Wahlrecht für Behinderte eine Fehlentscheidung?

vom 22.02.2019, 02:40 Uhr

Das Bundesverfassungsgericht hat den pauschalen Ausschluss von Insassen der Forensik und betreuten Personen von Wahlen als verfassungswidrig bezeichnet. Der Gesetzgeber darf nun eine neue Regelung erarbeiten. Da bin ich nun mal gespannt, wie das gehen soll. Eigentlich muss man schon einiges tun, um in die Forensik zu kommen. Und eine Betreuung bekommt man auch nicht so einfach.

Vor allem frage ich mich, wie eine Neuregelung aussehen soll? Gibt es dann extra einen Gutachter, der alle nochmals untersucht? Gibt es dann bald auch in der Forensik Wahllokale? Gibt es am Wahltag ein Medikamentenverbot? Gerade in der Forensik wird man bei Wahlrecht davon ausgehen, dass der Patient eigentlich gesund ist und nicht dorthin gehört.

Wer clever genug ist, lässt sich zuerst das Wahlrecht mit Gutachten bestätigen und verlangt dann mit diesem Gutachten die schnellstmögliche Entlassung. Der entsprechende Anwalt würde solch ein Gutachten zu nutzen wissen. Die Möglichkeit wäre auf jeden Fall da. Und Gutachten werden gegen Geld erstellt und niemand lässt ein Gutachten machen, um sich schlechter zu stellen.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 22.02.2019, 07:46, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Das Wahlrecht ist eines der wichtigsten Rechte, die eine Demokratie auszeichnet. Der Entzug des Wahlrechts wird immer von einem Richter angeordnet und gilt, soweit ich weiß, eh nur für zwei bis fünf Jahre. Ich persönlich würde überhaupt nie jemanden von der Wahl ausschließen. Übrigens darfst du auch unter Medikamenteneinfluss, bekifft oder völlig besoffen wählen gehen, solange du den Ablauf im Wahllokal nicht störst. Es ist auch nicht nötig, Wahlurnen in der Forensik aufzustellen. Es gibt ja auch die Möglichkeit der Briefwahl. Das Urteil besagt nur, dass das Wahlrecht nicht automatisch aberkannt werden darf, wenn man wegen Schuldunfähigkeit in die Forensik kommt.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


In der forensischen Psychiatrie sitzen unter anderem Sexualstraftäter. Wenn du dich sexuell zu kleinen Jungs hingezogen fühlst und deinen Trieb nicht unter Kontrolle hast, wie genau würde sich das auf deine Fähigkeit ein Wahlprogramm zu verstehen und eine rationale Entscheidung für eine bestimmte Partei zu treffen, auswirken? Wenn solche Menschen im normalen Leben nicht völlig normal funktionieren würden wäre es viel einfacher Straftäter und potentielle Straftäter zu identifizieren.

Eine Betreuung bekommt man auch wenn man sehr stark körperlich eingeschränkt ist und niemanden in der Familie hat, der das übernehmen will oder kann. Wie genau würde sich zum Beispiel eine Querschnittlähmung auf deine kognitiven Fähigkeiten auswirken? Würdest du sagen, dass die Tatsache, dass du deine Arme nicht mehr bewegen kannst um ein Kreuzchen zu machen, auch dazu führt, dass du nicht in der Lage bist zu verstehen für was dieses Kreuzchen überhaupt steht?

Welche Medikamente führen deiner Meinung nach dazu, dass man zweifelhafte Wahlentscheidungen trifft? Und welche dieser Medikamente sind nur für die Verwendung in der stationären Psychiatrie zugelassen und werden nicht an ambulante Patienten - mit Wahlrecht - verschrieben? Und hast du schon mal was von Briefwahlen gehört?

Benutzeravatar

» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich merke noch an, dass das Wahlrecht niemandem vorschreibt, rational zu wählen. Wähler dürfen eine irrationale Entscheidung treffen, wenn sie nicht unter Betreuung stehen. Und während also munter lustig Menschen aus den beklopptesten Gründen ihr Kreuz machen, dürfen es andere, die in vielen Fällen überlegt entscheiden, nicht? Und wenn man weiß, dass viele Wähler irrational wählen, was ändert sich dann, wenn ein paar Tausend mehr es tun? Denn ein anderer Anteil derer, die dann wählen dürfen, wählt rational. Der Untergang des Abendlandes droht also nicht, dafür dürfen Menschen endlich ihr Recht ausüben, die bisher ausgeschlossen waren.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Das bisherige Wahlrecht war mit Sicherheit nicht perfekt. Aber es war einfach und wenig manipulationsanfällig. Bei der Neufassung dürften nun letztlich die Gerichte entscheiden. Wer also genug Zeit und Nerven sowie etwas Kleingeld für seinen Anwalt hat, dürfte sein Ziel erreichen und der Rest steht auch nicht unbedingt besser da wie vorher. Aber ich lasse mich gerne von der konkreten Neuregelung positiv überraschen.

Ich habe nichts gegen das Wahlrecht für geistig Gesunde. Es spielt auch meiner Ansicht nach kaum eine Rolle, ob dieses Wahlrecht im einen oder anderen Fall zu Unrecht erteilt wird. Aber in der Forensik sitzen teilweise hochintelligente Psychopathen ein, für die ein Menschenleben nichts zählt.

Wer mal Frührente beantragt hat, kann sagen, dass der erste Gutachter etwas schreibt und die nachfolgenden Gutachter ihm nicht widersprechen. Sobald so ein Gutachten für Wahlrecht also da ist, dürften dessen Aussagen auch bei einer Entscheidung über eine vorzeitige Entlassung einfließen. Und vor Gericht wird nur nach Kriterien entschieden. Liegen die entsprechenden Kriterien vor, ist derjenige dann frei. Es darf in der Praxis kein Automatismus entstehen, der letztlich dazu führt, dass Schwerverbrecher freikommen und Morde oder andere Verbrechen verüben.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 23.02.2019, 11:21, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Juri, was hast du nur mit deinen Straftätern? Häftlinge dürfen wählen. Und wer beispielsweise in der Sicherheitsverwahrung in Nordrhein-Westfalen sitzt, soll dazu angehalten werden, seine Pflichten zu erfüllen, und damit auch zu wählen. Anders ist das nur, wenn ein Richter das Wahlrecht entzogen hat. Da braucht man keine Gutachten, die die Entlassung vereinfachen könnten.

In vielen Bundesländern dürfen Menschen in der forensischen Psychiatrie ebenso wählen wie gesetzlich Betreute. Deshalb sind da aber nicht reihenweise Menschen freigelassen worden. Warum sollte das also jetzt passieren?

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Du glaubst auch manchmal nur selbst, dass es viel bedarf, um in die Forensik zu kommen. Das klingt oftmals nur so schwierig und klar sind die Hürden groß. Doch vor Kurzem wurde eine neurotische Zechprellerin in die Forensik gepackt, weil sie dann unter Alkohol auch noch die Polizei gehauen hat. Kann ich ihr nun als H4-Empfängern, die gerne umsonst frisst, mal unter Alkohol den Polizisten schlägt nun ihr Wahlrecht nehmen? Nein, weil das wirklich sich mit ihrem Verhalten nicht auf die Meinung und Wahl aus.

Auf der anderen Seite sind auch Menschen in der Forensik, die entsprechend sich an Kinder mehrfach vergangen haben und keine Reue zeigen und mehr. Das sind aber auch deswegen keine Menschen, so sehr ich diese Subjekte förmlich hasse und verachte, aber wählen und ihre Taten haben nichts gemeinsam. Das heißt auch, dass man ihnen das Recht nicht absprechen kann, zu wählen.

Anders sehe ich das bei Menschen, die behindert sind und ihre Reichweite einer Wahl nicht verstehen können, wo auch schon Betreuer zugegen sind. Da muss man wiederum etwas aufpassen, um es wirklich vermeiden zu können, dass hier jemand die Unwissenheit der Betroffenen als Betreuer ausnutzt, um die Wahl mit seiner eigenen Meinung mit zu manipulieren, weil die behinderte Person es nicht verstehen würde.

Benutzeravatar

» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^