Sollten Arzneimittel verteuert werden?

vom 14.10.2019, 17:56 Uhr

Um Arzneimittel-Lieferengpässen entgegenwirken zu können, kursieren ja Meinungen, dass man die Preise für Arzneimittel erhöhen müsse und somit hätten die deutschen Pharmaunternehmen einen größeren Anreiz in Deutschland zu produzieren und müssten nicht die Produktion nach China oder Indien auslagern.

Was haltet ihr denn von solch einem Argument? Wärt ihr bereit höhere Arzneimittelpreise zu bezahlen, um Lieferengpässe zu vermeiden? Findet ihr die Pharmaindustrie derart notleidend, dass man sie auf diese Art und Weise unterstützen müsste?

Benutzeravatar

» mikado* » Beiträge: 3037 » Talkpoints: 1.002,67 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich sehe das ganz kritisch. Mag sein, dass es dann weniger zu Lieferengpässen kommen würde, aber was ist denn mit den Leuten, die einfach wenig Geld zur Verfügung haben und sich eh schon überlegen müssen, ob sie ein Medikament bezahlen können oder nicht? Solche Leute gibt es auch in Deutschland und da finde ich es falsch den Preis noch weiter zu erhöhen.

Ich meine letztendlich würde das den Leuten schaden, die wenig oder gar kein Geld haben und das ist dann nicht richtig. Es wird nun mal nicht alles von der Krankenkasse übernommen. Das betrifft mich nun nicht und mir wäre es eigentlich vom Preis her auch recht egal, aber solche Leute würden mir leid tun, wenn sie dann leiden müssen, weil das irgendwer so festgelegt hat.

Benutzeravatar

» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Wurde die Produktion ins Ausland verlagert weil die Firmen in Deutschland sonst pleite gegangen wären? Wurde die Produktion verlagert, weil die Preise in Deutschland so niedrig sind, dass überhaupt keine andere Möglichkeit blieb als die Kosten zu senken? Oder wurde die Produktion vielleicht doch eher verlagert weil man so noch mehr Gewinn machen kann und noch mehr Rendite für die Aktionäre raus holen kann?

Ich glaube nicht daran, dass man als Endverbraucher einfach durch einen höheren Preis an einem System etwas ändern kann, das man selber so gar nicht erschaffen hat. Beispiel Textilindustrie. Es wurde mal ausgerechnet, dass wir mit 50 Cent mehr pro T-Shirt dafür sorgen könnten, dass die Textilarbeiterinnen einen angemessenen Lohn bekommen würden und die Kinder länger die Schule besuchen könnten. Was ist passiert? Fast nichts. Weil ein besserer Lebensstandard mittelfristig zu weniger Gewinn für die Industrie führen würde.

Benutzeravatar

» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Indien ist bei Firmen deshalb so beliebt, weil man dort Dritte Welt und Top-Ärzte an einem Platz hat. Studien sind dort einfacher. China lässt Medikamente, die dort produziert werden, einfach schneller zu. Das mit der Produktionsverlagerung nach Deutschland zweifle ich an. Viele Firmen kamen auch aus dem Ausland mit schlechten Erfahrungen wieder hierher.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Wer die Preise nicht für mitverantwortlich hält, der versteht das System nicht. Es geht hier schließlich nicht um neue Wirkstoffe mit Patentschutz und entsprechenden Preisen, sondern es sind Generika betroffen. Und da gibt es eindeutig einen hausgemachten Systemfehler.

Da die Krankenkassen regelmäßig mit den Herstellern verhandeln, lohnt es sich für die vergleichsweise kleinen Hersteller von Generika nicht, eine eigene Produktionsstätte zu unterhalten. Warum sollte man die aufbauen und unterhalten, wenn man nicht weiß, ob man den Zuschlag erhält, oder im positiven Fall nach ein oder zwei Jahren wieder erfolgreich verhandelt?

Zumal man die Apothekenpreise nicht mit dem gleichsetzen darf, was der Hersteller erhält. Mal ein Praxisbeispiel von vor ein paar Jahren. Schilddrüsenhormone von Henning waren marktführend. In der damaligen Preisrunde senkten die Kassen den Erstattungsbetrag für den Hersteller auf 3,35 Euro für 100 Stück mit der Wirkstärke 100. Der Apothekenpreis lag bei fast 16 Euro, aber damit hat der Hersteller ja nichts am Hut.

Denn Hexal ging den Preis mit. Das war eine tolle Geschichte! Jetzt sparten die Kassen also satte 16 Cent pro Dreimonatspackung, dafür war das Zeug ständig nicht lieferbar. Und Schilddrüsenhormone haben eine enge therapeutische Breite. Wer den Hersteller wechselt, muss trotz gleicher Wirkstärke auf der Packung teuer neu eingestellt werden. Das zu Sanofi gehörende Henning-Werk in Spanien produziert zuverlässig und verkauft seit Jahren preisstabil.

Und da eben nur Dumpingpreise gezahlt werden und der billigste den Zuschlag bekommt, konzentrieren sich die Hersteller der Wirkstoffe auf nur wenige Werke. So mancher Wirkstoff wird weltweit nur noch in einem Werk produziert. Gibt es da ein Problem, weil Rohstoffe fehlen, Qualitätsprobleme auftreten oder es einen Defekt gibt, dann dauert es eben zwei Wochen, bis wieder was kommt. Weil die Kalkulation so eng ist, hat ja auch kein Hersteller das Zeug groß auf Lager.

» cooper75 » Beiträge: 13327 » Talkpoints: 498,02 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^