Mögliche Folgen von Rauchvergiftungen?

vom 12.08.2008, 19:35 Uhr

Hallo ihr,

als ich Sonntag Nacht bei offenem Fenster schlief, hörte ich über Stunden hinweg ständig die Feuerwehr an meinem Fenster mit der lauten Sirene vorbeirauschen. Ich fragte mich, wo es wohl gebrannt hatte. Am nächsten Tag musste ich aus der Zeitung entnehmen, dass es bei 2 sehr guten Freunden von mir gebrannt hatte.

Ein Zimmer der Wohnung ist komplett ausbrannt. 25 Mietparteien mussten noch in der nacht evakuiert werden. Es muss sich wohl um Kabelbrand gehandelt haben. Meine Freundin lebt mit ihrem Bruder und ihrer Mutter in einer 4-Raum-Wohnung in einem Wohnblock im fünften Stockwerk. Die Mutter war in dieser Nacht bei ihrem Freund. Meine Freundin, ihr Partner und ihr Bruder schliefen schon.

Plötzlich wachten meine Freundin und ihr Freund auf, weil sie eben ein riesen Gepolter aus dem Zimmer ihres Bruder gehört hatten. Als sie die Tür öffnete, brannte schon das ganze Zimmer lichterloh und sie flüchtete mit ihrem Freund über das Treppenhaus nach unten.

Das Feuer war höchstwahrscheinlich durch einen Kabelbrand entfacht wurden, direkt neben der Zimmertür des 19-jährigen Bruders. Da eben der Brand direkt neben der Tür war, konnte er nicht mehr aus der Tür fliehen und sprang deshalb aus dem 5. Stock ,12 Meter in die Tiefe, aus dem Fenster.

Er muss wirklich einen Schutzengel gehabt haben, er hat sich nichts gebrochen. Allerdings hat sich ein Wirbel verschoben. 25 Prozent der Haut an seinen Händen und seinen Armen sind verbrannt. Er liegt zur Zeit im künstlichen Koma. Er hat wohl sehr viel giftigen Rauch eingeatmet und es muss nun geprüft werden, ob sich nicht weitere Infektionen in seiner Lunge bilden. Niemand darf ihn besuchen, er liegt unter einem Sauerstoffzelt unter absoluter Quarantäne.

Hat jemand von euch schon Erfahrungen mit Rauchvergiftungen? Was kann sowas für Folgen haben? Wir machen uns große Sorgen um ihn und hoffen, dass es ihm bald wieder besser geht.

» flower911 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Midgaardslang am 12.08.2008, 19:45, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


So etwas passiert halt mit dem Feuer und eine Rauchgasintoxikation kann man sich sehr schnell zuziehen. Es kommt dann halt darauf an, wie fortgeschritten diese ist. Bei einem Brand fliegen allerdings auch kleine Teile usw rum und die mit eingeatmet werden und die so klein sind, dass sie ohne Probleme bis in die Lunge gelangen können und sich dort festsetzen und dann eine schwere Pneumonie auslösen können, die dann auch lethal ist. Das es dadurch entsteht, ist aber seltener viel häufiger kommen die Kohlenmonooxidvergiftungen oder auch die aspiriterte Blausäure die sich durch die unvollständigen Verbrennungen ergeben und ie dann die Lunge schädigen oder ein toxisches Lungenödem auslösen.

Eine Rauchgasintoxikation kann man Präklinisch vor Ort nicht einfach Diangnostizieren und dazu gehört dann schon einiges an Fachwissen und Erfahrung. Primär fällt eine Reizung der Augen auf, die dann rötlich sind und auch Tränen können. Dazu kommt Schwinden aufgrund der sinkenden Sauerstöffsättigung, über Schwindel und Erbrechen bis zur Bewusstlosigkeit mit Kreislaufstillstand. Zudem sind die Leute meistens von der Hautfarbe eher rosafarben, also sehen normal aus bei einer Kohlenmonooxivergiftung. Denn was das Kohlenmonooxid macht, es geht über die Lunge auf die Bluttransportierenden Zellen und bindet sich dort dran wie es normalerweise der Sauerstoff beim Einatmen macht. Anders als beim Sauerstoff, geben die Zellen das Kohlenmonooxid nicht ab und die Zellen bleiben blockiert und somit ist eine ausreichende Oxygenierung der Körperzellen nicht mehr möglich. Zu messen ist dies nur mit speziellen Geräten in der Präklinik, die eher in den seltensten Fällen auf den Rettungsmitteln vorgehalten werden und dann meistens von den Feuerwehren ausgeliehen werden müssen (sofern diese sie haben). Denn unser Sauerstoffsensor als Fingerclip misst die fehlerhaftt besetzten Zellen, die mit Kohlenmonooxid besetzt sind mit, was in dem Fall aber nicht stimmt. Trotzdem hat das Gerät nicht ganz unrecht, da es nur die rötliche Färbung des Hämoglobin bestimmt und daraus dann ein Ergebnis errechnet - bei der besetzung mit CO sind diese ebenfalls noch rot gefärbt.

Bei einer Kohlendioxidvegiftung können die selben Symptome wie oben beschrieben auftreten, aber das Aussehen der Haut von den Patienten ist dann eher blaß und blau was auch auf einen Sauerstoffmangel hinweist. Was anfangs ein wenig das Atmen erleichtert, sind Aerosole die die Bronchien erweitern damit mehr Sauerstoff in die Lunge kommt und dort dann an den wenigen noch freien Hämoglobinzellen gebunden werden kann zum Austausch mit den Körperzellen. Dabei kann dann aber auch eine Schädigung auftreten, denn die Gabe von diesen Medikamenten begünstigen die Bildung einer sekundären Entzündung der Lunge nach einer Rauchgasintoxikation. Wenn aber keine andere Möglichkeit besteht, dem Patienten eine adäquate Notfallversorgung zu gewährleisten, wird diese Wahrscheinlichkeit in Kauf genommen.

Durch die Intubation und die Beatmung mit Überdruck erreicht man, dass sich die fehlerhaften Zellen wieder von ihrem Kohlenstoffmonooxid lösen und die Zellen wieder frei werden für den Sauerstoff den sie eigentlich transportieren sollen. Es gibt zwar auch ein Medikament, 4-DMAP, welches dann bei einer Blausäure Vergiftung genommen werden kann damit sich das wieder behebt aber das kann nicht für eine Kohlenmonooxidvergiftung hergenommen werden, da es auf einem anderen Prinzip beruht. Somit ist die einzigste Möglichkeit, die Sauerstoffgabe am besten über einen geringen Überdruck in der Lunge und das erreicht man über eine Intubation mit Beatmung. Alternativ kann man mit solchen Patienten auch in ein Tauchzentrum mit Druckluftkammer fahren, denn die Überdruckkammern können im Prinzip das selbe Leisten brauchen aber länger und die Therapie sollte spätestens nach 4 Stunden eingeleitet worden sein (je fürher desto bessere Pronose für den Patienten). Zudem sind diese Zentren eher weiträumig verteilt und werden für andere Dinge hergenommen.

Einen Schutzengel hatte er auf alle Fälle, wer 12 Meter in die Tiefe springt da ist das Verletzungsmuster normalerweise anders gefächert. Mit den Verbrennungen von einer Ausdehnung von 25 %, kommt es darauf an welchen Grad diese haben um dort etwas sagen zu können. Wegen der massiven Schmerzen die dort auftreten wenn das veränderte Eiweiß aus dem Körper austritt und die Nervenbahnen noch einmal reizt, stebt man bei solchen großflächigen Verbrennungen ebenfalls eine Sedierung mit Intubation an, damit der Patient möglichst Schmerzfrei ist. Somit auch nichts ungewöhnliches. Die Ausdehhnung von den Verbrennungen ist ganz einfach zu berechnen, dafür nimmt man die Neuner-Regel von Wallance her. Dieser besagt, der Kopf eines Erwachsenen Menschen beträgt 9 %, ebenso der Thorax und Bauchbereich 9 %, der Rücken noch einmal 9 %, ebenso wie die kompletten Arme und Beine jeweils 18 %. Für die Hände und die Genitalien werden jeweils 1 % gegeben. Ab einer Verbrennung von 20 % der Körperoberfläche wird in der medizin von einer schweren Verbrennung gesprochen, und die Mortalitätswahrscheinlichkeit liegt bei einer Oberflächenverbrennung von 40 % bereits bei 40-100 %. Dabei kommt es dann noch auf das Alter des Patienten drauf an, ältere haben in der Regel weniger Chancen als jüngere Patienten.

Spätfolgen allgemein gesehen von diesem Fall hier, Einschränkung der Hände nach der Abheilung mit Narbenbildung und chronischen Schmerzen. Von der Rauchgasintoxikation her, kann es wie gesagt zu einer Pneumonie (Lungenentzündung) kommen die in einer Sepsis endet die durchaus auch Lethal sein kann. Ansonsten als sekundäre Folge, beeinträchtigungen beim Atmen durch z.B. eine chronische Atemnot da weniger Gewebe zum Gasaustausch vorhanden ist die man auch mit Medikamenten oder anderen Maßnahmen bessern könnte, sollte es auftreten. Es kann aber auch sein, dass gar nichts passiert und ist - es kommt darauf an wie dicht er am Brandherd war, wieviel davon eingeatmet wurde und was überhaupt alles verbrannt ist und welche Stoffe dort freigesetzt wurden. Ich will dir damit keine Angst machen, das ganze ist nuneinmal der nüchterne Fakt aus Sicht der Medizin. Ausserdem ist das allgemein gehalten und von hier aus kann man schlecht sagen wie es deinem Bekannten geht und wie der allgemeine Zustand ist. Deswegen verlass dich eher darauf, was dir von dem Behandelnden Mediziner gesagt wird über den Zustand !

Mal so eine andere Frage, ist er in einem Zentrum für Schwerbrandverletzte oder in einem "normalen" Krankenhaus ? Denn die Verbrennung an den Händen wäre für mich präklinisch eine Indikation für den Hubschrauber und eine Voranmeldung in einem solchen Zentrum der Maximalversorgung.

Liebe Grüße
Sorae

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