Seid Ihr auch manchmal zu sehr lösungsorientiert?

vom 15.12.2013, 05:25 Uhr

Wenn ich mir hier manchmal Fragen anderer durchlese und insbesondere die Antworten dazu lese, dann habe ich das Gefühl, dass diese mitunter nicht zusammenpassen. Einige Fragesteller wollen nur mal meckern oder Dampf ablassen, wollen sich mal aussprechen in schriftlicher Form natürlich oder vielleicht von anderen ein wenig Beileid hören. Es geht denen also nicht darum, Lösungsvorschläge zu hören, sondern eher um die emotionale Unterstützung. Was dann aber als Antwort kommt, häufig irgendwelche Lösungsvorschläge und meistens auch welche, die ziemlich naheliegend sind und bei denen man davon ausgehen muss, dass der Fragende diese bereits selber probiert hat.

Das frustriert natürlich beide Seiten. Derjenige, der sich eigentlich nur mal Luft machen wollte und auf Antworten, wie „Mir würde es auch so gehen“ oder „Klar, dass Du Dich so fühlst“ usw. gehofft hatte, wird enttäuscht und fühlt sich vielleicht auch nicht ernst genommen, weil er durch die schnell vorgebrachten Lösungstipps den Eindruck hat, die anderen würden ihn für unfähig halten. Und diejenigen, die helfen wollen, haben das Gefühl, dass die Ratschläge gar nicht ankommen oder alle durch irgendwelche „Ausreden“ abgewehrt werden.

Ich kenne beide Seiten. Ich habe mal jemandem (nicht online, sondern im realen Leben) gesagt, dass ich vor einer bestimmten Sache Angst habe und der hat mir dann ganz schnell eine Lösung präsentiert. Diese Lösung war an sich auch nicht schlecht, aber ich hatte eben den Eindruck, der nimmt mich gar nicht für voll und sieht mich als kleines Dummchen, das unfähig ist, eine naheliegende Lösung selber zu finden. Stattdessen wollte ich eher einfach mal drüber reden und eben so ein bisschen vor mich hin meckern, um mir etwas den Frust von der Seele zu reden - mehr nicht.

Genauso haben auch mir andere schon von ihren Problemen berichtet und ich habe gemerkt, dass mein Lösungsvorschläge gar nicht so richtig ankamen. Später habe ich dann verstanden, dass manchmal Vorschläge eben gar nicht erwünscht sind; dass es also nicht immer darum geht, zu meckern, um Tipps zu bekommen, sondern dass das Darstellen eines Problems manchmal nur bedeutet, dass man etwas Zuspruch möchte. Darum halte ich mich inzwischen auch bewusst zurück und sage nicht „Tu doch dieses oder jenes“, wenn mir jemand von seinen Problemen berichtet, sondern höre nur zu oder stelle Fragen. Wie geht es Euch denn damit? Habt Ihr auch festgestellt, dass manchmal Lösungsvorschläge unangebracht sind? Wollt Ihr manchmal auch einfach nur meckern und keine Tipps hören?

» vde » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 16.12.2013, 13:04, insgesamt 4-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Ich schreibe das deutlich. Entweder: "Was meint ihr? Habt ihr das auch schon erlebt?" oder "Wer weiß eine Lösung, was könnte ich tun, was würdet ihr mir raten?" Dass man auch Ratschläge bekommt auf die man auch selbst kommen könnte stört mich weniger; der andere kann ja nicht wissen was ich schon weiß, andersherum kann etwas für jemanden auf der Hand liegen, für mich aber nicht, dann freue ich mich sehr über eine solche für mich neue Idee.

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» Karteileiche » Beiträge: 259 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Gerade in Diskussionsforen hängt es doch vom Threadersteller selbst ab, in welche Richtung die Diskussion geht. Ich meine, wenn mehrere Fragen formuliert werden und man um Rat fragt, dann ist es klar, dass Ratschläge und Lösungsansätze überlegt und präsentiert werden. Wenn man aber nur nach der Gefühlsebene fragt und ob es anderen genauso gehen würde, ist klar, dass die Antworten anders lauten würden als lösungsorientiert. Man hat es als Threadersteller doch selbst in der Hand und wenn die Antworten in die falsche Richtung gehen hat man selbst was falsch gemacht und seine Ausgangsfragen nicht präzise genug gestellt.

Abgesehen davon fällt es mir persönlich schon manchmal schwer, zu erkennen, ob eine Person Trost und Zuspruch braucht, ob sie nur einen Zuhörer braucht und Dampf ablassen möchte oder ob da jemand einen Ratschlag braucht. Im Zwischenmenschlichen im realen Leben wird das ja nicht immer so klar kommuniziert wie in Diskussionsforen. Da habe ich mir dann angewöhnt, die Person einfach zu fragen, was ihr am besten helfen würde und wie ich am besten reagieren soll. Das hat bisher immer gut geklappt.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich falle auf jeden Fall in die Kategorie "männliches Denken". Wenn mir jemand etwas von einem Problem erzählt denke ich automatisch über Lösungen nach und gehe das Ganze sehr sachlich und methodisch an. Ich bin nicht der Typ Mensch, der groß mitleidet und sich in die Probleme von anderen Menschen hinein steigert.

Ich verstehe auch nicht so wirklich warum man von Problemen, für die es theoretisch eine Lösung geben könnte, erzählt und sich dann aber weigert Ratschläge anzunehmen. Ich finde es eigentlich immer gut wenn ich noch eine andere Perspektive zu hören bekomme. Und ich meine jetzt natürlich nicht so etwas wie "ich habe mir das Bein gebrochen". In dem Fall wäre ich wahrscheinlich auch eher genervt wenn jemand mit klugen Ratschlägen daher kommen würde, die an den Fakten ja alle nichts ändern können.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



In diesem speziellen Rahmen mache ich mir ehrlich gesagt keine größeren Gedanken, ob jemand Lösungsvorschläge lesen möchte oder sich einfach nur ausweinen. Wir sind hier alle (oder zumindest die meisten?) Fremde im Internet, und die Idee dieses Forums ist für mich die Diskussion über unterschiedliche Themen an sich. Also ehrlich gesagt weder Lebenshilfe noch Schulter zum Ausweinen, sondern eher eine Aneinanderreihung unterschiedlicher Lebenserfahrungen und -einstellungen bezüglich unterschiedlicher Alltagsthemen.

Umgekehrt würde ich ja auch nicht unbedingt das "Internet" in dieser Form um Lösungsvorschläge bitten, sondern mir lieber im wirklichen Leben Rat holen als von einem Haufen Fremder, die logischerweise alle unterschiedliche Meinungen haben und denen es im Endeffekt höchst wahrscheinlich egal ist, ob ich die tollsten Sehenswürdigkeiten New Yorks zu sehen oder das Problem mit meiner Kollegin gelöst bekomme.

Ich finde auch, dass die Idee eines Diskussionsforum quasi von der Definition her lösungsorientiert ist. Wie soll denn eine Diskussion mit unterschiedlichen Ansätzen, Pro und Contra zustandekommen, wenn doch eigentlich nur tröstender Zuspruch erwartet wird? Da wird doch höchstens der Thread geschlossen, weil jede/r nur "Das ist aber scheiße, da beneide ich dich nicht!" in Variationen von sich gibt. Und mir zumindest bringt es überhaupt nichts, billiges "Beileid" von Fremden zu ernten, die mit mir absolut nichts zu schaffen haben.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Oh ja, ich gehöre auch zu den Typen, die nicht immer eine Lösung für ein Problem haben wollen. Ich habe manchmal auch Situationen, in denen ich mich einfach ärgere und meinem Ärger Luft machen möchte, indem ich mich dann mit einer anderen Person darüber unterhalte. Dann möchte ich eigentlich einfach nur, dass die Person sich dann bitte ein bisschen mit mir aufregt und mir sagt, dass sie die Situation genau so scheiße findet wie ich. Dann bin ich schon glücklich und fühle mich danach um einiges besser. Wenn ich mich dann nämlich fertig aufgeregt habe, dann kann man danach auch über eine Lösung für das eigentliche Problem reden.

Vorher muss mir aber keiner mit Lösungsvorschlägen kommen, wenn ich mich noch nicht beruhigt habe. Ich bin dann, wie wohl viele Leute, nicht in der Lage vernünftig zu denken und das Problem objektiv zu betrachten. Dazu bin ich erst später in der Lage, wenn ich mich beruhigt habe. Wenn man mir in der Phase, wo ich mich noch aufrege, Lösungsvorschläge macht, dann nehme ich sie sowieso nicht an und halte sie für nicht richtig, obwohl sie das eigentlich wären, wenn man es mal neutral und nüchtern betrachtet.

» Hufeisen » Beiträge: 6056 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


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