Warum sagt man, man überlebe etwas?

vom 02.02.2012, 10:12 Uhr

Sicherlich kennt einer von Euch auch den Satz, wenn man selbst oder ein Familienmitglied, ein Freund oder eine sonstige nahestehende Person etwas überstanden hat, dass man sagt, man ist froh, wenn man es überlebt oder es überlebt hat. Das kann eine Krankheit sein, ein Unfall, genauso gut aber auch eine Trennung oder ein sonst irgendwie schlimmes Ereignis. Davon hört man ja immer wieder etwas.

In solch einer Situation frage ich mich dann, warum man überhaupt etwas überlebt beziehungsweise diese Situation gern mal so deutet, als sei man dadurch unsterblich geworden. Ja, man hat eine schwierige/ unangenehme Krise überwunden, aber dennoch kommt der Zeitpunkt, an dem man sich verabschieden muss. Das Wort "Überleben" passt doch letztendlich gar nicht so, da man ja im Grunde nur den Tod hinauszögert, ihn aber nicht "besiegt".

Ich weiß, dass es etwas abstrus klingt, aber vielleicht werde ich ja von der einen oder anderen Person verstanden. Verwendet Ihr denn selbst auch unbedacht mal das Wort "Überleben"? Was wollt Ihr dann damit ausdrücken? Für mich ist es letztendlich eine Freude des Ausdrucks, aber weiter gedacht ist es doch eher ein falscher Ausdruck,

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» *steph* » Beiträge: 18439 » Talkpoints: 38,79 » Auszeichnung für 18000 Beiträge



Ich kenne es natürlich auch, dass man eben sagt, dass man etwas überlebt hat. Diese Aussage kenne ich von Situationen her, wo eben jemand ausdrücken möchte, dass es wirklich sehr schlimm war, aber man es nun überstanden hat. Überleben scheint mir in dem Moment dann einfach dafür zu stehen, wie schlimm man diese Situation oder Zeit empfunden hat. Manchmal möchte man ja auch nicht direkt sagen, wie sehr man gelitten hat oder wie schrecklich es war und dann hört man eben oft die Aussagen, dass es der Jenige überlebt hat.

Ich denke mir bei dieser Aussage schon nichts großes mehr, weil man sie doch einfach zu oft hört. Natürlich meinen es die Jenigen dann auch nicht wörtlich. Denn so schlimm kann eine Trennung ja nicht sein, dass man wirklich davon ausgehen kann, dass der Mensch gerade so überlebt hat.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Etwas überlebt zu haben, bedeutet doch nicht, dass man unsterblich wurde. Es sagt nur aus, dass man diese eine Situation überlebt hat und nicht an ihr gestorben ist. Man hat also diesen Moment überlebt, in dem man hätte sterben können.

Ab und an ist das durchaus wörtlich gemeint, wenn man eine schlimme Krankheit wie den Krebs überlebt hat, oder auch eine schwere Operation. Aber es gibt auch durchaus den Fall, dass man dies bei schweren Zeiten sagt, auch wenn man dort nicht ernsthaft mit dem Gedanken an Selbstmord gespielt hat. Überlebt ist dann einfach nur ein anderes Wort für überstanden.

Aber noch mal: Das Wort überlebt hat überhaupt nichts mit der Unsterblichkeit zu tun, sondern nur mit einem Moment in dem man hätte sterben können, man aber dann nicht gestorben ist.

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» Endymion » Beiträge: 1015 » Talkpoints: 21,43 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich bin auch der Meinung, dass hier nur eine bestimmte Situation oder ein Zeitraum gemeint ist, der überlebt wurde. Dass der Tod allerdings dadurch nur hinausgezögert wurde, liegt wohl in der Natur des Menschen, an dessen Lebensende nun mal in jedem Fall der Tod steht, da dieser das Leben überhaupt beendet. Man macht sich alleine durch ein Überleben einer Situation also nicht unsterblich und das soll damit auch nicht ausgedrückt werden. Gemeint ist mit solchen Aussagen, die man umgangssprachlich verwendet, doch ohnehin nur, dass man eine Situation, die vor allem Außenstehende als unglaublich schwer ansehen, überstanden hat, man also nicht daran gestorben ist. Am häufigsten höre und tätige ich diese Aussage, es überlebt zu haben, wenn mir die Anteilnahme der Außenwelt übermäßig erscheint und ich mit einer gewissen Bescheidenheit deutlich machen will, dass es nicht so schlimm war wie mein Gesprächspartner denkt (obwohl es das vielleicht doch war) und ich vor allem das Gespräch langsam auch beenden will, meistens, weil mir die Anteilnahme zu groß wird und mich in Verlegenheit bringt. Ich sage dann also: „Ich hab's überlebt“ und damit nehme ich meistens meinem Gegenüber die Grundlage für sonderlich viele weitere Worte zu diesem Thema.

Dass diese Redewendung unlogisch ist, finde ich allerdings nicht. Wenn Du Dir beispielsweise eine schwere Operation vor Augen hältst, die sechzehn Stunden dauert und nach der der Patient erst einmal für einige Tage auf der Intensivstation liegt, dann wird er die Aussage, es überlebt zu haben, doch möglicherweise dann machen, wenn er wieder zur Arbeit geht und Kollegen von dieser schweren Operation hören und ihre Anteilnahme ausdrücken wollen. Wenn dem Patient das unangenehm ist oder er irgendwann nicht mehr darüber sprechen möchte, dann wird er wohl lächeln und sagen: „Naja, ich habe es überlebt“. Das hat er auch, denn er ist im Rahmen der Operation ja tatsächlich nicht gestorben – aber er hätte sterben können. Diese Aussage meint also nur, dass er eine Hürde genommen und gemeistert hat, die auch ebenso hätte für ihn zum Verhängnis werden können. Sein Leben hätte in dieser Situation nicht weitergehen müssen, weil ihm etwas Außergewöhnlicheres bevorstand, das unter anderem eben zum Tod führen kann. Das war bei ihm aber nicht der Fall, also hat er es überlebt.

Dennoch kenne ich diese Redewendung in erster Linie als etwas Umgangssprachliches, das hauptsächlich verwendet wird, um auszudrücken, dass eine Situation nicht so schlimm war wie ein Außenstehender glaubt. Eigentlich soll diese Aussage, etwas überlebt zu haben, doch wirklich nur eine bestimmte Situation oder einen Zustand abschwächen und deutlich machen, dass man davor keine Angst haben muss, weil man daran oder währenddessen schon nicht unmittelbar sterben wird.

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» moin! » Beiträge: 7218 » Talkpoints: 22,73 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Dabei handelt es sich doch nur um eine Redewendung. Nimm als Beispiel die Trennung von deinem Partner. Es ist kein so schlimmes Ereigniss, auch wenn es dir in diesem Moment so vorkommt der es wärt wäre dein Leben zu beenden. Dieses Sprichwort passt zu Ereignissen mit dennen man nicht gerechnet hat und die uns selber in eine tiefe Trauer stürzen von dennen wir uns aber auch wieder erholen und dann in eine schönere, bessere und freudigere Zukunft schauen. Es sagt einem auch das man selber mehr Wert ist als irgendwelche Personen die uns ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr guttun los reißen sollten. :)

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» piranha » Beiträge: 819 » Talkpoints: 0,89 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Deine Denkrichtung in Bezug auf diese Redewendung verstehe ich nicht. Überleben heißt doch nicht, dass man unsterblich ist. Wenn du etwas überschläfst, weil du sehr müde warst und zum Beispiel die Silvesterknallerei nicht mitbekommen hast, dann musst du dennoch wieder irgendwann wach werden bzw. schlafen. Wenn du etwas überdenkst, dann denkst du dennoch auch weiter und nicht nur diese Situation, die du überdenkst.

Ich glaube, dass du da einen Denkfehler drin hast. Ich würde nicht sagen, dass das Wort "über" etwas damit zu tun hat, dass man in Bezug auf das Leben dann unsterblich ist. Die deutsche Sprache ist zwar manchmal etwas schwer, aber gerade in dem Zusammenhang mit dem Leben würde ich das Wort "über" nicht so definieren, dass man unsterblich geworden ist, nur weil mal eine bestimmte Situation überlebt hat und nicht gestorben ist.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Dieser Ausspruch muss ja nicht nur so gedeutet werden, dass man etwas auf dem Operationstisch überlebt, eine Krankheit also. Man kann genau so gut etwas anderes sprichwörtlich überleben. Wenn zum Beispiel eine Person sehr lebhaft ist und ohne Punkt und Komma auf jemanden einredet und auch nicht duldet, dass diese Person sich auch mal äußert, kann man davon sprechen, dass man es überlebt hat, den Redeschwall nämlich. Oder aber, der Meister schickt seinen Lehrling in den April etwas einzukaufen, was es nicht gibt. Dieser wird im Geschäft ausgelacht und aufgeklärt. Als der Lehrling zum Meister zurückkommt fragt dieser, wie es war. Dann sagt der Lehrling: „Ich hab's überlebt!“

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich finde die Geschichte mit der Unsterblichkeit tatsächlich ein wenig abstrus. Unsterblichkeit wäre ja etwas, das nicht nur auf den Moment, sondern eben auch auf die gesamte weitere Zukunft bezogen ist. Wenn man hingegen eine Situation überlebt, dann ist das eher etwas, was den jeweiligen Moment betrifft. Wenn man einen Unfall überlebt, schützt einen das ja nicht davor, am nächsten Tag an einem Herzinfarkt zu sterben. Unsterblich ist man also nicht geworden, auch wenn man sich vielleicht kurzfristig so fühlt, wenn man eine schwere, lebensbedrohliche Situation überstanden hat.

Wenn man ernsthaft davon spricht, dass man etwas überlebt hat, dann handelte es sich meistens um ein Erlebnis, bei dem nicht im Vorfeld klar war, dass man es überstehen wird. An einer schweren Krankheit könnte man zum Beispiel sterben oder eine Trennung kann so schlimm sein, dass man sich selbst das Leben nimmt. Wenn man es aber schafft, diese Situation zu überstehen und trotzdem noch am Leben zu sein, kann man sicher von einem Überleben sprechen. Unsterblich muss man sich dann aber trotzdem nicht fühlen.

Ich sehe diesen Ausdruck eigentlich als Synonym für das Wort überstehen an. Er enthält schlichtweg die Information, dass man an einem bedeutenden Punkt angekommen ist, an dem man nicht wusste, ob man weiterleben oder sterben wird. Wenn man die Situation überlebt hat, ist man sozusagen über den Berg und hat das Schlimmste hinter sich gelassen. In den meisten Fällen wird der Begriff aber ohne diese Dramatik im Hintergrund genutzt. Wenn ich sage, dass ich es überleben werde, wenn ich heute Nudeln anstelle von Reis essen werde, dann ist das natürlich nicht ernst gemeint. Da handelt es sich dann einfach um eine abgedroschene Redewendung, wie das sicher in den meisten Fällen vorkommt.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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