativ wirken wollen. Manchmal frage ich mich aber schon, ob zumindest die großen Konzerne nicht einfach dadurch tierisch Geld sparen, indem sie für eine globale Werbekampagne ein Werbeinstitut beauftragen und die Kampagne nur noch leicht ändern. Bei allem, was man locker auch mit der landesüblichen Sprache ausdrücken kann, finde ich die neuen Anglizismen schlicht armselig. Warum muss man so einen Quatsch erfinden, wie in diesem Fleckmitteln in der pinken Packung zum Beispiel eine "Oxi Action"? Wenn man es wörtlich übersetzen will ist es gar nicht möglich. Oxi als Kurzwort für Oxygen, also Sauerstoff und Action für Handlung. Eine Sauerstoffhandlung. Aha. Aber da verkauft doch gar keiner Sauerstoff, was die Doppelbedeutung von Handlung im Deutschen nahe legen würde. Warum sagt man nicht einfach Sauerstoffbleiche? Dann wären die Verhältnisse klar gestellt. Statt das so klar auszudrücken, macht der Produktanbieter lieber eine Werbung wo die nette Hausfrau von neben an sich dumm stellt und den potentiellen Käufern wie kleinen Grundschülern erklärt, was die Packungsaufschrift, die man zuvor künstlich chiffriert hat eigentlich bedeutet. Ich fühle mich von dem Produkt nicht ernst genommen und boykottiere das deshalb.

Nervig finde ich auch Zeitgenossen, die jegliche Kinder mit die Kids bezeichnen. Immer, wenn man versucht so etwas so blasiert auszudrücken, finde ich das albern. In der Uni ist es ja durchaus angebracht, mit Fachwörtern um sich zu werfen, das gehört dazu. Aber wenn ein Akademiker im Privatleben ständig mit lateinischen Floskeln und Fremdwörter spricht, obwohl er ganz alltägliches sagt, dann sagen auch die meisten, dass der total schrullig ist. Ebenso sehe ich das, wenn Leute in der Alltagssprache ständig solche Worte benutzen, die ganz einfach mit total bedeutungsgleichen traditionellen Begriffen auszudrücken wären. Warum muss man zum Pfannkuchen Pancake sagen? Warum muss man eine Menge Fun haben, wenn Spaß auch ganz schön sein kann? Warum müssen wie oben schon erwähnt die Stellenangebote so formuliert sein, dass man nicht mehr ohne googeln versteht, welche Stelle das nun wirklich ist? Warum muss man sich von den Kinder plötzlich als Mum oder Dad anreden lassen, obwohl man genauso gut auch Mama oder Papa sagen könnte? So etwas nervt mich.

Vom Pullover oder T-Shirt rede ich ja gar nicht. Dafür gibt es wirklich keine traditionellen Begriffe. Es ist schon wieder sehr komisch, wenn jemand statt T-Shirt versucht das ganze T-Hemd zu nennen. Da ist dann auch automatisch klar, wessen Geistes Kind der vermutlich ist. Ich sage auch googeln, obwohl das englischen Ursprungs ist. So extrem sehe ich das auch nicht. Auch zum Handy würde ich auch nicht Mobiltelefon sagen, auch wenn Handy eigentlich auch ein totales Unwort ist, da bekanntlich die Englische Sprache das gar nicht als Wort für das Mobiltelefon kennt. Aber da ist es sinnvoll dieses Wort zu nutzen. Mich nerven eben nur diese krampfhaften Versuche an allen möglichen Orten mit der total verkackten Sprache der Großkonzerne mit zu halten, denn es könnte ja modern sein und man selbst dadurch altbacken wirken, wenn man nicht jeden Mist mit macht.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ich denke man muss ganz klar unterscheiden zwischen Wörtern, bei denen es kein passendes deutsches Wort gibt oder bei denen es zumindest ziemlich merkwürdig klingen würde, wenn man ein deutsches Wort verwendet. Der von dir angesprochene Pullover ist da sicher ein Beispiel, der Computer und diverse andere technische Begriffe fallen mir auch ein.

Was mir aber immer die Haare zu Berge stehen lässt sind englische Verben, denen eine deutsche Grammatik eingeprügelt wurde. Wenn ich so etwas wie "gedownloadet" lese tut es mir wirklich um die Sprache Leid und zwar um die englische und die deutsche. Das verträgt sich mit meinem ästhetischen Empfinden einfach überhaupt nicht und darüber kann ich mich auch schon mal aufregen. Werbebotschaften der Marke "for you vor Ort" finde ich auch einfach nur dumm und keinesfalls cool oder modern und wenn ich die englischen Produktbezeichnungen von Kosmetikprodukten lese kann ich oft einfach nur lachen. Ich meine, kann man eine "super volume extensive lashes power boost lifting mascara" wirklich ernst nehmen?

Ich versuche englische Begriffe schon zu vermeiden, wenn ich Deutsch spreche, denn ansonsten könnte ich ja auch Englisch sprechen. Es kommt natürlich schon vor, dass mir ein deutscher Begriff nicht einfällt. Das ist bei Film,- oder Buchtiteln öfters der Fall, weil ich einfach nicht weiß, wie die übersetzt wurden und es gibt natürlich Sachen, die man auf Deutsch nicht wirklich korrekt ausdrücken kann. "This is random" sage ich zum Beispiel öfters im Englischen, im Deutschen muss man diesen Ausdruck erst lang und breit erklären und er gehört deshalb natürlich nicht zu meinem aktiven Wortschatz. Aber so etwas wie "ich gehe zum shopping in die Stadt, da ist sale" wird man mich sicher nie sagen hören.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Mich stören diese Anglizismen auch nicht. Ich denke mir einfach. Wo liegt das Problem wenn ein Begriff aus einer anderen Sprache für eine Sache besser passt und ich diese Begriff dann auch benutze. Viele heutige Begriffe wie Beispielsweise Büro oder auch das Wort Frau stammen aus dem französischen. Keiner regt sich heute mehr darüber auch, dass das Wort Weib durch Frau ersetzt wurde.

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» Badabing » Beiträge: 143 » Talkpoints: 1,01 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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