Wächst uns die Jugend über den Kopf?

vom 14.09.2009, 09:04 Uhr

Ich bin ein bisschen nachdenklich geworden, seit es die letzte S-Bahn-Schlägerei in München gab, denn ich frage mich, was eigentlich los ist: Komasaufen, Gewaltvideos auf Handys, S-Bahn-Schlägereien, Teenagereltern - was ist denn um Himmels Willen passiert, dass es ständig Negativmeldungen gibt, die berichten, dass Jugendliche heutzutage dauernd über die Stränge schlagen? Wann hat diese Entwicklung überhaupt angefangen? Ich erinnere mich, dass es vor 10 - 12 Jahren, als ich 18 - 20 war, noch keine Gewaltvideos auf Handys gab, von S-Bahn-Schlägern hat man auch noch nichts gehört, und es wurde zwar Alkohol getrunken, aber nicht bis zum Koma.

Was hat sich so verändert, dass Jugendliche sich derart extrem verhalten? Und wohin wird das vor allem noch führen? Wird es noch schlimmer oder kippt der Trend irgendwann und es wird wieder friedlicher? Vielleicht kann man einen Vergleich zu den 70er Jahren ziehen, in denen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch plötzlich mit allen Vorschriften und Traditionen brachen und sich auslebten. Möglicherweise ist das, was wir heute erleben, wieder eine Art extreme Rebellion der Jugend, nur eben vor einem moderneren Hintergrund als vor knapp 40 Jahren?

Ich würde gern mal wissen, was Ihr dazu meint, ob Ihr die Situation ähnlich einschätzt wie ich, wie Ihr die Entwicklung seht und was Euch sonst noch für Gedanken zum Thema durch den Kopf gehen.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Hallo!

Auch ich bin der Meinung, dass die Jugend schneller aus den Händen gleitet und einem über den Kopf wächst. Ich habe das selber bei meinen Kindern erlebt und ich bin der Meinung, dass auch das Jugendschutzgesetz daran Schuld ist, was in den Jahren von meiner Jugend bis heute sehr oft zum "Vorteil" der Jugend geändert wurde. Jugendliche von 14 bis 16 dürfen bis 22 Uhr raus und ab 16 bis 18 bis Mitternacht. Was machen die Jugendlichen dann um die Zeit auf der Straße oder in den Kneipen? Sie wissen mit sich nichts anzufangen und saufen, rauchen und pöpeln.

Sicher dürften sie nicht mehr in der Öffentlichkeit rauchen und trinken. Aber wer macht denn was dagegen? Wenn man als Eltern versucht Regeln aufzustellen, dann bekommt man eine blöde Antwort. Gibt man Stubenarrest, weil man nicht mehr weiterweiß, dann wird mit dem Jugendamt gedroht, weil es Freiheitsberaubung ist. Rutscht einem wirklich mal die Hand aus, dann kann es passieren, dass die Polizei vor der Tür steht oder das Jugendamt, weil die Kinder sich "bedroht" fühlen.

Den Eltern sind die Hände gebunden. Erziehungsmaßnahmen gehen ins Leere, weil diese Erziehungsmaßnahmen die Kinder nur zum Lachen bringen. Ich wußte oftmals nicht weiter und meine Kinder haben nie körperliche Gewalt von zu Hause mitbekommen oder gespürt. Aber trotzdem ist mir mein Sohn wahrlich über den Kopf gewachsen. Er haute einfach ab und hielt sich nicht an Zeiten, wann er zu Hause sein sollte. Er wurde besoffen von der Polizei nach Hause gebracht und wer bekam dann die Standpauke gehalten? Ich, weil ich nicht aufgepasst habe. Aber wie sollte ich aufpassen, wenn er mit seinen ach so "netten" Kumpels abhaute und sich die Kante gab. Umgang verbieten? Ging nicht. Denn diesen Umgang hatte er schon in der Schule.

Ich bin bestimmt nicht für die Prügelstrafe oder für einsperren. Aber diese Erziehungsmaßnahme hat in meiner Jugend noch gefruchtet. Ich hätte mich einfach nicht gewagt, mich so zu benehmen, weil ich Angst hatte, dass ich eine gescheuert bekam oder Stubenarrest bekam. Und wenn ich dann doch abgehauen bin, obwohl ich nicht durfte, dann hätte sich damals das Jugendamt eingemischt. Aber nicht um meine Eltern die Standpauke zu geben, sondern, weil sie den Jugendlichen dann eine Standpauke gaben.

Ich war, als mir mein Sohn aus den Händen geglitten ist, sehr oft beim Jugendamt. Aber was bekam ich zur Antwort? "Was sollen wir denn machen? Der Junge ist 16 und er muss sich eben austoben. Wenn er sich nicht an Regeln halten will, dann müssen wir eben die Regeln lockern" Das sagte mir eine Jugendamtsmitarbeiterin. Die Kinder brauchen angeblich ihre Freiheit und mit strengen Regeln engt man die Kinder ein. Na klasse. Die Regeln kannten die Kinder von klein auf und sie hielten sich auch bis zu einem gewissen Alter daran. Aber als sie dann das Jugendschutzgesetz in der Schule besprochen haben, war es aus.

Ab 14 gleiten dann die Jugendlichen aus den Händen und wachsen einem über den Kopf. Denn dann dürfen sie ja von gesetzwegen.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Also wenn man nur noch mit Stubenarrest weiter kommt, dann hat man oftmals schon wesentlich früher etwas falsch gemacht. Und ich gebe hier offen zu, das ich mit 15/16 Jahren bestimmt auch kein leichter Teenie gewesen bin. Es gab oft genug heisse Debatten bei uns zu Hause. Aber Stubenarrest habe ich nie bekommen.

Und ich kann auch nicht behaupten das wir früher weniger getrunken haben als heute. Immerhin war doch der Alkohol zu DDR-Zeiten wesentlich billiger. Wenn man bedenkt, das man das Glas Bier mit 0,5 Liter für 80 Pfennig bis eine Mark bekommen hat. Und auch da gab es schon derbe Prügeleien. Ich hab sie oft genug nach der Disco beobachten dürfen. Und Blut ist da auch reichlich geflossen.

Allerdings wurde es von den Medien nicht so ausgeschlachtet wie heute. Da kam bei den meisten Vorfällen nicht mal regional was in der Tageszeitung. Damit haben andere Jugendliche aber auch keine Vorlagen bekommen, was sie denn aus purer Langerweile anstellen könnten.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Mir ist das auch schon extrem aufgefallen, das die Jugend immer Ärger und Ärger wird. Wir leben am Stadtrand aber umso mehr Jahre ins Land ziehen, sehe ich umso mehr Jugendliche, die sich nur aufführen.

Ich habe schon 11-12 jährige betrunken bei uns am Spielplatz angetroffen. Da haben die Freunde versucht, den Jugendlichen irgenwie zu ernüchtern, bevor er nach Hause gehen hätte sollen. Auch Zigaretten rauchende Jugendliche sind keine Seltenheit. Leider sind diese Jugendlichen erst 11-12 Jahre alt, und das ist sehr erschreckend.

Ich denke mir das meine Kinder wirklich große Ausnahme sind. Ich habe einen 15 jährigen Sohn. Der raucht nicht, trinkt nicht und ist ein sehr guter Junge. Obwohl er in der Schule auch etwas mehr leisten könnte, ist er trotzdem eine angenehme Wohltat, wenn ich mir andere in seinem Alter ansehe.

Mein mittlerer hat vor 1 Woche in der Mittelschule angefangen. Alter der Kinder ist 10-14 jahre , eventuell etwas ältere, die noch ein paar Ehrenrunden in der Schule gedreht haben. Es ist erschreckend, wenn ich bei der Schule vorbei gehe, wie sich diese jungen Menschen verhalten. Natürlich mache ich mir da große Sorgen um meinen 10 jährigen Sohn.


Ich bin 33 Jahre alt, und früher als ich Jugendlich war, hat es das wirklich nicht gegeben. Ja sicher hat man auch etwas getrunken und auch geraucht. Aber so agressive Jugendliche habe ich sicher nicht in Erinnerung. Sicher hat es auch schon damals einige Ausnahmen gegeben, wobei sich einige Jugendliche prügelten. Doch es ist nie so ausgeartet.

Es kann schon sein, das es eine Phase der Jugendlichen ist, oder es kann sein, das die Eltern mit ihren Kindern überfordert sind. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, falls mein Kind oder meine Kinder den falschen Umgang hätten, wie ich reagieren würde bzw. was ich alles anstellen würde, mein Kind/meine Kinder auf den richtigen Weg zu bringen.

Da habe ich lieber einen Stubenhocker zuhause als einen prügelnden, pöbeldnen, rauchenden und saufenden Sohn.

» Redangel » Beiträge: 1289 » Talkpoints: 2,82 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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