Gehört das Jugendstrafrecht auf den Prüfstand?

vom 09.02.2022, 21:41 Uhr

Am Landgericht Bamberg gab es eine Verhandlung gegen eine 19-jährige! Serienkillerin, die ihre Opfer rein zufällig ausgewählt hat und aus reiner Mordlust handelte. Jedenfalls bekam die Täterin nach Jugendstrafrecht 12 Jahre Haft aufgebrummt und auch wenn ich nicht genau weiß, wie viele Menschen sie umgebracht hat, ist das Urteil für mich schon ein kleiner Witz. Findet ihr nicht auch, dass das Jugendstrafrecht mal auf den Prüfstand und reformiert gehört und bei besonders schweren Delikten keine Anwendung mehr finden dürfen?

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» Lupenleser » Beiträge: 1124 » Talkpoints: 849,95 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Wo liegt jetzt dein Problem? Selbst nach Erwachsenenstrafrecht sind für mehrfachen Mord maximal 15 Jahre drin. Mit 12 Jahren für einen Mord ist sie nun nicht ausnehmend milde behandelt worden, das Jugendstrafrecht geht ebenfalls bis 15 Jahre hoch.

Da besteht nun kein Unterschied. Und dass die Strafe innerhalb einer psychiatrischen Einrichtung im Gefängnis abgesessen wird, ist wohl eher sinnvoll. Dazu ist eine Sicherungsverwahrung nicht ausgeschlossen. Was soll denn noch passieren, deiner Meinung nach? Was soll sich ändern?

» cooper75 » Beiträge: 13325 » Talkpoints: 497,57 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


In dem Fall dieses Mädchen müssen wir natürlich auch berücksichtigen, dass sie schon immer eine hohe Affinität zu einem verurteilen US-Serienkiller hatte. Sie scheint psychisch gesehen sehr weit von der Realität entfernt zu sein, sonst würde eine Affinität nicht in ihrer eigenen Mordlust münden. Das ist schon echt unnatürlich für einen normal denkenden Geist. Sie war ja meines Wissens nach auch der Ansicht, dem US-Serienkiller, gleichwohl er wohl tot sein soll, zu imponieren.

In ihrem Fall wäre auch das Erwachsenenstrafrecht nicht wirklich zielführend gewesen, wenn keine Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt gegeben ist. In ihrem Fall ist die Strafe an sich nicht gegeben, weil sie Hilfe braucht. Ich entschuldige ihre Taten nicht, weil sie eine klare Mörderin ist, aber in ihr scheint psychisch gesehen auch etwas halt nicht zu stimmen, was zu behandeln sein wird. Da ändert die Jugendstrafe weder etwas am Strafmaß noch an dem möglichen Zukunftsmusiken.

Wenn sie wirklich psychiatrisch in einer Anstalt ihre Strafe absitzen muss, wird man genau wissen, ob sie jemals als „geheilt“ oder „keine Gefahr für die Öffentlichkeit“ gilt, um dann wieder herausgelassen zu werden. Ihren Werdegang weiß man jetzt beispielsweise noch nicht und wie tiefgründig ihre psychische Problematik ist sowieso nicht.

Ob das Jugendstrafrecht allgemein auf dem Prüfstand muss? Mir stinkt es in jedem Fall, dass missratene Familien ihre bewusst unter 14-jährigen Kinder zum Straftäter machen. Keine Seltenheit, erlebe ich in jedem Fall täglich! Ich betreue derzeit 80 Familien, weil ich eigentlich einem anderen Kerngebiet zugeordnet bin, während meine Kollegen und Kolleginnen teilweise bis zu 120 Familien betreuen. Wir haben alle eines gemeinsam, 30% sind Mitbürger/-innen, die das Strafrecht bewusst und absolut wissentlich nutzen, um ihre Kinder entsprechend kriminell heranzuziehen! Doch was bringt es mir jetzt da zu sagen, das Strafrecht muss angepasst werden, es ändert nichts! Haftstrafen sind da kein Hindernis und dann kommt das nächste Kind.

Mir missfällt ebenso der Gedanke, dass auch einige Blagen genau wissen, dass ihnen unter 14-Jahren nichts geschieht, jemanden auf dem Kopf rumspringen, in Gruppen auf andere einprügeln und mehr. Keine Seltenheit, sondern bei uns wirklich Alltag! In den letzten sechs Monaten gab es zig Meldungen durch die hiesige Polizei, wo wir mal drüber schauen müssen/sollten und die Klientel bleibt ja ohnehin dieselbe.

Das missfällt mir alles. Ohne Frage, aber früher in den Knast bringen, bringt nur einen von der Straße und ändert nichts am eigentlichen Problem. Ich habe 14-Jährige bis 16-Jährige Rotzblagen vor mir stehen, die mir dreckig ins Gesicht lachen und klar sagen, dass der Knastaufenthalt eine Lachnummer war und das glaube ich ihnen auch.

Ich kenne aus meiner eigentlichen Berufung eben Menschen, die teilweise die Hälfte ihres Lebens im Gefängnis verbracht haben, Erwachsene. Prostituierte, Drogenabhängige, Obdachlose usw. Das Gefängnis fand keiner so richtig schlimm. Jeden Tag drei sichere Mahlzeiten, eventuell etwas Arbeit und zum Ende der Haftzeit etwas Geld. Nette Justizbeamte und Justibeamtinnen, vielleicht eine Förderung, etwas clean und mehr.

Unsere Gefängnisse sind „Luxus“ für einige und nicht schlimm. Versteht mich nicht falsch. Das bedeutet jedoch nicht, dass dies der Grund ist, wieso so viele straffällig werden. Auch in den USA ist die Rückfallquote enorm und die Gefängnisse sind teilweise widerlich. Das Problem ist ein gesellschaftliches Problem, so denke ich mittlerweile. Irgendwo muss ja der Grund stecken, wieso was nicht stimmt mit einigen Kindern/Jugendlichen.

Die 19-Jährige wäre aus meinem Zuständigkeitsbereich eh raus! Doch ich habe jetzt schon mit etlichen Kindern zu tun, die ganz sicher wieder straffällig werden und wir können auch mit einem Entzug aus den Familien nicht mehr viel bewirken. Das Problem ist eben schon da, in den Köpfen und sonst wo. Meine Kollegen verzweifeln da weniger daran, denn die haben sich daran gewöhnt. Da ich eigentlich anderweitig im Einsatz war und neu in dem Bereich bin, verstehe ich vieles noch ganz persönlich zu nehmen.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



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