Darf man einen Demenzkranken hinrichten?

vom 18.05.2011, 21:12 Uhr

Gerade habe ich einen Artikel entdeckt, über den in den amerikanischen Medien stark debattiert wird. In dem Artikel geht es um den 63 Jahre alten US-Amerikaner "Daniel Bredford". Dieser lebt im US-Staat Ohio und ist hier auch seit 1984 inhaftiert. Der Grund für seine Inhaftierung war ein grausamer Doppelmord, den er im Jahr 1982 begangen hat. Dabei lautete sein Urteil 1984 nicht nur Haft, sondern auch Todesstrafe.

Der Mann saß also über 27 Jahre in Haft und wartete auf seinen Tod. Zu seiner Inhaftierung war der Mann also 36/37 Jahre alt. Im Verlauf seiner Inhaftierung wurde der Mann Demenzkrank und er vergaß zum einen überhaupt den Grund, wieso er im Gefängnis saß und zum anderen wusste der Mann weder das er hingerichtet wird, noch warum. Der Anwalt des 63-Jährigen klagt bis zu letzt gegen das Urteil, da man dies einem Mann mit Demenzkrankheit nicht antuen könne. Jedoch half all dies nichts und der Mann wurde mit der Hilfe eines Tierbetäubungsmittels hingerichtet.

Ich sehe diesen Fall wirklich sehr kritisch und weiß ehrlich gesagt nicht, was ich dazu sagen soll. Glaubt ihr, dass man hier mit Recht gehandelt hat? Kann man einen Demanzkranken für seine Verbrechen hinrichten, wenn dieser sich daran gar nichtmehr erinnern kann?

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» damomo » Beiträge: 3334 » Talkpoints: -0,80 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Als ich deinen Beitrag grad las, dachte ich auch dass man jemanden der Demanz krank ist und sich nicht mal an seine Tat erinnert nicht "einfach so" hinrichten lassen kann und finde es irgendwie schlimm, dass jemand hingerichtet wird und derjenige gar nicht mal mehr weiss wieso.

Auf der anderen Seite allerdings frage ich mich, warum man das nicht sollte. Nur weil der Täter sich nicht mehr an seine Tat erinnern, heisst es ja nicht dass er diese nicht begangen hat. Und da dieses Urteil fiel, bevor er an Demenz erkrankt ist, sehe ich eigentlich keinen Grund darin, dieses Urteil rückgängig zu machen.

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» Nana_2011 » Beiträge: 2250 » Talkpoints: 0,21 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich sehe das ähnlich, die Tat hat er immerhin begangen als er noch nicht an Demenz erkrankt war und von daher sollte er auch dafür bestraft werden. Als ich diesen Beitrag jedoch gelesen habe, stellte ich mir als erstes die Frage, wieso ein Mensch überhaupt 27 Jahre in Haft sitzt, bevor man ihn hinrichtet? Zum Tode verurteilt wurde er doch scheinbar bereits 1984. Wieso also wird der Verurteilte erst 27 Jahre später wirklich hingerichtet?

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» Punklady1989 » Beiträge: 867 » Talkpoints: 2,23 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Sicherlich darf man einen demenzkranken Mensche hinrichten, die Amis dürfen doch sowieso alles. Ich stehe Todesstrafe wegen "nur" 2 Morden sowieso skeptisch gegenüber, aber das ist eine andere Sache. Der Täter hat die Staftat aber getan, als er noch nicht an Demenz erkrankt war, also war er damals noch mehr oder weniger normal.

Auch ich frage mich aber, wieso man den Mann noch 27 Jahre zappeln ließ, bevor man ihn dann hingerichtet hat und die Strafe nicht sofort 1984 vollzogen hat.

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» delpiero224 » Beiträge: 1378 » Talkpoints: 4,49 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



delpiero224 hat geschrieben:Auch ich frage mich aber, wieso man den Mann noch 27 Jahre zappeln ließ, bevor man ihn dann hingerichtet hat und die Strafe nicht sofort 1984 vollzogen hat.


Vielleicht liege ich falsch, aber das ist gar nicht mal selten, dass zum Tode Verurteile jahrelang in Haft sitzen, bevor es zur Hinrichtung kommt. Das liegt zum einen sicher auch daran, dass eben wirklich sicher geprüft werden muss, ob dieser Verurteile wirklich der Schuldige ist. Es dauert auch sehr lange bis der Inhaftierte einen Revisionsprozess bekommt, wenn er diesen stellt.

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» Nana_2011 » Beiträge: 2250 » Talkpoints: 0,21 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Gerade weil erst Jahre später manchmal die Unschuld doch bewiesen werden kann, wartet man so lange mit der Durchführung des Urteils. Dazu war doch heute abend auch bei Stern TV ein Beitrag, wo das eben nach 18 Jahren dann erst nachweisbar war.

Aber die damalige Verurteilung hat mit dem heutigen Gesundheitszustand des Täters absolut gar nichts zu tun. Daher sehe ich auch keinen Grund den Täter wegen einer Erkrankung zu begnadigen. Oder sollte hier ein verurteilter Täter einfach so Haftverschonung bekommen, nur weil er recht schwer erkrankt?

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


damomo hat geschrieben:[...]Ich sehe diesen Fall wirklich sehr kritisch und weiß ehrlich gesagt nicht, was ich dazu sagen soll. Glaubt ihr, dass man hier mit Recht gehandelt hat? Kann man einen Demanzkranken für seine Verbrechen hinrichten, wenn dieser sich daran gar nichtmehr erinnern kann?


Also als zivilisierter Europäer sollte dir ehrlich gesagt schon etwas dazu einfallen. Schau mal in deine Verfassung und schau bitte auch in den EU-Vertrag.

Wie kann man überhaupt Menschen hinrichten? Was sind das doch für Barbaren? Eine von Rache beseelte Justiz, die nicht merkt, dass dieses Verhalten in keinster Weise Verbrechen verhindert. Im Gegenteil, die Gefängnisse der USA sind bezogen auf die Einwohnerzahl in den USA so voll, wie in keinem anderen Land.

Wäre man auf Sühne aus, darauf dass der Verbrecher ein Einsehen hat, geläutert ist, was weiß ich, wie man es nennen will, dann verbietet sich letztlich sogar eine Bestrafung eines Demenzkranken. Denn dazu hat der - genau wie viele geistig behinderte Menschen - gar nicht die Einsichtsfähigkeit. So ein Handeln der Justiz ist nur erklärbar, wenn dieses System auf Rache aus ist. Und genau das konntest du da wieder beobachten.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Richtlinie2 hat geschrieben:Also als zivilisierter Europäer sollte dir ehrlich gesagt schon etwas dazu einfallen. Schau mal in deine Verfassung und schau bitte auch in den EU-Vertrag.


Meinst du damit zum Beispiel so einen Absatz:

Hessische Verfassung Art. 21, Abs. 1: Ist jemand einer strafbaren Handlung für schuldig befunden worden, so können ihm auf Grund der Strafgesetze durch richterliches Urteil die Freiheit und die bürgerlichen Ehrenrechte entzogen oder beschränkt werden. Bei besonders schweren Verbrechen kann er zum Tode verurteilt werden.


Sicher heutzutage durch übergeordnetes Recht gegenstandslos geworden, dennoch steht das Ganze noch immer so in der Verfassung des Landes Hessen. Auch die Bayern hatten bis 1998 einen ähnlichen Passus. Auch war die Todesstrafe per Strafgesetzbuch generell bis 1953 in der BRD erlaubt und für Mord sogar vorgesehen.

Grundsätzlich halte ich aber auch nichts von der Todesstrafe. So richtig will es mir nicht in den Kopf was daran besser sein soll, wenn man ein Täter für eine Straftat mit der gleichen Straftat bestraft. Problematisch ist auch immer, dass man eine Straftat ja eigentlich fast nie zu 100% beweisen kann, sondern oftmals nur zu 99,99%, man mit der Vollstreckung eines Todesurteils aber endgültig ausschließt, dass man sich dochmal geirrt haben könnte. Das trifft zwar bei Gefängnisstrafen auch zu, aber da kann man die Leute ja zumindest wieder rauslassen und sie noch ein paar Jahre leben lassen und gegebenfalls entschädigen.

Wenn man sich aber dazu entschließt Leute zu bestrafen, so darf es da für die gleichen Umstände keine zwei verschiedenen Strafen geben.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


So wie ich es verstanden habe ist es so, dass der Mann den Mord bereits begangen hat, als er noch völlig bei Bewusstsein war. Daher denke ich, dass eine Gefängnisstrafe angebracht ist. Da ich aber allgemein gegen die Tötungsstrafe bin, bin ich auch der Meinung, dass die Tötung immer unangebracht ist. Jedoch ist sie es vor allem dann, wenn der Mann nicht mal mehr weiß, wieso er umgebracht wird. Die Menschen sollen ja "leiden", weil sie für ihr Verbrechen büßen sollen. Jedoch ist es ja so, dass er sich nicht mehr daran erinnern kann und da ist die Todesstrafe dann, meiner Meinung nach, doppelt sinnlos.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


Ich bin der Meinung, dass man eine einmal verhängte Strafe nicht wegen einer schweren Krankheit zurücknehmen darf. Man kann den Mann nicht schonen, weil er Demenz hat, und einen anderen, der klar im Kopf ist, seine Tat aber inzwischen ehrlich bitter bereut, dafür hinrichten.

Dass zum Tode verurteilte so lange auf die Vollstreckung des Urteils warten, kommt in der Tat sehr häufig vor. Ich halte das für total bescheuert. Wenn man in zwei Jahren nicht die Schuld/Unschuld eines Angeklagten zweifelsfrei beweisen kann, kann man das meist auch in 20 Jahren nicht.

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» Studia » Beiträge: 1182 » Talkpoints: 2,44 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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