Junge auf dem stillen Stuhl vergessen

Ich saß heute im Wartezimmer bei einem Arzt. Dort unterhielten sich gerade zwei junge Frauen über ihre Kinder. Eine der Frauen macht wohl zur Zeit mit ihrer Tochter die Kindergarteneingewöhnung. Momentan ist sie täglich eine Stunde mit im Raum und soll nun nach und nach den Raum mal verlassen und die Zeit soll dann verlängert werden.

Die Mutter erzählte ein wenig vom Tagesablauf dort im Kindergarten. Wobei sie aber auch nur eine gute Stunde einen Einblick haben kann. Die Erzieherinnen seien wohl sehr mit sich selbst beschäftigt, so schien es der jungen Mutter. Allerdings würden sie relativ schnell die Kinder bestrafen. Eine beliebte Strafe sei wohl der sogenannte stille Stuhl. Die Kinder werden, damit sie sich beruhigen können, auf einen Stuhl gesetzt, auf dem sie ein paar Minuten still sitzen sollen.

Nun erzählte die Mutter im Wartezimmer ihrer Freundin, dass am Tag vorher wohl ein Junge auf den stillen Stuhl geschickt wurde und dort auch still saß. Die Erzieherinnen haben sich aber nicht weiter um den Jungen gekümmert. Der Junge saß sicherlich eine halbe Stunde. Die Erzieherinnen saßen mittlerweile in ihrer Ecke und tranken Kaffee. Eine der Erzieherinnen sah sich dabei im Raum um und entdeckte dann wohl auch den Jungen auf dem stillen Stuhl und meinte, er könne nun aufstehen, sie habe ihn leider vergessen.

Ich wurde dann von meinem Arzt in sein Sprechzimmer gerufen und konnte das Gespräch der beiden Mütter nicht weiter verfolgen. Ich kenne den stillen Stuhl an sich auch nur von der Super Nanny aus dem Fernsehen. Aber ich finde es doch ein wenig heftig, wenn die Erzieherinnen quasi unbequeme Kinder auf den stillen Stuhl schicken und das Kind dann vergessen.

Wie lange ist denn ein Aufenthalt auf dem stillen Stuhl überhaupt sinnvoll? In welcher Form sollten sich die Erzieherinnen in der Zeit um das betroffene Kind kümmern?

Weißt du das nur vom Hörensagen? Und nur vom Wartezimmer, wo sich zwei Frauen unterhielten und einer das gehört hat und der andere das wiederum von dem eigenen Kind gehört hat und dann weitererzählt? Wenn das der Fall ist, dann solltest du einfach nicht alles glauben, was man so erzählt und nur wenn die Erzieher und dieses Kind das selbst bestätigen und man weiß, dass nichts dabei gemacht wurde, ist es auch eine objektive Aussage. Selbst wenn der Junge das zu hause erzählt hat ist es nicht objektiv. Denn ein Kind hat gar kein Zeitgefühl.

Der stille Stuhl ist meines Erachtens dann positiv, wenn ein Kind "wieder runterkommen" soll, weil es sehr aufgebracht und sehr störend war. Dann kann dieser stille Stuhl auch wie die stille Treppe positiv verlaufen. Man sollte dann aber die Zeit einhalten, die man gesagt hat und auch das Kind dann loben, wenn es lieb war.

Ich sehe es ebenfalls so, dass das eine typische Geschichte vom Hörensagen ist und man da auch nicht alles glauben soll was man sich anhört. Eltern stellen manchmal gerne alles anders dar als es in der Wahrheit ist und bei einer Eingewöhnung, hat man maximal einen Einblick von 1-1,5 Stunden. Hier war diese Dame nicht mal anwesend sondern hat das nur gehört und vernommen und somit auch keinen "Beweis" für diese Dauer von der Zeit her.

Wie es ist als Erzieher für mehrere Kinder da zu sein und Verfügbar zu sein, kann sich kaum einer vorstellen. Dann sind die Kinder in den Einrichtungen noch anders als es die Eltern von Zuhause kennen und aus dem lieben artigen Kind wird da der Besen der sich nichts sagen lässt und anders herum. Sprich die Eltern denken immer, dass ihr Kind das liebste auf der Welt ist weil sie das von Zuhause kennen und wollen das was Erzieher dann ihnen sagen, auch nicht glauben und können sich das nicht im Ansatz vorstellen.

Der stille Stuhl ist im Endeffekt nichts anders, wie das schicken in einen anderen Raum. Bei Kita Einrichtungen hat man dafür nicht immer die Möglichkeit, Zuhause ist es das Kinderzimmer in das das Kind geschickt wird damit es wieder runter kommen kann. Eine Zeitangabe kann man da auch nicht genau festmachen, da es nach dem Alter des Kindes mit ankommt und wie lange es braucht damit es herunter kommt. Für ein Kind mit 2 Jahren sind es schon mal gerne gute 10-30 Minuten bis das wieder klappt und bei älteren Kindern teilweise sogar noch mehr. Mein Sohn saß schon mehr als eine Stunde in seinem Zimmer damit er wieder klar gekommen ist, nachdem er vorher komplett am hohl drehen war. Natürlich schaut man hin und wieder mal oder lauscht an der Tür, aber in einem Raum in dem der Stuhl steht und andere Kinder am Rennen und machen sind, dauert das länger als in der Abgeschiedenheit des eigenen Zimmers.

Wenn man das wirklich selber so erlebt hätte würde ich mich fragen warum die Frau dann ihr Kind in so einer Einrichtung abgeben will, wenn sie damit ein schlechtes Gefühl hat. So ein bisschen Auszeit von der Situation, wenn das Kind durchdreht ist sicherlich ganz gut. Ich schicke meinen Sohn auch ab und zu in sein Zimmer, wenn er sich nicht mehr benehmen kann. Allerdings sollte das Kind dann auch nicht ewig irgendwo auf einem Stuhl sitzen müssen.

Für Kinder kann es aber ganz gut sein einfach mal woanders zu sein, herunterzukommen. Bei uns geschieht das mit offener Kinderzimmertür und mir kommt es nur darauf an, dass er dann mal für sich ist. Im Kindergarten hat man sicherlich einiges zu tun und kann nicht immer überall sein, weswegen dann das Kind schon mal länger sitzen kann, wenn man es auf einen Stuhl setzt, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es dann stundenlang ignoriert wird.

Man weiß ja nicht, was nun wirklich vorgefallen ist und ob es so war, dass die Erzieherin den Jungen wirklich eine halbe Stunde auf dem stillen Stuhl vergessen hatte. Ich denke auch nicht, dass der Stuhl so unbequem sein wird. Ich wäre da auch vorsichtig und denke, dass man selbst nicht weiß, was sich nun zugetragen hat. Oftmals wird etwas beim weitererzählen ja noch dramatisiert und vielleicht hat das Kind einer der Frauen im Wartezimmer diese Gesichte zu Hause erzählt und es war doch anders. Normalerweise wird eine Erzieherin sicherlich eher nicht ein Kind vergessen.