Kindern trotz Verlieren Lust und Spaß am Spiel erhalten

vom 19.06.2017, 12:48 Uhr

Zurzeit spiele ich mit meinem Neffen sehr viele Karten oder Brettspiele und ich habe festgestellt, dass er nicht verlieren kann. Ich lenke ihn dann immer mit etwas anderem ab oder lasse ihn auch mal gewinnen. Er ist dann meistens auch bereit ein neues Spiel zu begingen aber wenn er wieder verliert ist er richtig sauer. Wie habt ihr denn früher auf verlorene Spiele reagiert und wie habt ihr gelernt, dass das eben auch dazugehört? Wie bringt ihr denn Kindern bei, dass auch verlieren Spaß machen kann und sie nicht die Lust am Spiel verlieren?

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» Entenhausen » Beiträge: 170 » Talkpoints: 11,58 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Wenn man schon sauer und wütend reagiert, dann wurde das wohl nie richtig beigebracht und damit fördert man das ganze auch nur, wenn man dann absichtlich verliert und das Kind gewinnt. Ein Kind muss von Anfang an lernen, dass auch das verlieren mit dazu gehört, dann kann man die Wutausbrüche auch vermeiden.

Ebenfalls sollte man verständlich machen was ein Spiel ist und nicht alles so dramatisieren, als wenn es um das nackte Überleben geht. Daher ist es auch albern, wenn man einen Sieg an Bedingungen knüpft z.B. wer gewinnt, der bekommt ein zweiten Nachtisch. Damit schürt man nur den Neid und die Wut wenn man verliert und ein anderer etwas bekommt weil er gewinnt. Von daher unabhängig von solchen Dingen machen und nicht zu sehr hoch traben und auch vermitteln, dass es eben nur ein Spiel ist.

Mein Sohn ist 3 Jahre alt und weiß was ein Spiel ist. Er kann verlieren, er ist dann zwar traurig aber wird nicht wütend und rastet aus. Traurig wird er vor allem dann, wenn er dachte er gewinnt und auf einmal hat sich das Blatt gedreht.

Absichtlich verlieren tue ich nicht nur damit er das Gefühl nicht hat, sondern gehe mit ihm normal um und wenn er hinterher traurig ist, dann wird er in den Arm genommen und gut ist. Eine Revanche steht dann meistens auch aus und es gibt auch Spiele, bei denen ein einzelner nicht gewinnt sondern die komplette Gruppe wie z.B. Obstgarten, was hier immer noch der Renner ist, weil man nicht gegeneinander spielt, sondern gegen die Rabenfigur.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


Wie alt ist denn der Neffe? Wenn er schon dreizehn ist, wird es eher schwierig werden, da von jetzt auf gleich jahrelange schlechte Erfahrung oder Prägung umzumünzen. Wenn er noch im Kindergartenalter ist, wird er schneller lernen, so du und seine Eltern an einem Strang ziehen. Bei kleinen Kindern ist das nämlich anfangs noch zu erwarten, dass sie das Verlieren noch nicht gelernt haben. Und auch mit drei hat der eine Knirps schon viel Erfahrung mit dem Verlieren und nimmt es gelassener und der andere Knirps ist gerade dabei, sich an solche Erfahrungen heran zu tasten. Je jünger und je weniger erfahren das Kind ist, desto mehr ist zu tun, aber desto besser stehen die Chancen.

Wenn das Kind schon unfreiwillig am schlechten Vorbild gelernt hat, dass Brettspiele eine bitterernste Sache sind und Verlieren fast so schlimm ist wie der Tod selbst, dann wird es schwieriger. Aber wenn das Kind noch nicht allzu alt ist, kann man da noch viel machen. Es kommt auch darauf an, welche Art von Brettspielen man spielt.

Wenn man einen fünfjährigen, der gerade erst die Regeln gelernt hat, wie die Schachfiguren laufen gegen einen Schachprofi antreten lässt, der mit voller Kraft spielt um ja nicht zu verlieren, dann merkt das Kind natürlich schnell, dass es absolut keine Chance hat und das entmutigt die allermeisten Kinder. Aber das ist ja nur absolut verständlich. Welcher Erwachsene Hobbyschachspieler würde ernsthaft mehrmals gegen einen Schachprofi antreten, jedes Mal verlieren und dabei nicht die Hoffnung auf die Chance zu gewinnen aufgeben?

Eben bei solchen Spielen wo Strategie und Erfahrung eine große Rolle spielt, sollte der Erwachsene Spieler seinen Schwierigkeitsgrad so weit herunter fahren, dass das Kind nicht einfach so gewinnt, aber eine realistische Chance hat zu gewinnen, wenn es gut und bedacht spielt. Und dazu gehört für mich auch, dass man ab und an das Kind darauf hinweist, einen Zug vorher noch mal zu überdenken, der ganz offensichtlich blind in den Abgrund führt. Das gehört für mich zur Fairness dazu und das ermutigt das Kind dann auch, wenn es merkt, dass es nicht über den Tisch gezogen wird von einem übermächtigen und unerreichbaren Gegner.

Bei Spielen, wo hauptsächlich Glück über den Sieg entscheidet, zum Beispiel bei Würfelspielen wie dem Leiterspiel oder dem Gänsespiel, da hilft es dann, wenn man einfach mehrere Runden spielt und man dann dem Kind sagen kann dass es zum Beispiel zwar das aktuelle Spiel verloren hat, aber dafür vier von sieben Spielen heute schon gewonnen hat. Das tröstet meist. Und ratsam ist es auch, die Spielezeit dann zu beenden, wenn das Spiel unentschieden oder mit einem Sieg für das Kind ausgegangen ist. Dann hat es zwar einige Spiele verloren, aber der Sieg ist dann präsenter im Kopf. Und wenn das Kind gerade verloren hat, einfach noch eine Revanche spielen, bei der das Kind dann hoffentlich besser abschneidet. Wenn man die Spielerunde ohne zwingenden Grund (zum Beispiel ein Termin) dann abbricht, wenn das Kind gerade verloren hat, bleibt das im Gedächtnis und verursacht eher Stress.

Wenn das Kind dann älter ist, und nach und nach gelernt hat, dass Verlieren dazu gehört und kein Weltuntergang ist, muss man da ja nicht mehr jedes Mal drauf achten. Aber am Anfang ist das recht praktisch. Und nicht zuletzt muss man natürlich seine Maximen auch als Vorbild leben. Wenn die Erwachsenen beim Spielen mit dem Kind allen ernstes austicken, weil sie gegen das Kind verloren haben, wo soll das Kind denn das sonst lernen. Aber wenn das Kind dauernd unbelehrbar ausrastet, weil es verliert, kann man es schon als Erwachsener mal spiegeln und das Theater etwas überspitzt nachahmen, dass das Kind sich quasi indirekt selbst beobachten kann und sein Verhalten reflektieren kann. Also dass es lernt zu erkennen, wie albern und nervtötend so ein Theater wegen einem verlorenen Spiel ist.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Mein Neffe wird jetzt bald 7 Jahre alt und ich habe es mir jetzt schon auch immer so angewöhnt, dass die Spiele dann meistens immer unentschieden enden und ich es dann immer wieder betone, wie gut er das Spiel schon beherrscht. Denn wenn er gewinnt, dann muss ich ja schon sagen, dass es wegen seiner guten Spielleistung war und nicht, weil ich ihn habe gewinnen lassen. :wink:

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» Entenhausen » Beiträge: 170 » Talkpoints: 11,58 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich habe meine Kinder nie gewinnen lassen. Sie haben gelernt auch zu verlieren und auch zu gewinnen. Sie sind nie ausgerastet und haben Spaß am Spiel gehabt. Wenn dein Neffe so reagiert, dann sollte er vielleicht mal ein Spiel spielen, wo man weder gewinnen noch verlieren kann. Ich komm jetzt nicht drauf, wie diese Spiele heißen, aber es sind Spiele für ganz kleine Kinder. Wenn er immer ausrastet, dann kann er keine Spiele spielen, die für große Kinder gedacht sind.

Kinder sind nämlich auch nicht dumm und sie merken sehr rasch, ob der Spielgegner einen gewinnen lässt oder man wirklich gewonnen hat. Und wenn du das schon lange machst, dann hat er nicht anders gelernt. Viele Erwachsene denken, dass sie ihre Kinder gewinnen lassen müssen und so lernt ein Kind nie, dass Verlieren dazu gehört.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Mit sieben ist er ja nicht mehr so ganz klein. Wenn er also gar nicht verlieren kann, ist schon die Frage, warum das so ist, interessant. Wer spielt denn mit ihm? Vielleicht bist du ja der einzige, denn im Familienalltag kommen Brettspiele heute auch in manchen Familien recht kurz. Sagen zumindest bei uns die Erzieher und Lehrer. Also dass es wohl viele Familien gibt, die kaum noch klassische Brettspiele zu Hause haben und daher auch kaum spielen. Und wenn die Kinder dann eher Computer spielen, üben sie halt nicht das Verhalten, wenn man mit echten Menschen spielt und verliert. Und gegen den Computer zu verlieren, das ist halt irgendwie etwas anderes. Und dann ist das Kind zwar schon fast sieben, aber eben noch nicht so erfahren in dieser Sache wie andere Kinder in seinem Alter.

Allerdings ist er mit sieben auch noch nicht so groß, dass man in Panik geraten muss. Im Grundschulalter haben viele Kinder noch Schwierigkeiten, ihre Gefühle zu kontrollieren. Und klar, niemand freut sich, wenn er verliert. Seien wir doch mal ganz ehrlich. Nur die meisten Leute lernen mit den Jahren, da mit dem Frust umzugehen und dass man das nicht überbewerten sollte.

Vielleicht hilft es ihm ja auch, wenn man ihm von einem Erwachsenen erzählt, den auch das Kind kennt und der nicht verlieren kann. Wir haben da auch so einen Erwachsenen in der Verwandtschaft, der sich da total lächerlich macht. Und wenn meine Kinder manchmal als sie kleiner waren nicht so ganz verwinden konnten zu verlieren, habe ich dann manchmal die Geschichte vom Verwandten XY erzählt, der sogar noch als Erwachsener Spielbretter ganz versehentlich vom Tisch stürzen ließ, wenn der Gegner fast gewonnen hatte. Das hat den Kindern ohne viel Predigt gezeigt, dass es sinnvoll ist, wenn man an dem Punkt an sich arbeitet, weil man sich dann ab einem gewissen Alter unsäglich lächerlich macht. Und auch wenn das dann nicht von einem Tag auf den anderen klappt, haben die Kinder dann ein Ziel, auf das sie hinarbeiten können. Denn mit der betreffenden Person will keiner Brettspiele spielen, weil es einfach kein Spaß macht, so behandelt zu werden. Und die Konsequenz macht den Kindern dann klar, dass Verlieren nicht so schlimm ist, wie als Spieler abgelehnt zu werden und gar niemanden als Spielpartner zu haben.

Immer gewinnen lassen ist natürlich auch keine Option. Aber ich denke schon, dass es einen Unterschied macht, welches Spiel man spielt. Bei einem Spiel, das für seine Altersgruppe gedacht ist und locker machbar ist, ist es wenig sinnvoll, ihn gewinnen zu lassen. Wenn man ihn aber ganz neu in ein Spiel wie Schach oder Go oder Mühle einführt, wo Denken, Erfahrung und Strategie enorm wichtig sind, sollte man am Anfang denke ich schon im Tutor Modus spielen. Aber das eben dem Kind dann auch sagen, dass man absichtlich die Schwierigkeit runter schraubt und das nicht heimlich machen. Das merken Kinder natürlich und fühlen sich dann auch schnell wie ein Baby behandelt.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ich verstehe überhaupt nicht, wie man auch nur auf die Idee kommen kann, ein Kind beim Spielen immer verlieren zu lassen. Hat man als Erwachsener keine Lust es zu trösten, wenn es verliert oder hat vielleicht sogar Angst vor der Reaktion? Dann fördert man so ein Verhalten doch nur und das Kind lernt gar nicht damit umzugehen, wenn es mal verliert.

Ich habe mal als Kind mit einem anderen Kind gespielt, das überhaupt nicht verlieren konnte. Das war echt anstrengend. Wenn sie gewonnen hat, dann wollte sie dasselbe Spiel noch einmal spielen, aber wenn sie verloren hat, wurde sie richtig zickig und hat alles boykottiert. Da weiß man als Kind dann auch nicht, wie man damit umgehen soll.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Ich glaube nicht, dass man da als Eltern viel machen kann und ich finde auch, dass man da nicht viel machen sollte. Man ehrlich - es ist nur ein Spiel! Es ist doch kein Drama, mal zu verlieren. Es geht nicht um Geld oder auch nicht um sonstigen Lebenserfolg. Es ist nur ein dummes Spiel, bei dem man spätestens am nächsten Tag wieder vergessen hat, ob man nun gewonnen hat oder nicht.

Das kann muss einfach lernen, damit umzugehen. Wenn es meint, Wutausbrüche haben zu müssen, hätte ich auch als Eltern gar keine Lust mehr darauf, mit ihm zu spielen. Immerhin macht es ja wirklich keinen Spaß, mit solchen Spielverderbern zu spielen. Das würde ich dem Kind auch so erklären. Wenn es sein schlechtes Verhalten trotzdem nicht einsehen würde, würde ich auch nicht mehr mit ihm spielen.

Früher oder später wird es doch auch mit Freunden spielen - in der Schule oder auch auf Geburtstagen. Spätestens da wird es ja merken, dass solche Wutausbrüche alles andere als gut ankommen. Und wenn die Kinder dann auch nicht mehr mit ihm spielen wollen, wird es ja wohl erkennen müssen, dass es so nicht weitergeht.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


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