Ungehörig, sein Essen öffentlich einzunehmen?

vom 17.07.2018, 07:46 Uhr

Mittlerweile sieht man sehr oft auf der Straße, dass Menschen unterwegs Nahrungsmittel konsumieren. Das kann der Kaffee to go sein, aber auch ein Brötchen, das im Gehen gegessen wird. In manchen Gegenden ist es ja auch erlaubt, dass man in Bus oder Bahn ein Brötchen oder was anderes isst.

Mein Großvater ist in dieser Hinsicht etwas altmodisch. Er meint, dass es sich nicht gehören würde in der Öffentlichkeit zu essen. Einzige Ausnahme wären eben Restaurants. Er findet, dass ein Eis auf der Straße die einzige Ausnahme ist und kann nicht verstehen, warum immer mehr Menschen öffentlich essen. Wie seht ihr das? Findet ihr es ebenfalls ungehörig, wenn man sein Essen öffentlich einnimmt? Oder seht ihr das nicht so eng?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Also ich selber kann es jetzt überhaupt nicht verstehen, dass die ältere Generation ungehörig findet. Mitreden kann ich da nicht mehr, da meine Großeltern leider schon verstorben sind. Also ich kann mich auch nicht erinnern, ob und wie meine Großeltern jetzt reagiert haben oder hätten, wenn ich oder jemand anderer in der Öffentlichkeit gegessen hätten.

Im Bus ist bei uns Essen und Trinken so oder so verboten, im Zug wird es auch nicht gerne gesehen. Allerdings finde ich jetzt nichts dabei, durch die Stadt zu schlendern und ein Eis zu lecken oder auch einmal einen Döner oder Leberkäse unterwegs zu verspeisen, wenn ich gerade Hunger habe und unterwegs bin.

Es war eben früher nicht üblich, unterwegs zu essen, da man entweder zu Hause oder in einer Kantine am Arbeitsplatz gegessen hat. Vielleicht fällt es darum der älteren Generation schwer zu verstehen, dass man unterwegs isst.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Wenn im viktorianischen England eine Frau auf der Straße gegessen hat, war es höchst wahrscheinlich eine Hure oder bestenfalls eine Arbeiterin niederster Ordnung. Eine Dame oder ein Gentleman hätte sich nie dabei erwischen lassen, auf der Straße im Stehen oder Laufen zu essen, weil es sich für Mitglieder der angesehenen Gesellschaft nicht gehört hätte, Körperfunktionen wie Hunger erkennen zu lassen. Wie alt ist denn der Opa? 150?

Mit anderen Worten: Ich glaube, dass diese Einstellung überholt und nicht mehr zeitgemäß ist. Wenn man es so halten möchte, dass man nur in dafür vorgesehenen Etablissements Speisen zu sich nimmt, bitte. Ich selber bin auch kein großer Fan davon, mir im Laufen irgendwelches Fast Food ins Gesicht zu stopfen, weil ich mein Essen lieber genieße und es auch gesundheitlich für besser halte, wenn man nicht völlig abgelenkt irgend etwas in sich hinein frisst. Aber rein aus Gründen des Benimms wäre es mir heutzutage dann doch zu bourgeois und etepetete. Wenn man keine Sauerei macht, finde ich Essen nicht so verpönt, dass man es niemandem zeigen darf.

» Gerbera » Beiträge: 11292 » Talkpoints: 42,29 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Als ungehörig würde ich das Essen in der Öffentlichkeit in Zeiten, die von Street Food, To-Go-Produkten und Freizeitaktivitäten wie gemeinschaftlichem Grillen im Stadtpark geprägt sind, nun wirklich nicht mehr bezeichnen. Mag sein, dass es in der Vergangenheit als schmutzig, unfein und ungesittet galt, im Stehen, auf der Straße und mit den Fingern zu essen, aber das gehört heutzutage wirklich der Vergangenheit an. Solange man sich an einige basale "Tischmanieren" hält und sich nicht wie ein wildes Tier über seinen Burger, Döner oder Salat hermacht, habe ich zumindest kein Problem damit, wenn jemand vor meinen Augen sein Essen verzehrt.

Es gibt lediglich Orte, an denen ich das aufgrund gewisser Umstände für eher unangebracht halte. So muss man meiner Meinung nach nicht mit einer kleckernden Eistüte durch den Buchladen oder ein Bekleidungsgeschäft wandern, wo jederzeit die Gefahr besteht, dass man eine Sauerei oder einen Schaden anrichtet, und ich käme auch nicht auf die Idee, in der Bibliothek eine China-Nudelbox auszupacken oder mit einer laut knisternden Chipstüte durch eine Kunstausstellung zu laufen. Die meisten Plätze, an denen Essen nicht gerne gesehen wird, verbieten dies aber auch entsprechend deutlich.

» MaximumEntropy » Beiträge: 8470 » Talkpoints: 987,98 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



Ich finde, dass es immer darauf ankommt, was man so isst. Wenn jemand im Gehen eine Brezel verspeist, dann stört sich da ja eigentlich niemand dran und das finde ich auch absolut nicht schlimm. Aber einen Döner in öffentlichen Verkehrsmitteln zu verspeisen, finde ich auch richtig fies. Das ist dann wirklich eine Geruchsbelästigung, wobei das glücklicherweise auch in vielen öffentlichen Verkehrsmitteln nun auch nicht erlaubt ist.

Solange man aber geruchstechnisch niemanden stört und auch nicht in irgendwelche Geschäfte geht und dort alles schmutzig damit macht, finde ich das nicht schlimm und dann kann man auch alles essen, wie ich finde. Ich mache es auch oft so, dass ich mein Essen unterwegs einnehme, wenn ich den ganzen Tag unterwegs bin.

Man kann es sich ja kostentechnisch und zeitlich auch nicht immer leisten, bei jedem kleinen Hunger direkt ein Restaurant aufzusuchen, um irgendwo drinnen essen zu können. Und wenn man eben entsprechend lange und viel unterwegs ist, will man mit dem Essen auch nicht immer warten, bis man abends völlig ausgehungert nach Hause kommt.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge


Ich würde auch sagen, dass es einfach darauf ankommt, was und wo man etwas in der Öffentlichkeit isst oder trinkt. Unsere Gesellschaft wird einfach immer hektischer und so bleibt es nicht aus, dass man auch mal eben zwischendurch auf dem Weg von einem Termin zum anderen etwas essen muss und das eben auch mal unterwegs. Darum habe ich mich an das Bild essender Menschen in der Öffentlichkeit schon gewöhnt.

Gesund ist es nicht, wenn man sich zum Essen keine Zeit nimmt, sondern das so zwischendurch und im Gehen macht, aber ungehörig finde ich es nur dann, wenn man mit einer stark riechenden Speise und kauend mit vollem Mund in ein Geschäft oder den Bus geht. Das finde ich dann schon ungehörig, wenn jemand kauend vor mir im Geschäft steht und ich nicht verstehe, was er haben möchte, weil er offensichtlich die ganze Zeit während des Gesprächs weiter essen muss.

» Barbara Ann » Beiträge: 28933 » Talkpoints: 56,80 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


Ich finde die Ansicht des Opas vollkommen normal. Sie ist nicht mehr zeitgemäß, weil sich das nun wirklich verändert hat. Aber selbst vor 40 Jahren war das unterwegs Essen noch nicht so gut angesehen. Gut, Kinder bekamen ein Eis am Stil oder ein Hörnchen. Aber wenn nicht gerade Supersommer und ein geeignetes Umfeld wie ein Zoo oder Freizeitpark vorhanden war, nahm der Erwachsene einen Becher am Tisch.

Und Essen am Imbiss? Das ging für Arbeiter mittags, ansonsten war es ein Eingeständnis dafür, dass man keine ordentliche Frau hat. Da war es schon bedenklich, mit so einer Tüte gesehen zu werden. Von Pommes auf der Hand reden wir erst gar nicht. Essen war eine Angelegenheit für die eigene Wohnung oder man ging ins Restaurant. Der Rest hatte einen schlechten Ruf.

» cooper75 » Beiträge: 13330 » Talkpoints: 498,67 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Wenn ich einmal Appetit auf eine Bratwurst frisch vom Grillrost habe, kommt das gerade einmal zweimal im Jahr vor. Dann genieße ich die aber auch ganz heiß und frisch direkt am Stand. Sie im Laufen zu verzehren, käme für mich nicht in Frage. Erstens fahre ich ja extra direkt zu diesem Stand mit dem Auto und muss also nicht umherlaufen und zweitens wäre hastiges Essen beim Laufen gar kein Genuss für mich.

Schon gar nicht, wenn ich sie gerade einmal zweimal im Jahr zu mir nehme und dann will ich sie doch wirklich genießen. Was andere Menschen auf der Straße machen ist mir so ziemlich egal solange sie nicht das Gesetz und die Vorschriften der öffentlichen Ordnung und Sicherheit brechen. Und das kommt ja nicht in Frage, wenn jemand ein Sandwich im Laufen verzehrt. Dass dieser Mensch dann gänzlich auf Genuss verzichtet, der mir nun einmal sehr wichtig ist, das ist mir völlig egal.

Was gehen mich die Belange anderer Menschen an. Das Interesse an denen hält sich doch sehr in Grenzen. Umgekehrt ist das ja auch nicht anders. Selbst auf dem Weihnachtsmarkt vor einem Jahr aßen wir nur eine Bratwurst. Das weihnachtliche Gebäck haben wir zum Mitnehmen gekauft und daheim zum Kaffee verzehrt. Das kostete auch eine schöne Stange Geld. Es wäre echt schade gewesen, dass hektisch im Gehen zu verzehren.

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» Quasselfee » Beiträge: 2143 » Talkpoints: 30,45 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich weiß nicht, ob es ungehörig ist oder war, sein Essen öffentlich zu essen. Offizielle Benimmregeln sind mir da ehrlich gesagt nicht bekannt. Allerdings muss ich sagen, dass ich selbst nur ungern beim Laufen oder in Bus oder Bahn etwas esse, allerhöchstens ein Stück Schokolade, oder ein Stück Plundergebäck, aber ansonsten mag ich das nicht so. Es ist auch so, dass es mich oft ein wenig nervt, wenn jemand in der Bahn seine Lunchbox auspackt und eine aufwändige Mahlzeit verspeist, die starke Gerüche verbreiten. Trotzdem würde ich es niemandem vorschreiben, wo er zu essen hat.

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» lascar » Beiträge: 4414 » Talkpoints: 782,29 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Ich finde es eher ungehörig sich bei so etwas einzumischen. Deinem Opa scheint es gesundheitlich recht gut zu gehen oder? Allein ein Diabetiker muss immer mal wieder unterwegs etwas essen, wenn der Blutzuckerspiegel nicht stimmt und das sollte ihm aus seinem Umfeld auch bekannt sein. Abgesehen davon stören die Leute, die unterwegs essen doch niemanden. Gerade wenn man sich in Ruhe auf eine Bank setzt und auch seinen Kram wieder wegräumt, ist das doch absolut in Ordnung.

Viele Läden sind ja auch so ausgelegt, dass man unterwegs etwas essen kann und wenn es so angeboten wird, dann wird es auch genutzt. Natürlich entstammt er einer Generation, in der man sich hingesetzt hat und in Ruhe gegessen hat, aber es ist heute eben schnelllebiger und dann muss er es auch akzeptieren. Ich kann mir so richtig vorstellen wie er die Leute ansieht, die unterwegs etwas essen. Man muss auch in der aktuellen Zeit leben und nicht alten Zeiten hinterhertrauern.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


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