Nachhilfe wechseln?

vom 20.11.2011, 22:19 Uhr

Mein Sohn geht seit September in die 3. Klasse und hat "wahrscheinlich" Dyskalkulie. Laut eines ersten Tests des Studienkreises hat er Dyskalkulie. Nun wurde er von einer Schulpsychologin getestet und dieses Ergebnis erhalte ich am Dienstag morgen bei einem Gespräch mit ihr und dem Klassenlehrer. Seit 4 Wochen geht mein Sohn zu einer neuen Nachhilfe. Einer privaten Frau (ca. 45 Jahre alt), die eine Anti-Stress-Beratung betreibt und auch Nachhilfe gibt "laut Homepage". Zuvor ging er in den Studienkreis, Einzelunterricht in Mathematik, die ihm wirklich sehr half. Jedoch mussten wir dies dort beenden, da die Nachhilfe Dame umgezogen ist.

Die Leiterin dieses Studienkreises hat momentan leider niemand, der meinem Sohn Einzelunterricht geben kann, sodass ich diese o.g. Dame gefunden habe im selben Ort. Seit den letzten beiden Malen fängt mein Sohn an zu blockieren. Er hebt sich die Hände vor´s Gesicht oder fängt auf einmal das schweigen an und redet nicht mehr mit ihr. Von der Zeit hat sich nichts geändert. Sie hat ihm im Unterricht schon gedroht, mich anzurufen. Durch diese Drohung machte er dann weiter und beendete das Schweigen, das bei beiden Malen jeweils 10 Minuten ging.

Sie hat mich beim letzten Mal um ein Gespräch gebeten und meinte, wenn das so weiter geht, bricht sie den Unterricht ab und wir müssten es beenden. Mir kommt es so vor, als ob mein Sohn Probleme mit ihr hätte, denn normal macht er so was absolut nicht. Er ist zwar sehr schüchtern die ersten 4-8 Wochen, jedoch blockiert er nicht mit den Händen. Er spricht anfangs sehr wenig, bis er sich sicher ist, jedoch arbeitet mit und hört sehr gut zu. Das stört sie vielleicht, denn ab und an weiß er zu Fragen keine Antwort und sagt dann nichts.

Ich habe nun gestern beim Studienkreis angerufen, jedoch hat dieser Studienkreis nun eine neue Leiterin und diese muss sich erst einarbeiten und würde sich bei mir melden die kommende Woche. Wie würdet ihr dies handhaben? Wie beurteilt ihr die Blockade, die mein Sohn angeblich haben soll? Was sagt ihr zu dem Abbruch den sie vorschlug? Würdet ihr es beenden? Wenn ja, mit welcher Begründung?

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» SybeX » Beiträge: 3896 » Talkpoints: 11,19 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



"Dyskalkulie"! Was es nicht alles gibt? Davon hatte ich zuvor noch nie gehört. Bei solchen Diagnosen wäre ich vorsichtig. Besonders "hip" ist ja ADHS. Nun gibt es beispielsweise eine Studie, die festgestellt hat, dass besonders viel Schüler als ADHS-Fälle eingestuft wurden, die bei der Einschulung 6 nicht 7 Jahre alt gewesen waren. Das legt natürlich die Frage nahe, ob es nicht völlig normal ist, dass ein 6-jähriger noch etwas "hippeliger" ist als ein 7-jähriger.

Das sehe ich bei "Dyskalkulie" ähnlich. Sicher gibt es Kinder, die im Bereich Mathematik begabter sind als andere. Aber muss deshalb bei den weniger Begabten gleich ein Krankheitssymptom vorliegen? Wenn das Kind blockiert würde ich ganz einfach wechseln. Was die Ursache ist, interessiert doch im Grunde überhaupt nicht. Es funktioniert nicht, also muss man was anderes versuchen. Woran das Scheitern liegt, ist doch völlig irrelevant. Das ist doch eine ganz simple Logik.

» ronald65 » Beiträge: 712 » Talkpoints: 3,45 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Rechenschwache Kinder sind häufig sehr sensibel und sollten deshalb auch dementsprechend feinfühlig und mit viel Fingerspitzengefühl unterrichtet werden. Möglicherweise ist die Dame von der Nachhilfe zu streng und fordert zu viel. Das könnte auch erklären, warum Ihr Sohn angefangen hat zu blockieren. Vielleicht will sich Ihr Sohn auf diese Weise schützen, weil er Angst hat Fehler zu machen und den Anforderungen im Unterricht nicht gewachsen zu sein. Da ich die Dame von der Nachhilfe aber nicht kenne, kann ich hier nur Vermutungen äußern. Ich möchte keine Vorurteile fällen.

Fragen Sie Ihren Sohn ob er mit der aktuellen Nachhilfelehrerin zurechtkommt und ob er Sie mag. Es ist sehr wichtig, dass die Chemie zwischen Nachhilfelehrer und Schüler stimmt, ansonsten hat Nachhilfe wenig Nutzen oder kann sogar Schaden. Wenn Sie merken, dass Ihr Sohn nicht mit der aktuellen Lehrkraft zurechtkommt, dann rate ich Ihnen diesen Unterricht zu beenden und eine Alternative zu suchen.

Wenn es sich endgültig bestätigen sollte, dass Ihr Sohn eine Dyskalkulie hat, dann sollte er unbedingt von einer Lehrkraft unterrichtet werden, die Erfahrung auf diesem Gebiet hat. Ein gewöhnlicher Nachhilfelehrer kann Kindern mit einer Dyskalkulie nicht effektiv helfen, da das Problem nicht an der Wurzel gepackt wird und die typischen Denkfehler der rechenschwachen Kinder nicht aufgedeckt werden. Am Ende ist der Schüler und der Nachhilfelehrer frustriert, weil es keine wirklichen Fortschritte gibt. Ich empfehle Ihnen, dass Sie sich gründlich über das Thema Dyskalkulie (Rechenschwäche) informieren, zum Beispiel indem Sie sich ein gutes Buch darüber kaufen oder leihen (achten Sie darauf, dass das Buch für Eltern geeignet ist). Dann können Sie Ihren Sohn besser verstehen und ihm auch besser bei den Hausaufgaben helfen.

Allerdings sollte man bei der Diagnose "Dyskalkulie" vorsichtig sein. Ein Spezialunterricht für Kinder mit Rechenschwäche ist teurer als normale Nachhilfe, es kann leider nicht ausgeschlossen werden, dass manche Institute Kinder etwas strenger bewerten und dann ein solches Testergebnis herausbekommen. Auch mit der Auswahl des Testverfahrens kann man das Ergebnis beeinflussen. Die Tests sind zwar standardisiert, wurden aber von unterschiedlichen Personen entwickelt und liefern damit teilweise auch abweichende Diagnosen. Bei einer leichten Rechenschwäche ist nicht in jedem Fall gleich ein Spezialunterricht (Therapie) notwendig. Lassen Sie sich das Testergebnis deshalb genau erklären. Fragen Sie nach, ob Ihr Sohn eine eindeutige Dyskalkulie hat oder ob es sich um einen grenzwertigen Fall handelt. Holen Sie sich dann, wenn möglich, eine zweite Meinung ein. Wenn Ihr Sohn aber tatsächlich eine eindeutige Dyskalkulie hat, dann sollte Geld nicht die entscheidende Rolle spielen, da es in diesem Fall wichtig ist, dass Ihr Sohn Hilfe von einer fachkundigen Lehrkraft oder einem Lerntherapeuten bekommt.

» kengi » Beiträge: 886 » Talkpoints: 17,93 » Auszeichnung für 500 Beiträge



ronald65 hat geschrieben:Sicher gibt es Kinder, die im Bereich Mathematik begabter sind als andere. Aber muss deshalb bei den weniger Begabten gleich ein Krankheitssymptom vorliegen?


Dyskalkulie ist kein Krankheitssymptom (auch wenn sich der Fachbegriff so anhört). Eine Dyskalkulie liegt vor, wenn das Kind beim grundlegenden Zahlverständnis und bei den Grundrechenarten große Schwierigkeiten hat. Die Grenzen zwischen einem normal begabten Kind und einem Kind mit Dyskalkie sind dabei fließend. Dyskalkie wird über den Leistungsstand in Mathematik bzw. die Beurteilung des mathematischen Verständnisses diagnostiziert, nicht durch eine medizinische Untersuchung. Kinder mit einer Dyskalkulie sind normalerweise körperlich völlig gesund und haben eine normale oder sogar überdurchschnittliche Intelligenz.

Sicher kann es Fälle geben, in welchen bei einem Kind fälschlicherweise Dyskalkulie diagnostiziert wird. Ich vermute aber, dass es häufiger gerade umgekehrt ist und eine bestehende Dyskalkulie nicht erkannt wird. Kinder müssen sich dann häufig ungerechtfertigte Vorwürfe anhören wie "du lernst zu wenig" oder "du strengst dich nicht an". Da die Lehrer häufig nicht das entsprechende Fachwissen haben (und außerdem wenig Zeit haben), können sie einem Kind mit Dyskalkulie nicht effektiv helfen. Der Leidensdruck des Kindes wächst mit der Zeit und am Ende ist das Kind völlig frustriert und hat viel Selbstbewußtsein verloren. Deshalb sollte man Dyskalkulie nicht als "Modeerscheinung" abtun, sondern dem Kind zu Liebe wirklich ernst nehmen. Im Zweifelsfall kann man sich die Meinung von zwei unabhängigen Fachleuten einholen, um eine Fehldiagnose auszuschließen. Falls notwendig, braucht das Kind eine kompetente Unterstützung. Dabei sollte es nicht nur ausschließlich um die mathematische Förderung gehen, sondern auch um die seelische Verfassung des Kindes, da die Kinder meistens sehr unter ihrer Dyskalkulie leiden (Hänseleien in der Klasse, Minderwertigkeitsgefühle, von Erwachsenen nicht verstanden werden, usw.).

» kengi » Beiträge: 886 » Talkpoints: 17,93 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich weiß nun nicht genau, was mit dieser Krankheit gemeint ist. Generell würde ich aber dazu raten, dass dieser Unterricht abgebrochen wird, wenn sich dein Sohn dort nicht wohl fühlt. Mit seiner Lehrerin vorher ist er ja scheinbar gut klar gekommen und dann denke ich einfach, dass es dann eher an der Frau liegt und nicht unbedingt an deinem Sohn. Ich denke auch, dass man ihn nicht unbedingt zwingen sollte mit dieser Frau zu arbeiten, wenn er das einfach nicht möchte.

Du kannst ihn ja einfach mal fragen, warum er sich denn so verhält. Vielleicht wird er dir dann einen sinnvollen Grund sagen und dann kannst du ja beurteilen, ob er einfach nur schüchtern oder bockig ist oder ob es einen richtigen Grund hat. Und wenn es den gibt, dann sollte man sich von dieser Nachhilfelehrerin trennen. Die Begründung wäre für mich einfach, dass es zwischen ihr und deinem Sohn einfach nicht klappt und dann hat sich das erledigt.

» Wunschkonzert » Beiträge: 7184 » Talkpoints: 42,56 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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