Durch Krankheit ein völlig neuer Mensch werden?

vom 10.12.2018, 11:03 Uhr

Man hört durchaus, dass manche Menschen nach einer Krankheit oder auch durch diese ihr Leben verändern. Ich frage mich, ob man dadurch ein völlig neuer Mensch werden kann. Ich habe schon erlebt, dass jemand plötzlich wichtig wurde, viel Zeit mit Menschen zu verbringen, die ihm etwas bedeuten. Vorher hat er dies immer eher von sich geschoben und es schien eher nebensächlich zu sein. Ich denke, dass es meistens kleinere Veränderungen sind, die dann vorgenommen werden.

Habt ihr schon erlebt, dass jemand durch eine Krankheit ein völlig neuer Mensch wurde? Hat sich da so viel verändert, dass man den Menschen kaum vom Verhalten her wieder erkannt hat? Ist es überhaupt möglich, dass sich jemand so stark verändert, dass man ihn als völlig neuen Menschen sieht?

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Ich verstehe ehrlich gesagt deine Logik nicht so wirklich. Nur, weil sich Prioritäten verschieben, heißt das doch noch lange nicht, dass man ein völlig neuer Mensch wird. Ein neuer Mensch wird man meiner Ansicht nach, wenn sich der Charakter ändert und das ist ja durch eine Krankheit nur bedingt der Fall.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


Vorstellen kann ich mir schon, dass Grenzerfahrungen aller Art vielleicht nicht im wörtlichen Sinne "neue Menschen" erzeugen können, aber dass sich der Lebensstil, die Prioritäten oder das generelle Weltbild derart verschieben, dass man den Betroffenen aufs Erste gar nicht mehr wiedererkennt.

Aber ich wäre auch vorsichtig damit, hier gleich wieder mit Klischees und romantischen Vorstellungen zu kommen, sprich, dass Krankheiten bessere Menschen aus den Patienten machen. Nicht jeder, der Krebs hat oder hatte, wird dadurch automatisch zu einem tiefenentspannten Zeitgenossen, der sich an den Kleinigkeiten des Lebens erfreut, und nicht jedes Unfallopfer lernt tapfer und zuversichtlich mit den verbliebenen Körperteilen zufrieden zu sein.

Manche verbittern auch oder bleiben mehr oder weniger die gleichen Arschkrampen wie immer, nur dass sie im Rollstuhl sitzen oder ähnliches, wofür ich auch Verständnis habe. Nicht jeder Schicksalsschlag ist dafür geeignet, als "Inspiration" herzuhalten, was im Endeffekt sowieso nur heißt: Immerhin hat es den getroffen und nicht mich.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Es gibt da durchaus ein paar Krankheiten, die dazu geeignet sind dich in einen völlig neuen Menschen zu verwandeln. Du hast die freie Auswahl zwischen so ziemlich allem, was das Gehirn betrifft. Schlaganfall, Aneurysma, Hirntumor oder vielleicht doch lieber eine Meningitis?

Und ja, es gibt Menschen, die irgendwann ihr Leben aus welchem Grund auch immer radikal ändern. Warum muss unbedingt eine Krankheit der Grund sein? Eine neue Beziehung, ein neuer Job, ein Kind und so weiter sind oft auch Anlass für eine drastische Änderung.

Nicht jeder Schicksalsschlag ist dafür geeignet, als "Inspiration" herzuhalten, was im Endeffekt sowieso nur heißt: Immerhin hat es den getroffen und nicht mich.

Genau aus diesem Grund hasse ich "inspiration porn". Eine Inspiration ist eigentlich etwas dem man nacheifert, aber in dem Fall würde doch niemand mit seiner "Inspiration" tauschen wollen. Ich finde "inspiration porn" extrem zynisch.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Bei meinem Vater war es auf jeden Fall so, wobei es bei ihm aber nicht unbedingt eine bewusste Entscheidung war. Er war früher beispielsweise eine richtige Leseratte und hatte manchmal die ganze Nacht damit verbracht, zu lesen. Nachdem er seinen Herzinfarkt gehabt hatte, war das dann gar nicht mehr so. Er verlor die Lust am Lesen völlig und hat seitdem nie wieder mehr ein Buch angerührt. Auch sonst hat er sich charakterlich einfach extrem verändert, auch wenn er das selbst nicht so wahrnimmt.

Ich denke, dass viele Krankheiten oder Vorfälle dazu führen, dass jemand einfach unbewusst irgendwelche charakterlichen Veränderungen durchläuft. Allerdings gibt es ja auch viele Menschen, die sich bewusst dazu entscheiden, ihr Leben zu ändern und die sich auch selbst bewusst verändern.

Gerade dann, wenn jemand nur knapp dem Tod entkommen ist oder wenn jemand gesagt bekommt, dass er nur noch wenige Monate oder Jahre zu leben hätte, ist es ja oft so, dass sich diese Personen sehr verändern. Ihnen wird bewusst, wie wertvoll das Leben ist und oft haben die Personen dann auch die Motivation, etwas zu tun, was sie sonst früher einfach nicht getan hätten, was sie aber immer tun wollten.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


Prinzessin_90 hat geschrieben:Nachdem er seinen Herzinfarkt gehabt hatte, war das dann gar nicht mehr so. Er verlor die Lust am Lesen völlig und hat seitdem nie wieder mehr ein Buch angerührt. Auch sonst hat er sich charakterlich einfach extrem verändert, auch wenn er das selbst nicht so wahrnimmt.

Dir scheint nicht so ganz klar zu sein, dass Korrelation nicht dasselbe ist wie Kausalität. Du wirst nie erfahren, ob tatsächlich der Herzinfarkt die Ursache für seine Prioritätenverschiebung bzw. Verhaltensänderung ist. Es könnte genauso gut sein, dass das Alter dabei eine Rolle spielt. Das Alter als Confounder sollte bei so etwas nicht unterschätzt werden. Nur, weil mit dem Alter zufälligerweise die Morbidität zunimmt, heißt das nicht, dass die Morbidität Schuld ist an Verhaltensänderungen.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


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