Heutzutage andere Fächer-Inhalte in Grundschule als früher?

vom 11.08.2019, 20:50 Uhr

Irgendwann hatte ich in diesem Forum mal von jemandem gelesen, man kenne keine Bestimmungen von Blättern im Unterricht in der Grundschule, dort wäre nur gelesen worden. Diese Aussage hat mich sehr verwundert, denn ich kann mich neben Lesen, Schreiben und Rechnen sehr wohl auch an andere Fachbereiche, die die Naturwissenschaften zumindest touchieren, erinnern.

Wir haben zum Beispiel Dinge gelernt, wie die einzelnen Wolkenformen heißen, wie sich Windstärke bemisst, wie Stärke sich in einer Kartoffel entwickelt bzw. freigesetzt wird und auch geographische Kenntnisse wurden vermittelt. Das jetzt nur mal als Beispiele. Da das in den Achtzigern war, kann es natürlich sein, dass die Dinge sich geändert haben, aber sicher weiß ich es nicht.

Haben sich denn die zu lehrenden Inhalte bzw. Fächer in der Grundschule im Gegensatz zum letzten Jahrhundert so sehr geändert? Wenn ihr eure Schulfächer mit denen eurer Kinder vergleicht, welche Unterschiede fallen euch auf? Oder gibt es diese Unterschiede gar nicht?

» Verbena » Beiträge: 4789 » Talkpoints: 3,77 » Auszeichnung für 4000 Beiträge



Ich habe noch kein Schulkind zu Hause, aber man bekommt ja auch etwas aus dem Umfeld mit. Da ist es so, dass die Kinder schon viel mehr mit Technik in Berührung kommen als ich damals. Ansonsten ist es auch so, dass es von Schule zu Schule total unterschiedlich zu sein scheint, wie man die Inhalte den Schülern vermittelt. Einige arbeiten gerne mit Arbeitsblättern, ansonsten gibt es auch Schulen, die auf Gruppenarbeit setzen und so weiter. Es gibt da ja zig verschiedene Konzepte und auch jeder Lehrer hat seinen eigenen Stil. Natürlich verändern sich aber auch die Inhalte, werden der Zeit angepasst.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Nö, beim Sachunterricht hat sich nicht viel geändert. Wir haben Bäume bestimmt, den Weg von der Raupe zum Schmetterling gelernt, den Wald und den Wasserkreislauf betrachtet, kleine Experimente gemacht und dabei den Bunsenbrenner bestaunt, heimische Wildtiere und die wichtigsten Vögel und die Bundesländer, Berge und Flüsse bearbeitet. Dazu waren wir im Bergbaumuseum, im Salzbergwerk, in einer Kläranlage, mit Jäger im Wald und mit der Polizei auf einem Fahrradübungsplatz. Und das ist nur der Teil, an den ich mich erinnere.

Bei meinem Kind, das zumindest einen Teil der Grundschulausbildung in Deutschland absolviert hat, war das nicht anders. Und wenn man heute in aktuelles Lehrmaterial für den Sachunterricht schaut, steht da nichts anderes an. Baumbestimmung ist immer noch drin, auch Frühblüher, der Maulwurf und der Schulweg. Wald ist weiter Thema und Wasser auch.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Mir erschließt sich nicht, was das mit "früher" oder "heute" zu tun haben soll. Wie schon korrekt angemerkt worden ist, hängt das immer auch vom Lehrer selbst und seinem Spielraum ab. Die Region spielt dabei sicherlich auch eine Rolle. Ich bin damals mitten in der Grundschulzeit umgezogen und musste die Schule wechseln, wobei die Schulen inhaltlich (obwohl dasselbe Bundesland) wie Tag und Nacht waren.

Ich habe mich nach dem Umzug sogar schlecht gefühlt, weil ich ziemlich schnell gemerkt habe, dass an der neuen Schule sehr viele Themen behandelt worden sind, von denen ich noch nie zuvor etwas gehört hatte. So etwas wie Heimatkunde und Bestimmung von Tieren und Pflanzen gab es zu meiner Grundschulzeit auch nicht.

Da ich eine absolute Leseratte war, habe ich mir das Wissen nebenher angelesen und nie in der Schule gelernt. Ich hatte zu meiner Schulzeit dann noch Kontakt zu ehemaligen Klassenkameraden aus der ersten Grundschule und habe mich dann darüber informiert, was dort Thema im Unterricht war und das war echt ein Unterschied wie Tag und Nacht und überhaupt nicht miteinander vergleichbar.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich sehe es an den Grundschülern meiner Arbeitskollegin: Inhaltlich hat sich am Unterricht in den letzten 30 Jahren anscheinend kaum etwas geändert. "Der Maulwurf" spielt immer noch eine große Rolle ebenso wie "Süßigkeiten sind schlecht für die Zähne" und "Wehe, du verwendest beim Ausmalen keine unbehandelten Holzstifte". Aus der Ferne habe ich den Eindruck bekommen, dass hier immer noch von einer Lebenswelt aus den geschätzt späten 1970ern in einer Kleinstadt ausgegangen wird, die mit der Realität der heutigen Kinder nicht mehr viel zu tun hat.

Gerade so, dass sie nicht mehr wie weiland in Bullerbü Rüben verziehen und Socken stricken lernen. Themen wie moderne Medien, "Glaubt nicht alles, was im Internet steht" oder "Manche Kinder haben zwei Mamas/Papas und das ist auch gut so" stehen zugunsten von der Frage, wie eine Tulpe aussieht, immer noch hintenan.

Positiv vermerken musste ich allerdings, dass der schlimmste Drill und die ganzen Einschleifaufgaben zumindest ein bisschen weniger geworden sind. Wir seinerzeit mussten noch seitenweise immer die gleichen drei Wörter schreiben oder Montag bis Donnerstag jeweils zweimal einen kurzen, sinnlosen Text, der uns dann freitags diktiert wurde. Ganz so offensichtlich auf Fließbandarbeiterin getrimmt werden die heutigen Kinder dann doch nicht mehr, und in den 1970ern kämen sie mit ihrem Wissen sicher top zurecht.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Da stellt sich mir wieder die Frage, was früher ist. Ich hatte in der Grundschule Lesen, Schreiben, Rechnen, Heimatkunde und Religion. Es gab in unserem größeren Dorf nur katholische Religion, weil es fast nur Katholiken gab. Die Evangelischen waren in unseren Kinderaugen irgendwie merkwürdig und gefährlich. Sie hatten ihre eigene kleine Schule und ihren eigenen Friedhof. Wir gingen ihnen aus dem Weg. Lesen, Schreiben und Rechnen haben wir durch stetiges Wiederholen gelernt, was ich auch heute noch als Lernprinzip durchaus gut finde. An Sportunterricht und Kunstunterricht kann ich mich gar nicht erinnern.

Heimatkunde war ähnlich wie heute das Fach HSU, also Heimat- und Sachkunde. Wir haben Ausflüge in die nähere Umgebung gemacht, um Bäume und Blumen zu bestimmen, haben gelernt, welche Industrien es in Nordrhein-Westfalen gibt und was an Nahrungsmitteln wo in der Welt angebaut wird. Wenn ich das so im Nachhinein betrachte, haben wir in der Volksschule, wie die Grundschule damals allgemein hieß, ziemlich viel gelernt. Es gab einen Lehrer, der frontal unterrichtet hat, ein Buch, einen Atlas und Wandtafeln. Arbeitsblätter gab es noch nicht, weil es keine Kopierer in der Schule gab.

Als mein jüngster Bruder in die Schule kam, es war Ende der Sechziger Jahre, wurde der Unterricht komplett umgestellt. Es gab eine riesige Diskussion um die Mengenlehre. Es wurde nicht mehr einfach nur gerechnet. Die Rechenstäbchen und der Abakus wurde durch Abbildungen von Mengen in den Büchern abgelöst, womit viele Eltern dann gar nicht mehr zurechtkamen. Es gab zum ersten Mal Aufklärungsunterricht, was auch für Aufregung sorgte. Ich kann mich erinnern, dass mein kleiner Bruder anscheinend merkte, dass uns Mädchen das Thema unangenehm war. Um uns zu ärgern, lief er manchmal hinter uns her und beschimpfte uns als Gebärmutter, Scheide und Eierstöcke. Weder wir noch er wussten, was das eigentlich war, nur dass es etwas Peinliches war.

Meine Kindern hatten in der Grundschule Deutsch, Mathematik, HSU, Musik, Kunst, Sport und Ethik. In Deutsch gab es die Diskussion, ob die Kinder auch nach Gehör schreiben durften, was ich gar nicht gut fand. Mein Jüngster kann immer noch nicht richtig schreiben, obwohl er erwachsen ist und Abitur hat. In Mathematik ist mir zu wenig gepaukt worden und viel zu viel Wert auf Textaufgaben gelegt worden. In Deutsch hätte meiner Meinung nach mehr auswendig gelernt werden müssen. Die Fülle der Arbeitsblätter speziell in HSU war in meinen Augen auch völlig übertrieben, für ein kleines Kind viel zu anspruchsvoll, sie zu ordnen. Ein einziges Buch hätte ich besser gefunden. Mein Ältester hat Gott sei Dank eine Lehrerin vom alten Schlag gehabt, die nicht alles mitgemacht, was sich das Kultusministerium so ausdachte. Er macht keine Rechtschreibfehler und kann sich sehr gut ausdrücken, was ich auch der Grundschule anrechne.

Ich denke, dass sich im Laufe der Zeit nicht nur die Methoden ändern, und zwar wellenförmig hin und zurück vom Lernen durch ständige Wiederholung zum Selbsterarbeiten (wie können sich Kinder das Einmaleins selbst erarbeiten?), sondern auch die Inhalte der jeweilige Zeit angepasst werden. In den Büchern wird darauf geachtet, dass Frauen auch Männerberufe haben, dass die Vielfalt der Bevölkerung abgebildet wird und dass es unterschiedliche Familienmodelle gibt.

» blümchen » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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