Bestattungsritual von Moslems

vom 03.10.2010, 11:08 Uhr

In einem anderen Beitrag habe ich schon hinterfragt, wo Leute, die nicht katholisch sind begraben werden können. Da ja jede Religion auch andere Rituale hat, würde mich interessieren, wie eine Bestattung bei Moslems traditionell abläuft. Ich meine, dass ich einmal gehört habe, dass sie in Leintücher eingewickelt werden oder so, aber sonst habe ich über den Ablauf und die Zeremonie gar keine Ahnung.

Da es aber doch sehr viele Moslems in Österreich gibt und mich andere Religionen und Kulturbräuche allgemein interessieren, würde ich es interessant finden, mehr darüber zu erfahren. So hoffe ich, dass sich hier diesbezüglich jemand genauer auskennt.

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» tournesol » Beiträge: 7750 » Talkpoints: 66,59 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Traditionell ist es so, das Muslime ohne Sarg beigesetzt werden. Was allerdings in Deutschland meistens verboten ist. Hier wird das wohl zeitweise so gehandhabt, dass man den Sarg dann nicht schließt.

Nach dem Tod eines Muslimen findet eine rituelle Waschung statt, die man Abdest nennt. Diese Waschung muss durch eine Person stattfinden, die das gleiche Geschlecht wie der Verstorbene hat und die Person, welche die Waschung durchführt muss den Koran lesen und auch deuten können. Danach wird der Verstorbene in ein weißes Leinentuch gehüllt. Das Tuch ist nur aus einem einfachen Material, da man im muslimischen Glauben daran glaubt, dass der Tote keine materiellen Güter, sonder nur Gebete benötigt.

Für die Trauerfeier wird der in Tücher gehüllte Verstorbene in einen Sarg gelegt. Der Sarg steht dann auf einem speziellen Stein in der Moschee. Der Stein wird Musalla Tasi genannt. Die eigentliche Trauerfeier besteht dann aus dem Totengebet. Dieses Gebet wird Cenaze Namaz genannt und wird nach deinem der fünf Gebete, die Muslime ja täglich beten, gesprochen. Der muslimische Glaubenslehrer, der Imam, spricht mit den Trauernden dann das Cenaze- Namaz- Gebet. Währenddessen erweisen die Trauernden dem Verstorbenen den letzten Respekt, in dem sie am Kopfende des Sargs stehen.

Die Gemeinde wird dann vom Imam gefragt, wie der Verstorbene gewesen sei und die Gemeinde antwortet ihm dann, dass die verstorbene Person eine gute Person gewesen ist. Danach folgt das Totengebet der Moslems. Das Fatiha- Gebet aus dem Koran, in dem um die Seele des Verstorbenen gebetet wird. Der Sarg wird danach von Bekannten und Familienmitgliedern aus der Moschee getragen und mit einem Leichenwagen zur Grabstätte transportiert. An sich wird dann der in Tücher gewickelte Leichnam aus dem Sarg heraus genommen. In Deutschland wird wohl der Sarg einfach nur offen gelassen. Der Leichnam wird dann auf der rechten Seite liegend in das Grab gelegt. Traditionell halt nur in die Leichentücher gehüllt. Das Gesicht richtet sich dabei nach Mekka. Außerdem wird meistens ein Messer mit ins Grab gelegt. Im muslimischen Glauben steht das Messer sowohl für Tod wie auch für Leben. So wie nach der Geburt die Nabelschnur durchtrennt wird, kann einem ein Messer halt auch im Tod helfen. Unter anderem glauben Moslems daran, dass ein Messer helfen kann, sich gegen den Teufel zu verteidigen.

Bei einer traditionellen muslimischen Beerdigung werden dann Matten und Bretter über den Leichnam gedeckt und die Anwesenden werden alle eine Schaufel Erde in das Grab. Danach beten die Trauernden, jeder für sich, noch einmal das Fatiha- Gebet. Die Trauerfeier wird dann vom Imam beendet, der das Vergebungsgebet spricht. Das macht er alleine am Grab.

Im Haus der Familie findet nach der Beerdigung ein traditionelles Kondolenz- Essen statt. Die Muslime glauben, dass die Seele ihres Angehörigen zu Besuch kommt und deshalb wird in der Woche nach der Beerdigung jeden Tag im Koran gelesen. Sieben Tage nach der Beerdigung wird Halva, eine Süßspeise zubereitet und an alle die auch trauern verteilt. Die Familie des Toten lädt vierzig Tage nach der Beerdigung dann die Trauergemeinde zu einem Lokma- Kuchen ein. Das Olum Mevlutu, eine Andacht, wird dann am 52. Tag nach der Beerdigung gefeiert. Da wird auch wieder Essen gereicht. Jährlich zum Todestag kann diese Feier wieder zum Gedenken an den Verstorbenen gefeiert werden.

Die Bestattung sollte an sich möglichst noch am Todestag stattfinden, was oftmals aber halt in Deutschland nicht möglich ist. Für die verschiedenen Abläufe müssen die Friedhöfe eingerichtet sein. So darf zum Beispiel auch kein christlicher Schmuck in dem Raum sein, in dem die Trauerfeier stattfindet. Es muss ein Raum vorhanden sein, in dem die rituelle Waschung stattfinden kann. Deshalb gibt es halt auf Friedhöfen mittlerweile halt auch spezielle muslimische Grabfelder. Diese Friedhöfe sind dann meistens auch auf die Besonderheiten eingerichtet.

Ein weiteres Problem gibt es mit den Liegezeiten. Der muslimische Glauben sagt in etwa, dass der Tote halt ewig ruhen soll. In Deutschland gibt es aber Liegezeiten. Die können durch den Kauf der Gräber umgangen werden. Oder Mietgräber, die halt in regelmäßigen Abständen durch die Hinterbliebenen verlängert werden können. Das entspricht dann dem symbolischen Sinn.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


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