Making of Bericht - der Film "Die Farbe"

vom 28.10.2008, 14:27 Uhr

...was mich konkret noch interessieren würde wäre der genaue unterschiedliche Kostenaspekt bei Requisiten, Aufnahmen, Mitarbeitern, Postproduktion usw. , also wieviel von euch wie die Kamera in Eigenleistung erbracht werden kann und welche Kosten man bei allen Selbstopfern nicht vermeiden kann, auch nicht mit "Good Will".

Hui, wo fang ich da an... Zuerst einmal kann man prinzipiell alles irgendwie umsonst bekommen, manche Sachen etwas einfacher und manche recht schwer.

Kosten die eigentlich immer sehr ins Gewicht fallen sind Catering und Übernachtungen, das sind gleichzeitig auch zwei der am schwersten wiegende Punkte wo man trotz aller Bemühungen es so günstig wie möglich zu halten oftmals am meisten Geld lässt bei einer Independentproduktion. Rechnen wir beim Essen und Trinken mal mit einem Schnitt von 6,- pro Nase und Tag (was wirklich sehr sehr wenig ist) bist du bei einem 25-köpfigen Team und den oben genannten 16 Drehtagen bei EUR 2400,- .Da eine derart schlechte Verpflegung aber recht schnell auf die Moral schlägt (immerhin arbeiten viele Leute am Set im Schnitt weit über 11 Stunden am Tag) haben wir, soweit ich das in Erinnerung habe in etwa 3200,-EUR ausgegeben (2x grillen musste in der Zeit einfach sein um die Leute bei Laune zu halten). Dazu kommen auch Kleinigkeiten wie das Drehschlussbier oder auch mal was zum Knabbern, welche in der Summe aber auch nochmal ganz schön reinhauen. Mit dem zweiten Drehblock zusammen waren wir dann wohl irgendwo bei 5000,-EUR .

Bei den Übernachtungen sieht es nicht besser aus. 25 Köpfe zu je 16 Übernachtungen macht zusammen 400 Übernachtungen. Wenn du was Günstiges findest kommst du mit etwa EUR 14,- hin, sind nochmal EUR 5600,-. Auch hier darf man nicht vergessen, dass die Bleibe nicht zu heruntergekommen sein sollte. Eine Nacht hält man sowas mal aus, aber nicht wenn man jeden Tag hart ran muss für eine längere Zeit . Deshalb sollten es maximal 4-Bett Zimmer sein mit eigener Waschmöglichkeit. Glücklicherweise waren aber ein paar Leute des Teams aus der näheren Umgebung des Hauptdrehortes und wir konnten somit rund 1/3 der Übernachtungen einsparen, da diese auch jeweils noch 1 oder 2 Betten bei sich zur Verfügung gestellt haben.

Was man dabei aber ebenfalls nicht vergessen sollte ist dass alles was weiter als eine halbe Stunde zu fahren ist, nicht als nah zählt. Wenn du gerade einen Nachtdreh gemacht hast bis morgens um vier willst du sicher nicht noch eine Stunde Auto fahren müssen (und am nächsten Tag natürlich wieder zurück). Alles in allem glaube ich dass und beide Drehblöcke zusammen in etwa EUR 6000,- gekostet haben bei den Übernachtungen.

Zwischenbilanz: 11.000EUR

Dann geht es weiter mit den Fahrtkosten und Automiete. Zuerst einmal sollte es klar sein, dass nicht alle Schauspieler und Mitarbeiter direkt bei einem vor der Tür wohnen, also müssen diese anreisen. Das geschieht bei größeren Strecken mit dem Flugzeug oder bei kleineren Strecken (so bis 500 km) mit dem Zug. Bei den heutigen Preisen kann man auch hier gut und gerne nochmal mit etwa EUR 1500,- rechnen wenn man darauf achtet, dass möglichst wenig Leute eine weite Anreise haben (spätestens bei den Darstellern lässt sich das aber nicht mehr wirklich vermeiden). Dazu kommen Drehortwechsel wo mit dem Auto gefahren werden muss oder auch die täglichen Beschaffungen wie Catering oder Material aus dem Baumarkt. Pro Tag bringt ein richtiger Setfahrer wohl immer seine 100 - 150km zusammen. Ich hab es wirklich nicht mehr im Kopf was wir an Benzin rausgeblasen haben, schätze es jetzt aber mal ganz grob auf EUR 400,-.

Für die ganze Technik muss man eigentlich fast immer zwangsweise einen Sprinter oder ein vergleichbares Fahrzeug mieten. Spätestens wenn man richtige Beleuchtung am Start hat passt diese sicher nicht mehr in einen normalen PKW. Bei Europcar wo wir unseren Sprinter gemietet haben kostet es für 18 Tage (1 Tag abholen, 1 Tag zurückbringen + 16 Drehtage) EUR 1,097.99, der Einfachheit halber rechnen wir mal mit EUR 1100,- :)

Sind für die gesamte Logistik also auch nochmal ca. EUR 3000,-€

Zwischenbilanz: EUR 14.000

So, jetzt haben wir 14.000 Steine auf den Tisch gelegt und noch nicht ein einziges technisches Teil zum Drehen des eigentlichen Filmes. Ich könnte jetzt hier mit diversen Preisen für Apparate um mich schmeißen, die warscheinlich eh niemand was sagen oder einfach mal pauschal einen Betrag von etwa EUR 11.000,- nennen, den man für ein gutes Grundgerüst an Technik einfach auf den Tisch legen muss für 16 Drehtage. Als kleiner Anhaltspunkt, was solche Technik kostet, nehmen wir mal die Scheinwerfer. Ein Glühlicht-Stufenlinsen-Scheinwerfer von ARRI kostet folgende Tagesmieten:

200W Inki - 5,00 €
200W Mini 100 Pepper - 5,00 €
300W Sachtler St Director - 7,00 €
300W ARRI St - 6,00 €
300W Mizar - 6,00 €
500W Mizar - 6,00 €
650W ARRI St - 8,00 €
650W Sachtler St - 8,00 €
1000W ARRI Stufe 1 KW - 10,00 €
1000W CCT Stufe 1 KW - 8,00 €
1000W Sachtler St - 10,00 €
2000W Stufe 2 KW Janiro - 12,00 €
2000W Arri Stufe 2 KW - 12,00 €
5000W Stufe ARRI komplett - 20,00 €
5000W Stufe 5 KW - 20,00 €
10000W Stufe ARRI T12 - 45,00 €

Die erste Bezeichnung steht für die Watt die solch eine Stufenlinse bringt gefolgt von der Beschreibung um welchen Typ es sich dabei handelt. Unter einer Stufenlinse versteht man einen Strahler, dessen Fokus man relativ frei und Stufenlos bestimmen kann. Die Geräte lassen sich vom einfachen Spot bis hin zum breiten Flutlicht einstellen. Somit muss man nicht 10 verschieden Strahlertypen mit sich schleppen, sondern kann sie sehr gut auf die jeweiligen Bedürfnisse einstellen.

Bei unserer Filmproduktion hatten wir etwa 16.000 Watt an Licht gemietet in ettlichen Abstufungen. Die kleinsten Geräte waren 500er und die Größte eine 8000er (steht leider nicht auf der offiziellen Preisliste, kann man sich denke ich aber aus dem Preis der 5000er und 10000er ableiten). Wer hier im Kopf mal ein wenig überschlägt was das für 16 Tage kostet kriegt warscheinlich Kopfschmerzen :lol: Dazu kommt dann auch noch der zweite Drehblock, welcher von den Materialansprüchen aber in jeder Hinsicht minimalistischer gewesen ist (da warens glaub ich gerade mal 9000 Watt für 7 Tage).

Dann kommt eben noch der ganze Kleinkram wie Stative (ja, die muss man zum Scheinwerfer etxtra dazumieten, die sind noch nicht im Preis mit drin), Mikrofone, Kontrollmonitor, Magic-Arms, diverse Effektfolien, Butterfly (siehe Hauptartikel ^^), Spiegel, Reflektoren, Moltonstoff, Greenscreenstoff und noch eine ganze Reihe mehr.

Zwischenbilanz: irgendwo weit über EUR 20.000,-

So, jetzt brauchen wir noch Kostüme. Und davon jede Menge. Hier lässt sich aber auch gleichzeitig am meisten sparen, indem man die ganze Crew vom Setrunner bis zum Schauspieler mal in ihren Kleiderschränken wühlen lässt. Oftmals kann man weit über 70% der benötigten Utensilien über diesen Weg bekommen ohne auch nur einen Pfennig zu bezahlen. Hier ist es aber auch sehr relevant in welcher Epoche und welchem Genre der Film spielen soll. Ein Drama im Jahre 2009 ist von den Kostümen her natürlich wesentlich dankbarer als ein Sci-Fi Streifen der 500 Jahre in der Zukunft spielt oder ein Historienfilm mit Reifröcken und Perücken. Gerade Historienfilme können die Produktionskosten in Sachen Kostüme ins astronomische katapultieren ohne der Möglichkeit der Einsparung (da sind wir dann leider bei den Sachen die unweigerlich wirklich richtig viel Geld kosten). Hier haben sich die Investitionen bei uns wirklich im akzeptablen Bereich gehalten mit etwas mehr als EUR 600,-.

Am Schluss kommen dann noch Kleinigkeiten wie Heißkleber, Schrauben, Dübel, Panzertape, Wäscheklammern (die sind verdammt wichtig ^^), Schnüre, Drähte, Kabelbinder, Spanngurte, Farben, Pinsel, Make-Up, Stoffe, und natürlich mein exorbitantes Gehalt :)

Endbilanz des Drehs an sich: etwa EUR 25.000 inkusive aller Kosten die ich jetzt nicht im Detail erwähnt habe

Wenn dann alles im Kasten ist, gehen alle erstmal erschöpft nach Hause und die nächsten 2-3 Wochen passiert so gut wie nix, da man erst mal wieder herrausfinden muss ob man Männlein oder Weiblein ist nach der ganzen Anstrengung. Irgendwann wird sich der Regisseur dann aber aufrappeln und Zuhause erstmal alles in Ruhe ansehen was aufgenommen wurde zusammen mit den Notizen welche Szenen vor Ort als gut und welche als schlecht empfunden wurden (spart einiges an Zeit, da man bei vielen Takes vor Ort schon sagen kann, dass diese überhaupt nicht für den Schnitt in Frage kommen). Irgendwann hat er sich dann mal von jeder Einstellung 4 oder 5 Takes rausgesucht und beginnt mit dem Rohschnitt.

Danach beginnt dann die eigentliche Arbeit für das Postproduktionsteam. Zuerst sorgt man einmal für ein schönes Bild. Also eben die Farben korrigieren, Helligkeiten anpassen, kleinere Unschärfen beseitigen usw. Ziemlich undankbare Jobs, verlangen aber trotz allem Konzentration bei der Arbeit, damit nachher auch alles "rund" ist (also nicht die darauffolgende Einstellung auf einmal doch dunkler ist oder sonstige Fehler). (Notiz am Rande: Es ist aber nicht immer eine reine Praktikantenarbeit wie du vermutet hast. Oftmals muss man sich mit den Programmen sehr gut auskennen für solche Arbeiten und auch schon einiges an Erfahrung haben. Das kannst du wohl am ehesten mit einen Chirurg vergleiche. Künstlerisch oder "schaffend" ist die Arbeit nicht, verlangt aber trotz allem ein solides Wissen und vor allem auch ein Gefühl dafür. Die Praktikanten werden dann eher bei Greenscreenaufnahmen eingesetzt.)

Gleichzeitig werden auch schon die 3D Leute aufgewärmt, indem man ihnen schonmal ihre Filmschnipsel zukommen lässt, die bearbeitet werden sollen. Das Material ist zwar noch unbearbeitet, für einen ersten Eindruck genügt es aber vollkommen und die Jungs können schonmal anfangen ihre 3D-Modelle zu basteln.

Ebenso gleichzeitig fängt eine andere Fraktion schon damit an die Greenscreen Szenen zu keyen (also das Grün rausfiltern und für weiche Kanten sorgen, damit sich das Aufgenommene auch gut in die Umgebung einfügt).

Wenn dann der Rohschnitt seine endgültige Fassung erreicht hat (was oftmals erst nach mehreren Versionen der Fall ist) fängt dann auch der Komponist mit der Musik an und die Sounddesigner mit allerei Geräuschen die das Ganze bunter machen sollen. Die ist auch die Stelle, an der man in der Regel ins Tonstudio geht wenn Audioaufnahmen vor Ort misslungen sind oder anderweitig nicht verwendet werden können (passiert eigentlich immer dass man irgendwas nicht benutzen kann und dann aufs Tonstudio ausweichen muss).

Tja, und ab dem Punkt geht eigentlich dann alles Hand in Hand. Es kommt nicht selten vor dass drei unterschiedliche Leute drei unterschiedliche Dinge gleichzeitig an einer Szene machen (Musik, 3D und Sounddesign beispielsweise). Da sich nur sehr wenige Aufgabengebiete miteinander beißen in der Reihenfolge (3D vs. Bildbearbeitung) kann eigentlich so gut wie jeder immer an den Sachen weitermachen wo er gerade Lust darauf hat. Oftmals machen gerade die 3D-Leute immer 2 oder gar 3 Projekte gleichzeitig, da dieser Prozess sehr viel Zeit kostet und man nach ein paar Stunden dann doch mal wieder etwas Abwechslung benötigt, wenn man bei einer Sache gerade etwas auf dem Schlauch steht. Bei der Bildaufvesserung sieht das anders aus, die ist so öde, dass... ach, lassen wir das :) Die Musik wird eigentlich auch immer Projektweise gemacht. Ist ein Projekt fertig (also ein Track) geht es zum nächsten. Genauso beim Sounddesign, welches sich am Ende dann meist der Musik beugt und die Effekte der Musikstimmung anpasst (hier ist auch wieder ein Konflikt mit der Reihenfolge).

Ich hoffe für einen einigermaßen groben Überblick hat es gereicht. Wenn du etwas mehr ins Detail gehen willst, müssen wir das wohl wirklich ins ICQ verschieben (Nummer hast ja hoffentlich noch) bevor ich hier vom Midgaard noch eins auf die Mütze bekomm :)

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