RECS-Zertifikate und die Ökostrom-Lüge

vom 27.02.2010, 01:19 Uhr

Vielleicht hat sich ja auch schon mal jemand gewundert: in Deutschland gibt es über 500 Ökostrom-Tarife, aber woher kommt denn der ganze Strom? Aus der Steckdose wäre wohl ein wenig zu kurz gegriffen. Was aber von den meisten Ökostromkunden kaum jemand weiß, sein Strom kommt weiterhin aus deutschen Kohle- und Atomkraftwerken und nicht aus erneuerbaren Energien.

Wie geht es also, dass man Kohlestrom in Ökostrom umwandeln kann?

Der Weg ist einfach und billig: RECS-Zertifikate heißt das Zauberwort. Mit Hilfe dieser Zertifikate kann man sich von den eigenen CO2-Verschmutzungen freikaufen und erhält somit Ökostrom. Und da in Deutschland alle oder zumindest fast alle Ökostromangebote ausverkauft sind und es sich für deutsche Anbieter auch nicht lohnt, wird also fleissig im Ausland zugekauft. Beliebt bisher war neben Norwegen auch Österreich, inzwischen ist es aufgrund geänderter gesetzlicher Vorschriften in Österreich nur noch Norwegen.

Wie funktioniert der Deal mit den Zertifikaten nun: Angenommen als Stromerzeuger, nennen wir ihn einfach mal Kartello, wollen wir ein neues Kraftwerk bauen, weil alte ausgedient haben. Dann schaut man nach dem zur Zeit günstigsten Preis und landet zwangsläufig bei Steinkohle, die gibts billig in Südafrika und Rusland. So kostet eine KWh in der Erzeugung nur 4 Cent.

Das Kraftwerk ist mir rund 1 Milliarde Euro billiger als Wasser, Solar oder Wind und der Staat gesteht den Betreibern immer noch kostenlose Verschmutzungsrechte zu, die sich immer noch gut verkaufen lassen. Sie sind zwar kostenlos, haben aber einen Wert und werden in der Gesamtkalkulation natürlich dem Endkunden in Rechnung gestellt. Da die Veschmutzungsrechte meist höher sind als benötigt fallen aus dem Verkauf der nicht benötigten Rechte nochmal Gewinne an.

Um es dem Kunden dann schmackhaft zu machen erwirbt man zusätzlich RECS-Zertifikate in der Höhe, wie man Ökostrom anbieten kann. Der Preis dafür liegt zur Zeit bei rund 0,05 cent je KWh. Somit entstehen je KWh bei Kartello Kosten von 4,05 cent. Damit fließen rund 98,5% der Einnahmen in Kohle und nur rund 1,5% in erneuerbare Energien. So billig kann man Kohle- oder Atomstrom reinwaschen. Und das mit neuen Kraftwerken. Investitionen in neue erneuerbare Energien sind somit nicht entstanden und damit findet lediglich eine Umverteilung statt, aber keinerlei Entlastung der Umwelt.

Und in Deutschland ist es sogar zulässig dies zu verschweigen. So werben z.B. unsere Stadtwerke so: Sie erhalten 100% Ökostrom aus norwegischen Wasserkraftwerken. Das ist inhaltlich so völlig falsch, da kein Liefervertrag zwsichen den beiden Unternehmen besteht.

Anders sieht es inzwischen in Östereich aus, dort muss die Stromherkunft genau deklariert werden. Daher sidn auch kaum noch RECS-Zertifikate aus Österreich am Markt.

Ein Beispiel zur Verdeutlichung: in Norwegen wird mehr Strom aus Wasserkraft erzeugt als das Land selbst verbraucht. Der Zertifikatehandel in Norwegen ist sehr eifrig, so dass man im Gegenzug den norwegischen Kunden nun sagen müsste, dass ihr Strom inzwischen beinahe zur Hälfte aus Kohlekraftwerken kommt. Nun erklär mal einem Norweger, dass sein Strom aus Kohlekraftwerken kommt, obwohl sich das Land ausschließlich selbst mit Wasserkraft versorgt. Das geht nicht und daher glauben die Norweger, dass sie Wasserkraft haben und die deutschen Verbraucher glauben auch, dass sie genau die gleiche Wasserkraft haben. Zweimal Strom aus einem Kraftwerk, das geht leider nicht.

Wer also wirklich Ökostrom haben will, der sollte sich vorher genau vergewissern, dass der Anbieter keine RECS-Zertifikate verwendet. Dazu hilft meist nur ein Anruf beim Anbieter, da es in Deutschland leider keine Pflicht zur Veröffentlichung gibt.

Wirklichen Ökostrom erhält man nur bei folgenden Anbietern:
- Lichtblick: die kaufen den Strom tatsächlich auch physisch bei norwegischen Kraftwerken ein, ahben aber auch eigene Anlagen in Deutschland.
- Schönau, auch bekannt als die Stromrebellen: allerdings verwenden die auch Gas-Kraftwerke, allerdings nur zu einem sehr geringen Teil und daher immer noch sehr empfehlenswert
- Greenpeace Energy: kauft auch wie Lichtblick den Strom tatsächlich bei den Wasserkraftwerken ein und haben auch selsbt einige Windräder und andere Energiequellen
- Sieger in dem Vergleich wurde allerdings naturstrom: dieser Anbieter produziert mehr als 50 Prozent des Ökostroms in eigens geförderten Anlagen in Deutschland, kauft ebenfalls direkt zu, also ohne Zertifikate und sorgt mit den Investitionen in neue Anlagen in Deutschland als einziger Anbieter für neue Investitionen in Deutschland. Zudem sind sie im Preisvergleich auch die günstigsten.

Wer weiteres Interesse an dem Thema hat, dem stelle ich auch gerne Teile aus meiner Vortragsreihe zum Thema Ökostrom zur Verfügung.

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» betty » Beiträge: 1460 » Talkpoints: 0,13 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ökostrom zu kaufen ist sowieso völliger Blödsinn. Zumindest in Deutschland muss sowieso sämtlicher Strom aus erneuerbaren Energien von den Stromkonzernen zu einem festen Preis abgekauft werden muss. Klar, wenn die Ökostromanbieter irgendwelche Zertifikate aus dem Ausland kaufen, ändert das etwas die Situation.

Eines sollte man sich bewusst sein: Niemand wird tatsächlich Strom von Wasserkraftwerken aus Norwegen bekommen. Das Stromnetz kann so etwas gar nicht bewerkstelligen und selbt wenn wäre es absolut nicht sinnvoll, da die Verluste viel zu hoch wären.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Eines sollte man sich bewusst sein: Niemand wird tatsächlich Strom von Wasserkraftwerken aus Norwegen bekommen. Das Stromnetz kann so etwas gar nicht bewerkstelligen und selbt wenn wäre es absolut nicht sinnvoll, da die Verluste viel zu hoch wären.

Eben und genau darin besteht ja die Lüge.

Auszug aus einer Werbung für "Ökostrom", der nur über Zertifikate reingewaschen wird:

Bei dem Stromtarif XXX ist der Name Programm. Schließlich
wird er zu 100 % aus regenerativen Energien produziert. Das versprechen
wir Ihnen. Und was wir Ihnen versprechen, geben Ihnen
die unabhängigen Gutachter vom TÜV Süd sogar schriftlich.

Solange man das behaupten darf, obwohl der Strom nachweislich aus einem Kohlekraftwerk kommt und nur durch RECS-Zertifikate grün gemacht wird, solange ist es Betrug am Kunden. Denn der Strom wird eben nicht aus regenerativen Energien produziert. Und das mag zwar rechtlich möglich sein zu behaupten, aber es ist nicht weniger als gezielte Kundentäuschung.

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» betty » Beiträge: 1460 » Talkpoints: 0,13 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



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