Sind die Deutschen doch nicht so reich, wie sie immer tun?

vom 27.07.2018, 00:21 Uhr

Immer wieder wird ja betont, dass Deutschland ja ach so reich wäre, aber immer mehr Studien belegen genau das Gegenteil. Denn hier wird zum Beispiel beschrieben, dass gerade die Deutschen zu den armen Würstchen in der EU zählen. :( Überrascht euch dieses Ergebnis oder habt ihr dieses auch so eingeschätzt? Stört euch dieses Ergebnis oder ist es euch egal?

Benutzeravatar

» mikado* » Beiträge: 3037 » Talkpoints: 1.002,67 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun? Deutschland ist ein reiches Land. Es erwirtschaftet sehr hohe Überschüsse bei Steuern und Exporten. Der deutsche Staat nagt definitiv nicht am Hungertuch. Nur bedeutet ein reiches Land nicht automatisch Reichtum für die Bürger.

Auf dem Papier ist auch das Privatvermögen riesig. Über 13 Milliarden sind mehr als das vierfache Bruttoinlandsprodukt. Theoretisch müsste damit jeder ziemlich viel auf der hohen Kante haben. Dummerweise liegt das Medianvermögen unter 20.000 Euro. Tatsächlich besitzen 20 Prozent der Bevölkerung 80 Prozent des Vermögens.

Dazu haben wir einen riesigen Niedriglohnsektor und gerade niedrige Einkommen werden hoch belastet. Deshalb ist Deutschland definitiv ein reiches Land, aber viele Menschen sind nicht wohlhabend oder gar arm. Das ist kein Widerspruch. Das ist aber doch alles keine Neuigkeit und sollte jedem klar sein, oder?

» cooper75 » Beiträge: 13327 » Talkpoints: 498,02 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Irgendwie komme ich aber mit den genannten Zahlen nicht klar, denn wenn man diese mal recherchiert, dann kommt man beim Bruttoinlandsprodukt von 2017 auf etwa 3,26 Billionen Euro und keine 13 Milliarden und das Geldvermögen der privaten Haushalte wurde in 2017 auf 5857 Milliarden Euro beziffert. Das sind ja eigentlich gigantische Summen, aber wieso sind wir dann dennoch "das Armenhaus" der EU?

Benutzeravatar

» mikado* » Beiträge: 3037 » Talkpoints: 1.002,67 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



cooper75 hat geschrieben:Der deutsche Staat nagt definitiv nicht am Hungertuch. Nur bedeutet ein reiches Land nicht automatisch Reichtum für die Bürger.

Das sehe ich genauso. Das liegt doch so dermaßen auf der Hand, dass man das gar nicht mehr diskutieren braucht meiner Ansicht nach. Dass das der Fall ist doch für jeden offensichtlich, wenn man nicht gerade in Deutschland lebt und mit Scheuklappen durchs Leben geht.

Benutzeravatar

» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



cooper75 hat geschrieben:Der deutsche Staat nagt definitiv nicht am Hungertuch. Nur bedeutet ein reiches Land nicht automatisch Reichtum für die Bürger.

Es hängt aber miteinander zusammen. Ein reicher Staat kann seinen Bürgern mehr bieten. Insbesondere günstige Infrastruktur. Auf welcher Autobahn zum Beispiel bezahlen wir als PKW-Fahrer denn eine Maut in Deutschland? Die Schulen sind kostenlos und Zuzahlungen im Gesundheitswesen halten sich auch arg in Grenzen. Das funktioniert nur, wenn der Staat entsprechende Spielräume und die Sozialkassen Rücklagen haben.

Dementsprechend ist die Studien eigentlich auch nichts wert. Sie berücksichtigt ja nur einen Teil des Vermögens. Die Frage ist ja schließlich auch immer, was man sich von seinem Vermögen denn alles leisten kann. Genauso wie ja interessant ist, dass die Deutschen offensichtlich auch wesentlich mehr verdienen als viele andere der Vermögens Spitzenreiter.

Auch stellt sich die Frage, ob zum Beispiel nicht viele griechische oder italienische Vermögen nicht auch zum Teil durch Steuerbetrug zu Stande kommen und damit nur ein verzerrtes Bild darstellen, weil dieses Geld dann dem Staat fehlt und er sich seine Infrastruktur nicht leisten kann.

Würde diese Studien tatsächlichen Rückschluss auf das Leben zu lassen, dann müssten die Griechen ja alle in Saus und Braus leben und in Deutschland verhungern wir alle. Aber irgendwie deckt sich das nicht so richtig mit der Wirklichkeit.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Die Wirklichkeit sieht doch so aus, dass statt Haushaltsüberschüssen nur noch Haushaltsdefizite und Steuerausfälle beklagt werden. Konjunkturprognosen müssen laufend nach unten korrigiert werden und eine Besserung ist weit und breit nicht zu sehen. Reichtum ist immer eine Momentaufnahme und muss Jahr für Jahr verteidigt und auch neu erwirtschaftet werden. Nicht umsonst sehen einige Politiker Deutschland in einer unbegründeten "Wohlstandsillusion“ und befürchten schon ein böses Erwachen. :whistle:

» Herr Krawuttke » Beiträge: 424 » Talkpoints: 29,04 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Herr Krawuttke hat geschrieben:Die Wirklichkeit sieht doch so aus, dass statt Haushaltsüberschüssen nur noch Haushaltsdefizite und Steuerausfälle beklagt werden. Konjunkturprognosen müssen laufend nach unten korrigiert werden und eine Besserung ist weit und breit nicht zu sehen. Reichtum ist immer eine Momentaufnahme und muss Jahr für Jahr verteidigt und auch neu erwirtschaftet werden. Nicht umsonst sehen einige Politiker Deutschland in einer unbegründeten "Wohlstandsillusion“ und befürchten schon ein böses Erwachen. :whistle:

Lässt du dich so leicht blenden? Es gibt doch kein Haushaltsdefizit. Nur kann man zusätzliche Luxusausgaben, die man schon einplanen wollte, bevor man überhaupt die Steuermehreinnahmen hatte, vielleicht doch nicht realisieren. Die Realität ist ja nur, dass wir doch nicht so ein starken Zuwachs der Steuereinnahmen haben, wie man es sich letztes Jahr noch dachte. Aber die Steuereinnahmen sinken deswegen ja nicht. Und genau deswegen muss für einen ausgeglichenen Haushalt auch keine aktuellen Ausgaben gekürzt werden.

Sinnbildlich hast du dir ein Haus gebaut, was du problemlos per Kredit abzahlst und dachtest mit deiner Gehaltserhöhung kannst du dir nächstes Jahr einfach noch eins kaufen und abbezahlen. Nun kommt die Erhöhung nicht oder zumindest nicht so stark wie du es dachtest und du baust dir halt nicht das zweite Haus. Lebst du deswegen schlechter? Musst du deswegen aus deinem ersten Haus ausziehen? Nö eigentlich nicht. Ähnlich geht es doch dem deutschen Staat, den Ländern und den Sozialkassen. Es ist genug Geld da, man muss halt nur schauen, ob wirklich alle Steuergeschenke, die man so vor hatte wirklich Sinn machen und man sie sich leisten kann.

Das ist doch aber völlig normal. Wie will man denn ernsthaft fast treffsicher Einnahmen in 5 Jahren vorhersagen? Da muss man doch regelrecht nach oben oder unten daneben liegen. In den letzten Jahren waren die Vorhersagen eben zu pessimistisch, jetzt waren sie mal zu optimistisch. Das werden wir sofern wir nicht bald das Zeitliche segnen, alles noch etliche Male in unserem Leben erleben.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



Klehmchen hat geschrieben:Es ist genug Geld da, man muss halt nur schauen, ob wirklich alle Steuergeschenke, die man so vor hatte wirklich Sinn machen und man sie sich leisten kann.

Ich verstehe dennoch nicht, wieso man angesichts von 2 Billionen Euro Staatsverschuldung, von einem reichen Land und keinerlei Haushaltsdefiziten sprechen kann. Wie arrogant und überheblich muss man denn da sein? Solche Schuldensummen kommen ja eher schon einem Staatsbankrott gleich.

» Herr Krawuttke » Beiträge: 424 » Talkpoints: 29,04 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Herr Krawuttke hat geschrieben:
Klehmchen hat geschrieben:Es ist genug Geld da, man muss halt nur schauen, ob wirklich alle Steuergeschenke, die man so vor hatte wirklich Sinn machen und man sie sich leisten kann.

Ich verstehe dennoch nicht, wieso man angesichts von 2 Billionen Euro Staatsverschuldung, von einem reichen Land und keinerlei Haushaltsdefiziten sprechen kann. Wie arrogant und überheblich muss man denn da sein? Solche Schuldensummen kommen ja eher schon einem Staatsbankrott gleich.

Ganz einfach, weil der deutsche Staat zum einen eine höhere Wirtschaftsleistung als viele andere Ländern hat und im Gegensatz zu den meisten Ländern auf der Welt nicht nur seine Schulden/Kredite begleicht, sondern sogar abbaut. Würdest du jetzt etwa auch jeden Hausbesitzer, der sein Haus über einen Kredit finanziert hat als arm bezeichnen?

Das ist doch eine recht weltfremde Sichtweise. Lass uns das doch mal mit dem Häuslebauer vergleichen. Wer heute ein Haus baut und dazu ein Grundstück kauft, der ist doch völlig problemlos mit 300.000 bis 500.000 Euro dabei. Und damit kaufst du nicht mal ein Luxushaus oder einen riesigen Park, sondern vielerorts ein Standardhaus und ein Grundstück irgendwo zwischen 500 und 1000 Quadratmeter. Nun dürften die meisten Familien die sich so ein Haus kaufen, wohl kaum mehr als 50.000 Euro netto verdienen und hätten damit bei einer 50%-Finanzierung schon gemessen am jährlichen Einkommen eine Schuldenlast von 300-500 Prozent. Sind solche Leute dann auch arm und gefühlt Pleite? Nein, denn zum einen haben sie mit dem Haus einen Gegenwert und zum anderen kann keiner klagen, solange sie ihre Kredite bezahlen.

Der deutsche Staat dagegen hat gemessen am BIP eine Schuldenquote von um die 60 Prozent, Tendenz deutlich fallend. Die Griechen dagegen stehen bei 180 Prozent. Willst du da wirklich sagen, dass die besser dastehen als wir und sich tatsächlich mehr leisten können als wir? Warum gehen die dann alle auf die Straße in Griechenland? Warum brauchte Griechenland Unsummen von den anderen Euroländern und dem IWF? Sie hätten es sich doch dann problemlos bei ihren Bürger holen können.

Die Statistik ist Mumpitz und nichts anderes. Oder glaubst du tatsächlich, dass der Großteil der Menschen in Südost- bis Südwesteuropa reichen sein soll als die Deutschen und genau die gleichen staatlichen Leistungen erhält wie die Deutschen?

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^