"Tote Mädchen lügen nicht" Schuld an vermehrte Suizide?

vom 08.05.2019, 16:30 Uhr

Ich habe heute gelesen, dass die Netflix-Serie "Tote Mädchen lügen nicht" Schuld an vermehrte Suizide bei Jugendlichen sein soll. Ich habe diese Serie nicht gesehen und ich weiß auch nicht so Recht um was es sich in der Serie handelt, dass Jugendliche sich damit so identifizieren können, dass sie sich selbst umbringen wollen und es wohl auch machen. Der Film hat keine offizielle Altersfreigabe. Denkt ihr, dass es wirklich durch den Film vermehrt zu Suiziden kam und vielleicht noch kommen wird oder ist das eher unwahrscheinlich und wird durch die Presse gepusht?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



In der Serie geht es um ein Mädchen, was sich aus vielerlei Gründen umgebracht hat. So sind viele Dinge passiert, die sie dazu gebracht haben sich letztendlich das Leben zu nehmen. Das sind so Sachen gewesen wie Mobbing, Vergewaltigung, falsche Freundschaften und so weiter. Das kann natürlich jedem Menschen passieren und vielleicht bekommt man einen gedanklichen Schock oder eine Rückblende, wenn es einem schon passiert ist. So ein Flashback kann dann psychisch gesehen schon einiges auslösen.

Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass sich eine Person plötzlich umbringt nur weil sie diese Serie gesehen hat. Hier kam einfach auch viel zusammen, das sieht man ja auch, wenn man die Serie komplett sieht und man selber ist entweder labil und wollte sich eh umbringen oder man sieht die Serie und ist vielleicht etwas traurig, weil es einem selber schon passiert ist. Dennoch kann ich mir nicht vorstellen, dass man sich gezielt wegen so etwas umbringt.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Und wie genau kommt man von der Korrelation zur Kausalität? Haben die Opfer alle einen Abschiedsbrief hinterlassen in dem sie die Serie verantwortlich gemacht haben? Wohl kaum. Wahrscheinlich wurde nicht mal untersucht ob die Opfer die Serie überhaupt geschaut haben, weil die Angehörigen wahrscheinlich besseres zu tun haben als Fremde in den Accounts der verstorbenen Kindern herum schnüffeln zu lassen.

Im Prinzip hat man also nichts weiter als eine gestiegene Suizidrate und eine Erklärung, die sehr willkommen ist, weil sie so einfach ist. Dabei müsste man sich gerade in den USA dringend mal das Gesundheitssystem anschauen, aber die bessere Versorgung von psychisch kranken Jugendlichen wird immer nur dann diskutiert wenn mal wieder jemand seine Aggressionen nicht gegen sich selber sondern gegen andere richtet. Und halt blöderweise in einem Land lebt in dem der Supermarkt um die Ecke Waffen und Munition anbietet.

Diamante hat geschrieben:Der Film hat keine offizielle Altersfreigabe.

Das ist kein Film sondern eine Serie und soweit ich weiß bewertet die FSK keine online Serien. Die würde erst dann angefragt werden wenn eine Serie auf DVD erscheint

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



In den Medien geht allerdings herum, dass es schon sehr wahrscheinlich ist, dass vermehrt Suizide aufgrund der Serie in den USA passierten. Das habe ich nun nicht aus der BILD (grusel) sonder aus Süddeutsche Zeitung.de. Die Ergebnisse, die präsentiert wurden, basieren auf einer Forschung und das klingt ja schon mal wichtiger und seriöser als "Studie". Obwohl der Unterschied nicht allzugroß ist.

Wenn man aber das Wort Forschung vernimmt, gibt man einfach mehr in die Waagschale. Und Forscher des Ohio State University College of Medicine haben eben herausgefunden, dass sich die Selbstmordrate seit Erscheinen der Serie "Tote Mädchen lügen nicht" um ganze 28,9 Prozent erhöht hat. Es handelte sich dabei ausschließlich um junge Menschen der Altersgruppe zehn bis siebzehn Jahre. Betroffen sind mehr Jungen als Mädchen.

Ein Wiener Suizidforscher konnte für Österreich ähnliche Angaben machen. Er kritisiert stark, dass die Serie den Suizid als Ausweg darstellt und nicht etwa die Suche nach Hilfe. Auch werden die Erwachsenen nicht als hilfreich dargestellt; sie können entweder nicht einreifen oder wollen das auch nicht. Übrigens tritt dieses Phänomen des vermehrten Suizides stets auf, wenn eine bekannte Persönlichkeit durch den Freitod starb.

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» Quasselfee » Beiträge: 2143 » Talkpoints: 30,45 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich glaube auch, dass diese Serie, auch wenn ich sie selbst noch nicht gesehen habe, auf labile Jugendliche eine starke Sogwirkung haben kann. Insgesamt halte ich die ganze Show für sehr problematisch, weil gerade Serien ihren Konsumenten eine starke Identifikation mit den Hauptfiguren bieten und die Zielgruppe nun ausgerechnet eine sehr vulnerable ist, wenn es um Suizid geht.

Man darf nicht unterschätzen, dass Suizid in gewisser Weise "ansteckend" für Personen ist, die schon entsprechende Gedanken hatten. Immer wenn sich irgendwo ein Mensch umbringt, sind die gefährdeten Personen im Umfeld in einer erhöhten Bereitschaft, ihre eigenen Gedanken in die Tat umzusetzen. Dass muss nicht mal das Gebiet einer psychiatrischen Station sein, das kann sogar in der Nachbarschaft, im Fernsehen oder in der Öffentlichkeit sein.

Das ist ja auch der Grund, warum es den entsprechenden Presse-Kodex gibt, der besagt, nicht über Suizide in der Stadt zu berichten, weil man um diese Nachahmereffekte schon lange weiß. Und ausgerechnet eine Serie, in der die Hauptfigur ihren Suizid erfolgreich hinter sich gebracht hat und Sympathieträgerin ist, ist brandgefährlich für viele Jugendliche.

» Verbena » Beiträge: 4789 » Talkpoints: 3,77 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


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