Wodurch wurdet ihr entgegen eurer Erwartung nicht glücklich?

vom 02.10.2015, 16:30 Uhr

Oft möchte man unbedingt etwas haben oder auch etwas im Leben erreichen, weil man sich dadurch erhofft, glücklich zu werden. Normalerweise kann man auch gut einschätzen, was einem wirklich etwas bringt und woran man wirklich Freude haben wird. Vor allem bei Sachen, auf die man mehrere Jahre hin arbeitet, sollte man sich sicher sein können, dass mit dem Erreichen dieser auch glücklich wird, um nicht alles umsonst zu machen.

Ist es euch aber schon einmal passiert, dass ihr bei etwas entgegen eurer Erwartungen nicht glücklich wurdet? Habt ihr auf etwas hingearbeitet, was euch nicht glücklich gemacht hat oder habt ihr lange auf etwas gespart, was euch dann doch nichts gebracht hat?

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Es gab so eine Situation während meiner Schulzeit. Damals habe ich in einem Orchester Geige gespielt und ich durfte ein Solo übernehmen. Für dieses Solo ist mir ein sehr wertvolles Cello anvertraut worden. Der Preis für das Cello lag im siebenstelligen Bereich.

Eigentlich könnte man da ja schon meinen, dass mich das glücklich macht. Meine Eltern waren stolz, meine Lehrerin ebenfalls und ich war auch auf den Plakaten drauf, mit denen für das Konzert geworben wurde. Alle Freunde und Bekannten haben mich dafür bewundert und ich hatte später tolle Facebookfotos von dem Konzert.

Wirklich glücklich gemacht hat mich das aber nicht. Während dieser Zeit stand ich enorm unter Druck. Auf das Instrument musste man sehr achten und das hat mich irgendwie gestört. Ich konnte mit mich meinem eigenen Instrument eher verausgaben und wusste, dass mein Geigenbauer das wieder hinbekommen würde.

Das Spielen mit dem teuren Cello machte mir weniger Spaß. Außerdem musste ich sehr viel tun, um die gewünschte Leistung auf dem Konzert zu erbringen und keinen zu enttäuschen. Das setzt einen auf Dauer unter Druck. Generell war das weniger spaßig, als wenn man einfach für sich oder für ein weniger wichtiges Konzert geübt hat.

Ich kenne aber auch Leute, die nach dem Kauf eines Autos oder Hauses nicht so glücklich waren, wie gedacht. Mein Freund hat sich auch ein sehr teures Auto gekauft, wohnt aber in der Stadt. Nach vier Monaten hatten ihm zwei Leute die Türen vor das Auto geschlagen, ein Radfahrer war ihm reingefahren und er selbst hatte eine Laterne übersehen. Danach hat er sich nicht mehr so über das neue Auto gefreut.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Liegt das nicht irgendwo auch an der Erwartungshaltung? Meiner Ansicht nach ist alles Einstellungssache. Ich persönlich bin nicht der Ansicht, dass ich durch diesen oder jenen Erfolg glücklicher werden würde. Ich tue einfach das, was ich in dem Moment für richtig halte ohne davon auszugehen, dass ich hinterher glücklicher davon werden würde.

Glücklich ist man schließlich nicht von einer Sache alleine, sondern dann, wenn man ausgeglichen und mit sich zufrieden ist. Ich bin schon dadurch glücklich und zufrieden, dass ich meine Entscheidungen frei treffen kann und so lebe, dass ich hinterher nichts bereue - egal ob manche Entscheidungen positive oder negative Folgen haben werden. Daher bin ich auch zufrieden, selbst wenn negative Folgen zum Tragen kommen.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Selbst nach einem millionenschweren Lottogewinn sind die Gewinner spätestens nach ein paar Jahren wieder genauso glücklich oder unglücklich wie vorher. Ich habe ebenfalls die Erfahrung gemacht, dass Glück, um es mal poetisch zu formulieren, aus dem Herzen kommen muss, und weder Geld noch Erfolg noch sonst irgendwas dich wirklich dauerhaft glücklich "machen" können.

Wenn ich beispielsweise meinen Magisterabschluss anno dazumal, auf den ich wirklich "mehrere Jahre" hingearbeitet hatte, mit dem Ziel angegangen wäre, davon glücklich zu werden, hätte ich eine bittere Enttäuschung eingefahren. Natürlich war ich heilfroh und stolz auf mich und meinen ganz guten Uni-Abschluss, und als nützlich hat er sich auch erwiesen. Aber nach 10 Jahren Berufsleben ist es mittlerweile nur noch ein Stück Papier und "glücklich" macht mich eher eine schöne Tasse Tee in meinem Lieblingssessel.

Deswegen habe ich aber durchaus Ziele im Leben, kann auch Erfolge verbuchen und natürlich freue ich mich auch darüber. Auch für meine Zukunft habe ich unterschiedliche Pläne, aber ich erwarte nicht, dadurch langfristig "glücklich" zu werden. Entweder ich bin es jetzt und hier mit dem, was ich habe und bin, oder ich kann ans Ende der Welt reisen und Besitztümer anhäufen ohne Ende und mich trotzdem schäbig fühlen.

» Gerbera » Beiträge: 11289 » Talkpoints: 41,52 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Gerbera hat geschrieben:Selbst nach einem millionenschweren Lottogewinn sind die Gewinner spätestens nach ein paar Jahren wieder genauso glücklich oder unglücklich wie vorher.

Ich habe so einen Geldsegen ja nie erlebt, aber ich könnte mir vorstellen, dass mir ein ordentliches finanzielles Polster insofern tatsächlich Glück bringen würde, weil ich meinen Brotberuf an den Nagel hängen könnte. Es gibt eine Reihe von persönlichen Interessen, die ich mir sehr gut und auch tagesfüllend als beglückend vorstelle. Einer meiner Träume wäre zum Beispiel die Gründung eines Theater-Ensembles, oder ich würde mich voll und ganz der Fotografie widmen. Wenn man damit nicht seinen Lebensunterhalt verdienen muss, stelle ich mir das schon erfüllend und zufriedenstellend vor.

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» lascar » Beiträge: 4404 » Talkpoints: 780,84 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


lascar hat geschrieben:Ich habe so einen Geldsegen ja nie erlebt, aber ich könnte mir vorstellen, dass mir ein ordentliches finanzielles Polster insofern tatsächlich Glück bringen würde, weil ich meinen Brotberuf an den Nagel hängen könnte.

Ach, Nein sagen würde ich zu einem ordentlichen Geldsegen auch nicht, und ich wüsste auch etliche Tätigkeiten, die mich "glücklicher" machen würden als mein leidiger Brotberuf und das ewige Schielen nach Preisen und Rechnungen. :D

Aber ich rechne hier schon in Zeiträumen von etlichen Jahren, und der Mensch hat nun mal die Eigenschaft, sich an positive Dinge schnell zu gewöhnen und sie als selbstverständlich hinzunehmen. Die erste Zeit wäre ich auch happy wie eine Springmaus mit meiner schönen neuen Wohnung, Zeit genug für Hobbys und Ehrenämter und ohne allmorgendlich klingelndem Wecker. Aber irgendwann wäre es wieder mein normaler Alltag und es würde sich herausstellen, dass auch da nicht alles Gold ist, was glänzt. Das tut es immer.

Von daher bleibe ich dabei: Man kann nicht sicher sein, glücklich zu sein, wenn man dies oder jenes erreicht hat, sei es durch Arbeit oder Zufall und deshalb halte ich es für falsch, mit dieser Erwartung durchs Leben zu gehen: Wenn ich den Abschluss/die Beförderung/das Auto/dieses Gewicht habe oder am Grand Canyon/in Tokyo/am Nordkap stehe oder mir die Villa/Yacht/Stadtwohnung in New York leisten kann, dann bin ich glücklich. Das halte ich auf zu vielen Ebenen für unwahrscheinlich, als dass ich meine Pläne und Ziele danach ausrichten würde. Einen Batzen Geld würde ich dennoch jederzeit gerne mitnehmen, da es bekanntlich nicht glücklich macht, aber ungemein beruhigt.

» Gerbera » Beiträge: 11289 » Talkpoints: 41,52 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


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