Diskriminierung im Job verboten - Warum darf die Kirche es?

vom 12.08.2012, 22:17 Uhr

In dem Beitrag Welche Folgen hätte ein Austritt aus der Kirche? wurde ja festgestellt, dass die Einrichtungen, die mit der katholischen Kirche zu tun haben, nicht katholische Menschen ablehnen dürfen. Soweit ich weiß, dürfen die auch Leute entlassen, die sich scheiden lassen oder unverheirateter Weise zusammen wohnen und dadurch eben in "wilder Ehe" leben. Solche Mitarbeiter will die katholische Kirche nicht haben.

Im Fernsehen wurde auch gesagt, dass eine Lehrerin in einer katholischen Schule entlassen wurde, weil sie einen Muslimen geheiratet hat. Aber warum darf die katholische Kirche so diskriminieren? Warum darf sie einen Menschen nach dem Glauben nicht einstellen oder entlassen? Eine Firma darf ja auch nicht jemanden ablehnen, weil er schwul ist oder weil er zu dick ist oder eben zu alt ist. Aber die katholische Kirche darf es und keiner kommt dagegen an. Wie ist das mit dem Arbeitsrecht zu vereinbaren?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Es ist keine Diskriminierung, wenn katholische Kirchen nur katholische Leute einstellen. In einem katholischen Kindergarten sollen die Kinder ja katholisch erzogen werden. Das kann jemand, der nicht mehr in der Kirche ist, ja gar nicht, das heißt schlicht und ergreifend, dass er die Qualifikation nicht mehr hat. Das hat mit Diskriminierung nichts zu tun. Wenn jemand geschieden ist, kann er auch niemanden mehr im katholischen Glauben erziehen, weil das dem Glauben widerspricht. Eigentlich müssten solche Leute freiwillig kündigen, weil es sonst in meinen Augen eine Heuchelei ist.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich finde die Diskrimminierung auch undenkbar. Wieso dürfen nur Katholiken in katholischen Einrichtungen arbeiten, während die Kirche aber vom Staat von ganz regulären Steuerzahlungen Zuschüsse für ihre gemeinnützigen Einrichtungen erhält?

Wieso sollte Sie überhaupt als einzige Institution in Deutschland das Recht haben, nach sexueller Identität und Gesinnung, nach Religionszugehörigkeit und Familienstand diskrimminieren zu dürfen? Das Recht der Kirche hierzu stammt noch aus einer Zeit, in der die Kirche sehr viel mächtiger war und z.B. Homosexualität ein Verbrechen war.

Das kann nicht so bleiben! Aber momentan hat die Kirche noch dieses Recht. Wer der Kirche dieses Recht nehmen will, der sollte sein Kreuz alle 4 Jahre immer fernab von 'CDU' setzen, die natürlich die Rechte der Kirche immer verteidigen wird. Ein großer und schneller Wandel ist aber freilich auch von den anderen Volksparteien nicht zu erwarten.

Vielleicht wird das Bundesverfassungsgericht irgendwann mal einer Klage wegen ungerechtfertigter Kündigung durch die Kirche stattgeben - und damit einen Präzedenzfall schaffen. Dann hätte die Kirche nicht mehr die Möglichkeit zu diskrimminieren.

» TuDios » Beiträge: 1475 » Talkpoints: 4,83 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



@anlupa: Wenn ich katholisch bin und mich scheiden lasse, dann bin ich immer noch der gleiche Mensch. Wenn ich katholisch bin und mit einem Mann nur zusammenlebe oder nicht kirchlich geheiratet habe, bin ich dann eine schlechtere Erzieherin, nur weil ich nach der katholischen Kirche in wilder Ehe lebe? In einem katholischen Kindergarten sind auch muslimische Kinder, evangelische Kinder und glaubensfreie Kinder. Warum müssen die eine katholische Erzieherin haben oder eine Erzieherin, die auch nach dem katholischen Glauben lebt? Meine Kinder waren in einem evangelischen Kindergarten, obwohl sie katholisch waren und es war in diesem Kindergarten auch eine muslimische Erzieherin. Warum ist die katholische Kirche da so streng?

Ich muss sagen, dass ich es auch sehr diskriminierend finde und habe das auch nie verstanden, als in unserem katholischen Kindergarten eine Erzieherin, die Witwe war und einen Mann kennenlernte, den sie aber nicht heiraten wollte, sondern nur so mit ihm zusammenziehen wollte gekündigt wurde. Die Frau war 25 Jahre in dem Kindergarten beschäftigt. Sie ist bestimmt dann keine schlechtere Katholikin geworden, weil sie sich eben nicht mehr durch Heirat binden wollte. Was ist da Heuchelei dran?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Die katholische Kirche ist eh so eine Sache für sich. Aber es ist meiner Meinung nach schon irgendwo nachvollziehbar, dass man eine andere Meinung oder ein anderes Weltbild in einer katholischen Einrichtung nicht haben möchte. Das ist alles schon ziemlich engstirnig. In einer solchen Einrichtung muss man ja auch das Bild, das die Einrichtung von der Welt hat, weitergeben und eben sich dem auch fügen.

Daher kann ich schon verstehen, warum man keine anderen Religionen in seiner Einrichtung haben möchte. Ich glaube aber auch, dass es besser so für den Bewerber ist, da man sich dort als nichtgläubiger Mensch dort sicherlich auch keinen Spaß mehr haben wird.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Rechtlich ist es so, dass die Kirchen (nicht nur die katholische Kirche) als sog. Tendenzbetrieb zahlreichen "Lockerungen" des Arbeitsrechts unterliegt und sich bzgl. den Angestellten anders aufstellen kann und meines Erachtens auch anders aufstellen muss. Das trifft aber auch auf Parteien und Gewerkschaften zu. Denn hier handelt es sich nicht um gewöhnliche "Firmen", für die eine Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung, der Lebensweise oder der Parteizugehörigkeit undenkbar. Bei Tendenzbetrieben, deren Grundlage religiöser oder politischer Natur ist, sieht dies anders aus. Letztlich ist es auch so, dass erwartet wird, dass die Mitarbeiter sich auch mit der Organisation identifizieren und der Arbeit dort nicht allein (aber natürlich auch) dem Broterwerb wegen nachgehen. Es wird auch ein wenig die eigene Selbstaufgabe mit der persönlichen Identifikation mit dem Arbeitgeber erwartet.

Angestellte bei VW sind durchaus in der Lage, auch mit einem FIAT zur Arbeit zu fahren. Hier wird in der Beziehung keine "Treue" gegenüber dem Unternehmen verlangt bzw. erwartet. Das ändert sich aber mit der Höhe der Hierarchiestufe und wird mit den Dienstwagenregelungen unterstrichen. Führungsmitglieder bei VW werden mit Sicherheit Probleme mit dem Arbeitgeber bekommen, wenn sie mit einem BMW auf dem Firmenparkplatz gesichtet werden.

So ist es nun bei der katholischen Kirche letztlich auch. Nur ist es hier sogar vom Gesetzgeber geduldet. Es ist nicht denkbar, dass in verantwortlichen Positionen der Kirchen (immer dann, wenn es um Finanzen oder der Vertretung nach Außen geht!) Personen beschäftigt werden, die offen den Prinzipien des Arbeitgebers (im "Privatleben") widersprechen. Auch kann niemand für die CDU arbeiten, der dann am Abend Wahlkampf für die Grünen machen will. Bzw. muss die Partei das nicht dulden.

Arbeitsgerichte haben nun der Sache insofern einen Riegel vorgeschoben, dass diese Praxis sich nicht bis zur letzten Stelle durchziehen muss. An den Orten, an denen die Kirchen z.B. Putzpersonal beschäftigt, darf der Glaube der hier Angestellten (keine verantwortliche Position und auch keine repräsentative Stelle) keine so gewichtige Rolle spielen, dass der Job in Gefahr ist. Bei Erzieherinnen hingegen sehr wohl: der Arbeitgeber kann zu Recht annehmen, dass hier die Erziehungsaufgaben nicht gemäß der eigenen Wertvorstellungen wahr genommen werden, wenn die Erzieherin eben den kirchlichen Regeln selbst keine Bedeutung für ihr Leben zukommen lässt. Auch würde so eine Erzieherin bei Gesprächen mit Eltern rein nichts mehr an Glaubwürdigkeit haben.

Die Kirche ist in dem Fall also nicht diskriminieren, sondern sorgt nur für den Fortbestand ihrer Institution.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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