Welche Beweggründe zur Selbständigkeit am häufigsten?

vom 02.03.2012, 23:30 Uhr

In der hiesigen Tageszeitung war am Wochenende ein Bericht. Dort wurde geschrieben, dass hier in der Gegend sehr viele Leute sich selbstständig gemacht haben. Es wurden nie so viele Gewerbescheine ausgestellt wie im Jahr 2011 und die Leute tendieren zur Selbstständigkeit.

Ich habe mich da gefragt, warum es so ist und was die Leute dazu bringt sich selbstständig zu machen anstatt sie einem Angestelltenverhältnis anstreben. Vieles ist durch ein Angestelltenverhältnis doch einfacher. Man braucht sich nicht extra krankenversichern, man ist rentenversichert, hat eine Arbeitslosenversicherung und Urlaubsanspruch, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall usw. Aber dennoch steuern viele Menschen der Selbstständigkeit entgegen. Welche Beweggründe zur Selbstständigkeit sind am häufigsten? Was denkt ihr?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



In erster Linie wird es wohl so sein, dass es seine Vorzüge haben kann, wenn man sein eigener Chef ist. Man kann so viel arbeiten wie man will, wann man will. Hat man an einem Tag keine Lust, arbeitet man eben am nächsten Tag mehr. Man kann sich Urlaub nehmen wann man will und ist dadurch recht flexibel, was auch seine Vorzüge haben kann. Man muss sich nicht rechtfertigen, und auch das kann sicherlich eine Rolle spielen.

Grundsätzlich sind das schon Vorzüge. Ich hätte aber ein Problem mit der unsicheren Bezahlung, muss ich sagen. Man weiß ja im Voraus nie, wie viel Geld man in dem Monat bekommen wird und wenn man laufende Kosten hat, was bei den meisten Menschen der Fall sein wird, dann kann es durchaus zu Engpässen kommen. Ich hätte da Bauchschmerzen, wenn ich nicht wüsste, ob ich rechtzeitig immer die Miete zahlen kann. Eine Selbstständigkeit ist daher nur sinnvoll, wenn man eventuell schon einen Kundenstamm hat und somit wenigstens halbwegs eine Summe X mit der man monatlich planen kann. Oder aber das Geschäft läuft so gut, dass man sich über das Geld gar keine wirklichen Gedanken machen muss.

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» winny2311 » Beiträge: 14930 » Talkpoints: 2,85 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich kann dir nur meine Beweggründe vor knapp sechs Jahren erklären. Denn ich kam aus der Babypause, wurde quasi als Alleinerziehend angesehen, da der Kindesvater unter der Woche nicht zu Hause war. Da war es schwer etwas zu finden, vor allem, wenn man dabei Vollzeit arbeiten wollte. Von der Agentur für Arbeit wurde ich dann in einen Kurs gesteckt, wo alles junge Mütter waren, die sich in verschiedenen Dienstleistungsbereichen ausprobieren sollten.

Von dort kam dann auch der Anstoß mit meinem Können doch in die Selbständigkeit zu gehen. Sicherlich wird irgendwo der Gedanke bei mir schon vorhanden gewesen sein. Aber der Schubs von Außen war halt dann noch nötig, damit ich ernsthaft darüber nachdachte. Naja und der Gedanke als Mutter von zwei kleinen Kindern fast ausschließlich zu Hause zu arbeiten und dann auch zu Zeiten, wo die Kinder entweder im Kindergarten sind oder schlafend im Bett, war eben verlockend.

Und heute, fast sechs Jahre später, bin ich froh damals diesen Schritt gemacht zu haben. Auch wenn sie meine Arbeit dabei doch in eine andere Richtung entwickelt hat, als damals geplant, läuft es rund und ich kann trotzdem noch genug Zeit für meine Familie finden.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Das Schöne an der Selbstständigkeit ist, dass man so arbeiten kann, wie man es möchte. Man ist an keine Weisungen gebunden und kann zumindest theoretisch machen, was man will. Man hat aber dadurch auch eine Unsicherheit, denn man darf nicht nur selbst gestalten, man muss es auch tun. D.h. man kann sich nicht gewissermaßen in eine vorbereitete Umgebung setzen, in der viele Dinge von anderen vorbereitet werden und man nur ganz bestimmte Aufgaben abarbeiten muss. Auch ist die ganze Versteuerung sicherlich auch nicht leicht zu durchschauen.

» vde » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich kann in meinem Umfeld diesen Trend nur bestätigen. Ich kenne auch sehr viele, die sich selbständig gemacht haben. Die Beweggründe waren sehr unterschiedlich. Einige wollten eben klassisch ihr eigener Chef sein und fühlten sich in einem Angestelltenverhältnis zu eingeengt. Andere haben das große Geld gewittert und waren felsenfest davon überzeugt, dass sie in der Selbständigkeit mehr Geld machen würden und das dann auch noch mit relativ wenig Arbeit.

Einige haben es in meinem Freundes- und Bekanntenkreis auch durchaus geschafft sich durchzusetzen. Aber es ist hart und das ist vielen am Anfang glaube ich nicht so ganz bewusst gewesen. Einige sind auch sehr zufrieden mit ihrem neuen Arbeitsleben als Selbständige/r. Aber ich kenne auch einige, die kläglich gescheitert sind und nun vor wirklich großen finanziellen Problemen stehen. Ich halte es zum Beispiel nicht für ganz richtig, dass man sich so einfach selbständig machen kann.

Ich selber war auch eine Zeit lang selbständig. Ich habe zwar kein Unternehmen gegründet, aber ich habe als selbständiger Trainer in einem Institut gearbeitet. Ich war mit dieser Selbständigkeit jedoch alles andere als Glücklich. Ständig hatte man einen Haufen Bürokram mit Steuerabgaben, Krankenkasse, Gewerbeschein und was auch immer. Ich komme nicht aus dem wirtschaftlichen Bereich und war somit durchaus überfordert. Ein Steuerberater oder dergleichen wäre mir jedoch zu teuer gewesen.

Ich bin auch unendlich froh, dass ich meine damalige Chefin überreden konnte, mich dann doch anzustellen. Ich habe das als einzige im ganzen Institut geschafft und ich bin heute mehr denn je froh darüber, weil es mein derzeitiges Leben massiv erleichtert. Ich bin dann nämlich ungeplant schwanger geworden. Danke, danke, dass ich davor angestellt war, weil so war ich sozial natürlich um ein vielfaches besser dran und das ist auch jetzt noch so.

Ich habe inzwischen angefangen, zumindest wieder ein wenig mit dem Arbeiten zu beginnen. Mein Sohn ist inzwischen drei Jahre alt und ich habe auch immer sehr gerne und sehr viel gearbeitet. Aus gesundheitlichen Gründen, wäre das aber bei meinem Sohn nicht viel früher gegangen und auch jetzt würde eine Vollzeitstelle noch nicht gehen. Da ich aber alleinerziehend bin, wäre das in einer Selbständigkeit notwendig. Dank meiner Anstellung bin ich nun aber zumindest halbwegs gut finanziell abgesichert.

Ich selber möchte nicht mehr selbständig sein. Mit einem chronisch kranken Kind und dann auch noch alleinerziehend ist mir das schlichtweg zu riskant. Mag sein, dass ich als selbständiger Trainer auf den ersten Blick mehr verdienen würde. Ohne Kind, als ich noch nur für mich verantwortlich war, war das auch vollkommen in Ordnung für mich. Wie gesagt, ich habe immer sehr gerne und auch sehr viel gearbeitet und zum Teil auch für meine Arbeit gelebt. Das hat sich finanziell natürlich sehr gelohnt, das ist in der Selbständigkeit schon durchaus ein Vorteil.

Aber für mich überwiegen die Nachteile! Es ist eben ein sehr unsicheres Schiff und ich bin generell kein risikofreudiger Mensch! Was, wenn ich selber einmal länger krank sein sollte, oder wie es derzeit der Fall ist, wenn mein Sohn krank ist? Dann war es für mich schon immer wieder ein hoher Druck und zum Teil auch Angst, dass ich immer ausreichend Seminare bekam. Es gab zum Glück niemals einen Engpass, aber ich hatte eben immer die Angst und die Sorge, dass es nach einem Seminar dann eh auch wieder weiter ging.

Kurz und gut, kann ich den Trend zur vermehrten Selbständigkeit auch nicht ganz nachvollziehen. Die Lage am Arbeitsmarkt ist generell nicht rosig, das ist mir klar, und auch eine Anstellung ist kein Garantieschein, aber dennoch hat man hier wesentlich weniger Risiko zu tragen und ist im Ernstfall doch um einiges besser abgesichert als in der Selbständigkeit. Man muss eben auch einfach der Typ dazu sein und das bin ich definitiv nicht.

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» tournesol » Beiträge: 7749 » Talkpoints: 66,19 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Es kommt immer darauf an, was man genau mit der Selbstständigkeit dann auch anfängt.

Für mich wird es definitiv in Frage kommen, nach dem Studium selbstständig zu arbeiten, es kann auch gut sein, dass ich schon in der Endphase meines Studiums damit anfangen werde. Ein großer Grund dafür ist, dass das in dem Bereich, in den ich arbeitstechnisch mal möchte, ohnehin vollkommen üblich ist. Es gibt da eigentlich kaum fest Angestelltenverhältnisse; das Meiste wird mit und von freien Mitarbeitern erledigt. Dazu kommt für mich noch, dass ich auch jetzt während des Studiums immer schon bei einer Firma im Studentenjob gearbeitet habe, bei der man auch selbstständig (also als Freelancer) arbeiten kann. Ich könnte dann also weiter dort arbeiten und in aller Ruhe in dem Bereich, in dem ich eigentlich aktiv sein möchte, nach Aufträgen suchen, ohne mich aber verrückt machen zu müssen. Als Studentin musste ich bei der Firma immer eine bestimmte Anzahl an Stunden arbeiten; die Selbstständigen mussten das aber nicht, sondern konnten sich ihre Stundenzahlen relativ frei einteilen.

Durch die Möglichkeiten der freien Einteilung ist es natürlich auch einfacher, die Arbeitszeit zu reduzieren, falls man zum Beispiel mal Kinder bekommt oder es andere Umstände im Leben gibt, die viel Zeit beanspruchen. Man hat halt nicht ständig den Arbeitgeber, der da hineinredet (und das natürlich auch muss).

Natürlich gibt es aber auch viele negative Seiten, um die ich mir auch jetzt schon Gedanken mache, dazu gehören natürlich vor allem solche Dinge wie laufende Kosten durch Krankenkasse und die komplizierter ausfallende Steuerklärung. Ich sehe für mich persönlich aber wirklich kommen, dass ich mich früher oder später wahrscheinlich selbstständig machen muss, wenn ich nicht nach dem Studium komplett im Callcenter landen oder gleich arbeitslos werden möchte. Das liegt aber natürlich eben an dem Bereich in den ich will und ich habe das auch im Vorfeld gewusst.

» Kasu » Beiträge: 43 » Talkpoints: 0,64 »


vde hat geschrieben:Das Schöne an der Selbstständigkeit ist, dass man so arbeiten kann, wie man es möchte. Man ist an keine Weisungen gebunden und kann zumindest theoretisch machen, was man will. Man hat aber dadurch auch eine Unsicherheit, denn man darf nicht nur selbst gestalten, man muss es auch tun. D.h. man kann sich nicht gewissermaßen in eine vorbereitete Umgebung setzen, in der viele Dinge von anderen vorbereitet werden und man nur ganz bestimmte Aufgaben abarbeiten muss. Auch ist die ganze Versteuerung sicherlich auch nicht leicht zu durchschauen.


Das ist doch zum großen Teil totaler Unsinn. Denn selbst als freiberuflicher Autor muss ich mich an gewisse Vorgaben halten. Auch dann, wenn ich mir das Thema eines Textes allein aussuche, gibt es Grundlagen zur Gestaltung des Textes, welche ich einhalten muss. Selbst dann, wenn ich sie auf der eigenen Webseite veröffentliche. Denn die Texte sollen ja auch gefunden werden.

Ansonsten, um bei dem Beispiel des Autors zu bleiben, habe ich halt freie Themenwahl und schreibe dann, wenn mir danach ist. Das sind aber schon die einzigen Dinge, welche ich dabei frei entscheiden darf. Nimmt man eine andere Branche als Beispiel, dann habe ich die Vorgaben des Kunden umzusetzen. Als Auftragnehmer kann ich dann zwar Vorschläge machen, aber führe am Ende nur den Wunsch des Auftraggebers aus. Dabei wird mir dann auch der Zeitrahmen vorgeschrieben und ich kann nur entscheiden, ob ich den Auftrag übernehme oder nicht.

Also so sehr eigener Chef, wie sich das mancher vorstellt, ist man mit der Selbständigkeit auch nicht, da man doch gewisse Bedingungen immer einhalten muss, um erfolgreich sein zu können.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Die Beweggründe sind sicherlich so unterschiedlich, wie die Selbstständigen und ihre Jobs. Zu dem Bericht in der Tageszeitung solltest du jedoch auch bedenken, dass dort scheinbar nur die Gewerbeanmeldungen genannt wurden, ohne Unterscheidung, ob es sich um ein Haupt- oder Nebengewerbe handelt. Ich denke, dass die Zahl deren, die nebeibei selbstständig arbeitet, mindestens genauso stark angestiegen ist, wie die Zahl der Vollzeit-Selbstständigen.

Jeder der mit seinem Hobby nebenbei auch etwas Geld verdienen möchte, sei es als Trainer, Verkäufer, Berater, Hostess oder Webseiten-Designer benötigt einen Gewerbschein. Ob damit dann wirklich Geld verdient wird, spielt keine Rolle und ist auch in der Statistik nicht ersichtlich. Ebenso verdienen sich viele Studenten nebenbei etwas auf selbstständiger Basis.

Die Zahl der Selbstständigen und Freiberufler steigt allerdings auch durch viele neue Tätigkeitsfelder im Internet, bzw. IT-Bereich stark an. Dazu kommen Versicherungsgesellschaften, die häufig lieber Leute mit Gewerbeschein beschäftigen. Oft wird den Bewerbern die Selbstständigkeit von den Firmen auch schön geredet. Allerdings sind Festanstellungen wie Kasu schrieb, in einigen Branchen eher die Ausnahme als die Regel.

Aber es ist natürlich auch so, dass man Vorteile hat. Man ist nicht auf einen Chef und seine Launen angewiesen, ist freier in seiner Arbeitseinteilung und entscheidet selbst, welche Aufträge man annimmt und welche nicht. Und wenn man neues ausprobieren möchte, muss man dies in erster Linie vor sich selbst rechtfertigen und wird nicht eingeschränkt durch Vorgesetzte. Natürlich muss man sich an Absprachen mit dem Kunden und Auftraggeber halten und es gibt wohl auch kaum selbstständige Unternehmer, die es sich leisten können, jemanden als Kunden wegen Kleinigkeiten abzulehnen, weil einem die Nase nicht passt oder der Auftraggeber erwartet, dass man zu morgendlichen Präsentationen erscheint, zu einer Uhrzeit, um die man lieber noch im Bett liegt.

Das man Urlaub machen kann, was man möchte und nur arbeitet, wann man Lust hat, ist allerdings absolut nicht so. Zum einem braucht man das Geld und es gibt wohl in jeder Branche Zeiträume oder Kunden, die man einplanen sollte.

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» Trisa » Beiträge: 3169 » Talkpoints: 61,19 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


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