Wave-Gotik-Treffen: Gefahr von Ausschreitungen

vom 21.04.2010, 15:57 Uhr

Das WGT oder "Wave-Gotik-Treffen" in Leipzig gilt als größtes Festival der "Schwarzen Szene" mit ihren unterschiedlichen Stilen. Es findet gewöhnlich um Pfingsten herum statt und lockt mittlerweile gut 18.000 Gäste über vier Tage in die Stadt, wo es verschiedenste Darbietungen zu sehen gibt, wie beispielsweise Lesungen oder Filmvorführungen. Den Hauptteil machen aber immernoch gut 100 verschiedene Konzerte aus.

Ich weiß von dem Festival nun schon über 10 Jahre und wollte dort eigentlich schon immer mal hin. Als Teenie klappte das Mangels finanzieller Mittel und Unterstützung der Eltern nie, und seit einigen Jährchen nehme ich es mir immer mal wieder vor, aber dann reichen Zeit und Geld doch nicht aus. Nur, dieses Jahr ergibt sich der bizarre Zufall, dass ich wohl genau zu der Zeit des Wave-Gotik-Treffens auf Bekanntenbesuch in Leipzig sein werde. Viel Zeit für das Festival werde ich dann nicht haben, so wird sich auch eine Eintrittskarte nicht lohnen, aber ein wenig so schauen kann man ja auch mal. Bevor ich dann irgendwann tatsächlich einmal wegen des Festivals dort hin fahren kann. ;)

Nur eines macht mir ein wenig Sorge: Seit 2007 soll es ja zum Teil schlimme Ausschreitungen im Rahmen des Festivals gegeben haben. Dass einige Besucher aufgrund ihrer extravaganten Kleidung schon früher von, wie es oft heißt, vermutlich rechts eingestellten Personen belästigt worden sind, das weiß ich. Nur, was seit 2007 vorkommen soll, geht über vereinzelte Beschimpfungen hinaus. Und das macht mir Sorgen.

Und zwar ist es wohl so, dass irgendeine Antifa-Gruppe auf den merkwürdigen Gedanken gekommen ist, dass Gothics rechtsextrem seien. In Antifa-Publikationen wird das WGT sogar gerne als "weltweit größtes Nazi-Treffen" beschimpft. Als Begründung werden uniformähnliche Bekleidungen einiger Besucher oder auch die Verwendung von Runen bei den Besuchern der Mittelalter- und Wikinger-Veranstaltungen genannt. Letzteres ist natürlich völlig blödsinnig, da Runen selbst natürlich nicht zwangsläufig etwas mit einer rechten Einstellung zutun haben, und schon einmal gar nicht bei Wikinger-Fans.

Es stimmt natürlich, dass es auch unter den WGT-Besuchern durchaus Rechte geben kann. Das ist bei einer Menschenmenge von etlichen tausend Leuten einfach nicht auszuschließen, bei Fußball-Fans nicht, bei Kaninchen-Züchtern nicht, und auch nicht bei Gothics. Es werden immer vereinzelt zweifelhafte Personen in so einer großen Personengruppe sein. Und das ist für einen intelligenten Menschen doch wohl niemals ein Grund, diese gesamte Gruppe anzugreifen. Und schon gar nicht physisch.

Nur leider gab es da wohl seit 2007 einige Schlaumeier, die ganze Gruppen von WGT-Besuchern nur aufgrund ihrer ungewöhnlichen Bekleidung als Nazis beschimpft und auch körperlich angegriffen haben. Es wurde wohl auch mit Steinen auf eine Straßenbahn, in der viele Gothics saßen, geworfen. Mehrere Leute wurden verletzt, die auch Statements online abgegeben haben. Keiner von ihnen ist rechts eingestellt. Also, ich finde diese Sache enorm traurig, mal ganz abgesehen davon, dass ich von Menschen, die andere Menschen körperlich angreifen, ohnehin nichts halte. Egal, ob sie links oder rechts sind.

Nun hilft mir das aber auch nicht weiter, und auch nicht die Tatsache, selbst absolut nicht rechts zu sein. Denn das scheint die absurderweise linken Steinewerfer und Pöbler nicht zu kümmern. Die meisten Gothics sind schließlich links oder tendieren zumindest leicht nach links, selbst, wenn kein politisches Interesse vorherrschen sollte. Jedenfalls habe ich persönlich noch keinen Goth erlebt, der rechte Parolen geschrieen oder auch nur rechte Äußerungen vor mir gemacht hätte.

Ja, kann ich überhaupt noch an Pfingsten durch Leipzig laufen, in einer Bekleidung, die für die Schwarze Szene recht typisch ist, ohne angefeindet zu werden? 2007 soll es, wie gesagt, sehr schlimm gewesen sein, 2008 ebenfalls. Zu 2009 habe ich nicht besonders viele Informationen. Aber, wie sieht es dieses Jahr aus?

Kann ich dieses Jahr in mittelalterlich angehauchter Kleidung am Rande des WGT herumlaufen, ohne gleich als Nazi beschimpft zu werden? Kann mein Lebensgefährte mit Bekleidung dort herumlaufen, die von Menschen mit viel zu viel Fantasie als uniformähnlich betrachtet werden könnte? Oder bekommt man da jetzt schon rein vorsorglich einen Pflasterstein an den Kopf?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Du schreibst ja selbst, dass es im Verhältnis zur Teilnehmerzahl herzlich wenig Zusammenstöße oder Auseinadersetzungen gibt. Daher würde ich schon die Gefahr als gering einschätzen, dass ausgerechnet Dir dann was passiert. Wobei man natürlich dazu sagen muss, dass die Gefahr nicht auszuschließen ist und, sofern Du eben mit klar nach außen sich bekennenden Rechtsradikalen auftrittst, diese Gefahr natürlich wächst!

Es ist leider etwas verkürzt, wenn Du den Zusammenhang bzw. den Einfluss der Rechten Szene in den Gothic Bereich so klein redest. Ebenso wäre es falsch, im Death/Heavy/Trash Metal Bereich nicht richtig, hier den Einfluss zu ignorieren. Dabei geht es lange nicht mehr nur um die Symbolik. Vielmehr zieht es sich sogar in die Musik mit rein bzw. die behandelten Themen. Wie stehst Du denn zu Leuten, die z.B. Vonthronstahl gut finden? Und die sind nur ein Beispiel, wobei das auch ganz gut zum WGT passt.

Ich finde da schon, dass die Gothic Szene wenigstens leicht Empfänglich für rechte Thesen ist und das bedeutet nicht, dass ich einen schwarz gekleideten Gothic Anhänger mit einem Bonehead Schläger gleichsetzen würde. Jedenfalls nicht, was die unmittelbar von ihm ausgehende Gefahr angeht.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


derpunkt hat geschrieben:Du schreibst ja selbst, dass es im Verhältnis zur Teilnehmerzahl herzlich wenig Zusammenstöße oder Auseinadersetzungen gibt.

Wo habe ich das geschrieben? Zumindest von 2007 kann ich doch recht viel berichten, jedenfalls im Vergleich zu den Vorjahren. Da flogen Steine auf Straßenbahnen und Busse, es wurden vor einigen Veranstaltungsorten Besucher verprügelt, Frauen wurden von Männergruppen sexuell belästigt, das muss doch nicht sein!

Klar, auch, wenn es mehrere tausend Besucher sind, und es schon auf einigen Volksfesten mit 200 Leuten Prügeleien gibt, so macht es das nicht besser, wenn überhaupt jemand zu Schaden kommt. Man kann natürlich froh sein, dass es, allein im Verhältnis gesehen, nur ein paar Vorfälle waren. Dennoch ist es eine Angst einflößende Tendenz, wenn man bedenkt, dass die Gewalt von Jahr zu Jahr zunimmt.

derpunkt hat geschrieben:Daher würde ich schon die Gefahr als gering einschätzen, dass ausgerechnet Dir dann was passiert.

Nun ja, wie viele Leute passen in eine Straßenbahn? Wie viele Leute bekommen die Glasscherben ab, wenn da Steine hinein geworfen werden? Klar wird man auch Glück haben können, eben nicht ausgerechnet in einer der betroffenen Bahnen gesessen zu haben, aber das Risiko ist doch da.

derpunkt hat geschrieben:Wobei man natürlich dazu sagen muss, dass die Gefahr nicht auszuschließen ist und, sofern Du eben mit klar nach außen sich bekennenden Rechtsradikalen auftrittst, diese Gefahr natürlich wächst!

Das ist der allergrößte Witz. "Sich nach außen bekennenden Rechtsradikalen", ja, sehr schön. Ins Krankenhaus kamen bei den letztjährigen Vorfällen übrigens auch Frauen in einfachen schwarzen Samtkleidern und Männer mit Netzhemd und Schottenrock. Gilt so ein Äußeres schon als "deutlich rechtsradikal"? Abgesehen davon, dass man Menschen gewöhnlich sowieso nicht in den Kopf schauen kann, und dass Symbole wie Runen oder uniformartige Kleidung eine Vielzahl an Bedeutungen haben kann. Und wenn Steine auf Bahnen geworfen werden, dann kann sowieso nicht auf bestimmte Personen gezielt werden. Irgendwer bekommt den Stein und die Glassplitter dann eben ab. Egal, wie er sich kleidet.

derpunkt hat geschrieben:Es ist leider etwas verkürzt, wenn Du den Zusammenhang bzw. den Einfluss der Rechten Szene in den Gothic Bereich so klein redest.

Klar gibt es in der Szene Rechte. Das habe ich auch geschrieben. Aber prozentual gesehen sind es die wenigstens Besucher des WGT. Und selbst, wenn es noch mehr wären, das rechtfertigt doch nicht, wahllos schwarz Gekleideten "Nazi!" hinterher zu schreien und Steine zu werfen. Und das ist hier das Thema, nichts Anderes.

Ich möchte bloß wissen, ob ich zu Pfingsten in Leipzig herumlaufen kann, wie ich möchte (und das sind keine Nazi-Uniformen, sei unbesorgt), oder ob ich mich jetzt als "normal" verkleiden muss (für mich wäre das nämlich eine Verkleidung, mich extra durchschnittlich kleiden zu müssen, um nicht angegriffen zu werden), damit mir keiner einen Pflasterstein an den Hinterkopf wirft.

Sicherlich sind rechte Tendenzen in Subkulturen ein ernstes Thema, aber das gehört hier einfach nicht dazu. Du kannst gerne einen einzelnen Thread dazu eröffnen, aber hier geht es einfach nicht darum.

derpunkt hat geschrieben:Ich finde da schon, dass die Gothic Szene wenigstens leicht Empfänglich für rechte Thesen ist

Nun würde mich aber mal interessieren, in welcher Verbindung du zur Gothic-Szene stehst. Kennst du selbst einige Szene-Angehörige, oder entnimmst du solche Thesen diversen Publikationen szenefremder Menschen?

Und selbst wenn du Gothics kennen würdest, so ist die Szene so breit gefächert, dass man da niemals verallgemeinern kann. Ich meine, was für Ähnlichkeiten haben beispielsweise Gothic Rocker, EBMler, Neofolk-Hörer, Wikinger-Fans und Bat Caver? Es sind vollkommen unterschiedliche Untergruppierungen, mit sehr unterschiedlichen Weltanschauungen. Mal ganz abgesehen davon, dass jeder Mensch immernoch ein Individuum ist, das heißt, auch innerhalb dieser Gothic-Untergruppierungen empfindet jeder Mensch unterschiedlich und hat demnach auch unterschiedliche politische Ansichten.

Also, es würde mich schon interessieren, wenn du einige Beispiele für deine These nennen könntest. Und nenne jetzt bitte nicht Runen als "Nazi-typisch", das wäre lächerlich. Ebenso die Sache mit den Uniform-Fetischisten, die ziehen sich vielleicht gerne "streng" wirkende Klamotten an, aber über ihre politische Ausrichtung sagt das rein gar nichts aus. Wirklich ein Problem stellen hingegen NSBM-Bands und Korsorten dar, aber die machen einen wirklich geringen Teil der Schwarzen Szene aus, sodass man aufgrund der paar Leutchen niemals behaupten könnte, die Szene sei "empfänglich für rechte Gedanken".

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich bin auch gerade etwas irritiert. Denn ich bewege mich selbst in der Gothic-Szene und die politische Rechte ist da stark verpönt. Unter den Heavy Metal Fans mag es schon wieder anders aussehen, da begegnet man tatsächlich zuweilen - oder sagen wir mal öfter als anderswo - rechts angehauchten Menschen Auch wenn sich das hier ebenfalls nicht wirklich verallgemeinern lässt, der gefühlte Prozentsatz ist höher. Aber bei den Goths? Ist das nicht schon per Definitionem widersprüchlich? Das jedenfalls ist meine Erfahrung als latentes Mitglied dieser Szene und aus dem Umgang mit aktiven Mitgliedern.

Das mag jetzt auch wieder völlig subjektiv aus meinem persönlichen Erfahrungsbereich heraus kommen, aber die These, dass Anhänger der Gothic-Szene anfällig für rechte Tendenzen seien, kann ich so nicht unterschreiben, ich würde sogar eher das Gegenteil behaupten, weil hier Individualität groß geschrieben wird. Es herrscht ein gewisser Trend zur Uniformisierung durch Kleidung, aber jeder betont sehr vehement, dass er eine eigenständige Person ist. Erwachsene Gothis lehnen ja auch selten Nicht-Goths nur aufgrund der Tatsache, dass sie nicht zur Szene gehören ab. Das tun Teenager gern mal, aber das hat wohl mehr mit Pubertät als mit Gothic zu tun. Warum sollte es also zu Grundeinstellung gehören jemanden aufgrund seiner Nationalität oder Ethnie abzulehnen? Und inwiefern macht bei der allgemeinen Freiheitsliebe der Szene die Verehrung autoritärer Strukuren Sinn? Allgemein ist die Schwarze Szene schwer zu fassen, weil eben so viele Strömungen und Meinungen zusammen fließen, aber Ausländerfeindlichkeit und Faschismus gehören eher nicht zu den Aspekten, die viele ihrer Anhänger gemeinsam haben!

Aber mal zu eigentlichen Frage: Wie es 2009 war kann ich nicht beantworten, aber aus den Jahren davor habe ich auch von Ausschreitungen gehört. Das war einer der Gründe, warum ich(abgesehen von Mangel an Zeit und Geld) meinen Plan da mal hinzufahren nicht umgesetzt habe und wenn überhaupt eher das Mera Luna in Erwägung ziehen würde. Was da aktuell von Seiten der AntiFa geplant wird, kann ich leider auch nicht sagen. Mich würde übrigens mal interessieren, wie sich die Polizei dazu verhält? Es gibt doch auch bei Fussballspielen verfeindeter Clubs Strategien um Ausschreitungen zumindest einzudämmen. Was ist von dieser Seite geplant?

Meiner Sorge um die eigene Unversehrtheit steht jedoch die Befürchtung entgegen, dass man ein falsches Signal setzt, wenn man fern bleibt. Wäre ich jahrelanger Teilnehmer, würde ich vermutlich trotz allem hinfahren, um zu beweisen, dass ich mich nicht einschüchtern und mir den Spaß nicht verderben lasse. Oder womöglich hinfahren und auf meinen sonst üblichen Kleidungsstil verzichten, nur um irgendwelche AntiFa-Spinner nicht zu ärgern. Damit würde ich ja indirekt eingestehen, dass sie im Recht sind. Das wäre ja noch schöner. Aber, auf der anderen Seite steht eben die Befürchtung selbst etwas abzubekommen und darauf ist wohl niemand versessen. Deswegen finde ich es sehr schwierig die Frage zu beantworten, wie ich mich da verhalten würde, wenn ich den Besuch generell einrichten könnte(was wegen meines Examens ohnehin flach fällt.).

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Sorcya hat geschrieben:Unter den Heavy Metal Fans mag es schon wieder anders aussehen, da begegnet man tatsächlich zuweilen - oder sagen wir mal öfter als anderswo - rechts angehauchten Menschen Auch wenn sich das hier ebenfalls nicht wirklich verallgemeinern lässt, der gefühlte Prozentsatz ist höher.

Das würde ich jetzt auch nicht sagen. Sicherlich gibt es da einige Verwirrte im Industrial-Bereich, des Weiteren gibt es auch die, wie der Begriff schon sagt, "Rechtsrock-Bands", und NSBM habe ich ja auch schon genannt. Das ist absolut nicht schön, aber das sind dennoch mehr oder weniger einzeln stehende Sub-Gruppen der Metal-Szene. Jedenfalls halten die meisten Metal-Hörer nicht gerade viel von den rechten Bands.

Wobei ich meine, da gibt es zur Gothic-Szene schon einen Unterschied. Die Metal-Szene ist weniger politisch, von daher wird dort die rechte Problematik von vielen Leuten ignoriert. Die Gothic-Szene ist da insofern anders, als dass viele hier sich wirklich offen gegen rechts positionieren, viele sind bekennende Linke. Da habe ich dieselben Erfahrungen gemacht, wie du. Man macht sich nichts aus den rechten Gedanken. Die Ideale, die die Szene zumindest einmal hatte, stehen rechten Forderungen absolut entgegen.

Ideologisch rechte Tendenzen gibt es in der riesigen Strömung der Gothic-Szene mit weltweit Millionen von Anhängern, natürlich auch. Aber eben immer nur bei einzelnen Individuen. Wie ich bereits schrieb, da alle Menschen anders sind, sind immer ein paar "schwarze Schafe" dabei. Schade, dass die Medien (das habe ich tatsächlich erlebt) sich daran dann immer so aufhängen. Es gibt tausende von politisch neutralen oder linken Bands, aber wenn es eine (vereinfacht gesagt, natürlich gibt es mehr als eine, aber die Gesamtheit der Künstler sind ja auch nicht nur tausend) rechte gibt, hängt man sich daran auf. Das ist doch verfälschend und umso schlimmer, wenn Menschen solchen Berichten bedenkenlos Glauben schenken.

Sorcya hat geschrieben:Mich würde übrigens mal interessieren, wie sich die Polizei dazu verhält? Es gibt doch auch bei Fussballspielen verfeindeter Clubs Strategien um Ausschreitungen zumindest einzudämmen. Was ist von dieser Seite geplant?

Von Bekannten habe ich gehört, dass die Polizei sich selbst 2007 direkt nach den Ausschreitungen relativ aus der Sache heraus gehalten haben soll. Viele beschwerten sich, dass sie nicht eingriffen, während quasi wenige Meter von ihnen entfernt, harmlose Festival-Besucher belästigt, bespuckt oder sogar geschlagen und getreten worden sind. Für mich auch völlig unverständlich.

Übrigens soll es auch Versuche gegeben haben, vor dem WGT eine Veranstaltung durchzuführen, bei dem Antifa und Festival-Veranstalter an einem "runden Tisch" über die Vorwürfe der Antifa hätten diskutieren sollen. Die Antifa soll abgelehnt haben. Das klingt doch irgendwie traurigerweise sehr danach, als wenn diese an einer Lösung des Problems gar kein Interesse haben, sondern einfach nur Randale machen, beziehungsweise die Leute, die unter ihr Feindbild fallen, verprügeln wollen. Wie löst man so ein Problem?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Vielleicht habe ich da jetzt selbst den Fehler gemacht, die Rechtsrocker den Metallern gedanklich zuzurechnen. Eben weil sich der musikalische Stil ähnelt, wenn sich auch die Texte stark unterscheiden. Dass Metal-Hörer aber generell unpolitischer seien als Goths deckt sich übrigens nicht mit meiner Erfahrung, ich kenne auch vorwiegend Mitte-Links orientierte Leute und eben ein paar Rechte. Leute ohne politische Ausrichtung kenne ich generell sehr wenig in der grob mit alternativ umschriebenen Szene(wo ich jetzt auch mal Punks, Folk-Fans, Mittelalter-Freaks und ähnliches dazu zähle). Vielleicht speist sich meine Vorstellung, dass es dort mehr Rechte gibt auch aus eben diesen Einzelfällen die ich kenne. Denn rechts eingestellte Gothics kenne ich keinen einzigen.

Das die AntiFa da jedes Gespräch boykottiert deckt sich übrigens mit der Meinung, die ich von ihr habe. Auch wenn ich selber eher links gerichtet bin und Faschismus ablehne setzt sich diese Vereinigung bei mir mehr und mehr in das Licht eigentlich keine politischen Inhalte vermitteln zu wollen, sondern Streit zu suchen, wo immer es geht. Denn auf diversen Demos gegen Rechtsradikale, an denen ich teilgenommen habe fielen diese Leute auch meist dadurch auf, dass sie kein friedliches Zeichen setzen wollten, sondern im Gegenteil ganz bewußt die - auch körperliche - Konfrontation suchten. Mitgelaufen sind sie auch beim Bildungsstreik diesen Sommer, legten dabei sich mit den begleitenden Polizisten an und versuchten die studentischen Redner nieder zu schreien, bevor diese überhaupt eine Meinung geäußert hatten, die sie hätten ablehnen können. Das erweckte für mich stark den Eindruck, dass sie nicht um der Sache willen demonstrierten, sondern um Trouble zu machen.

Genauso wirkt es hier. Nicht einmal die AntiFa ist von der befremdlichen These überzeugt, dass Gothics alle Nazis seien. Entsprechend will man sich auch nicht vom Gegenteil überzeugen lassen, denn dan müsste man ja Ruhe geben und die ganzen herrlichen Strassenschlachten hätten ein Ende. Das wäre doch wirklich ein Jammer! Da ärgert es mich noch mehr, wenn ich höre, dass diese Leute soviel Ärger machen.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich persönlich kann jetzt nicht beurteilen, wie hoch oder gewichtig der Anteil rechter Gesinnung im Bereich der Gothic Szene sein könnte. Aber bezogen auf die Ausgangsfrage, kann ich dir soviel sagen, dass Freunde von uns da jedes Jahr hin fahren und noch keinerlei negative Erfahrungen gemacht haben.

Ich selbst war da noch nie vor Ort, da ich mich in dieser Szene nicht bewege, aber habe eben durch unsere Freunde einiges davon gehört. Die sind dort immer das Pfingst-Wochenende über und das schon seit drei Jahren in Folge. Sie übernachten auf dem Gelände in einem Zelt und haben eigentlich immer von einem ziemlich friedlichen Ablauf dort erzählt. Jedoch halten sie sich auch größtenteils innerhalb des Festivals auf, so dass ich mal davon ausgehe, dass Leute, die sich in irgendeiner Weise mit den Leuten aus der Gothic-Szene anlegen würden wollen, da nicht extra Eintritt zahlen und somit dort direkt auch nicht vertreten sind.

Aber auch in Leipzig an sich haben sich die Freunde von uns frei bewegen können, ohne dass sie angepöbelt oder gar angegriffen wurden. Im Gegenteil sie wurden eigentlich überall recht freundlich behandelt. Das kann jetzt auch Glück gewesen sein oder die Tatsache dass sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren und mit solchen Leuten einfach nicht "zusammen gestoßen" sind. Jedenfalls scheinen da nicht an jeder Ecke Leute zu lauern, die die Anhänger der schwarzen Szene angreifen wollen. Ausschließen, dass doch mal was passiert, wird das wahrscheinlich aber niemand können. Das muss man wohl einfach abwägen.

Wie sehen das denn die Bekannten, die du dort besuchst? Können die dir keinerlei Auskunft geben, wie die Stimmung da jedes Jahr zu Pfingsten gewesen ist? Oder vielleicht kennen sie ja Ecken, wo man sich vielleicht nicht unbedingt hinbegeben muss an diesem Wochenende?!

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» Yazz » Beiträge: 1325 » Talkpoints: 10,38 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Yazz hat geschrieben:Jedoch halten sie sich auch größtenteils innerhalb des Festivals auf, so dass ich mal davon ausgehe, dass Leute, die sich in irgendeiner Weise mit den Leuten aus der Gothic-Szene anlegen würden wollen, da nicht extra Eintritt zahlen und somit dort direkt auch nicht vertreten sind.

Das Festival erstreckt sich über eine Vielzahl von Veranstaltungsorten. Um von einem zum anderen zu gelangen (es sei denn, man möchte die gesamte Zeit an einem Ort bleiben), muss man durch die Stadt. Eben bei längeren Strecken auch mal mit Straßenbahn oder Bus. Das heißt, man wird schon mit der "Öffentlichkeit" in Kontakt kommen, während man eben von einem Ort zum anderen fährt. Das ist wohl auch das große Problem. Innerhalb der Locations soll es ganz gut gehen, ohne Pöbeleien.

Yazz hat geschrieben:Wie sehen das denn die Bekannten, die du dort besuchst? Können die dir keinerlei Auskunft geben, wie die Stimmung da jedes Jahr zu Pfingsten gewesen ist? Oder vielleicht kennen sie ja Ecken, wo man sich vielleicht nicht unbedingt hinbegeben muss an diesem Wochenende?!

Die Bekannten sind selbst auch nicht in der Szene und kleiden sich auch nicht weiter ungewöhnlich für "normale Menschen". Also, sie fallen nicht auf, und sind als Nicht-Gothics dann wohl auch nicht so das Angriffsziel verwirrter Antifas. Somit wurden sie deswegen auch noch von niemandem angegriffen. Ich denke aber, der Eindruck variiert eben auch stark, je nachdem, ob man quasi selbst so eine Zielscheibe für Angriffe darstellt, oder nicht.

Von den Ausschreitungen 2007 und 2008 haben sie aber auch mitbekommen, auch als Nicht-Szeneangehörige. Das soll wirklich enorm schlimm gewesen sein. Über 2009 können sie mir aber nichts sagen, weil sie sich da auch nicht so in der Stadt aufgehalten haben.

Also, mir fehlen hauptsächlich die Informationen für Pfingsten 2009. Ich frage mich da eben, ob sich da vielleicht ein Trend sehen lässt, ob das mit der Gewalt immer mehr zunimmt. Wobei das natürlich auch keine Garantie wäre, dass es dieses Jahr friedlich sein müsste, nur, weil es letztes Jahr vielleicht still war. Leider kann es ja dennoch dieses Jahr wieder Angriffe geben, es muss ja keine lineare Entwicklung sein.

Zu den Orten, die gefährdet sind: Die meisten Angriffe soll es zumindest 2007 in Connewitz gegeben haben. Also, da sollte man dann vielleicht einen Bogen machen, wobei ich persönlich es schrecklich finde, wenn man Orte quasi zu "gefährlichen Zonen" erklärt. Das wird den Orten ja nicht gerecht, und ich mag mich eigentlich auch nicht unbedingt so beschränken, dass ich mir sage, einige Stadtteile will ich aus Prinzip meiden.

Ja, aber nicht nur Connewitz soll 2007 schlimm gewesen sein. Auch in anderen Teilen Leipzigs, eigentlich sogar in allen, wo das Festival stattfand, soll es zumindest vereinzelt Angriffe gegeben haben. Die ganze Stadt meiden kann man da ja auch schlecht. Beziehungsweise würde ich schon gerne ein wenig davon sehen, wenn ich dort bin.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Wawa666 hat geschrieben:Übrigens soll es auch Versuche gegeben haben, vor dem WGT eine Veranstaltung durchzuführen, bei dem Antifa und Festival-Veranstalter an einem "runden Tisch" über die Vorwürfe der Antifa hätten diskutieren sollen. Die Antifa soll abgelehnt haben. Das klingt doch irgendwie traurigerweise sehr danach, als wenn diese an einer Lösung des Problems gar kein Interesse haben, sondern einfach nur Randale machen, beziehungsweise die Leute, die unter ihr Feindbild fallen, verprügeln wollen. Wie löst man so ein Problem?

Es gibt ja leider genug Beispiele dafür, dass ein bestimmter Personenkreis in der linken Szene an vernünftigen Gesprächen überhaupt nicht interessiert ist und dass deren Aktionen mit dem Durchsetzen von politischen Zielen auch überhaupt nichts zu tun haben. Nicht, dass ich Gewalt als legitimes Mittel ansehe, wenn es um politische Ziele geht, aber in den letzten Jahren gibt es immer wieder Vorfälle, wo sich die Beteiligten nicht mal mehr den Anschein einer politischen Demonstration geben, sondern gleich mit dem Draufhauen beginnen.

Zur aktuellen Situation auf dem WGT kann ich dir leider nichts sagen, ich bin dort zwar früher von Berlin aus hingefahren, aber inzwischen wohne ich schon seit einigen Jahren am anderen Ende von Deutschland und da lohnt sich der Aufwand trotz Pfingstfeiertag nicht mehr und oft kann man die Bands, die auf dem WGT spielen, ja später auch auf anderen Festivals, wie dem M'era Luna sehen und zwar wesentlich entspannter, weil man nicht durch die halbe Stadt fahren muss um von einem Konzert zum nächsten zu kommen.

Übrigens finde ich die Diskussion darum, wie viele Leute in der Gothik oder Metall Szene denn nun wie eingestellt sind ehrlich gesagt ziemlich irrelevant und es hilft ja auch bei der Frage nach der Sicherheit nicht weiter. Und auch wenn das ein total rechter Haufen wäre, finde ich nicht, dass diese Tatsache alleine Gewalt rechtfertigen würde. Ich denke aber, dass sich jetzt eh noch nichts über die Sicherheitslage sagen lässt. Solche Sachen ergeben sich ja meistens sehr spontan und wie oft ist es schon vorgekommen, dass man gedacht hat, dass Berlin den ersten Mai unbeschadet überstanden hätte und dann ging es spät Abends erst richtig los?

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Wawa666 hat geschrieben:aber über ihre politische Ausrichtung sagt das rein gar nichts aus.

Ich habe zwar die fragwürdige Kleidung der Szene nich zum Thema gemacht, aber sie sagt sehr wohl was über die politische Richtung aus. Nämlich die Bereitschaft, über das hinwegzusehen, was damit in Verbindung gebracht wird. Allein aus dem Grund, weil es schon "so lang her" ist. Damit meine ich noch nicht mal den Uniformlook. Wer sich aber bewusst mit Gegenständen und Kleidungsstücken schmückt, die definitiv auch zu Zeiten des Dritten Reichs hätten getragen werden können - um sich zu selbigen zu bekennen - der steht mit seiner Ignoranz trotz gegenteiliger Bekundung politisch eindeutig da. Das hat was von: nur weil ich gegen das weitere Verbot der NSDAP bin, bin ich noch lange kein Nazi. :(

Gerne aber noch mal: die Bewegung "Gruftis gegen Rechts" entstand nicht, weil es a) keine massiven Probleme in der Szene mit Rechten gäbe oder b) auf Grund des (in meinen Augen) lächerlichen Geschmacks bzgl. der Auswahl von Accessoires. Übrigens ist die Bewegung eine Minderheit in der sich "unpolitisch" gebenden Szene. ;)

Wawa666 hat geschrieben:Übrigens soll es auch Versuche gegeben haben, vor dem WGT eine Veranstaltung durchzuführen, bei dem Antifa und Festival-Veranstalter an einem "runden Tisch" über die Vorwürfe der Antifa hätten diskutieren sollen. Die Antifa soll abgelehnt haben. Das klingt doch irgendwie traurigerweise sehr danach, als wenn diese an einer Lösung des Problems gar kein Interesse haben, sondern einfach nur Randale machen, beziehungsweise die Leute, die unter ihr Feindbild fallen, verprügeln wollen. Wie löst man so ein Problem?

Das was Du schreibst klingt traurigerweise nach einer sehr verkürzten und tendenziellen Aussage. So steht ja noch nicht mal geschrieben, wer hier zu dem Gespräch geladen werden sollte. Es ist kein Fehler, die Aussage "kein Fußbreit den Faschisten" zu leben! Das bedeutet aber auch, dass man zu absolut keinen Gesprächen mit Leuten bereit ist, die hier Gegenstand der Kritik sind. Was daran schwer zu verstehen wäre, leuchtet mir nicht ein.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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