Beängstigt - Wie gehe ich mit der Demenz meiner Oma um?

vom 29.12.2011, 12:03 Uhr

Weihnachten ist ja nun vorbei und ihr werdet ja noch wissen, dass wir am 2ten Weihnachtstag zu meiner Oma gefahren sind, weil es voraussichtlich ihr letztes Weihnachten gewesen war.

Nun, was soll ich sagen? Sie hat sich so sehr verändert seit November, als ich sie das letzte mal besucht hatte. Sie wird langsam dement. Es hat mir sehr stark zu schaffen gemacht, dass sie fast anfing vor Wut zu weinen, als sie in ihrer Handtasche ihren Schlüssel nicht fand, ihre Geldbörse auch nicht finden konnte und auch ihre Schlafanzughose verzweifelt suchte obwohl sie diese an hatte. Auch war meine Oma immer herzensgut und ich kann mich nicht daran erinnern, dass sie jemals mit mir geschimpft hat, egal was ich als Kind für Mist angestellt habe. In den Tagen, als wir jetzt bei ihr waren, hat sie allerdings mit meiner Großen geschimpft und das hat mich doch sehr erschrocken, weil es einfach nicht zu ihr passt. Auch dass sie nicht wusste, wo sie ihre Brille hinlegen soll, obwohl diese immer an einem bestimmten Platz liegt. Es war für mich einfach beängstigend, meine Oma so zu sehen, sie ist einfach jetzt schon nicht mehr sie selber. Ich habe auch Angst, dass sie mich gar nicht mehr erkennt, wenn ich sie Anfang Januar wieder besuchen fahren werde.

Wie würdet / geht ihr mit dementen Leuten um? Habt ihr auch demente Familienangehörige? Was soll ich tun, wenn sie mich beim nächsten Besuch wirklich nicht mehr erkennt? Wie schnell schreitet so eine Demenz voran? Ich fühle mich mit der Situation zur Zeit einfach maßlos überfordert wenn ich das so sagen darf.

Sie hat sich selber ja auch die Pflegestufe verbaut, als der Gutachter bei ihr war, denn sie sollte ja regulär in ein Pflegeheim kommen. Doch sie sagte zu dem Gutachter, dass sie ja alles alleine könne und alles gehen würde usw. Also hat sie die Pflegestufe nicht bekommen. Jetzt hat sie aber mittlerweile vergessen, dass der Gutachter bei ihr war und sie weiß nun nicht, warum sie jetzt doch nicht mehr in ein Pflegeheim kommt und sie wundert sich einfach nur.

» MissFly » Beiträge: 362 » Talkpoints: 6,41 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Demente Angehörige sind echt hart und es bedarf an viel Zeit, damit umzugehen. Mein Opa ist jetzt seit gut 9-10 Jahren an Alzheimer erkrankt und hat jegliche kognitive Hirnfunktionen verloren. Vom Gedächtnis etc. ist ebenfalls nichts geblieben, selbst die instinktiven Bedürfnisse (wie zur Toilette gehen, Essen, Trinken, etc.) gelingen ihm nicht mehr, ganz zu schweigen vom Sprechen. Er ist praktisch schon im sehr sehr fortgeschrittenen Stadium, wo man davon ausgehen kann, er stark pflegebedürftig ist. Gott sei Dank kümmert sich aber meine Oma liebevoll um ihn, an Zuneigung mangelt es ihm also nicht.

Wie schnell so eine Dement fortschreitet, hängt letzlich von der Erkrankung selbst ab. Alzheimer beispielsweise ist nicht die einzige neurodegenerative Erkrankung, die eine Demenz verursacht. Je nach Ätiologie kann es Monate bis Jahre dauern, bis das nächste Krankheitsstadium erreicht ist. Bei meiner Opa war das so, dass man ihm die Degeneration ansehen und das Fortschreiten der Erkrankung sehr gut verfolgen konnte. Das Bedauerliche an der ganzen Geschichte ist dann, dass man sieht, dass es ihm zunehmend schlechter geht, aber man gar nichts tun kann. Es dauerte aber 5-6 Jahre, bis er seine sprachlichen Fähigkeiten und Erinnerungen verlor, von Jahr zu Jahr wurde es dann insofern schlimmer, dass er an Gewicht verlor, er zunehmend schläfriger wirkte, ein starker Tremor an den Händen einsetzte und die Angehörigen nicht mehr erkannte.

Wie man mit dementen Patienten umgehen soll, ist auch etwas pflegebedingt. Ich gehe mal davon aus, dass sich die Pfleger in den Pflegeheimen bestimmt nicht so mühevoll um Person X kümmern werden wie beispielsweise die Tochter, der Ehemann/die Ehefrau oder ein sonstiger Angehöriger der Person. Es hängt weiterhin auch davon ab, wie "fit" die Person dann auch noch ist: Manche wollen nämlich nicht einsehen, dass sie zunehmend dement werden und lehnen jegliche Hilfe ab, obwohl es doch wirklich gut gemeint ist. Bei meinem Opa war das anfangs auch so, bis er dann irgendwann so sehr pflege- und hilfsbedürftig wurde, dass er sich nicht mehr dagegen wehren konnte.

Ich denke, dass man bei den etwas fitteren Menschen nicht zu sehr aufdrängen sollte, das Gefühl dem Menschen auf jedern Fall helfen zu müssen, ist meines Erachtens das Falsche. Man sollte mit dem Gedanken losgehen, dass man helfen soll, wenn man gebraucht wird, denn solange die Person irgendwelche Sachen alleine bewerkstelligen kann, zeigt das, dass sie sich irgendwo auch selbst gegen die Erkrankung wehrt (und, dass einige Hirnfunktionen noch intakt sind). Das Gute (oder auch Schlechte, wie man es nimmt) an der Sache für einen persönlich ist, dass man sich mit der Zeit einfach an die Situation gewöhnt, so hart das auch nun klingen mag. Ein gewisser Selbstschutz ist immer angebracht und in solchen Fällen auch erforderlich, wenn man selbst psychisch nicht zugrunde gehen will.

Benutzeravatar

» getku » Beiträge: 883 » Talkpoints: 11,06 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Da Du leider zu weit weg von Deiner Oma wohnst, wir es problematisch. Umgehen kannst Du mit der Krankheit aber dennoch. So könntest Du beispielsweise Dich bei Deiner Krankenkasse informieren, ob es einen Kurs gibt, wie man sich gegenüber dementen Personen verhalten soll. Für Angehörige gibt es solche Kurse, aber auch das Aufsuchen einer Selbsthilfegruppe, für an Demenz erkrankte Angehörige, könntest Du aufsuchen. So allein Dir in einem Forum etwas zu raten, ist halt schon schlecht.

Besteht durch die Demenz nun die Möglichkeit, dass Deine Großmutter vielleicht doch in Deine Wohngegend ziehen kann? Wie stellt sich derzeit die Betreuungssituation dar? Gegen das gestellte Gutachten solltet Ihr Widerspruch einlegen oder ein neues Gutachten verlangen. Es kann ja wohl nicht sein, dass eine Person, die bereits an Demenz erkrankt wird, gleich die Pflegestufe nicht erhält, die sie eigentlich benötigt.

Ich habe selbst jetzt direkt keine an Demenz erkrankte Person in meiner Familie. Die einzige noch lebende Person ist eine ältere Dame, aber diese wird bereits seit wenigen Jahren in einem Pflegeheim betreut.

Du kannst aus der Ferne leider nicht so viel tun, es soll zwar wohl helfen, wenn die demenzerkrankten Menschen möglichst viel für ihr Gehirn tun. Ob das nun ein simples Rätsel ist, ein Sudoku, viel lesen und so weiter, das kann, muss aber nicht helfen. Dazu kommt, dass Gesellschaft auch förderlich sein kann, und natürlich eine möglichst liebevolle Betreuung, daher auch weiter oben die Frage, wie derzeit die Betreuung an sich aussieht.

Benutzeravatar

» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^