Arbeitslos und Abitur nachholen reine Zeitverschwendung?

vom 16.07.2019, 15:39 Uhr

Eine Bekannte von mir holt jetzt nach den Sommerferien ihr Abitur nach. Das war aber auch immer ein Wunsch und bisher war sie eben immer arbeiten. Doch aktuell ist eine Flaute drin und sie bekommt Hartz IV. Die dortige Fallmanagerin hat ihr auch gesagt, dass sie gerne das Abi nachholen kann. Gesagt und angemeldet.

Nun beschwert sich jemand in der Familie, dass sie ja lieber statt das Abi nachmachen billige 450,- Euro Jobs annehmen könnte. Gleichwohl es ein Abendgymnasium mit Schichten für morgens und abends ist, sodass sie weiter arbeiten kann, wenn sie eine findet, regt der Verwandte sich darüber total auf.

Er findet, dass sie damit Zeit verschenkt, und diese lieber in einen Job nutzen könnte. Egal, ob der Job ihr nun gefalle oder nicht. Eine Ausbildung könnte sie ja auch in seinen Augen machen, statt das Abitur. Das würde ja kein Mensch mehr benötigen.

Findet Ihr auch, dass das Abitur nachholen eine reine Zeitverschwendung sei, wenn man arbeitslos ist? Würdet Ihr dasselbe behaupten oder sie eher ermutigen, das Abi nachzuholen und Ihr Glück wünschen?

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich finde nicht, dass sie ihre Zeit damit verschwendet, wenn sie ihr Abitur nachholt. Wenn sie sich die Schichten eh einteilen kann, dann kann sie ja immer noch einen Job annehmen, aber man sollte bedenken, dass alles zum Arbeitslosengeld angerechnet wird und es sich vielleicht einfach nicht lohnt, einen 450-Euro-Nebenjob anzunehmen. Dann finde ich es fast besser, wenn sie das Abitur seriös nachholt und sich eine Ausbildung sucht.

Manche Ausbildungen haben ja mittlerweile als Voraussetzung auch das Abitur in ihren Anzeigen stehen. Das bedeutet, dass sie vielleicht mit ihrem mäßigen Realschulabschluss eh schon raus sein könnte. Daher baut deine Bekannte ja irgendwie auf und ich wünsche ihr, dass sie es schafft. Jobben kann sie ja immer noch, aber es ist immer die Frage, ob es sich wirklich für sie lohnt. Aber sie macht ja was und ich finde es sogar gut, auch wenn ich am Anfang vielleicht auch mal nachfragen würde.

» Wibbeldribbel » Beiträge: 12536 » Talkpoints: 73,01 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ich bin generell der Meinung, dass mehr Bildung immer besser ist als weniger, wenn man einem geregelten Job nachgehen muss oder will, um seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Natürlich immer mit Sinn und Verstand - mit einem guten Realschulabschluss und einer soliden Lehre kommt man im Regelfall weiter als mit einem schlechten Abi und einem mit Müh und Not durchgezogenen BWL-Studium. Und die persönlichen Präferenzen spielen natürlich auch eine Rolle - ein verkopfter Denker und Theoretiker sollte sich nicht unbedingt auf einen Job versteifen, bei dem vor allem praktische Talente gefragt sind, und umgekehrt natürlich auch.

Aber selbst wenn man nicht die große Karriere hinlegt, sondern "nur" einen ganz normalen Allerweltsjob bekommt, ist es doch offensichtlich, dass die Bedingungen besser werden, je höher der Abschluss ist. Selbst ein 450-Euro-Job kann gesundheitsgefährdende Knochenarbeit bedeuten, wenn man "ungelernt" ist oder man tippt eben bequem am Schreibtisch vor sich hin. Und selbst wenn man nicht gerade Millionär wird - es erleichtert das Leben doch ganz gewaltig, wenn man sich tatsächlich mal etwas leisten kann und nicht als gering qualifizierter Arbeitnehmer nur den Mindestlohn abgreift.

Der Unterschied ist eben, ob die Betroffenen fähig sind, für die Zukunft zu planen und daran zu glauben, dass es später besser wird, wenn ich jetzt Einschränkungen in Kauf nehme. Wenn man nie die Erfahrung gemacht hat, dass Bildung tatsächlich etwas bringt, ist das natürlich schwierig und viele Leute leben und sterben tatsächlich nach dem Motto: Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.

» Gerbera » Beiträge: 11289 » Talkpoints: 41,52 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich finde sie macht das Richtige. Immerhin scheint sie erkannt zu haben, dass es nicht immer leicht sein kann eine Arbeit zu finden und mit Abitur hat man einfach mehr Möglichkeiten, auch eventuell die Möglichkeit zu studieren und damit auch sich selber zu verbessern, auch für den Arbeitsmarkt. Bildung kann nie schaden, ich weiß gar nicht wie man ihr das vorwerfen kann. Sie kann doch jederzeit auch arbeiten und daher sehe ich da kein Problem, wenn sie sich diesen Wunsch erfüllt, wobei das natürlich alles nicht einfach ist, aber wenn sie es wirklich will, dann ist es eine gute Sache.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



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